James Bond 007: Casino Royale
Bond Marathon # 00…27; Originaltitel: Climax! - Casino Royale, USA 1954, Regie: William H. Brown Jr., Drehbuch: Antony Ellis und Charles Bennett nach dem Roman von Ian Fleming, Darsteller: Barry Nelson, Peter Lorre, Linda Christian, Michael Pate, Eugene Borden, Jean Del Val, Gene Roth, Kurt Katch, Herman Belmonte, Joe Gilbert, Frank McLure, Hans Moebus, Cosmo Sardo u. a., Premiere: 21. Oktober 1954
James "Jimmy" Bond, ein Agent des "Combined Intelligence" gerät beim Betreten des Casino Royale in einen Schusswechsel. Das Attentat auf ihn misslingt. Im Casino trifft der scheindige Amerikaner auf seinen britischen Verbindungsmann Clarence Leiter. Bond soll im Auftrag seiner Vorgesetzten Baccarat spielen. Leiter liefert ihm die Details. Die Zielperson ist ein Mann, der nur als Le Chiffre bekannt ist und für die Sowjetunion arbeitet. Der Agent soll den Schurken beim Kartenspiel finanziell ruinieren, damit dessen Geheimdienst-Offiziere ihn fallen lassen. Bond trifft auf Valerie Mathis, seine bezaubernde, aber auch verschlagene Ex-Freundin. Sie ist jetzt die Geliebte seines Gegenspielers. Kurz darauf lernt Jimmy den Spieler Le Chiffre auch persönlich kennen. Am Baccart-Tisch geht es hoch her und das Glück wechselt mehrmals die Seiten. Schließlich gelingt es Bond den Sowjetspion zu besiegen. Le Chiffre verliert 87 Millionen Franc und scheint am Ende. Als der Geheimagent zurück in sein Hotelzimmer kommt, konfrontiert ihn Le Chiffre mit seinen Bodyguards. Er und Valerie, die Le Chiffre aber bereits als Mitarbeiterin des Deuxième Bureau enttarnt hat, sind den Verbrechern hilflos ausgeliefert...
Mit der anderen Verfilmung des
Casino Royale-Stoffes gehört dieser wenig beachtete Streifen zu den Kuriositäten den cineastischen Nullnullsieben. Selbst große Teile des eingefleischten Fandoms interessieren sich kaum für diese beiden Werke – von Gelegenheitskonsumenten ganz zu schweigen. Durchaus zurecht, sind sie doch - anders als
Never Say Never Again - in jeglicher Hinsicht a-typisch geraten. Kann man
Casino Royale'67 zumindest als Kino-und Star-Film klassifizieren, mutet die erste Verfilmung eines Bond-Romans fast schon prähistorisch an. Ian Fleming selbst soll von dieser Adaption nicht begeistert gewesen sein, was man angesichts der hehren Qualitätsansprüche des Schriftstellers gut nachvollziehen kann. Dennoch wird der Lebemann zumindest in finanzieller Hinsicht nicht gänzlich unfroh über den Fernsehfilm gewesen sein, scheiterten doch alle weiteren Verfilmungsvorhaben seiner Bücher in den Jahren danach, bis Anfang der Sechziger Jahre sich die beiden Produzenten Harry Saltzman und Albert R. Broccoli zusammentaten. In
Casino Royale'54 kann man den Geist des flemingschen Doppel-Null-Agenten schon durchaus erkennen, auch wenn einiges den amerikanischen Sehgewohnheiten und TV-Standards angepasst wurde. Freilich darf man bei einem Budget von nur 25.000 Dollar keine großen Schauwerte erwarten. Aber mit gut aufgelegten Schauspielern und einer soliden Inszenierung kann der Streifen als Miniatur-Bond für die Bildschirmröhre auch heute noch überzeugen.
