DER FILM: Feuerball

  • Danke für das Review. Schön geschrieben und Deine Beurteilung deckt sich ziemlich mit meiner. Schade, aber TB ist wohl der am meisten "unterschätzten" Bond-Filme. Und auch wenn ihm vielleicht etwas die "Lockerheit" des Vorgängers fehlt, so macht er dennoch vieles einfach noch besser! Vor allem ist es einer der wenigen (früheren) Bond-Filme, denen ein Schurkenplan zugrunde liegt, der theoretisch tatsächlich hätte funktionieren können und der vor allem wirklich Sinn macht :schlau: . Aber: Auch für mich sind die Unterwasserszenen in TB etwas zu lange geraten :S


    Zitat

    Und Sie darf im Finale groß auftrumpfen! Das einzige Mal, dass der Bösewicht nicht von Bond, sondern von der Dame getötet wird und die Dame somit sogar Bonds Leben rettet.


    Ich war jetzt grad dran zu schreiben "Und was ist mit FYEO?". Bis mir in den Sinn kam, dass das ja schliesslich doch Columbo und nicht Melina "erledigt" hat... Asche über mein Haupt :whistling:


    Zitat

    Misstrauen ist nicht angesagt und das nervte mich bei späteren, viel späteren, Filmen.


    Leider wahr :(

  • Mein Eindruck, als ich GF und TB im Rahmen meines Bond-Marathons direkt hintereinander gesehen hatte, war der eines kleinen Quantensprungs zwischen beiden Filmen, auch wenn sie nur ein Jahr trennt. Alles an TB wirkt auf mich moderner, zeitgemäßer, "cooler", während GF - dem ich seine epischen Momente nicht absprechen will - aus heutiger Sicht etwas altbacken, piefig und bieder wirkt.


    Besonders deutlich abzulesen an der weiblichen Besetzung - hier eine Pussy Galore mit ihrem spröden Nicht-Charme, die sich selbst als Lesbe noch James hingibt, wie könnte es auch anders sein, und recht unangenehm dem Rollenbild der Frau in den frühen 60ern entspricht (mal ganz abgesehen von den Austin-Powers-Flying-Circus-Amazonen) - dort beispielsweise eine Fiona Volpe, die Motorrad fahrende Gewitterhexe und emanzipierte Serienkillerin.


    Die Militärszenen in GF (rund um Fort Knox) wirken auf mich nicht überzeugend, während das bei TB eine ganz andere Qualität hat, denke ich beispielsweise an die Nachtaufnahmen und Innenszenen der Kampfjets - im direkten Vergleich ist TB deutlich moderner und produktionstechnisch aufwändiger.


    In GF die dröge Ranch, in TB die "Swinging Bahamas", ein (wie MisterBond selbst schreibt) eher onkelhafter Felix Leiter mit Hut vs. den lässigen Felix mit RayBan und ohne Hut - ich könnte auf jeder denkbaren Ebene so weitermachen. TB markiert für mich den Anfang der groß gedachten und inszenierten Bonds, weshalb er nach meinem Empfinden deutlich besser punktet und besser gereift ist als GF.

  • Also für mich ist GF bis heute alles andere als piefig. Sehe es wie Django, bis heute ist GF einer der coolsten, lässigsten Filme. Da ändert auch ein onkelhafter Felix nix, der ja immerhin auch ganz schön locker ist und nicht so verbissen und piefig wie Norman Burton in DAF.
    Honor Blackman finde ich auch in vielen Projekten scharf. Es gibt ja auch den spröden Charme, der ungemein wirken kann. Aber Erotik ist ja auch jedermanns Geschmackssache ;)
    TB ist halt, wie ich es beschrieb, der mondäne Bond und in diesem Vergleich hätte auch jeder andere Film als direkter Vorgänger auf manch' Person bieder wirken können.

  • Dazu passt ja übrigens auch Bonds despektierliche Äußerung über die Beatles, die ich als Beatles-Fan dem Film nie verziehen habe. Wie man sich popkulturell nur so irren konnte... unbegreiflich! Mit dem gleichen Kleingeist hat man damals Jazz als "Negermusik" bezeichnet. Unverzeihlich für einen Bond-Film.

