Die Ära Daniel Craig (Eine individuelle Retrospektive)

  • Mittlerweile bin ich auch wieder in der Lage, meine Gefühle in Worte zu fassen:


    Meine letztendliche Enttäuschung über die Ära Craig rührt vor allem von einem Punkt her: Ein nicht eingehaltenes Versprechen.


    Ich hatte seit Craigs Casting und der Entstehung des in allen Bereichen brillianten CR immer die klare Erwartungshaltung, dass man mit Abschluss dieser Origin-Story sehr wohl - und trotz allem Erfolg an den Kinokassen und im Feuilleton - sich der bekannten Figur des Film-James Bond wieder annähern würde. Meiner Erinnerung nach wurde das auch bei Promotion-Interviews damals so in Aussicht gestellt und kommuniziert, aber da mag mich mein Gehirn trügen.
    Ich erwartete jedenfalls einen Bond, der dreckig, "gritty", aber trotzdem cool, charmant und letzten Endes mit der ihm ausmachenden Verve seine Missionen erfüllt.
    Und ich bekam:


    QOS
    Nach CR gab es dann einen direkten Nachfolger und die Origin-Story war noch nicht 100% abgeschlossen (womit ja auch diese unsägliche Gunbarrel-Problematik begann, am Ede des Films VÖLLIG verschenkt).
    :/
    Hmm, ok, na gut. Die Organisation Quantum und Mr. White hatte durchaus ihren Reiz und versprach in weiteren Filmen die Rolle von Spectre mit modernem Anstrich einzunehmen. QOS begann mir auch als Film nach einer desaströsen ersten Kino-Sichtung immer besser zu gefallen. Und immerhin hatte Craig-Bond hier ja mal eine richtige Mission, die er erfolgreich gestalten konnte. Der nächste Film würde das Versprechen von CR dann ja wohl qualitativ hochwertiger einlösen ...
    .
    .
    .
    Wie? Kein Wort von irgendeiner Verbrecherorganisation in Skyfall? Keine echte Mission, nur der lausigste McGuffin aller Zeiten, der nach 1 Stunde im Film kein einziges Mal mehr erwähnt wird?? Stattdessen die 1000. Neuauflage von "Bond goes rogue / This time, it's personal!"
    -_-


    Ab hier begann mir, Craig-Bond zum ersten Mal zu missfallen. Zumal ich mit dem depressiven Ton von SF, den ewigen Grautönen und der Ausgangslage, Bond sei plötzlich alt und ausgebrannt ebensowenig anfangen konnte, wie mit einer Story, die sich rein um persönliche Befindlichkeiten von Bonds Chefin (noch nichtmal Bond selbst!) dreht. Dafür hat man jetzt 4 Jahre gewartet?!

    Auch Bond selbst erinnerte nur sehr sporadisch an den Bond von früher, am ehesten im Casino von Macau und ... nun gut, im Casino immerhin.

    Am Ende dann aber immerhin die ersehnte Erneuerung, ja Untermauerung des Versprechens!
    "Are you ready to go back to work, 007?" "With pleasure, M! With pleasure!"


    Deutlicher kann man es dem Zuschauer doch nicht sagen: Jetzt würde es endlich richtig losgehen, mit der Ära Craig! Wird Quantum wieder vorkommen? Welche Mission wird der neue M denn nun für James haben? Spannende Zeiten!
    Puh! Durchschnaufen! Nochmal 3 Jahre warten.


    Spectre!
    Origineller Titel ... :huh: Wen Waltz wohl spielen wird...?

    Nun gut, die erste Stunde war durchaus unterhaltsam und endlich, ja, endlich war er in Ansätzen spürbar: der Bond von früher!
    Besonders einprägsam fand ich hier die humorvolle, beinahe schon Mooresque Autoverfolgung durch Rom und Lucia Sciarras Rettung am Pool! ;(


    Was dann in der 2. Hälfte geschah, lässt sich für mich nicht mehr logisch rekonstruieren. Wer kam denn auf die Idee mit der Stiefbruder-Geschichte? Muss man unbedingt alle vorherigen Craigs so plump und stümperhaft hier reinmischen? Was soll eine cringy, horrorartige Folterszene, wenn alles, was sie erreicht, ist, dass Bond künftig die Gabe hat, aus 300m mit 50 km/h Seitenwind aus dem Stand ein 5-Cent-Stück zu treffen? Dass man das vielversprechende Quantum zugunsten dieser Witz-Organisation, die sie noch werden sollte, beerdigt, passt leider mittlerweile ins Gesamtbild.
    Und dann das nachgeschobene Ende in London, die MI6-Scooby Doo-Gang, ein Bombenfinale, das wie aus der Feder eines 8-jährigen wirkt, eine weitere unglaubwürdige Schießübung (soviel zum Thema gritty und realistisch), eine weitere Kündigung (wie kreativ, sowas gab es vorher ja noch nie) und ein völlig bescheuertes Happy-End mit Aston Martin!


    Uff, jetzt brauch ich aber nen Schnaps zum Weiterschreiben ...
    und noch einen ...


