DER FILM: Der Hauch des Todes

  • Aber es ist doch gerade die Kernaussage von QOS! "Den Toten ist Rache egal." Auch wenn M ihm nicht traut und denkt, Bond wäre nur auf Rache aus, so weiß Bond doch stets, dass Rache ihn nicht zufriedener machen wird. Er lässt Yussef und Greene ja auch am Leben und das unterscheidet Bond eben von Camille, die nur von Rache getrieben ist. Im Flugzeug fragt sie Bond, warum er hinter Greene her ist (ich glaube das Gespräch geht in etwa B: "Er hat einer guten Freundin etwas angetan" - C: [...] "Ihrer Mutter?" - B: "Hätte sie wohl gerne"). Ich als Zuschauer dachte zuerst, er erzählt ihr von Vesper, aber hier stellt sich heraus, dass es um den Mordversuch an M geht).
    Und auch wenn ich LTK für den weit besseren weil konsequenteren der beiden Daltons halte, so ist das aber auch mein großer Kritikpunkt am Film: hier wird Rache über die Figur Bond glorifiziert und Bond führt erst nach Sanchez' Tod sein Leben wie gehabt beim MI6 weiter und Felix geht's auch bald wieder gut. Herrlich! :kotz:
    QOS und LTK sind in ihren Aussagen zum Thema Rache also doch komplett konträr! Wie kann man das nicht sehen bzw. die beiden immer wieder in einen Topf werfen?! (Und das bezieht sich nicht nur auf kananga!) QOS muss einem nicht gefallen, Kritikpunkte gibt es am Film genug, man kann ihn lieben, aber auch hassen. Aber verstehen sollte man ihn schon, bevor man ihn abkanzelt. Just my 2 cents.

  • Noch ein paar erläuternde Worte zu meiner Kritik am politischen Subtext von TLD: Mir ging es dabei weniger um die handelnden Figuren des Films wie Koskov, Pushkin oder Gogol wenn ich sage, dass die Sowjets in TLD als barbarische Invasoren stilisiert wurden. Koskov war in der Tat Einzeltäter mit niederen Motiven, hier unterscheidet er sich nicht von jemandem wie Orlov (mal abgesehen von den Motiven an sich) – hier bin ich ganz bei dir Kananga. Mir geht es um die negative Darstellung der Roten Armee in den Afghanistan-Szenen, also um eine offizielle staatliche Einrichtung der damaligen Sowjetunion (die innerhalb des Films gleichzeitig stellvertretend für die Sowjetunion an sich steht) und nicht um eine Horde separat handelnder Schurken innerhalb dieser. ... Da gingen mir die Macher deutlich zu weit und ich hätte mir gewünscht sie hätten sich ihren Kommentar zur Weltpolitik verkniffen – ungeachtet, ob die spätere Geschichtsschreibung den politischen Unterbau des Films nun bestätigt oder widerlegt hätte.

    Aber mal etwas provokativ gefragt: Waren die Sowjets nicht auch barbarische Invasoren? Die Invasion Afghanistans war völkerrechtswidrig und führte zu weltweiten Protesten. Welchen Grund gab es damals, die Sowjets in dem Punkt irgendwie ambivalent darzustellen? Wenn jemand in ein Haus einbricht, wird er ja sicher auch automatisch als Böser und die Bewohner des Hauses als die Guten wahrgenommen, auch wenn die Bewohner für sich genommen vielleicht auch keine Unschuldslämmer sind. Die Sowjetunion war nun mal eine blutige und menschenverachtende Diktatur. Dass man Staaten in den sogenannten Märchenbonds wie große, miteinander spielende Kinder darstellt, finde ich okay, aber ein etwas ambitionierterer Agententhriller muss sich doch irgendwie auch ein bisschen an der politischen Wirklichkeit orientieren. Die Skrupellosigkeit und Korruption südamerikanischer Drogenbarone wurde in LTK ja auch ziemlich ungeschminkt dargestellt.

