DER FILM: Dr. No

  • Freilich war Bond schon immer Mensch, genau deshalb lieben ihn ja viele. Connery war nur abgezockter, weil er eben mit sich im Reinen war. Aber er zeigte immer auch Anteilnahme. Gute Beispiele sind doch die Tode von Jill und Tilly Masterson oder Aki. Allerdings muss man das dann nicht über einen oder mehrere Filme betrauern. Das zog sich doch über jeden Bond-Dartsteller. Rogers Bond bedankt sich noch bei der Gräfin Lisl, Dalton, Brosnan, kein Bonddarsteller war ein so gefühlskaltes Schwein, was man ihm gerne vorwirft.


    Das wichtigste ist, das sollte nämlich für JEDEN Menschen gelten: mit sich im Reinen sein.

  • In meiner Rang-Liste befindet sich DN auf Platz 5 (je nach Stimmung halte ich aber einen höheren Platz jederzeit für möglich).


    Im meiner Liste auch. :prost:



    Und genau hierbei handelt es sich vermutlich um den zentralen Aspekt, der nicht nur für mich ausschlaggebend war, James Bond zum "Schrittmacher" und zur "Blaupause" des eigenen Lebens zu machen.


    Das ist es eben. Hadern ist bei Bond nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Natürlich kann man ihm Leid zufügen, doch er steht wieder auf. Er ist sterblich, keine Frage. Aber: Er stirbt nicht. Weil er leben will!


    Und: Vielen Dank für diese Besprechung, Feirefiz!
    Dr. No war vor ein paar Wochen einer der ersten Bonds, die ich nach Kinostart des letzten sah. Jetzt brenne ich darauf, dank dieser Deiner Anmerkungen, ihn in den nächsten Tagen ein weiteres Mal zu geniessen!


    Ich danke Dir, Phileas. Und freue mich auf Deine Eindrücke zu DN!

  • Gersade in heutigen, schwierigen medialen Zeiten, ist doch alles was "Ja zum Leben" sagt erstrebenswert. Bond, Killer hin oder her, soll da mit Beispiel vorangehen. Bond soll auch Kinder/Jugendliche ansprechen! Aber das wäre ja wieder ein Seitenhieb auf den aktuellen Film.

  • Gersade in heutigen, schwierigen medialen Zeiten, ist doch alles was "Ja zum Leben" sagt erstrebenswert. Bond, Killer hin oder her, soll da mit Beispiel vorangehen. Bond soll auch Kinder/Jugendliche ansprechen! Aber das wäre ja wieder ein Seitenhieb auf den aktuellen Film.

    Tja ... wer so etwas macht, muss eben auch mit den Konsequenzen leben!

  • Bonds Erstlingswerk hat auf jeden Fall Charme! Der Auftakt ist faszinierend und spannend inszeniert: erst die wild tanzenden großen Punkte untermalt vom Bond Theme. Dann der Übergang zu den tanzenden Silhouetten, die in die 3 blind mice überführen und bald darauf in zwei knallharten und schockierenden Morden enden.


    Ich will nicht den ganzen Film nacherzählen, aber die Einführung von Bond und die Ankunft auf Jamaika bis hin zum kultigen "Officer, make sure he doesn't get away" sind einfach genial in Szene gesetzt! Leider hat der Film danach ab und an Momente, in denen ein bisschen die Luft raus ist bzw. die ein wenig langatmig geraten sind (z.B. in den kühlen Bergen). Auch bietet der Film für Bondverhältnisse recht wenig Musikuntermalung.


    Größtes Manko sind für mich aber immer die Szenen auf Crab Key. Hier driftet mir ein bis dahin ernstzunehmender Agentenfilm zu sehr ins märchenhafte ab (zwei erwachsene Menschen lassen sich allen Ernstes von einem unüberhörbar motorisierten Drachen einschüchtern). Auch wirkt das "Toplink" (oder wie immer man das schreibt ;)) auf mich ziemlich lächerlich und alles andere als bedrohlich. Ich bin immer froh, wenn man Ende alles in die Luft fliegt! :D Da sehe ich viel lieber Roger Moore bei seinem Flug ins All zu. Der wurde durchweg glaubhafter und spannender in Szene gesetzt und zudem mit einer genialen Musik gekrönt.