  • Ach, du. Bin Jahrgang 1980, seit 1986 Beatles Fan. Sie waren meine erste Lieblings-Band und trotzdem liebe ich Goldfinger.
    Außerdem verstehe ich beim besten Willen nicht, warum man Bonds Aussage nicht einfach so interpretieren darf, dass die Beatles Konzerte, wegen den kreischenden Fans, laut waren, was ja schlicht Fakt ist.

  • Mein Eindruck, als ich GF und TB im Rahmen meines Bond-Marathons direkt hintereinander gesehen hatte, war der eines kleinen Quantensprungs zwischen beiden Filmen, auch wenn sie nur ein Jahr trennt. Alles an TB wirkt auf mich moderner, zeitgemäßer, "cooler", während GF - dem ich seine epischen Momente nicht absprechen will - aus heutiger Sicht etwas altbacken, piefig und bieder wirkt.

    Genau den Eindruck hatte ich auch. Im gefühlten Gedächtnis war für mich GF immer der strahlende Sieger, während TB einen guten zweiten Platz gemacht hat. Das hat sich zwischenzeitlich geändert. Ich würde zwar GF nicht piefig oder bieder nennen, aber er ist in meinen Augen nicht ganz so gut gealtert wie eben TB.

  • Interessant dass gerade dieser Film doch ganz schön polarisiert. Also ich kann die Pro-TB-Argumente objektiv alle gut nachvollziehen. Vom Aufwand her ist TB natürlich krasser und beeindruckender, und aus heutiger Sicht wirkt es schon verblüffend, dass das in nur einem Jahr Produktionszeit bewältigt wurde. Man muss allerdings auch sagen, dass dieses höhere Budget dadurch ermöglicht wurde, dass GF das Publikum so verzaubert und Massen von Geld eingespielt hat.


    Von den Schauplätzen her ist GF innerhalb der 60er tatsächlich der am wenigsten beeindruckende. Kentucky ist größtenteils ähnlich gefakt wie viele Locations seit den 90ern, aus Pinewood-Aufnahmen und Second-Unit-Szenen aus Florida. Ist aber auch handlungstechnisch bedingt durch das Setting in Fort Knox. Und dessen Nachbau finde ich dann doch so genial, dass das die zweite Hälfte wieder enorm aufwertet. Die Ranch hat tatsächlich etwas ländliches und vielleicht "piefiges", aber das passt auch zum Charakter von Goldfinger, der im Gegensatz zu Largo weniger weltmännisch und mondän auftritt. Aber gerade das macht für mich auch seinen Reiz aus.


    Frauentechnisch sehe ich Domino auch weit vor Pussy, allerdings passt der reifere und herbe Charme auch zu einer Gangsterchefin. Fiona fährt Motorrad, Pussy ist aber auch immerhin Pilotin. Dann gibt es ja auch noch Jill, deren Zusammentreffen mit Bond in Miami ich enorm sexy finde. Auch Dink finde ich attraktiv.


    Beim Marathon ist mir auch aufgefallen, wie völlig unterschiedlich die Herangehensweise von Young und Hamilton war. Young nahm die Bücher und die Agentenwelt von Bond insgesamt sehr ernst, was auch der Sichtweise der meisten Fans entspricht. Hamilton dagegen hatte eher einen ironischen und leichteren Zugang, was eher der Perspektive der Normalzuschauer entspricht und ihnen entgegenkam. Das merkt man bei der Figur von Leiter, bei der der Romanhintergrund Hamilton völlig egal war. Insofern ist es verständlich, dass die drei Youngfilme bei Fans relativ hoch angesehen sind, während GF als Liebling der Gelegenheitszuschauer oft als überbewertet wahrgenommen wird.


    Wo ich GF dann auch weit vor TB sehe ist die Art des Erzählens. GF flirtet mit dem Zuschauer. Den Gag mit der netten alten Lady, die später ein MG abfeuert, sehe ich dafür als Musterbeispiel. Auch Bonds Überrumpeln der Wache. Diese Leichtfüßigkeit mit einem großen Augenzwinkern bezieht den Zuschauer viel mehr mit ein, während TB über weite Strecken einfach seinen Technik-Bombast abspult. Die ganzen Unterwasserszenen sind reine Schauwerte, die dem Zuschauer nichts weiter als Staunen abverlangen wollen.