  • Aber mal etwas provokativ gefragt: Waren die Sowjets nicht auch barbarische Invasoren? Die Invasion Afghanistans war völkerrechtswidrig und führte zu weltweiten Protesten. Welchen Grund gab es damals, die Sowjets in dem Punkt irgendwie ambivalent darzustellen? Wenn jemand in ein Haus einbricht, wird er ja sicher auch automatisch als Böser und die Bewohner des Hauses als die Guten wahrgenommen, auch wenn die Bewohner für sich genommen vielleicht auch keine Unschuldslämmer sind. Die Sowjetunion war nun mal eine blutige und menschenverachtende Diktatur. Dass man Staaten in den sogenannten Märchenbonds wie große, miteinander spielende Kinder darstellt, finde ich okay, aber ein etwas ambitionierterer Agententhriller muss sich doch irgendwie auch ein bisschen an der politischen Wirklichkeit orientieren. Die Skrupellosigkeit und Korruption südamerikanischer Drogenbarone wurde in LTK ja auch ziemlich ungeschminkt dargestellt.

    Bewundernswert klar gesagt! Seit längerem spürte ich ein Unbehagen, ich fand nur nicht dir rechte Ausdrucksweise. Martin, Du hast es erfasst und auf den Punkt gebracht. Ich habe nichts hinzuzufügen.

  • Die Skrupellosigkeit und Korruption südamerikanischer Drogenbarone wurde in LTK ja auch ziemlich ungeschminkt dargestellt.

    Sowjetunion = real
    Isthmus = fiktiv


    Wenn man wirklich die Intention gehabt hätte mit TLD einen ambitionierten, an der politischen Wirklichkeit orientierten Agenthenthriller zu drehen, warum auf der einen Seite die Sowjets als die weltpolitischen Buhmänner hinstellen, am Ende dann aber wieder eine Gute-Laune-Party mit allen Antagonisten friedlich vereint wie im Tacka-Tucka-Land inszenieren? Das ist nämlich genau der Punkt: um ein wirkliches Statement gegen ein weltpolitisches Unrecht zu sein geht der Film mit der Thematik viel zu oberflächlich und ausbeuterisch um. Das ist mein Anliegen, nicht dass die Sowjets nicht so böse waren und die Mujas nicht so gut - das ist in meiner Kritik weitgehend unerheblich und austauschbar. Wichtig ist mir der Umgang mit dem Sujet und der ist in meinen Augen dem Ernst der Thematik nicht entsprechend (wohl aber der Grundausrichtung des Films und daher hätte man meiner Meinung besser darauf verzichtet). Schwarz-weiss-Malerei passt zwar gut in die Parallelwelt des James-Bond-Universums, wenn es um die Abbildung von Weltpolitik geht halte ich sie jedoch für Fehl am Platze. Oder um es mit den Worten des von mir verehrten Schreibergenies John Milius auf den Punkt bringen: "Gray! The World is gray, Jack!" ;)

  • Was man als Schwarz-Weiß Malerei empfindet, ist aber häufig Sache des politischen Standpunktes. Es wird wohl auch Leute geben, die die Darstellung des Nationalsozialismus in Indiana-Jones für fürchterlich schwarzweißmalerisch halten .Ist es jetzt Aufgabe und Anspruch von Indiana Jones III, ein vielschichtiges Porträt des Dritten Reiches zu liefern und detailliert zu begründen, was an der NS-Ideologie verbrecherisch war/ist?