    Fazit: ein Auftakt, der vor allem aufgrund seiner ersten Hälfte Lust auf mehr macht! In Punkto Musikuntermalung und durchgehend spannender Inszenierung zeigt bereits der Nachfolger FRWL, was alles möglich ist.

    Whisper, das Tor! Aber langsam Whisper, langsam. Unsere Gäste sollen Zeit haben, sich zum Dinner zu versammeln.

  • Sah und sehe ich auch so, dass FRWLM mehr als nur einen drauf setzt, wie man einen richtigen Bondfilm inszeniert. DN ist halt ein guter Anfagn, aber Action, Thrill kamen in den Folgefilmen besser. Connerys erstklassige Bondperformance wurde ja auch getoppt und eben, außer dem James Bond Theme sagt mir der Soundtack von DN nicht ganz zu. Halt noch kein kompletter John Barry, kam eben auch erst mit FRWL :)

  • außer dem James Bond Theme sagt mir der Soundtack von DN nicht ganz zu. Halt noch kein kompletter John Barry, kam eben auch erst mit FRWL

    Genauso sehe ich das auch! Dem Soundtrack fehlt (abgesehen vom Bondtheme) einfach das bondtypische. Vom Gefühl her würde ich auch sagen, dass Dr. No der Bondfilm mit den meisten "stillen" Passagen ist. Wohl auch mit ein Grund, warum Dr. No bei mir nie über das Mittelfeld hinaus gekommen ist.

    Whisper, das Tor! Aber langsam Whisper, langsam. Unsere Gäste sollen Zeit haben, sich zum Dinner zu versammeln.

  • Apropos "Fruchtbaum-Score" (danke, Django :) ) und merkwürdiger Soundtrack im blumig meeresgleichen DN:
    Am 10. Dezember erscheint mit Connery's Sohn Jason ein Film von Pidax, zwar nicht sein 1990er Fleming-Biopic, aber ein netter Strandfilm wohl:
    "Verlorenes Paradies" ,
    das Cover ließ mich assoziativerweise sofort an DN denken :)

  • Bonds Erstlingswerk hat auf jeden Fall Charme!


    Das ist sehr treffend und auf den Punkt gebracht formuliert :) ! Im Gegensatz zu vielen Anderen hier finde ich übrigens nicht, dass die zweite Filmhälfte jetzt signifikant schwächer wäre als die erste. Auch das mit dem Drachen hat mich nie gestört. Ich muss Whisper allerdings beim "Toplink" Recht geben: Eine einfache Antenne, etwas Radioaktives (muss ja sein...) und fertig ist das Bedrohungsszenario. Klar :wacko: . Da ist Flemings Vorlage im Schlussteil dann doch wesentlich überzeugender.


    Zitat

    Sah und sehe ich auch so, dass FRWLM mehr als nur einen drauf setzt, wie man einen richtigen Bondfilm inszeniert.


    Da bin ich ganz bei Euch. DN ist für mich immer noch so was wie eine schon praktisch voll ausgereifte Nullnummer, ein Pilot. Und ich meine das keinesfalls abwertend. Es ist vieles da - einiges fehlt aber noch (zum Beispiel wie erwähnt mangelt es noch an einem richtig guten Score). FRWL brachte dann noch all die (vielen) Elemente ein, welche die Serie zum Riesenerfolg machen sollten :thumbup: .

  • Eine einfache Antenne, etwas Radioaktives (muss ja sein...) und fertig ist das Bedrohungsszenario.

    Das Ausfahren der Antenne wirkt leider auch sehr billig. Kein Vergleich zu dem im 1. Teil des Films hervorragend aufgebauten Bedrohungsszenario: man denke nur an den genial in Szene gesetzten Verhörraum mit der Spinne, wo man nur die ruhige und gleichzeitig bedrohlich wirkende Stimme des Doktors hört. Oder die unfassbare Angst, die alle seine Handlanger vor ihm haben. Das alles weckt hohe Erwartungen, die sich in der 2. Filmhälfte leider nicht erfüllen.


