Kleines Rezensiönchen meinerseits, pünktlich zur kürzlich erfolgten Wiederbelebung des Forums, morgen folgt dann LTK
Erhebet den Glühwein und erlebet den sympathischsten sowie kitschigsten aller Bondfilme, lang lebe der liebe Weihnachtszauber...
Wir schreiben das Jahr 1969, Bond verstand es sich zu etablieren und so ging man zum ersten Male einen gänzlich anderen Weg...
Beginnend mit einer ungewöhnlich hohen Abmischung des Bondthemas, empfängt uns der "Gunbarrel" auf eine etwas eigenartige Weise, offenbart Klänge wie man sie so noch nicht kannte.
Im Anschluss beginnt das Geschehen Gestalt anzunehmen, Bond sitzt im (Lord Sinclair lässt grüßen) Aston Martin DBS, welcher in der betagten (auch hinsichtlich der Synchronisation besseren) Special Edition lauter zu hören ist als bei den gegenwärtigen Versionen, währenddessen ist Bond zunächst nicht zu sehen, gar des mysteriösen Geheimnisses eines neuen Darstellers wegen, welchen man so lange wie nur irgend möglich verborgen hielt, damit das Publikum einer gewissen Spannung ausgesetzt ist.
Am Strande wird Bond erstmals auf "Mrs. Bond" treffen, Tracy, so der Name welchen sie zu tragen pflegt.
Bereits in den ersten Szenen wird deutlich, dass dieses Werk bewusst anders aufgebaut ist, wohl auch aus diesem Grunde war der Film Jahrzehnte über recht unbeliebt, gleichwohl - inzwischen gilt er trotz (oder gerade wegen?) Lazenby als eines der stärksten Werke der gesamten Reihe.
Der Soundtrack mag zwar aus heutiger Sicht etwas gewöhnungsbedürftig erscheinen, verfügt aber durchaus über ein gewisses Maß an Wiedererkennungswert.
Mit einem Hauch von Selbstironie leitet Bond alsbald die Titelsequenz ein, in welcher wir mit unzähligen Bildern der fünf vorherigen (offiziellen) Bondfilme konfrontiert werden, die 60er Jahre neigen sich dem Ende und in der Tat schien sich Bond bereits damals wie ein Relikt der Vergangenheit angefühlt zu haben, wenn man sich die Bilder der vorherigen Filme "abschiedsartig" vor Augen führt.
Bereits kurz darauf (wir befinden uns in Bälde in einem Casino) fällt uns in relativ deutlicher Form auf, dass ein gewisser Lilastich die Bilder ziert, sozusagen ein wiederkehrendes Element darstellt, drum wird ebendiese Farbe recht häufig vorkommen dürfen, den glamourösen Prachtlook des Films gar unterstreichend, welch hübsche Kulissen.
Eher belustigend denn spannend, wirkt der auf einer fast schon komödiantisch anmutenden Ebene funktionierende Kampf auf Bonds Hotelzimmer, obgleich recht glaubhaft inszeniert, wo Lazenby doch wirkt als würde er WIRKLICH kämpfen.
Dass man mit dieser Härte gewissermaßen an Connery hat festhalten wollen, was sich auch in der Wahl der Synchronstimme widerspiegelt, ist geradezu offensichtlich.
Trotz einiger lebhafter Szenen wie dieser, ist das erste Filmdrittel (alles vor der Schweiz) äußerst langsam inszeniert, angenehm träge sozusagen.
Und insbesondere in den persönlicheren Szenen offenbart sich stets, dass Lazenby alles andere als eine Fehlbesetzung darstellt.
Insgesamt entsteht - trotz zunehmend kalter Umgebungen - eine gewisse 'Besonnenheit der Tränen der Melancholie' in uns, wenn wir diesen sehr speziellen Film auf uns wirken lassen, ... ja selbst die Verbrecher in diesem Werk, sind "liebevolle Individuen", von welchen irgendwo immer noch eine gewisse menschliche Wärme ausgeht.
Ähnlich wie es Liebesgrüße aus Moskau ebenfalls tat, orientiert sich dieser Film weitestgehend am gleichnamigen Roman, diese enge Verbindung zur literarischen Vorlage stellt geradezu eine Seltenheit dar, dabei bilden zusätzlich auch die Anspielungen auf vorherige Bonds eine "Symbiose des Abschieds", drum steht dieser Film seiner Reihe näher als zunächst zu vermuten sei.
Draco, der Vater von Tracy, wird gewillt sein gewisse Spannungen zwischen ihr und Bond zu unterbinden, sodass diese beiden Turteltauben geschwind zueinander werden finden können.
Eine ähnlich romantische Einzelgeschichte existiert innerhalb des Bonduniversums wohl nur in "The living daylights" (Kara) und "Casino Royale" (Vesper).
Herrlich köstlich auch diese altertümlichen deutschen Namen einiger Nebenprotagonisten, "Gebrüder Gumbold", "Grunther", "Dr. von Zahn" und dergleichen mehr.
Die Szene im Gebäude der Schweizer Anwaltskanzlei (besagte Gebrüder Gumbold), war bei früheren VHS-Fassungen noch nicht zu erleben, vielmehr blieb sie uns unbekannt, bis im Zuge der DVD's zuvor gefehlt habendes hinzugefügt worden ist, es ist eine mehrminütige, sehr ruhige und doch spannende Szene im Stile von Hitchcock, wie ich sie unter allen Umständen hervorzuheben gewillt bin.
Im Übrigen vermag der Kult auch hier noch kein Ende zu nehmen, immer wieder tauchen innerhalb des Films gar Gesichter aus dem Serienklassiker "Die 2" auf, der in einer ähnlichen Zeit entstand.