    Schwarzweißmalerei gibt es für mich zudem auch zbei einer Reihe von Unterhaltungsliteraten, die gleichzeitig auch den Anspruch stellen, politisch engagiert zu sein. Mich stört sie nicht, nicht die bisweilen fürchterliche böse Republikaner/gute Demokraten Schwarzweißmalerei von John Grisham, obwohl dieser Gesellschaftskritik sehr in den Mittelpunkt stellt und auch nicht die des deklarierten politisch Engagierten John LeCarre, der bezüglich allem, was rechts der politischen Mitte steht, ebenfalls extrem vorfabrizierte Meinungen hat. (Was mich bei LeCarre stört, ist, dass er m.A. neben einigen sehr lesenswerten eine Reihe fürchterlich schwatzhafter, langatmiger Romane verfasst hat, während Grisham wie Fleming oder Forsyth auf dem von ihm selbst gesteckten Level meist tadellos funktioniert) Nocheinmal: Bond will a priori Unterhaltung sein, die Weltpolitik ist die - aus verschiedenen Gründen nicht unwichtige- Randkulisse. Deshalb verstehe ich Deinen Kritkpunkt bezüglich TLD, fürchte ich, immer noch nicht ganz, geschätzter Genosse Gogol.

  • Sowjetunion = real
    Isthmus = fiktiv


    Wenn man wirklich die Intention gehabt hätte mit TLD einen ambitionierten, an der politischen Wirklichkeit orientierten Agenthenthriller zu drehen, warum auf der einen Seite die Sowjets als die weltpolitischen Buhmänner hinstellen, am Ende dann aber wieder eine Gute-Laune-Party mit allen Antagonisten friedlich vereint wie im Tacka-Tucka-Land inszenieren? Das ist nämlich genau der Punkt: um ein wirkliches Statement gegen ein weltpolitisches Unrecht zu sein geht der Film mit der Thematik viel zu oberflächlich und ausbeuterisch um.


    Irgendwo hab ich mal gelesen, dass es gegenüber dem Filmteam von LTK Morddrohungen aufgrund der Drogenthematik gegeben hat. Ob das tatsächlich der Fall war kann ich nicht beurteilen, aber ich denke, die Darstellung eines realen Staates war im Fall von LTK wesentlich riskanter als in dem von TLD. Zudem ist die Verbindung zwischen Bond und Shah letztlich nur eine aus der Situation erzwungene Zweckgemeinschaft. Bond und Kara sind zuerst Gefangene und müssen an einem riskanten Drogendeal teilnehmen, und die Afghanen greifen den Sowjet-Stützpunkt nur widerwillig an, als Gegenleistung dafür, dass Bond unwissentlich ihren Anführer befreit hat. Und letztlich vernichtet Bond sogar das Opium, den irgendwann zig unschuldige Sowjetbürger zum Opfer gefallen wären.


    Die Partyszene am Ende finde ich allerdings auch etwas unglücklich, aber diesen Makel hat auch LTK, und da wirkt er auf mich noch unpassender. Die Enden der Daltonfilme wirken, als wollte man verschnupften Fans quasi wie der Fisch noch einmal zuzwinkern und sie versöhnen, indem man sie daran erinnert, dass letztlich auch hier alle nur miteinander spielen.

  • Ich möchte mich hier auch in die spannende Diskussion einklinken: Obwohl TLD einer meiner Favoriten ist, hat mich die Afghanistan-Sache stets gestört. Dass die Invasoren dabei nicht gut wegkommen, ist vertretbar, aber die Glorifizierung der Mujaheddin ist einfach ein No-Go. So was gehört nicht in einen Bond-Film. Gerade heute sehen wir anhand der diversen Konflikte in Nordafrika und im Nahen Osten, dass es nicht einfach an einen Kampf zwischen den Guten und den Bösen geht, sondern dass der Konflikt selber das Böse ist. Und selbst wenn die vermeintlich Guten gewinnen, heisst das noch lange nicht, dass Situation danach insgesamt besser ist als zuvor (es gibt zum Glück auch Ausnahmen). Besonders bei Konflikten in Ländern, die eine komplett andere Kultur haben, als wir hier, muss man bei der Beurteilung der tatsächlichen Lage sehr vorsichtig sein und die tumbe Reagan-Doktrin "Der Feind meines Feindes ist mein Freund" ist ohnehin der grösste Schwachsinn...