    In Hälfte 2 taucht stattdessen der lächerlich wirkende "Drache" auf, es wird ein bisschen mit Radioaktivität herumgespielt und eine billig aussehende Antenne ausgefahren. Auch Dr. No selbst wirkte auf mich gesichtslos deutlich angsteinflößender. Ähnlich habe ich es übrigens auch bei Blofeld empfunden.

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  • n Hälfte 2 taucht stattdessen der lächerlich wirkende "Drache" auf, es wird ein bisschen mit Radioaktivität herumgespielt und eine billig aussehende Antenne ausgefahren. Auch Dr. No selbst wirkte auf mich gesichtslos deutlich angsteinflößender.


    Alles richtig, was Du schreibst. Dennoch fällt für mich die 2. Hälfte nicht übermässig stark ab. Da könnte ich also einige Bond-Filme nennen, wo das weit schlimmer ist. Zudem: Die 1. Filmhälfte von DN hat diese wirklich grottig gemachte Verfolgungsjagd (selbst für damalige Zeiten) mit dem Leichenwagen bzw. vor der Leinwand :thumbdown:

  • Die 1. Filmhälfte von DN hat diese wirklich grottig gemachte Verfolgungsjagd (selbst für damalige Zeiten) mit dem Leichenwagen bzw. vor der Leinwand

    Stimmt! Zum Glück ist die Szene nicht sonderlich lang. Davor hat die 1. Hälfte aber schon einige herausragende Momente zu bieten: man denke nur an Bonds Einführung im Casino, seine Ankunft in Jamaika, den genial in Szene gesetzten Raum mit der Spinne, die kultigen Szenen im Club und überhaupt das jamaikanische Feeling. Hälfte 1 ist für mich zudem mit einer Agentenatmosphäre durchzogen, mit der die Szenen auf Crab Key nicht mehr mithalten können. Pluspunkte von Hälfte 2 sind für mich die schönen Szenen am Strand inkl. Honey Rider, die eiskalte Ermordung des Handlangers im Fluss (Spannung pur) und die beklemmende Atmosphäre in Dr. No's mit Nerzen gepolsterten Kellerräumen. Das Finale bietet abgesehen von der Flucht aus den Tunnels keine Highlights. Unterm Strich gewinnt bei mir immer ganz klar die 1. Hälfte :)

    Whisper, das Tor! Aber langsam Whisper, langsam. Unsere Gäste sollen Zeit haben, sich zum Dinner zu versammeln.

  • Entsprechend habe ich ihn mir heute angesehen und mir dabei ein Glas Rotwein aus der "No Wine to die"- Edition gegönnt.

    The needs of the many outweigh the needs of the few or the one.
    I have been and always shall be your friend.
    I´ve been dead before.
    Live long and prosper.


    He is not really dead as long as we remember him.

  • Gestern nach mehr als 1jähriger Pause mal wieder gesehen. Die Härte des Films ist schon beeindruckend! Mir kommt es zudem so vor, als wenn Bond in keinem anderen Film seine Gegner so gnadenlos umbringt wie hier: Prof. Dent, Handlager im Fluss auf Crab Key, Handlanger in der Entseuchungsstation.


    Auch wenn der Bodycount in anderen Bondfilmen deutlich höher ist (TLD war glaube ich an der Spitze) resultiert dies doch hauptsächlich aus dem Schusswaffengebrauch: einmal kurz "Peng" und das war es. In DN werden die Tötungen auf beiden Seiten viel intensiver dargestellt und ähneln eher Hinrichtungen. Bereits die beiden eiskalten Morde am Anfang bestimmen den weiteren Ton des Films.


    Nach der gestrigen sehr beeindruckenden Sichtung werde ich mich schwer tun, Filme wie YOLT, DAF und TMWTGG ernst zu nehmen. Vergleiche mit der Brosnan-Ära spare ich mir lieber.

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  • Die Härte des Films ist schon beeindruckend!

    Das ist wahr, DN hat noch weitgehend die ungefilterte Härte und Intensität der Romanvorlage, die den späteren Filmen meist abgeht. Ich halte ihn ebenfalls für einen sehr guten Film, auf der einen Seite noch ein ungeschliffener Pulp-Diamant mit Elementen des Detektiv- und fantastischen Films, zugleich jedoch bereits alle wesentlichen Bond-Elemente beinhaltend.


