The Black Trap

  • Bond Staff:



    MI6


    James Bond ---- Pierce Brosnan


    Miss Moneypenny ---- Samantha Bond


    Urs Messler ---- Rowan Atkinson


    M ---- Judi Dench



    Q
    ---- John Cleese



    Smithers
    ---- Mark Gantt



    Britische Botschaft in Nigeria



    Sir Arthur Harris ---- Richard
    Griffiths



    Agnes Harris, seine Frau ----
    Dianne Wiest



    Gilbert,
    Sekretär ---- Ralph Fiennes







    Aide contre Aids:



    Sally,
    Sekretärin ---- Whoopi Goldberg



    Reverend
    Archibald Stone ---- Timothy Dalton



    Dr. Morton ---- Peer Jäger



    Krankenpfleger ---- Edward Norton



    Nelson Mbeki, nigerianischer
    Gesundheitsminister ---- Morgan Freeman



    Dr. Francine Belleville ---- Demi
    Moore



    Tudor ---- Laurence Fishburne



    Julie Zorbo, Sicherheitschefin
    ---- Nathalie Portman





    Andere:


    Claire Livingston ---- Thandie Newton



    Richard
    Colombier (Coloschek) ---- Joseph Fiennes



    Clarissa
    Field, C.O.U.N.T. ---- Angelina JolieDie Autoren





    (V) = Count Villain



    (K) = Kronsteen



    (O) = Kristatos (Onkel Ari)



    (Z) = ZIEGELEI



    (C) = Commander Otze



    (A) = AVTAK



    (T) = Tim





    Die Story





    (V) James Bond ging schweigsam und in Gedanken versunken durch
    einen Gang im MI6-Hauptquartier. Er war auf dem Weg zu M. Ein neuer Fall, wie
    es hieß.




    Bond ging langsam. Der letzte Fall lag nun auch schon zwei Monate zurück. Von
    C.O.U.N.T. hörte man nichts mehr. Glücklicherweise? Irgendwer hatte definitiv
    überlebt und bestimmt war dies Odin selbst. Odin! Bond erschauderte, als er an
    ihn dachte. Ein Name schlimmer als Blofeld, fast schlimmer als Blofeld. Bond
    seufzte. Tracy. Er war in Odins Hauptquartier vorgedrungen, er hatte sich
    vorführen lassen, er war zu jeder Sekunde in Odins Hand gewesen und er hatte
    ihn nicht zu Gesicht gekriegt! Es war nicht so wie damals in Japan, Auge in
    Auge mit Blofeld. Es war auch nicht so wie in Scaramangas Höhle, Schnickschnack
    konnte ausgetrickst werden, Odin nicht. Ein grausiges Phantom!


    Bond zwang sich an etwas anderes zu denken. Dr. Love. Ohne sie wäre er
    gescheitert. Nun war sie schon wieder weit weg. Sie übernahm Dr. Astons
    Laboratorium in Kanada und wird wohl bald einen Nobelpreis bekommen. Manche
    Liebe kann man nicht für ewig halten, hatte sie gesagt.




    Bond hatte die Tür von Moneypennys Büro erreicht und trat ein. Zu seiner
    Überraschung erblickte er außer Moneypenny auch noch Messler in dem Büro.





    (K) "Hallo Moneypenny, hallo Messler! Messler,
    wir haben uns ja eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Was machen Sie hier?
    Nicht mehr in Stockholm eingesetzt?"




    "Nein, da in Schweden vom Walhallaberg nur noch ein riesiger Haufen von
    Steinen übrig ist, sind die verbrecherischen Aktivitäten unserer
    "Freunde" dort nicht mehr aktiv. Die müssen jetzt irgendwo im Ausland
    sein, um etwas Neues aufzubauen. Ich bin jetzt hier in London eingesetzt und mache
    zur Zeit – na ja - Schreibtischarbeit. Ich habe einige Dokumente vom
    Inlandsgeheimdienst rübergebracht. Eine recht heiße Sache."




    Moneypenny, vom Warten auf Messlers Schlusssatz etwas genervt, bringt sich ein.
    "Hallo James, wie ich sehe, haben Sie ihren Trip nach Schweden gut
    überstanden. Und Ihre 4 Wochen Urlaub genossen. Es ist besser, Sie gehen gleich
    rein. Es scheint dringend zu sein."




    Bond verabschiedet sich von Moneypenny und Messler. Messler verlässt das
    Vorzimmer in Richtung Ausgang.




    Bond betritt das Büro von M.




    "Hallo 007! Nehmen Sie Platz! Wollen Sie einen Drink?"




    "Ja, sehr gerne! Was war denn so dringend, dass man mich aus meinem Urlaub
    zurückgeholt hat?"




    M reicht Bond einen Bourbon. "Was sagt Ihnen das Programm
    'Chamäleon'?"




    "Das Programm beinhaltet, dass übergelaufenen ausländischen Agenten eine
    neue Heimat gegeben wird. Das heißt, dass sie eine neue Adresse und eine
    komplett neue Identität bekommen. Also auch einen neuen Namen."




    "Richtig. Die dafür zuständige Abteilung im Geheimdienst ist der MI5, der
    die Sache von uns übernimmt, sobald der Wechsel zu uns abgeschlossen ist, wofür
    ja wir, der MI6, zuständig sind."




    "Und was ist daran so dringend", fragte Bond, während er einen
    Schluck seines Bourbons nahm.




    "Wir haben aus dem MI5-Büro eine E-Mail abgefangen, wonach jemand, der
    Zugang zum Hauptrechner hat, von dort aus per E-Mail mit jemandem aus dem
    Ausland kommuniziert hat. Wir wissen leider nicht, wer mit wem, da auf der
    einen Seite der MI5-Rechner von mehreren Leuten, die den Zugang dazu haben,
    benutzt werden kann, und auf der anderen Seite die E-Mail-Adresse aus dem
    Ausland chiffriert ist, was natürlich für eine sehr hohe Qualität des
    Interessenten spricht. Denn: Wer hat schon die Möglichkeit, eine E-Mail-Adresse
    so zu chiffrieren, dass wir sie nicht dechiffrieren können?! Wir befürchten,
    dass eine ausländische Regierung dahintersteckt. Daher fällt es in den
    Dienstbereich des MI6, also in unseren. Und deshalb sind Sie hier!"




    Bond stellte sein Glas ab, stand auf und ging zum Fenster, das ihn auf die
    Themse blicken ließ. "Was war der Inhalt der E-Mail?"




    "Der MI5-Mann will heute Nacht um 3 Uhr in das Geheimdienst-Archiv
    einbrechen, das sich direkt unter dem Buckingham Palast befindet. Von dort will
    er die Daten aller am Programm 'Chamäleon' beteiligten Agenten aus den letzten
    25 Jahren stehlen. Alle Codes und Geheimnummern dafür habe er sich schon
    besorgt, die Überwachungskameras könne er problemlos außer Gefecht setzen,
    schrieb er. Somit könnte der Käufer der Daten, die wohl auf Diskette abgespeichert
    werden, alle zu uns übergelaufenen Agenten ausfindig machen und gegebenenfalls
    töten."




    "Oder er könnte sie nach Informationen über uns, unseren Plänen und
    Strukturen oder sonst was ausquetschen. Hm..., das muss natürlich verhindert
    werden. Der MI5-Mitarbeiter müsste nicht einmal die Straße benutzen, um ins
    Archiv zu gelangen. Die unterirdische Kanalisation ist meines Wissens nach so
    gebaut, dass ein Weg von dort aus direkt ins Archiv führt. Was bekommt der
    MI5-Mitarbeiter von dem Interessenten?"