    Das war auch schon vor 25 Jahren so. Die Mujaheddin hätten in TLD einfach ein bisschen weniger gut dargestellt werden sollen - dann würde sich bis heute niemand daran stossen.

  • Ich möchte mich hier auch in die spannende Diskussion einklinken: Obwohl TLD einer meiner Favoriten ist, hat mich die Afghanistan-Sache stets gestört. Dass die Invasoren dabei nicht gut wegkommen, ist vertretbar, aber die Glorifizierung der Mujaheddin ist einfach ein No-Go. So was gehört nicht in einen Bond-Film. Gerade heute sehen wir anhand der diversen Konflikte in Nordafrika und im Nahen Osten, dass es nicht einfach an einen Kampf zwischen den Guten und den Bösen geht, sondern dass der Konflikt selber das Böse ist. Und selbst wenn die vermeintlich Guten gewinnen, heisst das noch lange nicht, dass Situation danach insgesamt besser ist als zuvor (es gibt zum Glück auch Ausnahmen). Besonders bei Konflikten in Ländern, die eine komplett andere Kultur haben, als wir hier, muss man bei der Beurteilung der tatsächlichen Lage sehr vorsichtig sein und die tumbe Reagan-Doktrin "Der Feind meines Feindes ist mein Freund" ist ohnehin der grösste Schwachsinn...


    Das war auch schon vor 25 Jahren so. Die Mujaheddin hätten in TLD einfach ein bisschen weniger gut dargestellt werden sollen - dann würde sich bis heute niemand daran stossen.

    Die Darstellung des Afghanistan Konflikts in TLD sollte man in etwa genauso bewerten wie wenn eine sowjetische Produktionsfirma einen Streifen über diesen Krieg gedreht hätte. Aus deren Sicht.


    Das ist ein rein fiktionaler Film, der zufälligerweise auf einen damals aktuellen Konflikt Bezug nimmt. Hier schimmert halt die damals in der westlichen Welt verbreitete Auslegung durch. Warum die Diskussion, die einen etwas böser und die anderen etwas netter darzustellen? Das ist nicht Aufgabe des Films ein irgendwie realistisches Bild der Verhältnisse zu zeigen, genauso wenig wie der Zuschauer versuchen sollte die Handlung mit seinem Weltbild in Einklang zu bringen......distanziert betrachten und sich unterhalten lassen.

  • Also tumb war die sogenannte Reagan-Doktrin (ein Aufsatz eines Beobachters formulierte eine solche aufgrund der Rede des Präsidnenten an die Nation) sicher nicht, sondern im Grunde nichts als eine Wiederaufnahme der Truman-Doktrin, die nur erklärbar ist aufgrund der Besorgnisse im westlichen Lager nach den Entwicklungen der Ära Carter. Es ist längst hinreichend belegt, u.A. durch sowjetische Quellen, dass die prekäre Situation der Sowjetunion unter Gorbatschow nicht zuletzt auf Reagans unbekümmert-optimistischen Antikommunismus zurückzuführen ist. Im Rahmen der Politik Reagans wurden ja, was oft vergessen wird, auch einige Rechtsdiktaturen gestürzt bzw. fallengelassen, was vor allem auch dem Außenminister Reagans zu verdanken ist.


    Die Problematik der antikommunistischen Politik Reagans erklärt sich vielmehr m.E. darin, dass den unterschiedlichen Geheimdiensten und auch gewissen zweifelhaften Privatiers ziemlich unbeaufsichtigt freie Hand gelassen wurde, was auch sehr zwielichtige Projekte gedeihen ließ. Verantwortlich dafür war sicher auch Reagans unbekümmerte Art und sein Desinteresse an Detailarbeit und genauem Aktenstudium. Andererseits darf man ja nicht vergessen, dass das außenpolitische Engagement seit Wilson Domäne der Demokraten war, (die berühmten Neokonservativen sind ja auch eine ursprünglich demokratische Bewegung),siehe auch der zweite Roosevelt/Hitler. Reagans eigene Partei, die Republikaner, dachten im eigentlichen immer isolationistisch, eine Haltung, die gerade im post-Vietnam Zeitalter dazu führte, dass die Rechte des Präsidenten, etwa Soldaten offiziell und eigenmächtig zu versenden, drastisch eingeschränkt worden waren. Deshalb konnte Reagan nicht auf den Kongress bzw. auch nicht auf seine eigene Partei bauen, andererseits aber derartige Aktionen auch nicht mehr aufgrund seiner präsidialen Amtsgewalt legal anordnen.