  • Zitat

    Wo ich GF dann auch weit vor TB sehe ist die Art des Erzählens. GF flirtet mit dem Zuschauer. Den Gag mit der netten alten Lady, die später ein MG abfeuert, sehe ich dafür als Musterbeispiel. Auch Bonds Überrumpeln der Wache. Diese Leichtfüßigkeit mit einem großen Augenzwinkern bezieht den Zuschauer viel mehr mit ein


    Man kann es aber auch als "Anbiederung" sehen... Ich geb's ja zu: GF macht unglaublich Spass. Gleichzeitig führte diese Richtung aber auch in eine Sackgasse, gerade auch wegen Szenen, die derart hanebüchen sind, dass man sie weder toppen noch wiederholen kann. Als man nach OHMSS Hamilton zurückholte und er versuchte, das GF-Erfolgsrezept zu wiederholen, ist er doch eher gescheitert. GF ist somit leider kein "nachhaltiger" Bond-Film. Einmal funktioniert das, aber dann wird's schwierig. Young hingegen ist es mit seinen drei Bond-Filmen gelungen, konstant auf "Kurs" zu bleiben und ich bin überzeugt, dass ihm das auch noch weiter gelungen wäre. Von daher ist auch eine wirkliche Schande, dass man bei YOLT ohne jegliche Not alles (Flemingsche) über Bord geworfen hat und mit einem neuen Regie/Drehbuch-Team gestartet ist. Aber das ist ein Anderes Thema... Und was GF Und TB betrifft: Ich möchte keinen der beiden missen. sie haben beide ihre leichten Schwächen, vor allem aber viele Stärken und das macht beide Filme zu absoluten Ikonen. Und TB war für seeeeehr lange Zeit der für mich letzte wirklich überzeugende Bond-Film

  • Zum einen freuen mich die anregenden Kommentare. Dann lohnt sich das Schreiben doch.



    Wenn ein Bondfilm aber nachhaltig war und noch ist, ist es GOLDFINGER. Es ist ja nicht wichtig, was Fleming Fans oder Bond Nerds denken, sondern eben die große Masse. Und da hat kein Bondfilm nur ansatzweise das geschafft, was eben GF schuf.


    Und sonst sehe ich es wie Martin, GF schaffte es mit dem Zuschauer zu flirten. alleine die Begegnungen zwischen Bond und Hauptvillain, so wie Bond und Henchman, das schaffte Moore nur noch mit Beißer.


    Nichtsdestotrotz gehört FEUERBALL zu den großen Bondklassikern. Und ich schrieb ja, das Connersche Triumvirat sind für mich FRWL, GF und TB.
    Jeder Film unterhält auf seine eigene Art und Weise.

  • Interessante Diskussion, ob nun GF oder TB die Nase vorn hat. Diese Frage stelle ich mir auch jedes Jahr wieder neu und die Antwort fällt alles andere als eindeutig aus. Im Grunde kann ich die beiden folgenden Aussagen so unterschreiben:

    Alles an TB wirkt auf mich moderner, zeitgemäßer, "cooler", während GF - dem ich seine epischen Momente nicht absprechen will - aus heutiger Sicht etwas altbacken, piefig und bieder wirkt.

    Zitat von von Martin

    Wo ich GF dann auch weit vor TB sehe ist die Art des Erzählens. GF flirtet mit dem Zuschauer. Den Gag mit der netten alten Lady, die später ein MG abfeuert, sehe ich dafür als Musterbeispiel. Auch Bonds Überrumpeln der Wache. Diese Leichtfüßigkeit mit einem großen Augenzwinkern bezieht den Zuschauer viel mehr mit ein, während TB über weite Strecken einfach seinen Technik-Bombast abspult. Die ganzen Unterwasserszenen sind reine Schauwerte, die dem Zuschauer nichts weiter als Staunen abverlangen wollen.