    "10 Millionen Pfund! Da muss was Großes geplant sein. Er wird die Daten
    aber nicht unbeobachtet stehlen können..."




    "Und warum nicht?"




    "Weil Sie da sein werden, Bond! Sie werden den Vorgang beobachten und den
    Mann oder die Frau dann beschatten. Der MI5-Mitarbeiter interessiert uns
    momentan nur am Rande. Uns interessieren viel mehr die Hintermänner. Der
    MI5-Mitarbeiter wird dann bestraft und wegen Landesverrats angeklagt werden,
    sobald wir wissen, wer hinter dem Komplott steckt."




    "Das heißt, dass ich erst mal nur beobachte und erst eingreife und aktiv
    werde, sobald wir die Mittelsmänner und den Auftraggeber haben."




    "Ganz genau!"



    ***





    (V) Ein
    Missionskrankenhaus in Nigeria.



    Ein kleines spärlich ausgestattetes Büro, in dem hinter dem
    einfachen Schreibtisch eine schwarze Sekretärin sitzt. Vor dem Schreibtisch
    steht ein älterer Mann, der trotz der Hitze schwarz trägt. Die Sekretärin
    wendet sich ihm zu. „Ich muss es einfach einmal aussprechen, Reverend Stone.
    Und sie sind wohl der einzigste, dem ich hier ganz vertrauen kann.“





    „Natürlich.“ Die Stimme des Reverends klingt sanft.
    „Sprechen sie nur.“





    „Ich... Ich glaube hier geht etwas Unheimliches vor. Etwas
    Kriminelles. Ich spüre es einfach. Dieser neue Arzt... Er hat etwas
    furchteinflößendes an sich. Ich muss dieser Sache einfach auf den Grund gehen.“





    „Sie sollten lieber nichts unternehmen, Sally. Es ist
    bestimmt alles in Ordnung.“





    ***





    Währenddessen reden einen Raum weiter, im Zimmer des Arztes,
    der Arzt und ein kräftiger Krankenpfleger miteinander. „Warum müssen wir
    eigentlich unbedingt von hier aus agieren, Dr. Morton?“





    „Weil es der ausdrückliche Wunsch des Chefs ist. Außerdem
    ist es doch eine perfekte Tarnung.“





    „Da haben sie recht. Ach ja“, der Pfleger macht eine Pause
    und holt ein Kuvert aus seiner Tasche, „hier sind die neuen Dokumente.“ Er
    reicht sie dem Doktor.





    „Schön. Sie werden an den Meistbietenden versteigert. Was
    macht London?“





    „Unser Mittelsmann hat eine Nachricht von seinem Mann in
    London erhalten. Die Lieferung wird wohl bald erfolgen.“





    „Das ist gut. Viele dürften an diesen Informationen
    interessiert sein. Aber schauen wir erst einmal wie viel uns dieses hier
    bringt.“ Dr. Morton hielt das Kuvert in die Höhe. „Das wäre es dann fürs Erste.
    Sie können gehen.“





    Der Krankenpfleger verließ den Raum. Dr. Morton schob das
    Knüpfwerk eines Eingeborenen zur Seite, öffnete den dahinterliegenden Safe und
    legte das Kuvert hinein. Dann setzte er sich an seinen Schreibtisch, seufzte
    und betätigte die Sprechanlage. „Sally? Wie sieht es mit den Neuzugängen aus?“
    „Ich bringe ihnen die Akten sofort herein.“ „Gut.“ Er stellte die Sprechanlage
    wieder aus, goss sich Wasser in ein Glas, nahm einen Schluck und schaute aus
    dem Fenster.





    (O) Dr. Morton
    sinnierte über das Gespräch als das Telefon zu klingeln begann.


    Nach dem dritten Klingeln hob er den Hörer ab und sagte "St. Josephs
    Missionsstation, Dr. Morton." Eine Stimme am anderen Ende sprach ganz kurz
    und er antwortete: "Sind sie noch bei Trost mich hier anzurufen?" Die
    Stimme wurde energischer und Dr. Morton bekam einen roten Kopf. "Wollen
    Sie mir etwa drohen?" Die Stimme am anderen Ende behielt ihre Lautstärke
    bei "Gut, dann treffen wir uns heute Abend um 18 Uhr in Lagos." Der
    Anrufer war immer noch ungehalten und Dr. Morton sagte "Jetzt bleiben Sie
    ruhig. Wir treffen uns am üblichen Platz". Er legte den Hörer wieder auf
    und stand auf.



    ***





    (K) Bond kam gerade aus der Dusche. Er hatte sich am Nachmittag
    etwas hingelegt und konnte zwei Stunden schlafen. Zu mehr kam er angesichts der
    Anspannung, die seine nächtliche Aufgabe mit sich brachte, nicht. Er schaute
    auf die Uhr. Es war bereits 21 Uhr. Bond zog sich leger an und machte sich mit
    seinem Aston Martin DB5 auf den Weg.




    Die Straßen im Londoner Stadtteil Chelsea waren an jenem Abend noch gut belebt,
    als er losfuhr. Das vom Wetteramt für diesen Abend angekündigte Gewitter schien
    die Leute aber doch zu beeindrucken, da die Fußwege um den Big Ben herum schon
    fast menschenleer waren, als Bond ihn nach einer halben Fahrtstunde erreichte.
    Er stellte seinen Wagen in einer Seitenstraße ab und spürte, wie die ersten
    Tropfen zu Boden fielen, als er sich auf den Weg zu einer verriegelten Tür im
    uralten Gemäuer der berühmten Kirche machte.


    Er sah sich kurz um und holte dann den Schlüssel aus der Tasche, den ihm M
    heute Mittag noch mitgegeben hatte. Bond öffnete die Türe und verschloss sie
    wieder hinter sich. Er musste jetzt noch einen Fußmarsch durch die Kanalisation
    Londons von einigen hundert Metern zurücklegen, bevor er unter dem Buckingham
    Palast ankommen würde.


    Bond watete 20 Meter auf einem schmalen dunklen Gang, dem nur sein spärlich
    leuchtendes Feuerzeug etwas Helligkeit verschaffte.


    Nun kam Bond zu einer kleinen gitternen Seitentür des Ganges. "Das muss
    die Tür sein, von der M berichtete", dachte sich Bond und griff zu dem 4. Mauerstein
    von unten, der rechts neben der Türe war. Er drückte kurz auf diesen Stein,
    wodurch dieser sich zur Seite hin öffnete und einen kleinen Scanner offenbarte.
    Bond legte seinen Daumen drauf und die Türe öffnete sich. M hatte ihn für das
    Tor heute Nachmittag frei schalten lassen.


    Bond verschloss die Türe wieder hinter sich und begab sich jetzt auf den Weg
    direkt unter den Palast. Sein jetziger Gang war hell beleuchtet und nichts
    deutete mehr auf den stinkigen Geruch der Kanalisation hin. Alles war schön
    gepflastert und in regelmäßigem Abstand aufgebaute Lampen gaben Bond das
    Gefühl, sich schon auf königlichem Gebiet zu befinden. Wie er es vorher erklärt
    bekam, stieß er nach weiteren 200 Metern auf eine weitere Türe, die durch einen
    Fingerabdruck-Scanner verschlossen war. Als Bond auch dieses Ziel überwunden
    hatte, befand er sich in dem Raum, in dem in nunmehr nur noch 2 Stunden der
    Dieb aus dem MI5-Büro eintreffen sollte.