    . Man darf aber nicht vergessen, dass der Satz "Der Feind meines Feindes ist mein Freund", auf den Du die sogenannte Reagan-Doktrin reduzierst, ein uraltes Dilemma der Realpolitik ist. Auch der glühende Antikommunist Churchill war während des Kampfes gegen die Hitler darauf aus, Stalin jede erdenkbare Hilfe angedeihen zu lassen usw. Eine Alternative dazu wäre der radikale Rückzug von jedweder Weltpolitik - für mich das Katastrophalste, was die USA gerade im Moment tun könnten. Leider sind sie ja irgendwie ohnehin schon auf dem Weg dahin. Das sage ich als jemand, der vieles, was unter Reagan und vor allem unter Bush jun. geschah, sehr kritisch sieht.


    Aber abgesehen von den politischen Fragen frage ich mich persönlich, warum die im Bonduniversum an der Peripherie nun einmal vorhandene antikommunistisch Unterströmung, die wie erläutert eindeutig am Bondschöpfer Fleming festzumachen ist, überhaupt nicht zum Vorschein kommen darf. Es gibt doch wie gesagt wirklich mehr als genug Unterhaltungs-Filme, die linksliberale u.Ä. Tendenzen erkennen lassen, und ich persönlich bewerte diese Filme auch nicht dannach, welche politische Message sie bringen, sondern einzig und allein dannach ob sie mich unterhalten. lg

  • Ich stoße mich auch heute nicht daran. Zumal man scharf trennen muss zwischen Mujaheddin, Taliban und Al Quaida.

    Das eigentlich Problem besteht doch darin, dass man solche Gruppierungen nie wirklich als gut oder schlecht einzustufen kann, da die "moralische" Legitimation ihrer Aktionen immer Ansichtssache ist und bleiben wird - und in diesem Punkt sind sich alle drei genannten gleich. Man könnte beispielsweise auch darüber diskutieren, ob alle gewählten Mittel der Mujahedin allein dadurch gerechtfertigt waren, dass die Sowjets Afghanistan jahrelang kontrolliert hielten. Der Unterschied zwischen Partisanen/Freiheitskämpfern und Terroristen ist objektiv betrachtet reine Auslegungssache. Nicht dass man mich falsch versteht: ich will hier überhaupt nichts rechtfertigen, ich weise nur darauf hin dass solche Sachverhalte eben weit weg sind von einer pauschalen Gut/Böse Einstufung und der bekannten Schwarz-weiss-Malerei in TLD. Vermutlich mag ich die Darstellung in TLD im Gegensatz zu ähnlich gelagerten Filmen deshalb nicht, weil gerade die Bondfilme idR recht neutral mit weltpolitischen Problematiken umgegangen sind und mehr noch in ihrem Paralleluniversum gerade in der Beziehung Ost-West ein weitgehend entspannt-respektvolles Bild gezeichnet haben. Die Heroisierung und Glorifizierung der Mujahedin wirkt auf mich wie ein moralischer Zeigefinger nach dem Motto: "ihr Sowjets seid ja eigentlich oK (stellvertretend Pushkin und Gogol), aber was ihr in Afghanistan treibt (stellvertretend Koskov und die Rote-Armee-Klischeebösewichter) geht gar nicht - und das wisst ihr ja auch" - und das ist schon anmaßend-naiv, gerade weil man diese Moralkeule sonst nicht geschwungen hat.