    6 Jahre! S E C H S !
    6 Jahre musste man jetzt nach langem Hin und Her warten. Eine Zeit, in der ich einerseits Danny Boyle verflucht habe (bei dem ich nun dringend Abitte leisten muss), andererseits Grabenkämpfe für Bond in den YT-Kommentarspalten gegen die hirnverbrannten "Woke"-Spinner geführt habe und Bond sowie Craig bis aufs Blut verteidigt habe. Eine Zeit, in der wir uns anhören mussten, wie sehr sich die Produzenten freuen, den Film erneut um ein halbes Jahr zu verschieben. Eine Zeit, die durch eine Pandemie, Umweltzerstörung und Krieg genug Depression mit sich gebracht hat. Umso mehr freut man sich doch auf 2 Stunden eskapistische Bond-Unterhaltung, oder 2:43 Stunden! Richtig dran geglaubt hat aber wohl ohnehin niemand mehr - ein Funken Resthoffnung war aber noch da. Nun gut, vielleicht wird es dann immerhin so episch,wie es der Abschluss von Craigs Ära verdient: eine feierliche Zelebration und gleichzeitig die Staffelübergabe an den unbekannten nächsten!


    Ich denke, ich muss niemandem erzählen, das NTTD das nicht ist. Was man nach der Kuba-Szene noch hätte hoffen können, ja sogar mit dem Umstand, dass Bond eine Tochter hat, noch hätte retten können, geht spätestens den Bach runter, wenn man besagtes Kleinkind nun eine Stunde inmitten von MGs, Kopfschüssen und widerlichen Psycho-Böse-Wichten begleiten muss.
    Und der letzte Funken Hoffnung auf ein versöhnliches Ende - evtl. a la Mission: Impossible - , ja gar wenigstens auf ein halb-offenes Ende musste letzten Endes noch mit Bond pulverisiert werden.
    James Bond ist TOT!

    Und das nicht nur im Film, sondern ganz und gar bildlich. Stück für Stück musste man seit CR mitansehen, wie aus einem dekonstruktivistischen Ansatz eine komplette Destruktion der Filmfigur und all dessen, was sie jemals ausgemacht hat, wurde. Als jemand, der seit 20 Jahren wahnsinnig viel Zeit, Geld, Hoffnung, Verehrung und Herzblut in diese Franchise, in diese Figur, in diesen Helden gesteckt hat, fühle ich mich, als hätten die Produzenten mir hier den finalen, ultimativen Mittelfinger gezeigt.


    Nun bin ich weit davon entfernt, der Typ zu sein, wütende Petitionen und Shitstürme loszutreten und "meinen" Bond zurückzufordern. Die Produzenten (und das schließt Craig mit ein) haben ihre Wahl getroffen und meine ist das nunmal nicht.
    Aber das Recht zu "trauern", mich zu ärgern und mich schweren, blutenden Herzens von meinem Helden aus Kindheits- und Erwachsenen-Tagen sowie von all meinen Hoffnungen für die Zukunft der Franchise zu verabschieden, sollte man mir und jedem, dem es ähnlich geht, schon einräumen. Hier wurde einfach mit der Abrißbirne ein finaler, nicht zu kittender Riß erzeugt, der ganz offenbar auch noch den meisten Leuten gefällt! Das macht mir den Abschied nicht leichter.


    Daher: Solltet ihr zu dieser Mehrheit gehören: Ich beglückwünsche und beneide euch! Ich habe mit meiner individuellen Meinung keinesfalls einen Anspruch darauf, die absolute Wahrheit, sollte es sie geben, zu beschreiben. Aber sprecht dieses Recht, es eben komplett anders zu empfinden, bitte auch nicht der Minderheit ab. Wenn ihr darauf reagieren wollt, versucht es doch mal mit Trost oder Verständnis!


    Ein Wort dazu noch zum Abschluß:
    Nach CR (und phasenweise QOS) hatte ich das Gefühl, es würde nie wieder einen schlechten Bondfilm geben.
    Von Herbst 2006 bis ca. Mitte 2008 war ich so überwältigt von Craig und CR, dass ich mir in dieser Zeit überhaupt keinen alten Bondfilm mehr anschauen konnte, weil ich sie beinahe schon als minderwertig zu Craigs neuer Version empfand.
    Wenn ich diese Zeilen heute schreibe, muss ich beinahe über mich selbst lachen, aber auch ein bißchen weinen ob dieser naiven Fehleinschätzung.
    Mein Quantum Trost wird es nun sein, die Ära Craig weitestgehend auszublenden, was sicher nicht leicht wird, und mich wieder vermehrt mit den 40 Jahren Bondfilmen davor zu befassen und eventuell auch mit dem, was da in Zukunft kommen mag. Und ja, mit diesem Gedanken kann auch ich jetzt zum Abschluß endlich sagen:
    Es lebe James Bond!



    Danke für's Lesen, falls ihr solange durchgehalten habt! Ich bin gespannt auf eure Meinungen, Widersprüche und Ergänzungen! :prost:

  • Eindrucksvoll!
    Fast jeder einzelne Absatz spricht mir aus dem Herzen! (Unsere Differenzen in Bezug auf Skyfall werden wir wohl einstweilen nicht aus dem Weg räumen können. ;) )
    Deine Erfahrungen, die Du gegen Ende ansprichst, habe ich geteilt. Und genau da hilft mir gerade der großartige Skyfall (wobei schon der Titel nicht nur bezüglich des Films, sondern für die ganze Craig-Ära metaphorisch steht!):
    Wie geht man damit um, wenn einem nicht nur der Boden unter den Füßen, sondern wirklich ALLES genommen wird? Bond zeigt es uns! Am Ende von SF sind wir da, wo wir hingehören, wo alles anfängt und (was mich angeht) auch alles endet: In M´s Büro, ein neuer Auftrag mit alter Ausstattung ... und einem enthusiastischen James Bond!


    Besonders dankbar bin ich für den emotionalen Charakter, den Deine Rezension der kompletten Craig-Ära hat!
    Ich muss gestehen, dass ich mich immer etwas dafür schäme, dass die Welt um 007 seit meinem 12. Lebensjahr so immens maßgeblich für mich war und ist! Unreif? Ich meine zwar, dass es nicht so ist, aber der Vorwurf steht schnell im Raum, wie viele hier wohl bestätigen können.