    Bond nahm sich einen Stuhl und setzte sich hinter einen der vielen Pulte, die
    sich in dem großen Archivraum befanden. Er hatte sich ein Buch über
    westindische Vögel mitgenommen, das er lesen wollte, bis der Dieb eintreffen
    würde.


    Bond war tief in die Seiten vertieft als er plötzlich ein Geräusch hörte, das
    von jenseits der Türe kam. Bond legte sein Buch weg und bezog hinter einem
    Schrank Stellung, der weit genug vom PC wegstand und zudem noch von einigen
    alten Jacken umgeben war. Er schaute auf die Uhr. Es war 2:57 Uhr.





    (Z) Die Klinke wurde heruntergedrückt, während Bond noch immer
    in seinem Versteck kauerte, wie ein Tier, eingepfercht in einen Käfig.




    Die Gestalt fuhr den Computer hoch, und klickte sich in die
    Sicherheitsbereiche, welche sie mit den erhaltenen Passwörter und
    Zahlenkombinationen passieren konnte.




    Bond musste sich zurückhalten, nicht einzugreifen, es kam ihm wie eine Ewigkeit
    vor, doch nach knapp zehn Minuten griff die Gestalt in die Innentasche ihrer
    Kordjacke und zog eine Diskette hervor, die auch prompt in das
    Diskettenlaufwerk geschoben wurde. Bond vernahm das Klicken. Die Diskette wurde
    nach wenigen Minuten eifrig herausgezogen, die Gestalt schlich zur Tür, der
    eigentliche Diebstahl war abgeschlossen.




    Bond stülpte einige Jacken zur Seite und kroch aus seinem Versteck, um die
    Verfolgung aufzunehmen. Er hastete zur Tür und blieb in dieser stehen, von wo
    aus er links und rechts in den Korridor blickte, aber niemanden ausmachen
    konnte. „Wenn er nicht auffallen will, wird er den Weg wählen, den alle Agenten
    zurücklegen müssen, wenn sie ins Archiv wollen“, dachte Bond.




    Auf dem Rückweg zur alten Holztür, durch die er in den Sicherheitskomplex
    eingedrungen war, passierte er den Fingerabdruckscanner und weitere
    Sicherheitsmaßnahmen, immer auf der Hut, der Gestalt nicht zu dicht auf den
    Fersen zu sein.




    Die Kanalisation war erreicht. Jetzt waren es nur noch gute hundert Meter bis
    zum ersten Etappenziel.




    Nach Minuten der Vorsicht und der Zurückhaltung erreichte Bond die alte, mit
    Bronze verzierte Tür. Er drückte die alte verrostete Klinke hinunter und befand
    sich im Freien.


    Es schüttete wie aus Eimern. Er stapfte die Treppe hinauf, bis er eine kleine
    Seitenstrasse erreichte, in der sein Aston Martin stand. Er schloss auf, um im
    Trockenen nach der Gestalt zu suchen. „ Der Dieb benutzte sicherlich nicht den
    gleichen Ausgang wie ich. Er muss in der Kanalisation eine Leiter zur
    Oberfläche in Anspruch genommen haben“, so Bond.




    Er drehte den Zündschlüssel um und fuhr zur Hauptstrasse, in Erwartung, den
    Dieb zu stellen. Kaum angekommen,
    öffnete sich auf dem Gehsteig der Gullideckel. Er wurde mit einem lauten
    Kratzen zur Seite geschoben, und Bond wunderte es gar nicht, als ein
    Lederhandschuh die Gullikante ergriff.
    Die Gestalt zog sich behände nach oben und schlenderte gemächlich zur
    nahegelegenen Busstation. Dort angekommen, stieg sie in die Linie 73, welche
    direkt den Hauptbahnhof ansteuern sollte.





    Es schüttete unaufhaltsam und man konnte den Eindruck
    gewinnen, die Tropfen würden auf der Windschutzscheibe des Wagens einen
    heiteren Tanz aufführen. Die Scheibenwischer des DB5 waren heillos überfordert,
    den Regen im Zaum zu halten. Doch Bond folgte dem Bus.


    Nach guten vier Minuten sah Bond den Bahnhof vor sich. Dort auf dem
    Bahnhofsvorplatz, wo sonst Verkäufer ihre Maiskolben und Maronen anpriesen und
    das öffentliche Leben tobte, herrschte jetzt gähnende Leere. Bond setzte den
    Blinker und parkte an einer Nebenstrasse. Er öffnete den Kofferraum und zog
    eine silbernen Regenschirm mit der Aufschrift „Universal Exports“ hervor.
    Nachdem er seine Aston Martin DB 5 abgeschlossen hatte, klappte er den
    Regenschirm auf und schlenderte zum Bahnhof, der einladend hell erschien.


    Bond öffnete die Türen und schaute sich in der riesigen, von einer
    triumphierend wirkenden Kuppel überdachten, Wartehalle um. Er setzte sich auf
    eine Bank und studierte die nahe gelegenen Zeitungsstände: „Immer noch kein
    Zeichen von C.O.U.N.T“, titelte zum Beispiel die Londoner Post und die Newsweek
    stellte sogar die These auf, dass der „Morgen“ von einem ausländischen Investor
    wieder aufgekauft werden würde. Doch Bond interessierte sich nur für die
    Diskette, sodass er erleichtert aufatmete, als die Gestalt, völlig durchnässt,
    die Wartehalle betrat. Bond musterte sie: die langen Beine, die schmale Taille
    und das lange schwarze Haar, welches tropfend aus der Kapuze gezogen wurde,
    ließen darauf schließen, dass Bond es hier mit einer Meisterdiebin zu tun
    hatte.




    Die Frau bog nach rechts zu einem kleinen Lokal ab, wo sie sich zur Erwärmung
    einen Kaffee bestellte. Bond folgte ihr auch ebenfalls, mit dem Schirm unter
    dem Arm, als die Frau in das Bahnhofshotel schritt, einem kleinen, aber feinem
    Hilton.




    Mit einem Blick auf die Uhr, es war jetzt 4:25, entschloss sich Bond, für eine
    Nacht zu buchen. „Sagen sie, welches Zimmer hat diese Frau dort eben gebucht“.
    Bond setzte der Empfangsdame gegenüber einen entschlossenen, maskulinen Blick
    auf.




    „Tut mir Leid, Mister...“




    „Bond. James Bond“, ergänzte er eifrig und abgeklärt.




    „Es liegt nicht in meinem Aufgabenbereich, Vertrauliches über die Kunden
    auszuplaudern“.




    Bond griff in seine Hosentasche und zog 150 ₤ hervor, welche er schnippig über
    den Tresen gleiten ließ. „Nun...?“




    Die Empfangsdame ergriff das Geld, ihr war es anzusehen, dass ihr die ganze
    Sache ziemlich peinlich war. „Zimmer 214, doch sie sagte, dass sie keinesfalls
    länger als 9:00 hier bleiben würde.“




    „Gut, dann bitte Zimmer 221. Das liegt doch noch auf dem gleichen Flur, oder?“




    „Sehr wohl. 2 Etage, den Gang durch und dann vorletzte Tür links. Wie wollen
    sie denn zahlen?“




    „Schicken sie die Rechnung an Universal Exports. Ach übrigens, sie haben ein
    sehr süßes Gesicht.“ Bond nahm den Zimmerschlüssel entgegen und schlenderte
    gedankenversunken auf Zimmer 221 zu.








