DER VILLAIN: Auric Goldfinger

  • Mir geht es ähnlich wie Daniel Schweikert. Ich finde Kronsteens Argumentation genauso schlüssig und gut geschrieben wie die von photographer, obwohl oder vielleicht gerade weil sie sich der Figur auch von einer anderen Richtung nähert. Und meinen Kopf habt ihr vielleicht sogar überzeugt: Von der Anlage her ist er gerade als Schurke sicher eine gute Figur, da er die alltägliche Hemdsärmeligkeit und die damit verbundene bzw. erwartete Harmlosigkeit mit vielen dunklen Seiten verbindet.


    Aber warum zündet es bei mir trotzdem nicht, warum wirkt auf mich fast nur die bräsige Seite Goldfingers, nicht jedoch die böse (außer der wirklich genialen und auch gut umgesetzten Laserszene)? Wenn wir übereinstimmen, dass die Figur gut ist, kann es nur an der Umsetzung liegen. Oder an mir.:) Ich finde, dass Goldfinger, so wie er umgesetzt wurde, keine ausgewogene Figur ist. Bei mir kommen der schwitzende Kartenspieler sowie der auf der Veranda seiner Ranch sitzende und Mint Julep trinkende Goldfinger auf der einen und der (real und geplant) massenmordende und (geplant) Atombomben zündende Superschurke auf der anderen Seite einfach nicht zusammen. Dafür sind beide Seiten einfach zu übertrieben: Seine bis zur Lächerlichkeit gehende Einführung in Miami genauso wie die im Verhältnis zum Gewinn sowohl in Aufwand als auch in Blutzoll und Wahl der Mittel ins sogar für Bondverhältnisse Absurde getriebene Planung für seinen großen Coup.
    Das Verhältnis zwischen menschlicher Schwäche und Bishaftigkeit finde ich beispielsweise bei Le Chiffre wesentlich ausgewogener. Aber das ist ein anderer Thread.


    Mein persönliches Zwischenfazit also bisher: Gute Figur, wenig gelungene Umsetzung. Oder es liegt doch an mir.:D Meine Heilige Kuh wird er aber wohl so oder so nie werden.:)

  • Ich finde es bei Goldfinger eigentlich recht interessant,dass er so durch und durch böse ist(Vergasen von Geschäftspartnern,Verrat an Oddjob usw.,Mord an Jill),aber dennoch in keinster Weise unsympathisch oder gar hassenswert erscheint.All die anderen Bösewichte,die in einer ähnlichen Liga der "Bösheit" spielen, erscheinen zumindest mir als total abscheulich,sodass ich ihren Untergang regelrecht gönne.
    Mit den durch und durch böse erscheinenden Villains meine ich solche,die von TV tropes und einigen anderen Websites so klassifiziert worden sind.
    Das sind:
    Auric Goldfinger
    Ernst Stavro Blofeld
    Hugo Drax
    Max Zorin
    Franz Sanchez
    Elliot Carver


    Vor allem Max Zorin,Hugo Drax und Elliot Carver gelten doch-unabhängig von ihrer Qualität- als wirklich absolut bösartig und skrupellos,ohne dass sie irgendeine sympathische Eigenschaft aufweisen und werden gewisserweise verabscheut.
    Goldfinger dagegen ist mir aufgrund seiner jovialen Art nie als richtig unsympathisch erschienen.


  • Zumindest Franz Sanchez kann man diese Eigenschaft aber auch nicht absprechend, oder?


    Sanchez ist für mich auch der sympathischste Villain - evtl. liegt es u.a. auch daran, dass Bond in hintergeht und nicht mit offenem Visier gegen ihn kämpft. Durch das von Bond missbrauchte Vertrauen Sanchezs (auch wenn es nur auf falschen Annahmen beruht) hat man im Moment des Verrats schon fat Mitgefühl mit ihm.
    Verräter mag man einfach nicht - und Bond ist in LTK einer.
    Aber ok, falscher Thread... :D