    (...) Aber das Recht zu "trauern", mich zu ärgern und mich schweren, blutenden Herzens von meinem Helden aus Kindheits- und Erwachsenen-Tagen sowie von all meinen Hoffnungen für die Zukunft der Franchise zu verabschieden, sollte man mir und jedem, dem es ähnlich geht, schon einräumen. Hier wurde einfach mit der Abrißbirne ein finaler, nicht zu kittender Riß erzeugt, der ganz offenbar auch noch den meisten Leuten gefällt! Das macht mir den Abschied nicht leichter. (...)

    Ja! Trauer ist das richtige Wort! Als ein Kind jener Zeit, in der antiautoritäre Erziehung das Gebot der Stunde war, als Gradmesser, Vorbilder und männliche Identifikationsfiguren fehlten, weil sie keine mehr sein wollten ... suchte ich mir Ersatz: James Bond! In der Rückschau sage ich noch immer: Das war keine schlechte Wahl!
    Nun ergab es sich, dass innerhalb von zwei Jahren nicht nur mein verehrter Vater, sondern auch Sean Connery und jetzt auch James Bond abberufen wurden! Die Welt wird nicht mehr dieselbe sein! Ja, ich trauere!
    Aber, so wie Mr. Bond mich seit nunmehr 42 Jahren gelehrt hat, wie man sich benimmt, wie man sich kleidet, wie man in allem Hoffnung sehen und aus vielem das Beste machen kann, so bleiben für mich auch hier und heute diese, seine Maximen: "Ich war nie weg!", "007 meldet sich zum Dienst!" und "Auferstehung"!


    Deine Strategie,mit der "Bruchlandung" umzugehen, gefällt mir! Die alten Bond-Filme hatten bei mir zwar auch nach Beginn der Craig-Ära nie ihren Wert und ihren Glanz verloren, aber dennoch erfahren sie - nun um so mehr - eine gewaltige Aufwertung! Ich kann, will und werde die Ära Craig nicht ausblenden! Bis SF (und mit ein paar Abzügen auch SP) sind die Beiträge dieser Zeit großartig! (Und, wie erwähnt, auch Hilfestellung!)
    Was jetzt gefragt ist, ist aber tatsächlich Trauerverarbeitung! Aus praktischer Erfahrung mit Trauerbegleitung weiß ich, dass ein wesentlicher Bestandteil für diese Verarbeitung das Bewusstsein ist, dass man damit nicht allein ist.
    Und es war der große C. S. Lewis, der einmal sagte: "Wir lesen um zu wissen, dass wir nicht allein sind!"
    Gerade in dieser Hinsicht noch einmal:
    Danke für Deine einfühlsame Retrospektive!

  • Danke für's Lesen


    Und Dir danke fürs Schreiben. Deine Beurteilung der Craig-Ära kann ich praktisch zu 100 Prozent unterschreiben. AUch ich war vor 15 Jahren begeistert von CR, lernte nach einiger Zeit die Qualitäten von QoS schätzen, finde SF schlicht "sinnlos" und SP trotz einiger wirklich guter Ansätze in der ersten Filmhälfte völlig vermurkst. Und eben weil ja die Craig-Ära spätestens ab dem 3. Beitrag arg ins Wangen geriet, kann ich mich eventuell auch einigermassen gut mit NTTD abfinden. Jedenfalls besser als viele andere hier (wobei ich auch absolutes Verständnis habe für all jene, die NTTD für ein Sakrileg halten). Ich hingegen sehe es so, dass NTTD einfach auf sehr endgültige Art und Weise das zu Ende gebracht hat, was bereits seit 10 oder so Jahren ab der Spur gekommen ist. Und im Gegensatz zu SF hat Bond - nach einigen Wirrungen - in NTTD zumindest eine richtige Mission, durfte wieder mal die Welt retten. Und auch die üblen Hinterlassenschaften von SP hat NTTD sehr effizient und elegant "beseitigt". Aber selbst wenn ich NTTD derzeit nicht für den schlechtesten Beitrag der Craig-Ära halte, so wird er wohl bei mir irgendwo auf den hinteren Plätzen landen. Weil das für mich einfach abermals nicht mehr Bond ist. Und um ehrlich zu sein, trifft das mittlerweile selbst auf CR in - wenn auch geringerem Ausmass - zu. Denn irgendwie finde ich heute fast jeden mediokren Bond-Film der Zeit vor 2006 "unterhaltsamer" als alle Filme der Craig-Ära.

  • Denn irgendwie finde ich heute fast jeden mediokren Bond-Film der Zeit vor 2006 "unterhaltsamer" als alle Filme der Craig-Ära.


    Damit hast du auf alle Fälle recht, nur CR mit Abstrichen und QOS ist für mich echte Unterhaltung, der Rest sind dann schon eher schwere, dramatische Filme, bei denen mir oft die Kurzweil fehlt.

  • Wenn ihr darauf reagieren wollt, versucht es doch mal mit Trost oder Verständnis!


    Bitte schön: :trost:


    Aber das Recht zu "trauern", mich zu ärgern und mich schweren, blutenden Herzens von meinem Helden aus Kindheits- und Erwachsenen-Tagen sowie von all meinen Hoffnungen für die Zukunft der Franchise zu verabschieden, sollte man mir und jedem, dem es ähnlich geht, schon einräumen.


    Kennst du das Lied "Kintopp" von Keimzeit? "Frag' ich den Regisseur, sagt er: "Es tut mir leid, das alles ist doch nur zur Unterhaltung gedacht, was kann ich dafür, wenn ihr daraus ein Drama macht?"