  • ***




    Dort angekommen inspizierte er sein Appartement und konnte freudig feststellen,
    dass es die Möglichkeit bot, seine nassen Sachen in einem separaten Raum zu
    lagern. Nachdem Bond sich seinen Nachtpyjama übergestreift hatte, kroch er sich
    erschöpft unter die Bettdecke. Es war 4:45 Uhr.


    Keine zwei Stunden später, es war gerade kurz vor 7 Uhr morgens, ließen die
    quietschenden Bremsen einer alten Dampflok, welche im Hauptbahnhof ausgestellt
    werden sollte, Bond aus dem Bett schrecken. Sein Weckruf hätte sich ohnehin
    eine halbe Stunde später bemerkbar gemacht. Bond ging zum Balkon, schob die
    beigefarbenen Vorhänge zur Seite und öffnete die Doppeltür, die über den Balkon
    hinaus Blick auf den Bahnhofsvorplatz gewährte, auf dem jetzt schon reges
    Treiben herrschte.




    Nachdem Bond geduscht hatte, zog er seine Hose an und schnürte den Gürtel,
    anschließend knüpfte er sich sein Hemd. „Heute ein mal ein blaues. Für einen
    besonderen Anlass“, dachte er sich. Auf sein Sakko verzichtete er. Bond
    schauderte es, wenn er daran dachte, sein Sakko könne durch einige
    Marmeladenflecken verunstaltet werden. Er schloss die Zimmertür hinter sich, schloss
    ab und ging den Gang gen Aufzug.




    Nach guten 15 Metern blieb er stehen: Zimmer 214 war erreicht. Er horchte,
    konnte aber nichts weiter vernehmen, als das Plätschern einer Dusche. Er stieg
    in den Aufzug und drückte den Knopf „L“ für „Lobby“.




    Am Tresen stand die gleiche Dame wie in der Nacht zuvor. Mit einem schelmischen
    Grinsen schritt Bond auf sie zu. “Guten Morgen. Wie ich sehe, hat ihr hübsches
    Gesicht die Nacht gut überstanden.“




    „Sie Charmeur. Aber jetzt sagen sie ja nicht, sie wollen weitere Informationen
    ?!“




    „Im Grunde genommen nur zwei: wo kann ich hier etwas zu essen finden?“




    „An der Leseecke den Gang entlang und anschließend direkt links. Dort befindet
    sich ein kleines Cafe. Das Restaurant öffnet leider erst um 12.00 Uhr.“




    „Das hört sich doch schon mal gut an.“




    „Und ihr zweiter Wunsch ?“ Die Empfangsdame schaute Bond mit einem
    verführerischen Hundeblick an, in der Hoffnung, er würde sie zum Essen oder
    Ähnlichem einladen.




    „Die Frau die gestern hier eingecheckt hat, wie ist ihr Name?“




    „Wenn ich nicht wüsste, dass sie nichts Kriminelles vorhaben, würde ich es
    nicht sagen.“ Sie blätterte im Check-In-Verzeichnis und präsentierte Bond
    prompt die Antwort.




    „Ihr Name ist Claire. Claire Livingston.“




    „Vielen Dank. Jetzt werde ich aber erst mal etwas essen.“ Bond verfolgte den
    Weg, der ihm von der Empfangsdame geschildert wurde und erreichte auch prompt
    das Café „London Morning“.




    Nach einer guten Dreiviertelstunde kippte Bond den letzten Rest seines
    Orangensaftes hinunter und wollte gerade sein Tablett, auf dem sich noch die
    Krümel seiner drei Croissants und zwei Toasts befanden, als Claire Livingston
    das Cafe betrat. Bond merkte ihr an, dass sie nicht die Absicht hatte, zu
    frühstücken. Er verfolgte sie unauffällig, als sie noch einmal hoch auf ihr
    Zimmer ging, um die letzte Utensilien, wahrscheinlich Make-Up, Handtasche,
    vielleicht auch die Diskette, einzustecken.




    Bond nutzte die Gelegenheit und schlenderte zu seinem Zimmer, wo er sich sein
    Sakko überstreifte, seine Walther reinigte und die Vorhänge schloss. Angst,
    Livingston aus den Augen zu verlieren, hatte er nicht. „Bei denen dauert das
    alles immer etwas länger“, bewitzelte Bond das Verhalten der Frauen.


    Er ging zurück zur Rezeption, wo er der Empfangsdame versprach noch mindestens
    einmal wiederzukommen und wartete anschließend in der Leseecke, wo die
    Morgenausgabe des „Mirror“ lag, auf Livingston. Bond zündete sich eine Morlands
    an und wartete




    Nach drei Minuten kam sie. Sie trug eine braune Hose und eine hellblaue Bluse,
    darüber eine beige Kordjacke. „Relativ unauffällig für eine Frau, die von einem
    Mann bezahlt wird, dem die Diskette 10 Millionen ₤ wert ist.“ Doch von der
    Diskette war keine Spur. Erst als Livingston heimlich einen Kontrollgriff unter
    ihre Bluse durchführte, war Bond sich sicher:„Die Diskette klebt unter ihrer
    Bluse. Hm, ein lauschiges Plätzchen.“


    Bond verfolgte sie, als Livingston das Hilton verließ und über die Wartehalle,
    an deren Kuppel über Nacht Reinigungsarbeiten begonnen worden waren, auf Gleis
    12 zusteuerte. 10, 11 und 12 waren für Auslandsreisen bestimmt. Bond stapfte,
    in gebührendem Abstand, der allerdings nicht die Gefahr bot, Livingston aus den
    Augen zu verlieren, ihr hinterher und nahm schließlich, 40 Meter von ihr
    entfernt auf einer Bank Platz.


    Bond bewunderte gerade die Architektur des riesigen Glasdaches, auf dem noch
    einige tapfere Tropfen der vergangenen Nacht perlten, welche im Sonnenlicht
    glitzerten, als sich vom zu Bonds Rücken befindlichen Gleis 11 vertraute
    Schritte näherten. „Diese Architektur ist wirklich großartig. In Lyon soll
    dieses Glasdach nachgebaut werden“, so die Stimme.




    „Ja, aber im Moment ist die Stadt doch ziemlich pleite, die Pläne wurden erst
    mal auf Eis gelegt.“ Bond ließ sich immer auf ein solches Spielchen ein, wenn
    er vertraute Agenten zappeln lassen wollte. „Hallo Messler, was tun sie denn
    hier ?“




    „Ach, mein Schreibtisch wartet erst heute Nachmittag auf mich, da hab ich mal
    gedacht, ich stell Nachforschungen über ihren Aufenthaltsort an.“




    „Und wer hat ihnen dabei geholfen ?“. Bon war wirklich neugierig.




    „Miss Money... äh”, Messler gab sich wirklich redlich Mühe. Doch die letzten
    Silben des Namens wollten ihm einfach nicht einfallen.




    „Moneypenny. Sie macht wahrscheinlich auch wieder Sorgen. Gibt es was neues aus
    Kanada?“




    „Ich bleib jetzt erst mal für 4 Jahre hier in Good-Old-England. Im ersten Jahr
    wartet Schreibtischarbeit auf mich. Aber dann ruft die große weite Welt.“




    „Also dann werden wir uns wohl mal öfters sehen ?“. Bond erwartete ein
    vorfreudiges Ja.




    „Ja, dass kann man so sagen.“




    „Dann sagen Sie doch James zu mir, äh, Kollege.“




    „Urs Messler, gebürtiger Schweizer.“ Er reichte Bond die Hand, welche dankend
    angenommen wurde.