Nun befinden wir uns fortan in der Schweiz, in Mürren um genau zu sein.
Etwas ungeschickt wirkt natürlich Bonds Kollege, dessen auffälliges Folgen (in einem lauten Volkswagen Käfer driftet er Bonds und Irmas Schlitten hinterher) nicht unbemerkt bleibt.
Von seinen stärksten und besten Seiten zeigt sich der Film zweifelsohne im Zuge der "Piz-Gloria"-Szenen, solch poetische Schönheit offenbart sich auf dem Dach der Welt, zwar sind es "nur" 3000 Höhenmeter, doch die vermittelte Stimmung erzeugt ein Gefühl des himmelgleichen Schwebens über den Wolken.
Vom deckmantelartigen Gewande einer Klinik beschützt, jene Klinik mit welcher er seine "Arbeit" gewissermaßen "legitimiert", kann Blofeld seine "Todesengel" ausbilden, welche sich dort angeblich in Behandlung befinden.
Bond wird nun - sich als Stammbaumforscher ausgebend, das meistert er übrigens besser als Connery zwei Jahre zuvor das Darstellen eines Japaners - in einem nicht gerade der gegenwärtigen Mode entsprechenden Aufzug vor versammelter (Damen-)Mannschaft auftreten.
Dass Blofeld aus seiner Selbstverliebtheit kein Geheimnis macht, erklärt er uns in den Worten:
"Die Methoden der großen Pioniere sind oftmals verwirrend für gewöhnliche Zeitgenossen", 'sympathischerweise' sind diese Worte vergleichsweise noch mit das harmloseste, was man diesem Manne entlocken kann.
Als "Ruby", eine der "Patientinnen" dann "an ihre Kur denken muss", entwickeln sich die Bilder zuweilen gar in leicht surreal angehauchte Richtungen, was dem Gesamtwerk einen fast schon hypnotischen Charakter verleiht.
Des Weiteren werden wir in Bälde erneut mit der - aus meiner Sicht begrüßenswerten - Tatsache konfrontiert, dass dieser Film mitnichten dem Klischee des "coolen" Bondfilms entspricht, so hält sich nicht nur die Action angenehm in Grenzen, sondern die Protagonisten geben sich beispielsweise auch dem Sport des "Curlings" hin, hier kann Blofeld abermals so tun, als sei er der liebevolle Vater aller Patientinnen dieser einem wunderschönen Gefängnis gleichenden Klinik.
Schwarzhumorigerweise spricht Blofeld bezüglich seines sonderbaren Vorhabens von einer "Weihnachtsbotschaft", welche die Welt von ihm erhält, welch frohes Fest ihm da wohl vorschwebt?
Trotz der Gegenwinde, welchen Bond mal wieder wird ausgesetzt sein müssen, erzeugt kein anderer Film dieser Reihe ein vergleichbar gemütliches Wohlfühlambiente der inneren Idylle, so ist "On her majesty's secret service" neben "Ma nuit chez Maud" der beste Weihnachtsfilm seiner Dekade.
Im Übrigen überzeugt mich auch seine Geschichte, nicht dass dieser Film allzu viel psychologischen Tiefgang besäße, aber die Szenen in welchen Draco über seine Tochter spricht, zudem auch jene in welchen Blofeld Hypnose bei seinen Mädchen betreibt/anwendet, sind wie ich finde sehr gut umgesetzt worden, sie lassen sich in ihrer Entfaltung auch Zeit, was bei Bond bedauerlicherweise nie selbstverständlich war.
Im gegenwärtigen Zeitalter recht uninspirierter CGI-Effekte, wirkt handgemachte Action (Stichwort Skiszenen) geradezu erfrischend, ein Stuntman hatte seinerzeit schätzungsweise eine sicherere Existenz als heute...
Die Filmhandlung schreitet langsam voran, Tracy und Bond bereits auf der Flucht, wie durch "Zufall", finden sie im Sturme des Weihnachtsschnees einen Unterschlupf, welch gemütliche Scheune, sie beide betten sich auf Heu, erst im Morgengrauen erscheinen die Verfolger erneut.
"Wir empfangen da so eigenartige Funksprüche", so kündigte meine Lieblingsfigur "Grunther" auf dem Piz Gloria das fulminante Filmfinale an, als Draco und Co Tracy endlich zu Hilfe eilten, sogleich erleben wir eine winterliche Endphase eines grandiosen Werkes.
Oh welch Freud', es betört meine Sinne, wie in diesem Film auch wirklich jedes Schneeklischee "abgearbeitet" wird, als wünsche man sich nichts sehnlicher, als jeden Winterzauber in den Film eingebunden zu haben.
Eine Art "absurde Komik" wird sich im Zuge dessen auch in Blofelds "Hängenbleiben" widerspiegeln, denn wer hätte gedacht, dass ein einzelner Ast derart viel für die Menschheit zu tun imstande sein könnte...?
Als besonders mutig, gewagt und vor allen Dingen lobenswert, ist nach dieser Achterbahnfahrt der Gefühle zweifellos das Ende anzusehen, ich betrachte es ohne auch nur im Entferntesten zu zögern, als das mit gehörigem Abstand interessanteste Ende ALLER Bondfilme, ein perfektes Ausklingenlassen eines (nahezu) perfekten, zuweilen auch tragischen Films!
Dieses Werk ist anders, eigenartig, tanzt im wahrsten Sinne des Wortes aus der "Reihe", doch genau diesen Schritt, vermochte es in einer Art und Weise zu gehen, wie sie bis zum heutigen Tage ihresgleichen sucht!