  • Ja, da ist schon was dran. Was ich Sanchez "zugute" halte ist zudem, dass er kein Psychopath ist. Okay, ein äusserst brutaler Verbrecher ist er zweifellos, aber er zelebriert das Verbrechen nicht um des Verbrechens Willen sondern für ihn ist es bloss "Business". Daher geht er auch keine fahrlässigen, narzistisch motivierten Risiken ein, was ihn zu einem viel "schwierigeren" Kontrahenten für Bond macht als etwa ein Goldfinger

  • Da kann ich nur bedingt zustimmen. Welcher Villain begeht seine Verbrechen denn zum Selbstzweck? Da
    würde mir höchstens Hugo Drax einfallen,der sich in seiner selbst geschaffenen Zivilisation vergöttlichen lassen will.
    Und Sanchez zeigt selbstverständlich sadistische Züge;seine Methoden,sich illoyaler Handlanger zu entledigen,suchen unter den Bond-Villains doch ihresgleichen.Zugute halten kann man ihm höchstens,dass er so etwas wie Loyalität überhaupt kennt(im Gegensatz zu z.B.Zorin oder Carver),aber schon beim geringsten Anzeichen eines Verrats, rächt er sich auf brutalste Weise an dem Delinquenten,selbst wenn dessen Verrat nicht eindeutig ist,wie man im Fall von Milton Krest sieht.
    Zwar hat er diesem ja ohnehin nie besonders vertraut,aber ich sehe keinen Grund,anzunehmen,dass er mit in seiner Gunst höher stehenden Handlangern wesentlich anders verfährt,wenn in ihm Misstrauen gegenüber ihnen geweckt wird.
    Truman Lodge knallt er auch kaltblütig ab,nur weil ihm dieser auf die Nerven gegangen ist,aber ohne,dass dieser in in irgendeiner Art und Weise hingegangen hat. Auch sein Umgang mit Lupe(auspeitschen bei Untreue etc.) legt doch ganz klar nahe,dass er sie als Besitz ansieht und ihr keine aufrichtige Liebe entgegenbringt.Ihre Gefühle interessieren ihn nicht.
    Als den sympathischsten villain kann ich ihn wirklich nicht betrachten, das ist für mich eindeutig Scaramanga,der zu Nick Nack tatsächlich ein geradezu freundschaftliches Verhältnis pflegt und im übrigen nur ein Killer ist,der von dieser Profession lebt und sich damit nur unwesentlich von Bond unterscheidet.
    Er ist für mich definitiv der sympathischste und "menschlichste".

  • Welcher Villain begeht seine Verbrechen denn zum Selbstzweck?


    Also da gibt es einige... Die, die's nicht primär des Geldes wegen tun (das heisst, weil sie's finanziell nötig hätten), sondern um ihren Grössenwahn zu zelebrieren (Goldfinger, Zorin, Carver), sich zu Rächen (Dr. No, Trevelyan, Silva) oder sonst was in Richtung "Übernahme der Weltherrschaft" (Stromberg, Drax, teilweise Blofeld). Das klassische Beispiel hier ist Goldfinger: Noch mehr Geld (bzw. Gold) braucht er ja kaum - er will einfach das ultimative Verbrechen begehen indem er Fort Knox ausraubt.


    Zitat

    Als den sympathischsten villain kann ich ihn wirklich nicht betrachten


    Wo hatte ich denn Sanchez als "sympathisch" beschrieben :D ? Dein, das ist er wahrlich nicht :thumbdown: . Er kommt einfach einem "normalen" Menschen bzw. Verbrecher näher als die meisten anderen Villains

  • Nun Kronsteen, etwas trinken gehen vermutlich am liebsten mit Sophie Marceau, sie entspräche dem vielleicht teuflischsten Villain im gesamten franchise und somit erwähne ich sie in diesem Zusammenhange auch (bin so frei), zugleich passt zu ihr aber auch der Tracy-Satz "für dich der Dichter der Verführung singt", gerade diese in Sanftmut getränkte Düsternis, macht sie so abgrundtief böse. ;)
    Gingen wir nun jedoch von der männlichen Seite aus, träfe ich wohl am liebsten die "Bonds" unter den Gegnern, eben u.a. Scaramanga (versteht wenig von Physik und ist mir somit auch etwas ähnlich, zumindest in dieser Hinsicht) und Sanchez (Sean Bean's Protagonisten dagegen mitnichten), da sie Bond näher stünden und wir Bond ja trotz all seiner unschön anmutenden Morde zuweilen doch als annehmbaren Knaben wahrnehmen, wo wir doch so viel kinematographische Zeit mit ihm verbrächten.
    Fast gänzlich anschließen, kann ich mich dem Post von largo, Loyalität und Freundschaftsbereitschaft des Drogenmeisters in allen Ehren, aber seine Methoden stünden in einem zumeist doch recht krassen Gegensatz zu dem, was man als liebsam bezeichnen könnte...