    „Was tun sie, ich meine du, hier, James ?“




    „Die Frau dort drüben. Sie heißt Claire Livingston.“ Bond wollte gerade
    weitererzählen, als ihm die Geheimhaltungspflicht einfiel. „Sag mal Urs, wie
    genau sieht dein Aufgabenbereich aus ?“




    „Nun, man könnte sagen, ich bin ein sogenannter 00-Bürokrat. Ich bearbeite
    einige Informationen, die lebensnotwendig für die 00-Abteilung sind:
    Bestellungen für die Q-Branch, Auswertungen von Geheimoperationen und so
    weiter.“




    „Chamäleon, Akte FYEO 2356. Sagt ihnen das was?“




    „Ja, davon hab ich gehört. Heute Nachmittag soll ich beginnen, Informationen
    über das Projekt zu sammeln. Dabei kooperiere ich mit den Belgiern.“




    „Warum denn das?“ Bond witterte die erste neue Information am heutigen Tage.




    „Das erzähle ich ihnen später, James.“






    Bond wusste, dass sich auf jeden
    Fall noch Gelegenheit bieten würde, auf das Thema genauer einzugehen und so
    beließ er es bei einem kurzem „Natürlich, Urs.“ Bond wollte gerade noch ein
    wenig mit Messler über das Leben eines Geheimagenten und die Unterschiede
    zwischen MI6 und fachsimpeln, als ein grauer EuroStar einfuhr.




    Der EuroStar. Ein Zug, der Westeuropa mit Mittel- und Südeuropa verbinden soll.


    Spitzengeschwindigkeit 325 km/h. Im Eurotunnel aber leider nur 192 km/h. Die
    Bremsen mussten gerade erst frisch geölt worden sein. Anders war die weiche
    Bremsung, die an das Ausklingen eines Streicherorchesters erinnerte, nicht zu
    erklären. Livingston erhob sich, fasste sich noch einmal kurz an die Bluse und
    schritt auf den EuroStar zu.





    (C) Der Zug wirkte prächtig, ja majestätisch. Die Außenhaut
    schimmerte in der morgendlichen Sonne und spiegelte die Eleganz des Innenraums
    wieder. Sichtbar entspannte Fahrgäste traten auf den Bahnsteig, nachdem sich
    die Türen geöffnet hatten, doch Claire Livingston schenkte der Pracht keine
    Aufmerksamkeit. Noch während Leute aus den Türen drängelten, schob sie sich
    zwischen ihnen hindurch und musste mehrmals ihre Ellenbogen benutzen, um sich
    Platz zu schaffen.


    Bond beobachtete die Situation aus den Augenwinkeln und schätzte, dass sie
    etwas angespannt war. Messler unterbrach jedoch seinen Gedankengang.




    „Ich werde mich mal wieder auf den Weg machen“, sagte Messler. Sie
    verabschiedeten sich und Bond machte sich mit einem schlendernden Gang auf zum
    wartenden Zug. Als er diesen betrat, erinnerte er sich daran, wie gerne er
    eigentlich dieses Fortbewegungsmittel benutzte, es aber in den letzten Jahren
    nicht mehr getan hatte.


    Bond fand einen gemütlichen Fensterplatz in der Nähe von Claire, von dem aus
    sie ihn nicht sehen konnte. Mit einem leisen Zischen begannen sich die Türen zu
    schließen und kurz darauf machte sich der Zug auf seinen Weg. Claire sah sich
    oft um und reagierte gereizt auf unbekannte Geräusche. Mehrmals trafen sich
    ihre Blicke und Bond stellte fest, dass sie mehr als nur nervös war. Hatte sie
    ihn schon bemerkt? Er schaute für fünf Minuten nur aus dem Fenster und sah die
    Landschaft an sich vorbeifliegen. Dabei dachte er darüber nach, wohin Ihn seine
    Reise wohl bringen würde, und wie dieses nicht mal unattraktive Mädchen – sie
    mochte Mitte dreißig sein – auf die schiefe Bahn geraten war. Die
    Sicherheitsprüfungen bei den Eignungstests waren nach einem Zwischenfall mit
    einem 00-Agenten drastisch verschärft worden. Als sich Bond selbst aus den
    Gedanken riss und nochmals einen Blick zu Claire riskierte, bemerkte er, dass
    sie gerade aufgestanden war und den Waggon verließ.





    (O) Claire blickte sich nervös um, als sie den Waggon verließ
    und den nächsten betrat. Bond ließ ihr etwas Vorsprung, damit sie keinen
    Verdacht schöpfen sollte. Er stand auf und sah ihr nach, wie sie den nächsten
    Waggon entlang lief, immer wieder den Leuten ins Gesicht sah und vorsichtig
    weiterging. Bond dachte sich, dass sie wohl mit jemandem verabredet war und
    nicht genau wusste, wie die Kontaktperson wohl aussah. Bond folgte Claire in
    den nächsten Wagen und sah, dass sie sich im Raucherbereich auf einen freien
    Platz gesetzt hatte und sich eine Zigarette ansteckte. Er dachte sich, sie ist
    wohl sehr nervös. Da sie immer noch in seinem Blickbereich war, setzte sich
    Bond wieder auf seinen Platz. Für einen kurzen Augenblick wurde er durch ein
    paar Jugendliche abgelenkt, die plötzlich anfingen „We are the Champions“ zu
    singen und sich als Pulk an ihm vorbeidrängten. Als er wieder aufschaute, sah
    er Claire wieder auf ihn zukommen, mit einem blauen Briefumschlag, den sie
    langsam in ihre Handtasche steckte.


    Bond ärgerte sich, dass er wohl den Kontakt zwischen Claire und ihrem
    Auftraggeber oder Kontaktmann verpasst hatte. Claire setzte sich wieder auf
    ihrem Platz und der Rest der Zugfahrt bis Paris verlief ohne weitere
    Besonderheiten.




    Um 11.32 Uhr vormittags kam der Eurostar aus London im Bahnhof, gare du Nord ,
    in paris an. Da der Zug ziemlich stark belegt war, dauerte es sehr lange bis
    alle Reisenden sich auf Bahnsteig 2 des Bahnhofes ergossen. Bond ließ Claire am
    Ausgang mit einem kleinen Schmunzeln im Gesicht den Vortritt. Sie bedankte sich
    mit einem scheuen Blick zurück. Bond dachte sich, dass er wohl bis jetzt nicht
    enttarnt wurde, aber er musste aufpassen, da er nicht wusste, mit wem er es
    tatsächlich zu tun hatte.




    In Paris war es doch einige Grad wärmer als in London und Bond holte sich aus
    seiner Jackentasche eine Ray Ban Sonnenbrille und setzte sie auf.


    Claire eilte ziemlich schnell in Richtung Ausgang, aber Bond hatte keine Eile,
    da er den Bahnhof auch sehr gut aus früheren Aufträgen in Paris gut kannte. Am
    Ende des Bahnsteigs wandte sich Claire nach links und ging in den Bereich der
    Schließfächer. Bond blieb im gehörigen Abstand hinter ihr.


    Bei den Schließfächern angekommen, öffnete Claire ihre Handtasche und brachte
    den blauen Briefumschlag zum Vorschein. Bond schlenderte an ihr vorbei in
    Richtung einer gegenüberliegenden Telefonzelle. Claire öffnete den
    Briefumschlag und heraus fiel ein Schlüssel für ein Schließfach.