    Nach CR (und phasenweise QOS) hatte ich das Gefühl, es würde nie wieder einen schlechten Bondfilm geben.


    Das würde ich allerdings unterschreiben. Man dachte tatsächlich, jetzt sind die Macher in der richtigen Spur, was soll jetzt noch schiefgehen, und dann kommt sowas wie SP... :vogel:

  • Und ich gehöre zu eurer Gruppe, auch wenn ich NTTD zweimal im Kino sah und den vom Inszenierungsstil besser als die Craig Bonds Nr. 2, 3 & 4 finde!
    Aber eines macht mich weiterhin rasend und dabei bleibe ich: BOND TÖTET MAN NICHT :cursing:
    Diese faule Ausrede, von wegen er hätte sich geopfert. Was für ein Schwachsinn. Damit hat man Bond einfach abgespeist, Craig seinen medienwirksamen Ausstieg und einfach mal einen Tritt in die Eier für einen Bondfan wie mich oder besser: für alte weiße Männer (diesen Scheiß darf man heutzutage wirklich lesen). dabei bin ich erst 41 und fühle mich wie 20 :)
    Ne, mich macht dieses Ende weiterhin wütend und zornig.
    Und eben, warum durfte Felix am Ende nicht überleben...doch einfach mal WOKE sein? Männer tot, belanglose neue weibliche Figur (Nomi) darf überleben.
    Und überhaupt fühlt sich das alles falsch an, einfach depressiv. Da rächt sich Bond an diesen Ash mit dem Zitat "Ich hatte einen Freund, der hieß Felix.", nur am Ende selber zu krepieren? So ein SCHROTT :cursing:
    Was mich auch wurmt, dass NTTD tatsächlich noch mit 7.5 bei imdb lediglich schlechter als CR, GF & SF da steht. Wtf????
    Aber heute werden ja viele moderne Blockbuster ein wenig überschätzt oder besser gesagt, die älteren Bondfilme hätten vielleicht eine bessere Wertung, wenn es imdb schon 1970 gegeben hätte.

  • Wer einen Film mag, in dem Bond getötet wird, ist eine andere Sorte Bond-Fan als ich!!!


    Wenn ich mir so überlege: Vielleicht finde ich Bonds Ableben deshalb nicht so tragisch, weil ich damit weiss, dass die Craig-Ära damit endgültig vorbei ist ;)



    Zitat

    Was mich auch wurmt, dass NTTD tatsächlich noch mit 7.5 bei imdb lediglich schlechter als CR, GF & SF da steht. Wtf????


    Daher gebe ich auf solche Ratings so ziemlich gar nichts. Sorry, aber das sind wohl zum grössten Teil irgendwelche Typen der Generation Z, die da voten und die einzig Craig als Bond kennen und jeden Film, der älter als 25 Jahre ist mit "Buäähh - das ist doch alter Schrott" abtun.

  • Spree: Super geschrieben :thumbup: Da finde ich mich in sehr vielen deiner Gedanken 1:1 wieder.


    CR war ein furioser Start in ein neues "Bondzeitalter", ich war total begeistert und hätte nicht gedacht das mich ein "neuer" Bondfilm so packen kann. Der Film war modern, innovaitv, zeitgemäß
    und fühlte sich trotzdem zu 100% wie ein Bondfilm an. Ein Vorteil war natürlich auch eine Buchvorlage zu haben.


    QOS war mir zu "schnell" , da fehlen mir irgendwie zwischen den zum Teil hervorragenden Actionsequenzen ein paar mehr ruhigere Momente. Inhaltlich hat der Film aber Sinn gemacht und
    das Thema Vepser wurde beendet ("Sie hatten Recht mit Vesper" und "Ich war nie weg").


    SF ist stilistisch was ganz anderes, so ein bisschen wie eine Art "Nolan Bond". Alles etwas schwermütiger und langsamer, aber als Stand-Alone Film in der Craig Ära funktioniert der Film für mich,
    auch wenn man gefühlt 2 Filme zwischen QOS und SF vermisst.


    Zu SP habe ich ein etwas ambivalentes Verhältnis. Einerseits hat der Film toller Momente: Mexiko, die ganze Sequenzen in Rom, allen voran die toll inszenierte Spectre Konferenz. Der ganze Film
    wirkt wie ein Fanfilm von den Herren Mendes/Craig. Anderseits ist der Film inhaltlich natürlich sehr grenzwertig. Alle anderen Filme wurden ohne erkennbaren Grund, mit der Methode "Holzhammer"
    zwanghaft und nicht sehr glaubwürdig miteinander zu verbinden, war eine Schnapsidee. Diese Kritik muss der Film sich gefallen lassen.


    Tja und dann NTTD, da kann ich Spree nur zustimmen. Da wurde mit der Abrissbirne alles niedergewalzt was man sich sowohl in der Craig Ära als auch in den Jahrzehnten davor aufgebaut hat.
    Und für was? Für den Effekt das der Craig Bond einen in seinen Augen "würdigen" Abschied bekommt (als ob diese "Selbstmord Aktion" auch nur in irgendeiner Form würdig ist, als auch dem Charakter
    der Figur entsprechen würde)


    Fazit: Nach furiosem Start mit CR (dieser Film hat bei mir seinen Top 5 Platz) sicher, so konnten die anderen 3 Filme mich zwar nicht mehr begeistern, sie haben mich aber gut unterhalten.
    NTTD reißt die Gesamtbewertung der Ära Craig richtig runter. Weil das "Versprechen" das man einem mit CR gegeben hat, wurde nicht nur nicht eingelöst, sondern völlig ad absurdum geführt.
    Sehr schade und auch hier sehe ich es wie Spree, darüber darf man als Fan sauer und enttäuscht sein (Verbitterung macht sich bei mir aber nicht breit, das überlasse ich den Star Trek und
    Star Wars Fans :D ) Aber in Summe (gilt nicht für die Filme einzeln betrachtet) als Gesamtwerk ist die Ära Craig für mich auch gescheitert.