    Ja, TB ist der erste richtig große Bondfilm. Zum ersten Mal ist eine für den Zuschauer greifbare Bedrohung zu verspüren. Hier geht es nicht um das seltsam anmutende "Toplink" oder eine unscheinbare "Schreibmaschine", auch nicht um einen radioaktiven Goldvorrat. Nein, hier wird es richtig ernst! Viele Menschenleben stehen auf dem Spiel. Und man nimmt dem gesichtslosen Blofeld ohne weiteres ab, dass er seine Drohung wahr machen würde. Seine Skrupellosigkeit wird besonders an der Hinrichtung eines Agenten in dem herausragend gestalteten Konferenzraum deutlich. Der Konferenzraum der guten Seite ist dabei nicht minder eindrucksvoll geraten. TB bietet darüber hinaus noch mehr: ein viel intensiveres Karibikflair als in DN, eine gelungene Casinoszene, viele schöne Nebenbondgirls, ein herausragendes Badgirl und ein nicht minder beeindruckendes Hauptbondgirl. Der Film wirkt um einiges moderner als der im direkten Vergleich tatsächlich etwas bieder wirkende GF. Ich freue mich jedes Mal riesig auf TB. Aber schon oft bin ich nach dem Anschauen des Films fast ein wenig enttäuscht, denn neben vielen wirklich starken Momenten sind seine Schwächen leider nicht zu übersehen. Und seltsamerweise punktet da gerade der Vorgängerfilm: Bei TB fehlt ein gleichmäßiges Erzähltempo. Langatmige (Unterwasser-)szenen auf der einen, schnelle Action auf der anderen Seite. Phasenweise möchte man Einnicken, um dann wieder hochzuschrecken. Auch der Villian (Nr. 2) wirkt im Vergleich zu Auric Goldfinger recht eindimensional. Ja, er kommt auf den ersten Blick bedrohlicher rüber als der verspielt wirkende Goldfinger. Aber ihm fehlt jeglicher spitzbübischer Charme. Bond und Goldfinger könnte ich stundenlang beim Golfspielen zusehen, Bond und Largo beim Tontaubenschießen nur kurz. Und dann ist da das Ende des Films: in TB eine nicht enden wollende, langatmige Unterwasserschlacht, auf die dann die viel zu überhastet gefilmte Szene auf der Yacht folgt. In GF wurde das besser gelöst. Hier ist die Massenschießerei glücklicherweise kurz gehalten worden und der Fokus liegt auf dem spannenden Zweikampf Bond/Oddjob. Dann noch eine kleine Zugabe und wir können uns zurücklehnen.


    Welcher Film ist nun besser? Nun, sie sind beide gut, aber eben nicht perfekt. Das hat bei mir erst TSWLM geschafft ;). Meist hatte TB bei mir knapp die Nase vorn, letztes Jahr hat mich GF mehr beeindruckt. Hier die Gewinner der einzelnen Kategorien:


    Bondfeeling: TB

    Drehbuch: GF

    Musik: gleich gut

    Optischer Eindruck: TB

    James Bond: GF

    Bondgirls: TB

    Gegner: GF

    Handlanger: GF

    Helfer: TB


    Ausgeglichen :D

    Whisper, das Tor! Aber langsam Whisper, langsam. Unsere Gäste sollen Zeit haben, sich zum Dinner zu versammeln.

  • Sehr schön geschrieben, danke. Ich sehe das nämlich ziemlich gleich. GF wirkt lockerer, macht stets Spass - selbst in den ruhigeren Szenen. Handlungstechnisch wirkt der Film hingegen teilweise fast schon "trashig" (ein besseres Wort fällt mir hier leider nicht grad ein und meine das auch nicht abwertend. TB ist dahingegen beeindruckender, "edler" und hat den besseren Plot, leidet dafür unter diversen sehr langatmigen Szenen. Daher ist die Rewatchability von GF bei mir meistens etwas höher als bei TB.

  • Alleine schon, dass GF wesentlich lockerer ist und mit den Zuschauern flirtet, ist der alles andere als bieder. Von den Connery-Bonds ist der neben YOLT der lockerste ohne aber total über die Stränge zu schlagen. Deshalb bleibt GF für mich und halt sehr vielen anderen DER Bondklassiker schlechthin (bei mir halt nur von einem anderen Bondfilm getoppt).

  • Deshalb bleibt GF für mich und halt sehr vielen anderen DER Bondklassiker schlechthin (bei mir halt nur von einem anderen Bondfilm getoppt).

    Lass mich raten: es handelt sich dabei um TSWLM ^^  :thumbup:


    Bei mir ist GF aktuell auf Rang 5 hinter TSWLM, OHMSS, CR und TLD. Mit "bieder" ist wohl eher altbacken gemeint statt moralisch integer. Tatsächlich empfinde ich TB als erheblich moderner, so als ob zwischen beiden Filmen 10 Jahre liegen. Besonders deutlich wird dies an der letzten Szene im Hotelzimmer, wo Fiona Pussys Umkehr zum Guten perfekt beschreibt. Um dann eiskalt zu sagen "but not this one". Im Sinne von schaut her, die alten Methoden taugen ab jetzt nichts mehr. Auch bei den Felix Darstellern erkennt man gut den Unterschied zwischen altbacken (onkelhaft) und modern (jung, dynamisch).