    Bond nahm den Hörer in die Hand und begann energisch in englischer Sprache mit
    einer imaginären Person zu telefonieren. Claire schaute kurz auf und schüttelte
    mit dem Kopf über diese ungehobelte Art des Mannes, denn sie von seinem
    gepflegten Äußeren her als sehr anziehend empfand. Aber sie hatte jetzt keine
    Zeit über diesen Mann nachzudenken. Richard hatte ihr eingeschärft, dass Sie
    sich so schnell wie möglich in paris mit ihm in Verbindung setzen sollte.
    Claire öffnete nun das Schließfach und nahm einen schwarzen Eastpak-Rucksack
    heraus. Bond beobachtete die ganze Szenerie aus seinen Augenwinkeln, während er
    weiterhin mit der imaginären Person telefonierte.


    Claire sah sich kurz um und steuerte direkt auf die nächstliegende
    Damentoilette zu. Bond legte den Hörer wieder auf und überlegte, wie er jetzt
    am Besten weitergehen sollte. Er dachte sich, dass er auf jeden Fall M Bescheid
    geben sollte, wo er sich befindet. Immer ein Auge in Richtung Damentoilette
    gerichtet, rief er seinen alten Freund Rene Mathis an und bat diesen, MI6 über
    seinen aktuellen Aufenthaltsort zu informieren.


    Bond begann sich in Richtung Damentoilette zu orientieren, als er an einem
    Zeitungskiosk vorbeikam. Beherrschendes Thema war die weiterhin andauernde
    konjunkturelle Schwäche in Europa, als ihm ein Foto in einer
    schwarz-afrikanischen Zeitung auffiel. In dem Artikel wurde berichtet, dass ein
    Brite namens Mike Donovan in Lagos auf offener Strasse erschossen wurde. Bond
    wurde es ganz heiß und kalt, denn er kannte Mike Donovan aus einer früheren
    Zusammenarbeit und er fragte sich, ob der Mord im Zusammenhang mit seinem
    Auftrag stehen würde.


    Fast hatte er ganz seinen Auftrag vergessen, als er gerade noch sah, wie Claire
    wieder aus der Damentoilette herauskam. Sie sah ganz verändert aus, aus der
    sportlichen Britin in Jeans war eine junge Französin geworden, die ein
    sportliches Top zu einem Minirock trug.


    Bond fiel sofort auf, dass Claire den Rucksack nicht bei sich hatte. Aber er
    musste sich entscheiden und verließ sich auf seinen Instinkt und folgte Claire,
    da er vermutete, dass sie die wertvolle Diskette nicht auf der Toilette
    übergeben würde. Bond folgte Claire in gemessenen Schritten, die dem Ausgang
    Nord zusteuerte. Bonds Gehirn arbeitete auf Volltouren, aber er konnte sich
    keinen Reim auf dieses Verhalten machen. Auf dem Weg zum Ausgang wurde es immer
    schwieriger für Bond relativ nah hinter Claire zu bleiben, da die Rolltreppen
    von der Metro immer große Menschenmengen auswarfen. Vor dem Bahnhof angekommen,
    sah sich Claire kurz nach links und rechts um und ging dann direkt auf den
    Taxistand zu. „Mein Gott,“ dachte Bond, „das ist ja schlimmer als in London zur
    Rush Hour“. Immer mehr Menschen versperrten ihm den Weg, damit er Claire folgen
    konnte. Er sah gerade noch wie sie in ein Taxi einstieg und wegfuhr. Immerhin
    konnte sich Bond noch das Nummernschild des Taxi auf seine Manschette notieren.



    Bond drehte sich um und ging
    zurück in die große Halle des Gare du Nord und überlegte, wie er dieses
    Desaster noch abwenden könne. Kurz entschlossen ging er in die Damentoilette,
    wo kurz zuvor noch Claire war. Die anwesenden Damen schrieen laut auf, als er
    mit einem freundlichen Lächeln an ihnen vorbei in Richtung der Kabinen
    vorbeiging. Vom Ende des Ganges kam ihm die Toilettenfrau entgegen und
    schimpfte wie ein Rohrspatz auf ihn ein. Aber er hatte nur eines im Sinn: Wo
    ist der Rucksack?



    In der 4.Kabine hatte er endlich
    Glück und fand den Rucksack vor. Darin befand sich die Kleidung, die Claire
    anhatte, als sie die Reise nach Paris begonnen hatte. Von der Diskette war
    keine Spur. Ganz unten im Rucksack lag ein zerknäulter Plastiksack, mit der
    Aufschrift „Meubles de Paris“, mit einer Anschrift in der Nähe von der Kirche
    Sacre Coeur. Bond murmelte nur vor sich hin, dass das wohl auch eine Sackgasse
    war, aber er nahm den Rucksack an sich und verließ die Damentoilette unter dem
    Beifall der anwesenden Damen.



    ***





    (A) Die Kirche von Sacre-Coeur, eines der vielen Wahrzeichen
    von Paris, befindet sich mitten im Künstlerviertel Montmartre.


    Bond nahm die Metro, fuhr zwei Stationen Richtung Port Dauphine uns stieg an
    der Haltestelle Anvers wieder aus. Die Metro war der ganze Stolz von Paris, das
    Netz wurde kontinuierlich erweitert, alte Strecken stillgelegt oder renoviert,
    neue Haltestellen eröffnet. Zusammen mit den RER-Linien bildet es ein fast
    lückenloses Nahverkehrsystem für die Metropole. Allerdings gibt es auch im
    besten System einige Punkte, die nicht abgedeckt werden. Einer dieser Punkte
    ist Montmartre und Bond war froh, dass die Metro einen kleinen Bogen um diese
    Viertel machte, denn so konnte er auf dem Weg von der Metrostation zu dieser
    ominösen Adresse in Montmartre noch ein wenig die Frühlingssonne genießen.
    Vielleicht würde er sogar ein kleines Café finden oder eines dieser
    farbenfrohen Bilder von Sacre-Coeur für sein Apartment in London.




    Wer schon einmal in Montmarte war, weiß, dass hier beides zahlreich vorhanden
    ist und daher war es nicht verwunderlich, dass Bond für die etwa eineinhalb
    Kilometer lange Strecke von der Metrostation zum Hügel von Sacre-Coeur
    geschlagene 3 Stunden brauchte.




    Zwei Café au lait und ein Croissant später stieg Bond dann doch endlich die
    breite, von Touristen überflutete Treppe zur Kirche hinauf. Er versuchte sich
    einen Überblick zu verschaffen, was aufgrund der vielen Menschen um ihn herum
    nicht einfach war. Glücklicherweise bahnte sich gerade eine Gruppe
    kleinwüchsiger Japaner, alle mit mindestens einem Fotoapparat bewaffnet, ihren
    Weg die Treppe hinauf, über die Bond problemlos hinwegschauen konnte. Er
    betrachtete noch einmal den Zettel, auf den er den Namen und die Anschrift des
    Geschäfts notiert hatte "Meubles de Paris" und ließ seinen Blick über
    den Platz vor Sacre-Coeur schweifen.




    Plötzlich erblickte er es, ganz in der Nähe, genau am Fuße des Hügels, auf dem
    er gerade stand. Es war eines dieser typischen kleinen Kunsthandwerksbetriebe
    in Montmartre. Vor dem Geschäft hatten Maler ihre Leinwände aufgestellt und
    versuchten sich an Bildern von der Kirche. Nicht weiter ungewöhnliches, war
    doch um diese Zeit Montmartre voll von Malern. Deshalb war Bond das Geschäft
    wohl auch nicht aufgefallen, obwohl er sich auch schon unten gründlich
    umgesehen hatte.