    Am Ende steigt bei mir eher die Lust auf die Filme davor und die Freude auf einen neuen Bond, der vielleicht wieder mehr meinen Vorstellungen entspricht

    Schönes Gewehr, passt eigentlich mehr zu einer Frau. - Verstehen Sie etwas von Waffen Mr.Bond ? - Nein, aber etwas von Frauen.


  • Daher gebe ich auf solche Ratings so ziemlich gar nichts. Sorry, aber das sind wohl zum grössten Teil irgendwelche Typen der Generation Z, die da voten und die einzig Craig als Bond kennen und jeden Film, der älter als 25 Jahre ist mit "Buäähh - das ist doch alter Schrott" abtun.


    Das meine ich ja mit 1970. Wahrscheinlich würde dann GF bei 9.0 stehen...und TSWLM bei 8.0 :D


  • Aber das Recht zu "trauern", mich zu ärgern und mich schweren, blutenden Herzens von meinem Helden aus Kindheits- und Erwachsenen-Tagen sowie von all meinen Hoffnungen für die Zukunft der Franchise zu verabschieden, sollte man mir und jedem, dem es ähnlich geht, schon einräumen. Hier wurde einfach mit der Abrißbirne ein finaler, nicht zu kittender Riß erzeugt, der ganz offenbar auch noch den meisten Leuten gefällt! Das macht mir den Abschied nicht leichter.


    Daher: Solltet ihr zu dieser Mehrheit gehören: Ich beglückwünsche und beneide euch! Ich habe mit meiner individuellen Meinung keinesfalls einen Anspruch darauf, die absolute Wahrheit, sollte es sie geben, zu beschreiben. Aber sprecht dieses Recht, es eben komplett anders zu empfinden, bitte auch nicht der Minderheit ab. Wenn ihr darauf reagieren wollt, versucht es doch mal mit Trost oder Verständnis!


    Vielen Dank für Deine Gedanken zu Craigs Interpretation und wie es Dir damit ergangen ist. Ich muss es woh noch ein paar Mal lesen, damit es sich komplett setzt bei mir. In Ansätzen kann ich das aber nachfühlen auf der Basis, wie es war, als ich RoboCop 3 sehen musste oder "Countdown to extinction" von Megadeth auf dem Plattenteller hatte und nicht glauben konnte, was ich da sah bzw. hörte.


    Ich gehöre der Gruppe an, die NTTD gut findet, bin aber der letzte, der Dir sagt, Du hättest unrecht. Ich sehe in den Craig-Filmen einiges an verschenkten Möglichkeiten (Quantum, Spectre, Blofeld), und ich könnte in NTTD auch gut auf das Tochter-Element verzichten. Ich behaupte aber auch weiterhin, daß Bond nicht tot ist, denn "Did you see his body?". Und rein von der Location am Filmende her und den Referenzen an den YOLT-Roman denke ich, daß es mit James Bond weitergeht, und zwar mit Teilen aus dem Roman zu TMWTGG.


    Broccoli/Wilson und Craig haben sich mit den Filmen ab CR 06 in eine Sackgasse manövriert, aus der die einzige Möglichkeit, herauszukommen, darin bestand, NTTD so zu drehen, wie wir ihn jetzt im Kino gesehen haben. Daß Fukunaga sagte, es sei kein alternatives Ende gefreht worden, nimmt eventuell noch eine hilfreiche Illusion.

    The needs of the many outweigh the needs of the few or the one.
    I have been and always shall be your friend.
    I´ve been dead before.
    Live long and prosper.


    He is not really dead as long as we remember him.

  • Daß Fukunaga sagte, es sei kein alternatives Ende gefreht worden, nimmt eventuell noch eine hilfreiche Illusion.


    Wobei ich da diesbezüglich letzte Woche in irgendeinem Podcast was anderes gehört habe: Es soll ein Ende gedreht worden sein, in dem Bnd von der Queen geehrt wird. Näheres weiß ich aber auch nicht.

  • denn "Did you see his body?". Und rein von der Location am Filmende her und den Referenzen an den YOLT-Roman denke ich, daß es mit James Bond weitergeht, und zwar mit Teilen aus dem Roman zu TMWTGG.


    Das mit dem Tod sehe ich auch so :) . wie es aber weitergehen soll/wird... keine Ahnung. Und ich denke, die Macher haben da noch weniger eine Ahnung/einen Plan ?( . Das ist das mühsame, das sich praktisch durch die ganze Craig-Ära zieht: Da wird mitunter ohne Rücksicht auf Verluste ein Ende hinterlassen, das für den Nachfolgefilm eine schwere Bürde darstellt. Hach wie schön waren doch die Filme vor dieser Zeit, als jeder Film in sich abgeschlossen war. Mit Ausnahme vielleicht von OHMSS. Aber dort hat man den sauberen Anschluss in DAF leider (bewusst) völlig ignoriert bzw. in einer schon fast lächerlichen, unwürdigen Art und Weise abgetischt. Da ging NTTD - und das ist einer der Pluspunkte des Films - mit dem SP-Erbe wesentlich besser um.


