1.2
Auf
dem Rummelplatze (einer Örtlichkeit, die die jüngeren Parts in mir
eher an Werke wie „unfabulous“ oder „Bully – die Ehrenrunde“
denken ließe) kommt es zu der genialen, legendären Ballon-Szene
nach Saunders Tod, kontrastierend hierzu wirken Passagen wie „Lass
es einfach geschehen“ wiederum äußerst sanftmütig, das Riesenrad
assoziiere ich natürlich selbstredend mit dem zartfühlenden
Schnee-Meisterwerke „Das süße Jenseits“ von Atom Egoyan, die
gesamte Szene rundum Saunders ist brillant,
dramatisch-inszenatorische Erhöhung ergreift die Gesichtsausdrücke
in „Yes, I got the message“, unweit danach erleben wir einen
klaren Szenenwechsel des Settings, verlassen sozusagen den visuell
ernsteren Kosmos und (nicht dass die späteren Szenen weniger
dramatisch wären, aber sie „spielen“ etwas farbenfroher)
erfreuen uns unserer Ankunft im 1001-Nacht-Gedichte („Hotel ILE DE
FRANCE“), wunderbärlichst wird all dieses untermalt von äußerst
gefühlvollen Klängen, genial gespielt auch gerade Bonds Szene beim
General im Hotelzimmer:
„If
I trusted Koskov we would not be talking!“,
in
Bälde auch sein Schuss auf den Scheinwerfer, dieser erinnerte mich
an die bockschwere Mission 8 aus Splinter Cell 1: „Schlachthof“
(oder Pandora Tomorrow: „Ich soll mich in den Lichtkegel
stellen?!“, so die erschrockenen Worte in der anfänglichen
indonesischen Botschaft, welche wir infiltrierten), über den Dächern
der Teppichreiche beginnt in the living daylights trotz gewisser
Drastik (nennen wir die Dinge beim Namen: trotz kriegerischer
Geschehnisse) bizarrerweise etwas ganz Liebliches aufzublühen: ein
MÄRCHEN tatsächlich, insbesondere Kara scheint diesen absurden
Kontrast, wenn auch anders, konstatiert zu haben, inmitten
bitterernster Situationen blickt sie ihrem Agentenprinzen freudig
entgegen und saget:
„James,
wir sind frei!“, seine nüchterne Reaktion hingegen lässt, sagen
wir gelinde, andere Theorien entstehen:
„Kara,
wir sind auf einem russischen Luftwaffenstützpunkt mitten in
Afghanistan!“
ABER:
Kara überlebt, immerhin schrieb sie etwa 15 Jahre darauf das Büchnis
„bond girls are forever“ und wirkte auch in der gleichnamigen
Dokumentation mit.
Die
arabischen Paläste sind weniger opulent als vier Jahre zuvor in
Octo-P (aus Gründen der Zensur stünde das P allein, doch jedweder
halbwegs bei Fantasie seiende Mensch wird sich den Rest wohl
unmissverständlich zusammenreimen können), ob einer rauschgiftigen
Droge werden die Bilder in einer bestimmten Szene deutlich
halluzinatorischer und verschwämmen für einen Moment zu einer neuen
Ästhetik, Diamanten umschlängen das Herz eines Lebewesens und ein
gewisses Maß an Unbehagen ist nicht völlig abwegig, weitere
Geschehnisse können ebenfalls nicht nur als „Unannehmlichkeiten“
abgetan werden, sondern sind mit deutlich mehr Leidenskämpfen
verbunden, ich dächte hier gezielt an den Machtmissbrauch in den
Gefängnissen (zum Glücke pfeift sich Bond elegant aus dieser
Schlinge heraus), die alsbaldige Wüstenpoesie hoch zu Rosse erinnert
in den Lokalitäten an den bereits 1977 von Bond aufgegriffen worden
seienden Film „Lawrence von Arabien“ (77 musikalisch, 87 visuell,
in beiden Werken sind die Analogien offenkundig), erneut arbeitet der
Film faszinierend kontrastreich, böte einerseits die wundersamsten
Vorhänge als Zeichen optischer Extravaganz, auf der anderen Seite
reißen Szenen wie das „Pferdehinterteil“ die Eleganz wieder auf
eine etwas alberne Ebene, die Örtlichkeiten könnten kunstvoller
nicht sein, die Dialoge jedoch glauben, sie bedürften stellenweise
ebensolcher Witze, um möglichst viele verschiedene Zuschauer
zufriedenzustellen, das Resultat mag auf den ersten Blick
unausgewogen und unausgegoren erscheinen, ergäbe aber am Ende des
Tages doch irgendwo unsagbar viel Sinn und weiß zu gefallen, sehr
sogar.