    Was Bond nicht gemerkt hatte, war, dass einer der Japaner, ganz im Gegensatz zu
    allen anderen nicht die Kirche, sondern Bond mehrmals fotografiert hatte.
    Gleich danach hatte sich dieser Japaner von der Touristengruppe getrennt und an
    seiner Kamera einige Knöpfe gedrückt. Interessiert beobachtete er nun das
    Display seines Fotoapparats auf dem jetzt ein Text auftauchte:




    "Idetification confirmed: James Bond --- You'll be rewarded soon"


  • Der Asiate lächelte, steckte
    seinen Fotoapparat wieder ein und beobachtete Bond, der sich gerade einen Weg
    zum Eingang von "Meubles de Paris" bahnte.





    (O) 007 stand vor dem Haus am Place du Tertre als ihn einer der
    Maler ansprach „Hallo Monsieur. Original Bilder von Sacre Coeur.“ Bond wandte
    sich dem Mann zu und sah einen typischen Aussteigertypen und sagte ihm „ Danke
    nein. Wissen Sie ob, jemand da ist, von dem Geschäft hier“ der Mann wandte sich
    um, zuckte mit den Schultern und sagte „Nein, Monsieur“. Er dreht sich um und
    versuchte einen anderen Kunden für eines seiner Bilder zu ködern.


    007 ging in Richtung des Tür des Geschäftes und stellte fest, dass die Tür
    verschlossen war.


    Er ging zu einem der beiden Schaufenster und sah in das Innere des Ladens. Er
    sah einen Schreibtisch aus den 20ern des letzten Jahrhunderts. Im hinteren
    bereich des Ladens brannte ein Licht.


    In diesem Moment fuhr ein Renault Minivan mit der Aufschrift „Meubles de Paris“
    an dem Laden vorbei und bog in die direkt danebenliegende Hofeinfahrt ein.


    Der Fahrer stieg aus und pfiff dabei das Lied La vie en rose und ging in das
    Gebäude.


    007 folgte dem Fahrzeug und sah sich in dem Hof um. An die Wand gelehnt lag ein
    BMW Motorrad. Er sah auch noch mal in das innere des Fahrzeuges, konnte aber
    nicht besonderes entdecken, außer dass der Schlüssel noch steckte und auf dem
    Beifahrersitz ein Umschlag lag, mit der Aufschrift einer Hilfsgemeinschaft für
    Aidskranke „Aide contre Aids“. „Die sind aber hier sehr vertrauensselig“,
    dachte er sich und machte sich daran, noch den Hof zu untersuchen, wo mehrere
    große Kisten offen herumstanden. 007 dachte schon, dass er wohl hier auch
    nichts finden würde, als er weibliche Schritte im Hof hörte und sich ganz
    schnell in der Kisten versteckte. Einen Spalt noch offen, hatte er einen guten
    Überblick über den Hof und da, tatsächlich kam Claire Livingston in den Hof. Er
    hatte sich doch nicht ganz getäuscht. Aber er wunderte sich schon sehr, da es
    hier ganz und gar nicht nach Spionen aussah.




    Claire öffnete die hintere Haustür und ging hinein. Der Flur war sehr dunkel,
    aber am Ende sah man ein Licht, in dem angrenzenden Büro. Sie ging
    zielgerichtet auf das Büro zu und öffnete die Tür. Das kleine Zimmer enthielt
    nur einen Schreibtisch und drei Stühle. Auf dem Bürostuhl hinter dem
    Schreibtisch saß mit dem Rücken zur Tür ein Mann, der gerade telefonierte.
    Claire schloss die Tür hinter sich, ging zu dem Mann und umarmte ihn von
    hinten. „Oh my Love. Richard, hier bin ich.” Der Mann drehte sich um, immer
    noch telefonierend und schüttelte sie mit einer ärgerlichen Bewegung ab.
    „Moment noch, Claire“


    Sie erschrak über diesen Tonfall. So hatte er mit ihr noch nie gesprochen,
    seitdem sie sich vor 3 Monaten in ihrem Urlaub in Spanien kennen gelernt
    hatten. Es war eine wunderbare Zeit gewesen und Claire war sich sicher, den Mr.
    Perfect getroffen zu haben. Deshalb hatte sie sich auch bereit erklärt, ihr
    eigenes Land zu verraten und ihre Möglichkeiten ausgenutzt.


    Der Mann drehte sich wieder weg und sprach extrem leise in das Telefon. „Ok,
    Claire ist jetzt auch da. Gut dass Sie mich informiert haben!“


    Er drehte sich jetzt nach vorne, legte das Handy auf den Schreibtisch und erhob
    sich.


    „Hallo, mein Schatz. Endlich bist du da! Ich musste noch was organisieren.
    Entschuldige, wichtige Geschäfte“ Sie stotterte und sagte dann „Ist schon gut,
    Richard. Wir leben ja auch gefährlich.“ „Ist dir jemand aus London gefolgt,
    Claire. Ist Dir was aufgefallen?“ „ Nein, Richard, ich war sehr vorsichtig.“
    Sie dachte, zwar noch an den anziehenden Briten vom Bahnhof, aber sie dachte
    sich, dass der bestimmt keine Gefahr war und bevor sie Richard eifersüchtig
    machte, biss sie sich lieber auf die Zunge.


    Richard Colombier stand jetzt direkt vor Claire und durch das Fenster hinter
    ihm, konnte Claire seine feinen Züge gut erkennen. Richard war geboren in
    Nizza, jetzt 35 Jahre alt, arbeitete mit alten Möbeln und machte nebenher noch
    so ein paar Deals, wie er das nannte. Das war alles was Claire von ihm wusste.
    Und für mehr hatte sie sich nicht interessiert, denn er machte sie glücklich,
    der wilde Franzose, wie sie ihn immer schmunzelnd nannte. Was Sie nicht wusste,
    dass Richard sich sie als Opfer für seine Pläne ausgesucht hatte und eigentlich
    Tscheche war und früher für den KGB gearbeitet hatte. Jetzt war er Freelance
    Agent, keiner Staatsräson und politischen Zielrichtung mehr verpflichtet,
    sondern nur noch seinen Aufträgen und Auftraggebern, die überall in der Welt
    saßen und einen flinken und vielseitigen Mann brauchten.


    „Gut, Claire, Dann gib mir bitte die Diskette. Sie muss heute noch weiter ans
    andere Ende der Welt!“ Richard schmunzelte über seine blumenhafte Sprache.
    Währenddessen arbeitete es fieberhaft in seinem Kopf , denn er wusste jemand
    war auf ihn aufmerksam geworden, der ihm sehr gefährlich werden konnte. Seine
    lebenden Spionagekameras Michiko und Pierre hatten ihm berichtet, das der
    britische Spion James Bond in sein Reich eingedrungen war.