  • Aber abgesehen von den politischen Fragen frage ich mich persönlich, warum die im Bonduniversum an der Peripherie nun einmal vorhandene antikommunistisch Unterströmung, die wie erläutert eindeutig am Bondschöpfer Fleming festzumachen ist, überhaupt nicht zum Vorschein kommen darf. Es gibt doch wie gesagt wirklich mehr als genug Unterhaltungs-Filme, die linksliberale u.Ä. Tendenzen erkennen lassen, und ich persönlich bewerte diese Filme auch nicht dannach, welche politische Message sie bringen, sondern einzig und allein dannach ob sie mich unterhalten. lg

    Vielleicht empfinde ich es in TLD auch gerade deshalb als so problematisch, weil man sich ja trotz aller schwarz-weiss-Malerei zu keinem echten politischen Statement durchringen kann. Die angesprochene Dämonisierung der Roten Armee beschränkt sich ja letztlich auch nur auf Afghanistan, gerade so als ob man dies problemlos vom Rest des Staates und der Armee trennen könnte. Die Schlussszene ist symptomatisch für die politische Naivität von TLD: alle friedlich vereint mit M als "Kuppler" zwischen den zwar offiziell verfeindeten, aber eigentlich ja doch ganz respektvollen Gegenspielern. Dann doch lieber eine Propagandagranate a la Rambo II, in dem man sich jederzeit zum eigenen politischen Weltbild bekennt. TLD will zwar ganz gerne Bezug auf Weltpolitik nehmen, traut sich dann aber doch nicht so richtig den Finger in die Wunde zu legen und jemandem richtig weh zu tun.

  • Ich möchte mich hier auch in die spannende Diskussion einklinken: Obwohl TLD einer meiner Favoriten ist, hat mich die Afghanistan-Sache stets gestört. Dass die Invasoren dabei nicht gut wegkommen, ist vertretbar, aber die Glorifizierung der Mujaheddin ist einfach ein No-Go.


    Die Mujaheddin hätten in TLD einfach ein bisschen weniger gut dargestellt werden sollen - dann würde sich bis heute niemand daran stossen.


    Ich habe nie mitbekommen, daß man sich an der Glorifizierung der Mujaheddin störte (dazu habe ich TLD aber vielleicht nicht oft genug gesehen bzw. das Drumherum um TLD verfolgt). Nun ist TLD ja nicht der einzige Film, der die Mujaheddin gut wegkommen lässt. Ein Jahr nach TLD kam Rambo III in die Kinos, der die Mujaheddin auch sehr heldisch darstellt.


    Und zu dem Zeitpunkt (jetzt nehme ich einen Beitrag von ollistone auf) waren die Taliban oder erst recht Al Quaida nur Experten ein Begriff, ich vermute, den Bond-Producern nicht. Sonst hätten sie die Darstellung der Mujaheddin sicher anders angelegt.

    The needs of the many outweigh the needs of the few or the one.
    I have been and always shall be your friend.
    I´ve been dead before.
    Live long and prosper.


    He is not really dead as long as we remember him.

  • es kommt meines Erachtens nicht von ungefähr, dass man westlicherseits gerade die Armee mit Misstrauen betrachtete, Sowjetgeneräle galten jahrzehntelang als besondere Hardliner und Entspannungsgegner, das geht letztlich auf Stalins Säuberungen zurück. Bereits 1956 etwa rieten Generale Chrustschow, im Rahmen der Niederschlagung des Ungarnaufstandes gleich das gerade erst verlassene neutrale Österreicch wieder zu besetzen. Nicht zuletzt gab es dann auch einen Armeeputsch gegen Gorbatschow. lg

  • Ein Jahr nach TLD kam Rambo III in die Kinos, der die Mujaheddin auch sehr heldisch darstellt.