    Übrigens: Gestern lief CR auf VOX. Solche Filme mit Werbeunterbrechungen tue ich mir grundsätzlich nicht an, zudem hatte ich gestern Anderes zu tun. Aber ein bisschen reingeschaut habe ich. Und ich konnte (wieder) verstehen, weshalb ich CR damals, vor 15 Jahren, so gut fand :thumbup:

  • (...) Und ich denke, die Macher haben da noch weniger eine Ahnung/einen Plan ?( . (...)

    Davon bin ich auch überzeugt!
    Und das ist auch der Grund, warum ich der Ansicht widerspreche, dass das Ende von NTTD bereits in CR06 grundgelegt sein soll:
    Die wissen/wussten nicht einmal, wie es von einem Film auf den Nächsten weitergehen soll/sollte ... folglich wäre auch die leiseste Ahnung für das Ende fünf Filme später ein wahres Wunder gewesen!

  • Zitat

    Und das ist auch der Grund, warum ich der Ansicht widerspreche, dass das Ende von NTTD bereits in CR06 grundgelegt sein soll


    Genau. Waren CR und QoS noch eine Einheit so gab's einen klaren Bruch zu SF und nochmals einen klaren Bruch zu SP. Etwas Kontinuität gab's dann erst wieder mit NTTD. Allerdings lediglich zum Vorgängerfilm und sicher nicht zu CR oder so.

  • Als jemand, der im TV hauptsächlich durch Moore und im Kino durch Brosnan Bond-sozialisiert wurde, habe ich zu der Interpretation der Figur in der Ära Craig immer ein zwiespältiges Verhältnis gehabt: Ich fand keinen der Filme schlecht (am ehesten noch QOS), eigentlich sogar richtig gut und ich hatte immer ein positives Gefühl, wenn ich aus dem Kino rausgegangen bin und die Filme gesehen habe. Ich habe mich auch auf jeden neuen Beitrag gefreuten über die langen Wartezeiten geärgert.
    Aber Bond als Anfänger, Bond als in jeder Hinsicht verletzliche und menschliche Figur, der (vermeintlich) realistischere Ansatz, der Versuch, erst zwischen zwei Filmen und dann über fünf Filme eine zusammenhängende Story zu erzählen…das war und ist für mich für Bond sehr gewöhnungsbedürftig und hat immer dafür gesorgt, dass ich mit den Filmen etwas gefremdelt habe. Dabei ging und geht es mir wie gesagt mehr um den Ansatz als um seine Ausführung. Ja, Blofeld als Stiefbruder, Quantum als Arm von Spectre, Silva als Spectre-Agent, die Liebesgeschichte zwischen Bond und Madeline, Bond als ausgebrannter Agent im dritten Film nach seinem Beginn etc, das waren jetzt alles keine Glanzlichter der Drehbuchkunst, über sowas sehe ich aber gerne hinweg, wenn mir Filme Spaß machen und das haben die Bonds von Craig. Sie entsprechen einfach nur nicht dem Bild, dass ich von Bond und den Filmen in mir trage. Am nächsten dran war Craig für mich da in der PTS von SP.
    Aber, und das ist vielleicht der Knackpunkt, der alberne Comedy-Bond in DAF, der Fantasy-Bond in LALD oder der Rache-Bond in LTK entsprechen auch nicht diesem Bild. Das sind dann halt nicht meine Lieblingsbeiträge der Reihe, aber ich lasse mir davon die Reihe auch nicht kaputtmachen. Vielleicht, weil es für mich trotz allem Fansein halt auch nur Filme und kein Lebensinhalt oder -Orientierung sind. Da finde ich Filme sowieso nicht die beste Wahl. Insofern sind die fünf Filme von Craig für mich eigentlich eine Einheit, die quasi die Action-Drama-Interpretation der Figur darstellen. Und in diesem Rahmen passt dann auch das trotz Agentendaseins Verliebtsein Bonds, seine Vaterschaft und sein Tod. Insofern war sein Ende doch schon implizit in CR angelegt, auch wenn ich wie Mr. Fogg natürlich auch davon ausgehe, dass es nicht konkret geplant war. Es ist einfach eine nicht unlogische Konsequenz dieses Dramaansatzes. Wenn man diesen nicht mag, kann ich das nachvollziehen, ich fremdelt ja auch damit. Aber für diese Leute wird es auch wieder Filme geben, die mehr deren Vorstellungen entsprechen. Dass ich es noch nie für ein Sakrileg gehalten habe, Bond zu töten, kann man hier im Forum an mehreren Stellen nachlesen. Denn dass es trotz Bonds Tod (und er ist in NTTD auch ohne Leiche mausetot) weitergehen wird, ist klar. Neuer Darsteller, neue Figur, das war schon immer so. Der Nachfolger wird ein anderer Bond in einem anderen „Universum“ sein wie Craig, genau wie Craig ein anderer Bond war als Brosnan.
    Die Frage ist für mich eher WIE es weitergehen soll. Actiondrama und Möchtegernrealistisch hatten wir jetzt, die klassischen Over-the-Top-Filme kann man nach Johnny English, Austin Powers und den Kingsmen meiner Meinung nach aber auch kaum noch drehen, ohne zu einer Parodie seiner selbst zu werden. Vielleicht ein detektivischerer Ansatz mit mehr Fokus auf Ermittlungsarbeit als Action? Interessant, aber wohl wenig kommerziell und deshalb auch weniger vorstellbar.ich bin gespannt.