Die
Sonne streifet charmant den Sand, orientalische Tracht schmückt
Gestalt und Antlitz, die gesamte an klassische Abenteuer wie „Der
Dieb von Bagdad“ erinnernde zweite Hälfte des Films mag lebhafter
erscheinen, jedoch bleibt Tim auch in solchen Szenen (klar: mit Brett
Sinclair wirkten sie in gewisser Weise souveräner, aber man wusste
selten nur, welcher Art Film man gerade beiwohnte, wohingegen unter
Dalton die Nähe zum Spionage-Genre tatsächlich spürbar erscheint)
der meines Erachtens glaubwürdigste Bond, Timothy Peter Dalton hat
seine Rolle förmlich inhaliert, in gewisserlei Hinsicht wurde ihm
bedauerlicherweise gerade das eher zum Vorwurfe gemacht, er wurde zum
„Fan-Bonde“, zum „Insider“, welcher aber keine massiven
Massen für sich hat mobilisieren können, zumindest nicht weiland in
den 80er und 90er Jahren, langsam nähert sich das kinematographische
Eichhörnchen der Szenen dem Finale, die Geschütze werden schwerer
und fahren härter auf, das wehende Netz am Flugzeuge ist der
Atmosphäre maßgeblich dienlich und lässt uns abermals mit Necros
in bissigen, unliebsamen Kontakt treten, späteren Momentes spielt
Regisseur John Glen erneut mit seinem Identifikationsmerkmale und
Bond (selten auf den Kopf gefallen, aber auch nicht völlig fehlerlos
ALLES steuern könnend) scheuchet Vögel auf, unser Freund Felix ist
diesmal, sagen wir, ein recht „lockerer“ Typ mit kessen Ladys an
seiner Seite, an den Entspannungsgrad seines 83er Pendants aus „Sag
niemals nie“ kommet er vielleicht nicht gänzlich heran, aber er
ist äußerst nah dran, leider wirkt er gelangweilt, wohingegen die
83er Variante eher wie ein sportlich ambitionierter Spaßurlauber
anmutet, wie dem auch sei, in Kürze sind wir bei Whitaker angelangt,
hier erwiese sich Bond ausnahmsweise als minimal unvorsichtig, eine
der wenigen Szenen des Kein-absoluter-Profi-Seins, eine ausfahrende
Schublade ist in einem solchen Irrgarten in meinen Augen kein
völliger Überraschungseffekt, doch sei dem wie dem wolle, gelänge
es dem Meister der finalen Improvisation auch diesmal seine Haut und,
wichtiger noch, jene anderer Menschen (!) adäquat zu erretten,
anschließend erleben wir in den heiligen Hallen der Kara‘schen
Konzertklänge noch einen Gastauftritt des brillanten John Barry (als
Dirigent) und 130 überwiegend magische Minuten der Filmkunst fänden
ihr Ende….
So
lieblich die Sonne,
ein
Orient des Lichts,
das
Bildnis als Wonne,
Natur
des Gesichts.
Zuvor
jedoch ein Thriller,
die
Äuglein bitter und entschlossen,
ein
sich verliebend‘ Killer,
...hat
sie nicht ERschossen, sich vielmehr VERschossen,
die
Zuschauerseele wird haben es genossen,
leise
Tränen flossen,
die
200er Karosse sie für Bond nur ward verzinkt gegossen.
"Loyalität bedeutet mir wesentlich mehr als Geld." - Aus des Problembeseitigers Spiegelbilde sprach die Stimme sanften Verwesens!
Bond '89 - Robert Davi