    Dazu kann ich nur sagen: "Es leuchtet blau" :D
    Aber im Ernst: TLD ist vermutlich der einzige Bond-Film, in dem ganz klar Partei genommen wird, zugunsten einer real existierenden, "nichtwestlichen" Volksgruppe in einem realen Konflikt. Das ist schon eine andere Kiste, als (einzelne) Sowjets, Nordkoreaner, Chinesen oder fiktive Mittelamerikaner negativ darzustellen.


  • Aber im Ernst: TLD ist vermutlich der einzige Bond-Film, in dem ganz klar Partei genommen wird, zugunsten einer real existierenden, "nichtwestlichen" Volksgruppe in einem realen Konflikt. Das ist schon eine andere Kiste, als (einzelne) Sowjets, Nordkoreaner, Chinesen oder fiktive Mittelamerikaner negativ darzustellen.


    Dann stellt sich mir die Frage, warum man das so explizit gemacht hat. Wenn man dann daran denkt, daß der Nachfolger LTK quasi 180 Grad umschwenkt und seinen Villain in das fiktive Isthmus verlegt, vermute ich, daß die Macher schon damals auf die Ohren bekamen und dann bei LTK auf Nummer sicher gehen wollten.

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    He is not really dead as long as we remember him.

  • (...) Man darf aber nicht vergessen, dass der Satz "Der Feind meines Feindes ist mein Freund", auf den Du die sogenannte Reagan-Doktrin reduzierst, ein uraltes Dilemma der Realpolitik ist. (...)

    Sowohl Realpolitik als auch 007 selbst sind Derivate der pragmatischen Maxime: "Der Zweck heiligt die Mittel." Moralisch betrachtet ist diese Haltung nicht erst seit TLD fragwürdig, sondern bereits seit Bonds erster Leiche (im Film), Prof. Dent.


    Aber abgesehen von den politischen Fragen frage ich mich persönlich, warum die im Bonduniversum an der Peripherie nun einmal vorhandene antikommunistisch Unterströmung, die wie erläutert eindeutig am Bondschöpfer Fleming festzumachen ist, überhaupt nicht zum Vorschein kommen darf. Es gibt doch wie gesagt wirklich mehr als genug Unterhaltungs-Filme, die linksliberale u.Ä. Tendenzen erkennen lassen, und ich persönlich bewerte diese Filme auch nicht dannach, welche politische Message sie bringen, sondern einzig und allein dannach ob sie mich unterhalten. lg

    Seit den 68-ern ist das Gras auf der anderen Seite des eisernen Vorhangs immer grüner gewesen. Logisch betrachtet müsste das Sowjet-Reich genau derselben Verurteilung unterliegen wie die NS-Zeit. Aber Logik kann man von einem "Haufen verwöhnter Mittelstandskinder", die "die Gewalt wieder auf die Straße gebracht haben" (Helmut Schmidt über die 68-er), nicht verlangen - genausowenig, wie von ihren Epigonen.

  • Unterschied zwischen Partisanen/Freiheitskämpfern und Terroristen ist objektiv betrachtet reine Auslegungssache.


    Treffend. Und genau deshalb stört mich die undifferenzierte Darstellung der Mujaheddin in TLD. Mit der negativen Darstellung der Roten Armee habe ich indes keine Probleme.


    Zitat

    Vermutlich mag ich die Darstellung in TLD im Gegensatz zu ähnlich gelagerten Filmen deshalb nicht, weil gerade die Bondfilme idR recht neutral mit weltpolitischen Problematiken umgegangen sind


    Genau das ist es, woran auch ich mich störe. So was passt einfach nicht in einen Bond-Film...

  • Geschätzter Mr. Fogg, Du weißt ja, wir unterscheiden uns in unseren Sichtweisen nur in Nuancen. Aber ich finde es generell interessant, wie weit Bond ein Zeitgeistphänomen und eine Figur der Popkultur wurde, die von vielen verschiedenen Seiten vereinnahmbar ist.

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