  • Erstmal Hallo Havanna :)


    Als jemand, der im TV hauptsächlich durch Moore und im Kino durch Brosnan Bond-sozialisiert wurde, habe ich zu der Interpretation der Figur in der Ära Craig immer ein zwiespältiges Verhältnis gehabt: Ich fand keinen der Filme schlecht (am ehesten noch QOS), eigentlich sogar richtig gut und ich hatte immer ein positives Gefühl, wenn ich aus dem Kino rausgegangen bin und die Filme gesehen habe. Ich habe mich auch auf jeden neuen Beitrag gefreuten über die langen Wartezeiten geärgert.
    Aber Bond als Anfänger, Bond als in jeder Hinsicht verletzliche und menschliche Figur, der (vermeintlich) realistischere Ansatz, der Versuch, erst zwischen zwei Filmen und dann über fünf Filme eine zusammenhängende Story zu erzählen…das war und ist für mich für Bond sehr gewöhnungsbedürftig und hat immer dafür gesorgt, dass ich mit den Filmen etwas gefremdelt habe. Dabei ging und geht es mir wie gesagt mehr um den Ansatz als um seine Ausführung. Ja, Blofeld als Stiefbruder, Quantum als Arm von Spectre, Silva als Spectre-Agent, die Liebesgeschichte zwischen Bond und Madeline, Bond als ausgebrannter Agent im dritten Film nach seinem Beginn etc, das waren jetzt alles keine Glanzlichter der Drehbuchkunst, über sowas sehe ich aber gerne hinweg, wenn mir Filme Spaß machen und das haben die Bonds von Craig. Sie entsprechen einfach nur nicht dem Bild, dass ich von Bond und den Filmen in mir trage. Am nächsten dran war Craig für mich da in der PTS von SP.


    Bis hier hin, bin ich 100 % bei dir.


    Aber, und das ist vielleicht der Knackpunkt, der alberne Comedy-Bond in DAF, der Fantasy-Bond in LALD oder der Rache-Bond in LTK entsprechen auch nicht diesem Bild. Das sind dann halt nicht meine Lieblingsbeiträge der Reihe, aber ich lasse mir davon die Reihe auch nicht kaputtmachen.


    Aber, das sind eben nur kleine Ausreißer im Franchise, einmal bei Connery, bei Moore und bei Dalton. Bei Craig zog sich das im Endeffekt leider dann och über seine gesamte Ära.
    Und schön für jeden, der damit klar kommt, dass sein Filmheld den Leinwandtot erleiden musste.
    Für mich geht das nicht. Bei Star Wars, Game of Thrones ist es egal, ja dramaturgisch sogar wichtig, da gibt es nicht nur DEN einen Charakter. Ebenso bei den hundert Marvek Helden, aber bei wem es gar nicht geht:
    James Bond, Indiana Jones, John McClane, John Rambo...bei Rocky Balboa würde ich es noch verstehen, halt weil er alt wird, aber selbst da hat Sly kapiert: NEIN, Rocky besiegt den Krebs! Rocky ist positiv eingestellt, er nimmt alle dramatischen Hindernisse und bekämpft sie (auch wenn er im Film von Adonis Creed einen gewaltigen Schubs bekommen hat).



    Und mal so nebenbei, weil Dr. Shatterhand auch wieder davon anfing:
    Was habt ihr mit der Leiche??? :wacko: Es gibt keine Leiche, weil er Asche ist. Ist doch nicht schwer zu verstehen ;)

  • Schöne/interessante Ansichten. Und gewisse Punkte sehe ich genau wie Du. Vor allem diese Aussage kann ich ganz unterschreiben:

    Zitat

    Sie entsprechen einfach nur nicht dem Bild, dass ich von Bond und den Filmen in mir trage.


    Eben. Und das ist halt irgendwie schon ein Problem für mich...


    Actiondrama und Möchtegernrealistisch hatten wir jetzt, die klassischen Over-the-Top-Filme kann man nach Johnny English, Austin Powers und den Kingsmen meiner Meinung nach aber auch kaum noch drehen, ohne zu einer Parodie seiner selbst zu werden.


    Wobei ja selbst in der Craig-Ära nur die ersten beiden Beiträge halbwegs geerdet/möchtegernrealistisch waren. Besonders in SF gab es viele Over-the-Top-Elemente... jedenfalls nicht nennenswert weniger als in den meisten Filme der Ära zuvor.

  • Wunderbarer Beitrag, Spree, herzlichen Dank dafür!


    Was die letzten beiden Craigs von früheren streitbaren Bonds unterscheidet: Letztere bargen nie die Gefahr, eine ganze Ära oder gar das Franchise zu ruinieren. Jeder Film bis zu SP stand für sich und nur für sich (mit Abstichen sogar QOS). Keinem Bond-Fan wurde durch OHMSS trotz Darsteller und Finale die Connery-Ära verleidet oder die kommenden Filme mit einer Hypothek versehen.


    Das ist mit NTTD anders. Dieser Film droht seinen Kritikern das gesamte Franchise zu kontaminieren – wohl dem, der dies gelassener sieht –, und die entscheidende Frage wird sein, inwieweit man ihn – und ggf. SP – ausblenden kann. Mit SP ist mir das hervorragend geglückt, und ich hoffe, dass mir das mit NTTD auch gelingt. SP habe ich noch vergeblich versucht, mir „schönzugucken“ (inzwischen aufgegeben), bei NTTD halte ich es seit dem Kino-Erstbesuch für denkbar, mit ihm niemals mehr Lebenszeit zu verschwenden.