Wenn es eine große Stärke gibt, die die CBS-Version des ersten Bondromans auszeichnet, dann ist es auf jeden Fall die Darstellerriege, deren einzelne Ensemblemitglieder durchweg zu ihren jeweiligen Charakteren passen. Barry Nelson, der oft als eine Art 'Milchbubi-Bogart' von den amerikanischen Kritikern verrissen wurde, hat die etwas undankbare Aufgabe, einer Figur Leben einzuhauchen, die heute - 67 Jahre nach ihrer Entstehung - ein Mythos ist. Das konnten seinerzeit aber weder Nelson, noch die Macher erahnen. Er selbst gestand Jahrzehnte später die Rolle im Script als eine Art seelenlose Hülle empfunden und sich mit ihr sehr unwohl gefühlt zu haben. Tatsächlich wirkt Nelson als Jimmy Bond immer ein wenig ungelenk und hölzern. Das fällt aber kaum ins Gewicht, da der Schauspieler in seinen Mitspielern kompetente Partner findet und in den entscheidenden Momenten wie dem Baccart-Duell überzeugen kann. Nelson hat seinen Beitrag zum filmischen 007 später immer nüchtern gesehen und sagte sinngemäß, dass Sean Connery James Bond zu einer Ikone gemacht habe, während er nur der "Agent Jimmy" in einer Fernsehfolge war. Exzellent besetzt sind vor allem Michael Pate und Linda Christian, die als Verbündeter und als Love-Interest doppelbödig agieren und einen professionellen Glanz ausstrahlen. Der Clou des Werks ist aber der legendäre Peter Lorre, der einst durch
M zu einem Weltstar avancierte. Dieser große, kleine Mann ist unbestritten einer der bedeutendsten Mimen der Filmgeschichte. Sein Gesicht war wie geschaffen für Verbrecher, für Unholde, für Mörder. So ist es auch kein Wunder, dass Lorre
Casino Royale'54 fast im Alleingang trägt. Auch wenn die Rolle hier bei weitem nicht so gut geschrieben ist, wie 52 Jahre später für Mads Mikkelsen, holt Lorre das Maximum aus ihr heraus; weshalb die Kamera immer wieder in reizvollen Großaufnahmen auf seinem verschlagenen Gesicht verweilt. Auch im Moment der Niederlage gibt der Spieler Le Chiffre nicht auf und zieht sein letztes Ass aus dem Ärmel bzw. aus der Hutkrempe. Eine gelungene Vorstellung des Schauspielers, der sich in einer so kleinen Produktion die Ehre gibt. Viele Bondfans hätten wohl auch nichts dagegen gehabt, hätte Eon Productions Limited die Serie schon 1961 mit
Casino Royale und Peter Lorre als Gegenspieler von Sean Connery gestartet.
In der Konzeption und der Inszenierung kann der Streifen als episodisches Drei-Akt-Fernsehspiel natürlich nur einen gewissen Standard bedienen. Beim Script, für das sich unter anderem der Hitchcock-Autor Charles Bennett verantwortlich zeichnet, fallen natürlich die Amerikanismen negativ auf. Bond als US-Agent, Leiter als britischer Kontaktmann und die Figuren Vesper Lynd und René Mathis hat man schlicht zu "Valerie Mathis" verschmolzen. Ansonsten hält sich das Drehbuch aber – vor allem in einigen Details – enger an die Vorlage als die späteren Verfilmungen. Sicherlich verzichtet man fast komplett auf den SMERSH-Apparat als Strippenzieher und auf das kompromisslose Ende, aber das ist der TV-Episoden-Struktur geschuldet und beinhaltet immerhin den Bonus, dass Le Chiffre einen denkwürdigeren Abgang hinlegen darf. Interessanterweise spielt der Agent hier noch tatsächlich Baccart um Franc-Beträge, weshalb die Hintergründe dem amerikanischen Zuseher noch leichtfüßig erklärt werden. Kurioserweise ist man dann in der traditionsreichen Eon-Serie der Versuchung erlegen, Bond um Millionen-Dollar-Summen pokern zu lassen. Auch wenn das dem temporären, medialen Event-Poker-Hype geschuldet sein mag, bleibt der US-Krimi hier näher am Original. Ansonsten ist es eben sehr bedauerlich, dass das Werk heute leider nur noch in einer schlechten technischen Fassung vorliegt. Das ursprüngliche Filmmaterial existiert leider nicht mehr und man muss sich mit einer vom Bildschirm abgefilmten Version begnügen. Bild und Ton sind daher nicht gerade überragend. Es wäre sicherlich interessant gewesen, die originale Filmfassung zu begutachten, da diese mit einem Farbfilm gedreht wurde und den Streifen gewiss etwas frischer hätte wirken lassen. Zum Abschluss muss ich mit einer kleinen Legende aufräumen: In vielen Quellen und Bondbüchern ist von dem berüchtigten Filmfehler zu lesen, dass der tote Peter Lorre on-screen wieder auf(er)steht. In keiner mir bekannten Fassung des Barry Nelson-Bonds ist eine solche Einstellung enthalten. Ein amerikanischer Journalist hat herausgefunden, dass dieser Fauxpas in keiner zeitgenössischen Besprechung des Films erwähnt wird, sondern dieser mit einer anderen Episode der Reihe "Climax!" in Verbindung steht. Aber das darf den Franchise-Fan ja nicht verwundern, manifestieren sich solche Anekdoten doch immer dann, wenn - wie mit dem Charakter James Bond - 007 - ein Mythos aus der Taufe gehoben wird. Sind Legenden erst in der Welt...
Stunde Null für Nullnullsieben – Aber Casino Royale'54 ist besser als sein Ruf. Als Bondfilm innerhalb der großen Serienkonkurrenz natürlich unterdurschnittlich, bleibt das Werk aber dennoch ein spannendes, einstündiges Fernseh-Kammerspiel. Irgendwo zwischen Film Noir, Hard Boiled-Thriller, Edgar Wallace-Krimi und Alfred Hitchcock Presents verortet, bringt der "Climax!"-Streifen 007 erstmals mit dem Medium Film in Kontakt und adaptiert den ersten Bond-Roman Ian Flemings auf recht gelungene Art und Weise. Keine Sternstunde der TV-Geschichte, aber ein beachtenswerter Rohling, der das bondsche Leinwandphänomen, das mit Doctor No beginnen sollte, in Nuancen vorwegnahm.
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