    Vergleiche mit der Brosnan-Ära spare ich mir lieber.

    Ich finde mittlerweile, dass Brosnan von allen Bonds nach Connery die Mischung aus physischer Härte einerseits und Eleganz und Charme andererseits am besten hinbekommen hat. Craig und in einzelnen Passagen auch Dalton und Lazenby mögen zwar noch physischer gewesen sein - die m.E. für den Filmbond typische Ausbalancierung mit Eleganz und Charme haben sie jedoch nicht so gut hinbekommen, v.a. Craig und Lazenby nicht.


    Man denke etwa nur an den finalen Kampf zwischen 006 und 007 in GE - sehr intensiv und hervorragend choreographiert, ohne wie Craig in Jason Bourne-Gewässer abzudriften - oder die (absolut großartige) Szene mit Dr. Kaufmann in TND. Überhaupt ist TND einer der härtesten Bonds (Druckerpressenkampf, Kaufmann-Szene, Chakra-Werkzeuge, Carvers Tod, ...), was angesichts seines tendenziell raschen Abtuns als bloßes Knall-Bumm-Machwerk m.E. schonmal untergeht.


    Ich würde mittlerweile sogar so weit gehen, zu sagen, dass ich Brosnan für den zweitbesten Bond-Darsteller nach Connery halte. Seine Filme mögen den ernsthaften Grundton vermissen lassen, Brosnans Darstellung indessen halte ich aus den genannten Gründen für hervorragend. Auch in The November Man hat er im Übrigen gezeigt, wie gut er den knallharten Profi darzustellen versteht.

  • Seine Filme mögen den ernsthaften Grundton vermissen lassen, Brosnans Darstellung indessen halte ich aus den genannten Gründen für hervorragend.

    Kann ich nachvollziehen. Mein Hauptkritikpunkt bei den Brosnan Bonds ist auch nicht Brosnan selbst, sondern die zu hohe Actionlast ("Knall-Bumm-Machwerk") und die oft trist wirkenden Schauplätze. Gerade DN zeigt hier, dass es zu einem guten Agententhriller nicht viel Action braucht. Der Film fängt zudem das Karibikflair wunderbar ein und hat Stil. Das sieht man besonders in der Casinoszene, die der in GE meilenweit überlegen ist. Einfach perfekt inszeniert. Die Szene in GE wirkt auf mich aufgesetzt und künstlich, vor allem der Dialog.


    DN ist aber nicht mein Lieblingsbond. Alle 3 Nachfolgerfilme, OHMSS, CR, TLD und einige Moore Bonds stehen bei mir noch höher im Kurs. An den von mir vor einem Jahr geäußerten Kritikpunkten (insbesondere an der 2. Hälfte des Films) hat sich auch jetzt nicht viel verändert. Aber insbesondere die erste halbe bis dreiviertel Stunde ist einfach nur "Wow": ein knallharter Agententhriller mit Stil und Karibikflair.

    Whisper, das Tor! Aber langsam Whisper, langsam. Unsere Gäste sollen Zeit haben, sich zum Dinner zu versammeln.

  • Dem stimme ich zu: DN ist ein unterhaltsamer Film und ein sehr guter Erstling (wobei es wohl keine weiteren EON-Bonds gegeben hätte, wäre DN nicht so gut gewesen). Und die (auch im Roman vorhandene) Pulp-Atmosphäre mag auch ich einfach sehr.


    Zitat

    Carvers Tod

    Da wurde ich grad auf dem falschen Fuss erwischt. Kann mich echt nicht mehr erinnern, wie Carver schlussendlich das Zeitlich gesegnet hat :S . Ich erinnere mich bloss an eine vieeeeeel zu lange und monotone Schlussszene auf einem Stealth Schiff :sleeping: . Aber ansonsten muss auch ich mich als Fan des Brosnan-Bonds outen (für die teilweise mediokren Drehbücher, Regiearbeiten, Schauplätze und Dialoge kann er ja nicht viel)

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