    Bei der Optik der beiden Filme geht es mir ähnlich. Man vergleiche nur die alte Ranch mit dem modernen Konferenzraum von Spectre zu Beginn von TB. Selbst die Musik wirkt bei TB auf mich zeitloser. Das soll nicht heißen, dass sie mir in GF nicht gefällt - sie passt hervorragend zum Film. Aber sie klingt doch sehr nach 60er Jahre, was bei TB nicht ganz so stark auffällt.


    TB wirkt auf mich sogar moderner als die Nachfolgerfilme YOLT, OHMSS, DAF, LALD und TMWTGG. Also wirklich 10 Jahre jünger ;)

    Whisper, das Tor! Aber langsam Whisper, langsam. Unsere Gäste sollen Zeit haben, sich zum Dinner zu versammeln.

  • "Modern" trifft es bei TB wirklich. Und auch Deine Feststellung betreffend dem Score kann ich nur unterschreiben.


    Zitat

    Von den Connery-Bonds ist der neben YOLT der lockerste

    Hier stellt sich aber die Frage, was man unter "locker" versteht. Grad YOLT finde ich nach meinem Verständnis nämlich gar nicht "locker" ;). Bei GF bin ich hingegen bei Dir.

  • Kann ich alles bezüglich GF nicht nachvollziehen. Alleine die Ideenvielfalt von GF ist doch TB überlegen. TB spult dagegen eher einen klassischen Agentenfilm der 60er ab, GF könnte, bis auf die damals zeitgenössische Mode auch in den 70ern, 80ern spielen.

    Und da die Ranch negativ erwähnt wird, was ist mit Goldfingers Konferenzraum, mit Fort Knox?

    Das gilt auch für den Score. GF wirkt auch ohne Film, TB spukt auch hier eher den "Spy"-Sound der 60er herunter. Die Musik beugt sich dem Film Das wurde in YOLT wieder anders gehandhabt, in dem man auf große Melodien/Kompositionen wie bei GF setzte.

  • Interessante Diskussion. Ich habe TB nie als wesentlich moderner als GF wahrgenommen. Aufwändiger und technisch perfekter auf jeden Fall. Allein die mäßige Modellflugzeugaufnahme am Ende von GF ist verglichen mit den Bomber-Aufnahmen in TB fast schon ein Witz. All diese Qualitäten von TB sind aber sicher auch dem Erfolg und dem Einspielergebnis von GF geschuldet, und damit eben dessen Qualitäten, insofern hat das Argument schon eine gewisse Ironie.


    Im Hinblick auf die Locations punktet GF durch die Romanvorlage mit der Schweiz und dem ländlichen Kentucky im Vergleich mit den sonnigen Bahamas natürlich etwas weniger. Wobei ich aber auch sagen muss, dass ich die Szenen in TB, die noch in England spielen, nicht so viel aufregender finde. GF hat auch den Nachteil, dass der Roman nicht unbedingt Flemings Bester ist und schon einige Ermüdungserscheinungen zeigt, während TB auf der gemeinsamen Arbeit mit McClory und Wittingham beruhte und direkt als Filmhandlung geschrieben wurde. Dadurch flossen Impulse ein, die die Handlung wesentlich zeitloser und visueller machten. Nicht umsonst konnte McClory in jedem Jahrzehnt die Handlung für seine Remake-Pläne sehr simpel updaten. Statt Atombomben eben Cruise Missiles.