  • Und Sanchez zeigt selbstverständlich sadistische Züge;seine Methoden,sich illoyaler Handlanger zu entledigen,suchen unter den Bond-Villains doch ihresgleichen.Zugute halten kann man ihm höchstens,dass er so etwas wie Loyalität überhaupt kennt(im Gegensatz zu z.B.Zorin oder Carver),aber schon beim geringsten Anzeichen eines Verrats, rächt er sich auf brutalste Weise an dem Delinquenten,selbst wenn dessen Verrat nicht eindeutig ist,wie man im Fall von Milton Krest sieht.


    Ich frage mich da oft, ob ein derartiges Verhalten nicht auch erforderlich ist, um solch eine Organisation zu leiten. Sozusagen zum "Berufsbild" gehört. Man muss Verrat möglichst abschreckend bestrafen und Loyalität belohnen. Auch Lupes Verhalten gefährdet ja letztlich die illegalen Geschäfte. Insofern wäre es durchaus vorstellbar, dass diese sadistischen Züge aus dem mafiösen Milieu kommen und zum Gedschäftsgebaren gehören, und Sanchez im privaten Kreis gar nicht zu solchen Eskapaden neigt. Andere Villains wie Zorin oder Carver wirken mir da eher grundsätzlich psychisch gestört und unberechenbar.


    Was Schurken wohl sympathisch macht, ist eine gewisse Integrität, ein eigener Wertemaßstab, der zwar objektiv nicht moralisch richtig erscheint, an den sie sich aber halten. Bei den meisten Villains hat man den Eindruck, dass sie einfach das tun, womit sie durchzukommen glauben.

  • Die Antwort wäre für mich ganz klar: Francisco Scaramanga!!!


    Ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass es sich bei ihm im Grunde gar nicht um einen Villain handelt. Er macht den gleichen Job wie Bond, hat einen ähnlich guten Geschmack, hegt weder Groll noch Hass gegen irgendjemanden, er ist ja sogar tierlieb! Und wenn seine Gespielin nicht diese gemeine Intrige eingefädelt hätte, wären Bond ihm nie begegnet. Seine Freude, auf Bond zu treffen, wirkt ehrlich, seine Gastfreundschaft großzügig, in der Verfilmung ist er charmanter als Bond. Und, um ganz offen zu sein: Bonds herablassende, moralinsaure Verurteilung Scaramangas erscheint mir völlig unbegründet. "Wer von Euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein." Somit hat Scaramanga den Vorsprung, dass er sich nicht einredet, für eine "höhere Sache" zu arbeiten.
    Aber keine Sorge: ich bin immer noch auf Bonds Seite! :D

  • Eine Diskussion zum sympathischsten Villain hatten wir übrigens schon mal vor längerer Zeit, sogar inklusive Umfrage. Die üblichen Verdächtigen scheinen weitgehend identisch geblieben zu sein. Nachzulesen hier.

  • Eine Diskussion zum sympathischsten Villain hatten wir übrigens schon mal vor längerer Zeit, sogar inklusive Umfrage. Die üblichen Verdächtigen scheinen weitgehend identisch geblieben zu sein. Nachzulesen hier.

    Danke für den Tip - die kannte ich noch nicht!
    Allerdings wird es generell schwierig, etwas zu schreiben, was so oder ähnlich nicht schon vorher geschrieben wurde. Niemand sollte Sorge haben, das zu tun - das wäre der Tod jeder Kommunikation. ;)


    „Nullum est iam dictum, quod non dictum sit prius“, (Terenz, im Prolog zur Komödie
    Eunuchus.)

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