    Wo ist der Unterschied zu den früheren Craigs? Craig 1-3 brechen mit den Traditionen nur, um sie im Anschluss neu und zeitgemäß zu etablieren. Damit stehen sie im Dienst der Tradition, sie sind Brosnan mit umgekehrten Vorzeichen, aber gleichem Ziel: Transformation ersetzt Imitation. SP ist stimmungstechnisch wie inhaltlich komplett orientierungslos und gibt deshalb ohne jede Not so viel der Lächerlichkeit preis, Neues wie Altes, dass es bei der Bewertung erstmals grundsätzlich wurde. NTTD wiederum zeigt deutlich, dass den Machern alles Etablierte inzwischen so ziemlich egal ist. Wäre aus den Tabu-Brüchen wenigstens ein guter Film entstanden! Bonds Tochter ist dramaturgisch überflüssig (die geliebte Frau in Gefahr hätte gereicht), die Liebesgeschichte reine Behauptung (null Chemie zwischen Craig und Sedoux) usw. Man ging diesen Weg nicht, weil die Reihe es verlangte (auch die Craig-Ära für sich nicht, nicht einmal nach SP, redet Euch das nicht ein!) oder nur so am Leben zu halten gewesen wäre, sondern mutmaßlich weil Craig es so wollte und es Michael und Barbara letztlich egal war, solange Bond die Verluste von Barbaras nichtssagenden anderen Projekten ausgleicht.


    Erstmals akzeptierte EON, dass der Darsteller größer sei als die Figur. Und wofür? Für D I E S E N Film ? ? ? Warum hat man dann nicht Tarantino seinen Bond mit Brosnan machen lassen? Insofern verstehe ich Mr. Fogg sehr gut, dass er NTTD aus seiner Bestenliste ganz gestrichen hat. Austin Powers I, OSS 117 I etc. haben mehr Verständnis für Bond als diese eitle Solonummer des Herrn Craig.


    Ich habe durchaus Erfahrung damit, ganze Ären auszublenden. Lange Jahre, in denen Roger für mich ein rotes Tuch war, klaffte in meiner Bond-Historie eine anderthalb Jahrzehnte währende Lücke, die NSNA nur unwesentlich verkürzte. Der Unterschied war: So sehr ich Roger damals ablehnte, hatten seine Filme keinen Einfluss auf die übrigen. Sie waren sieben Bonds, mit denen ich nichts anfangen konnte, schlimm genug, aber nicht mehr. Ähnlich hat sicher keinem DAD-Hasser seine Abscheu vor diesem Film je die Freude an den übrigen Bonds verdorben, auch nicht an den früheren Brosnans. Die zwei letzten Craigs in ihrer Grundsätzlichkeit richten weit mehr Schaden bei mir an, als ein unsichtbares Auto und CGI auf Asylum-Niveau es vermöchten. Weil ihre Schwächen nicht Oberflächlichkeiten betreffen, sondern an die Substanz gehen. Bond wird von Cubbies Erben, von denjenigen, die ihn schützen sollten, von innen heraus seines Wesens beraubt. Diejenigen, die sein Überleben sichern sollten, bringen ihn um. Buchstäblich. Ein Bond-Darsteller, der Bond tot sehen möchte, um seine The-Oscar-Goes-To-Szene zu haben, wäre von Cubby den Haien zum Fraß vorgeworfen worden. Barbara und Michael haben Bond M. Craig zum Fraß vorgeworfen. Mahlzeit!


    Und an alle, die einen Over-the-Top-Bond in Zeiten von Johnny English (will man sich von derart schmalbrüstigen Filmchen wirklich ins Bockshorn jagen lassen?) nur noch selbstparodistisch für möglich halten: Wäre nicht – abgesehen davon, dass es schon in den 60ern Nachahmer und Parodisten en masse gab – hier und jetzt gerade das die Herausforderung? Ein Bond, der uns wieder zeigt, wie hoch es hinausgehen kann! Kein 1:1-Remake von MR, aber ein Bond, der uns auch im 21. Jahrhundert vor Augen führt, wie wundervoll und unfassbar weit die Welt ist, und den das Feuilleton völlig kalt lässt! Nicht aber schöne Frauen … Der lieber einen dummen Spruch zu viel raushaut als einen Brüller zu wenig! Ist das inzwischen wirklich undenkbar?


    Wie ich schon andernorts schrieb: Der Bruch kam mit SP. Dass SF nicht mehr an den Jungspund-Bond der ersten beiden Craigs anknüpfen konnte, war der Zwangspause geschuldet. Man machte mit einem Einzel-Bond das Beste draus, und dessen Ende hätte der Anfang von einfach allem werden können! Der gewaltige Erfolg gab Craig leider freie Hand, und daraus folgt der inhaltliche Murks, den manche für Vergeistigung halten mögen, der aber letztlich der Tod unseres James ist. Insofern ist NTTD unfreiwillig konsequent. Aber auch wenn der Film das Scheitern der Craig-Ära vollendet, kann man ihm das nicht als Konsequenz oder gar Qualität zugutehalten.


    Ich denke wehmütig an mein in früheren Beiträgen entwickeltes Gedankenspiel, Craig wäre analog Dalton nach seinen ersten beiden Filmen ausgestiegen und hätte mit einem Prequel-Double-Feature den Bonds-to-come einen Steinbruch hinterlassen wie einst unabsichtlich George. Man kann diese Hypothese problemlos um SF ergänzen. Für mich wird die Frage sein, ob ich künftig um die gesamte Craig-Ära einen Bogen mache wie weiland um die Ära Moore oder ob ich zwischen Craig I-III und dem späteren Zeug emotional differenzieren kann. Im Moment will ich ihn, bitter ist das, gar nicht sehen.


    Dass ich einmal die gesamte Craig-Ära so in mein Herz schließe wie inzwischen die komplette Ära-Moore, das wäre schön – aber es übersteigt derzeit meine Phantasie …

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