    Auch das heute sehr anachronistisch wirkende 'Umdrehen' von Pussy ist ja noch Fleming geschuldet. Ansonsten finde ich eine Gangsterchefin und Pilotin für die 60er ebenso modern wie eine motorradfahrende Killerin. Die Besetzung von Leiter dagegen - okay, da punktet TB natürlich im Längen. (Dafür hat GF den Aston Martin mit seinen Gadgets, der ja mittlerweile in jedem Film seine Ehrenrunden dreht. )


    Trotzdem finde ich, dass GF von der Art des Erzählens her dem modernen Blockbuster wesentlich näher ist als TB. Dieses ironische Spiel mit Überraschungen, Witzen und Attraktionen, das heute selbstverständlich ist, hat die Zuschauer damals umgehauen. GF verlässt sich nie allein auf seine Drehorte und das Produktionsdesign und präsentiert sie in ausladenden 'Money Shots', sondern komplett auf sein erfrischendes und temporeiches Drehbuch. Das Schwelgen in der Unterwasserwelt in TB dagegen hat für mich immer etwas von diesem semi-dokumentarischen Schauwert, den Filme mit Jaques Cousteau in den 50ern hatten, oder "In 80 Tagen um die Welt" von 1956, wo man einfach mal minutenlang exotische Tanzeinlagen gezeigt hat, um dem Zuschauer für sein Eintrittsgeld auch ein bisschen was von der Welt zu zeigen. Insofern sehe ich TB auch nicht seiner Zeit 10 Jahre voraus, denn wenn man sich die Filme Anfang der 70er ansieht, war dieses monumentale Technicolor-'Schauen und staunen'-Kino doch schon ziemlich passé. LALD ist von der Erzählweise GF wesentlich näher als TB, und hatte damit ja auch großen Erfolg.


    Auch sonst finde ich fast alles in TB ebenfalls typisch Mitte 60er - was ja absolut nichts schlechtes ist. Adolfo Celi mit seiner Augenklappe, der Umstand, dass Domino sein Mündel ist und nicht viel zu melden hat, die ganze Technikbegeisterung ebenso wie das 'Nato-Agenten gegen Schurken'-Thema. Und die schon oft bemängelten Zeitraffer-Orgien sehe ich auch auf einem Level mit gewissen technischen Unzulänglichkeiten in GF, wie etwa sichtbare Bindfäden am Modellflugzeug.

  • Auch mein Herz schlägt bei GF höher als bei TB. Wie schon an anderer Stelle ausgeführt, liegt es aber vor allem an der Figur ´James Bond`: Das ist ein sehr emotionales Argument, daher erwarte ich weder Zustimmung noch könnte ich es stichhaltig beweisen. Am treffendsten kriege ich es wohl hin, wenn ich sage, dass ich den Bond aus GF sehr gern in meinem Freundeskreis hätte, den aus TB aber nicht.
    Ein wesentlich interessanterer Punkt für GF scheint mir aber zu sein, dass hier zum ersten und einzigen Mal in den 007-Filmen Connerys nicht Spectre oder/und Blofeld der/die Antagonisten sind. Damit wird GF zu einem Ausnahme-Film mit einer wirklich originellen Handlung und einem NOCH originelleren Gegner.
    TB ist eine weitere Spielart der Konstellation, die in FRWL mit dem Gleichnis der Kampffische charakterisiert wird. Diesem Strickmuster folgen danach noch YOLT, TSWLM und MR: Der geheimnisvolle Dritte, der zunächst unerkannt im großen Widerstreit von West und Ost mitmischt und dann - zur Entspannung der Großmächte - als der eigentliche Feind identifiziert werden kann. Nichts dagegen, aber eben immer nur eine "Kampffisch"-Variante.

  • Zitat

    GF hat auch den Nachteil, dass der Roman nicht unbedingt Flemings Bester ist und schon einige Ermüdungserscheinungen zeigt

    Wohl wahr - als ich vor etwa 30 Jahren den Roman las (und die Filmadaption natürlich schon kannte), war ich doch etwas ernüchtert. Umso bemerkenswerter, was die Macher damals aus der eher durchschnittlichen Romanvorlage rausgeholt haben. Obwohl vielleicht gerade die Konstellation der Vorlage mit ein paar guten Ideen und etlichen Schwächen diese grossartige Verfilmung begünstigt hat. Da wussten die Verantwortlichen, dass sie nochmals richtig eins drauf legen müssen, wenn der Film erfolgreich sein sollte.


    Zitat

    TB ist eine weitere Spielart der Konstellation, die in FRWL mit dem Gleichnis der Kampffische charakterisiert wird.

    Also bei einigen anderen Filme sehe ich das auch, bei TB hingegen eher nicht. Da wurden ja nicht zwei Parteien gegeneinander ausgespielt. Oder übersehe da was?

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