    Claire öffnete den Reißverschluss an ihrer Bluse und machte einen Schmollmund
    in Richtung Richard. „Willst Du Sie dir nicht selbst holen?“ „Claire, wir haben
    jetzt keine Zeit dafür“. Claire merkte sofort, dass etwas nicht stimmte und
    sagte „Richard, was ist denn los?“


    Er ging zu seinem Schreibtisch und drehte den Monitor in ihre Richtung. Auf dem
    Monitor konnte man 007 sehen, wie er die Treppe zu Sacre Coeur heraufkam. „Der
    ist dir also nicht aufgefallen?“ „Doch den Mann hab ich gesehen.“ „ Und wo?“
    „Äh, im Eurostar und am Bahnhof... aber... aber der ist doch ungefährlich.“
    „Das ist ... James Bond.“ Claire erschrak


    „...der... der.. James Bond?“ „Ja und er ist hier.“


    In dem Moment öffnete sich die Tür und James Bond kam herein. „Ganz recht,
    Monsieur Colombier. Für wen arbeiten Sie?“ Richard und Claire drehten sich
    erschrocken zur Tür. Aber der Schreck dauert nicht lange. Denn hinter Bond
    tauchte Philippe, der Fahrer des Minivan auf , und bedrohte 007 mit seiner
    Waffe.


    „Ah. Monsieur Bond, ich habe Sie schon erwartet. Und dieses dumme Girl hat sie
    nicht bemerkt.“ Richard ging auf Claire zu und entriss ihr die Diskette, die
    sie zwischenzeitlich in der Hand hatte.


    Bond überlegte wie er sich aus dieser Situation wieder herauskam, die so
    plötzlich eskaliert war. Er war unvorsichtig gewesen und ärgerte sich darüber.
    Ob er langsam alt würde und seine Instinkte ihn im Stich ließen. Das Ganze war
    eine perfekte Falle gewesen und als er sein Bild auf dem Monitor sah, wusste
    er, dass dieser Auftrag doch weitaus grösser und gefährlicher war, als er
    gedacht hatte. Solche Situationen hatte er sich schon öfters gegenüber gesehen
    und war bisher recht gut mit klar gekommen. Philippe stand immer noch hinter
    ihm und die Tür stand immer noch offen. Wie viele Leute würde Colombier noch
    befehlen, da draußen in dieser feindlichen Stadt?


    „Mr. Bond es ist mir eine Ehre, dass Sie sich wegen mir, hierher begeben haben,
    aber das wird Ihr Ende sein.“ „Das haben schon viele behauptet, Mr. Colombier.
    Miss Livingston, wachen Sie auf. Dieser Mann hat sie nur benutzt. Er hat sie
    nie geliebt..“ Claire schaute zwischen den Männern hin und her und erkannte
    langsam, was hier gespielt wurde.


    „Ach Claire, so ein bisschen“, sagte Colombier und ging zu seinem Schreibtisch
    um seine Walther aus der obersten Schublade zu nehmen. 007 wusste, dass es nun
    ernst wurde, sich aus dieser Situation zu befreien. Glücklicherweise hatte er
    Q`s neuestes Meisterwerk mit nach Paris genommen. Bond drückte seinen Fuß
    innerhalb des Schuhs nach hinten, ein Schuss löste sich und Philippe schrie
    laut auf. 007 nutzte diese Chance, drehte sich um und schlug Philippe auf die
    Hand, sodass er seine Waffe fallen ließ. Er reagierte und fing die fallende
    Waffe auf und dreht sich um. Colombier schoss das erste Mal und traf den
    verdutzten Philippe in der Schulter. Dieser fiel hin und schrie vor Schmerzen.
    Claire sprang auf und wollte 007 schützen, aber Colombier schoss im Stakkato.
    007 warf sich hinter einen der Stühle und schoss auf Colombier. Claire konnte
    nicht rechtzeitig den Kugeln von Colombier ausweichen und wurde von mehreren
    Kugeln getroffen. 007 sprang auf und schoss auf Colmbier, der sich hinter
    seinem Schreibtisch verschanzte. Claire lag auf dem Boden und rief „Laufen Sie
    , ich halte ihn auf, das bin ich meinem Land noch schuldig.“ Bond nickte und
    sprang auf in Richtung Ausgang. Colombier schoss wieder und Claire rappelte
    sich wieder auf und stürzte sich mit voller Kraft auf den Angreifer.


    007 nützte die Unterbrechung, sprang über den am Boden liegenden Philippe
    hinaus in den dunklen Flur und rannte in Richtung Haustür. Seine Muskeln waren
    angespannt und er wusste nicht, was noch auf ihn draußen wartete.


    Claire stürzte sich mit ihrer letzten Kraft auf Colombier und biss ihm in die
    Hand, sodass er seine Waffe fallen lassen musste. Sie griff sich die Diskette
    und wollte sich schon abwenden, als sie die volle linke hand von Colombier ins
    Gesicht bekam. „Du wirst mich nicht aufhalten“, schrie Colombier sie an und
    griff sich mit der schmerzenden Hand wieder seine Waffe. Sie fiel rückwärts auf
    den Boden und die Diskette flog durch den Raum.


    Bond kam in den Hof und wunderte sich, dass da niemand auf ihn wartete. Er
    hatte zwischenzeitlich seine Walther aus dem Halfter geholt.


    Colombier sprang auf und rannte in Richtung Tür. Claire klammerte sich an sein
    Bein und er stolperte. Er drehte sich um und schoss Claire mitten in die Brust.
    Diese starb mit einem erschreckten Ausdruck und weit aufgerissenen Augen. Er
    nahm die Diskette auf und rannte weiter in Richtung Hof.


    Bond war schon im Hof und erinnerte sich, dass der Schlüssel im Minivan noch
    stecken musste. Er rannte zum wagen, öffnete die Tür und tatsächlich steckte
    der Schlüssel immer noch.


    Mit einem lauten Knall schlug 007 die Tür zu und startete das Fahrzeug. Er
    schaute nach vorne und sah, dass der Maler eine Waffe auf ihn richtete. Er
    duckte sich und der Schuss ging durch die Scheibe und über seinen Kopf hinweg.
    Er gab Gas und Pierre landete auf dem Kühler. Bond Kopf brannte und er
    überlegte ganz angestrengt, wie er am schnellsten von diesem Platz wegkam.
    Hinter dem Wagen kam Colombier aus dem haus und schoss auf den Wagen. Dieser
    schoss aus dem Hof und bog nach rechts in Richtung Sacre Coeur. Pierre rappelte
    sich wieder auf und griff zu seinem Handy und rief Michiko an.


    Colombier rannte zum BMW Motorrad und startete es.




    Bond kam nicht so schnell voran, da die ganzen Flaneure vor ihm waren. Er
    drückte auf die Hupe und fuhr mit 60 an dem Bauwerk vorbei in die Kurve. Wie
    komm ich hier raus. 007 wusste, dass es und um die Kirche nur lauter kleine
    Strassen und viele Sackgassen gab. Aber bevor er weiter nachdenken konnte.,
    wurde er von einem Renault Megane bedrängt und der Japaner schoss auf ihn. 007
    bremste und machte eine Volldrehung. Es ging wieder zurück zu Sacre Coeur,
    Mehrere Schüsse schlugen in das Chassis ein und Bond bedauerte, dass er nicht
    seinen Aston Martin unter sich hatte. Der Minivan ächzte unter der Belastung.
    Bond bremste und ließ den Megane links an sich heran. Als sie gleichauf waren,
    schoss Bond dem Japaner in den Arm und drängte ihn ab. Der Japaner konnte nicht
    mehr reagieren und der Wagen überschlug sich und fiel die ganze Freitreppe
    herunter. Auf dem Place St. Pierre angekommen, explodierte der Wagen. 007 hatte
    keine Zeit sich darum zu kümmern, denn 2 Motorräder kamen ihm entgegen. Auf
    ihnen saßen Colombier und Pierre. Sie wollten ihn auch abdrängen, aber er kam
    ihnen zuvor und bremste sie aus. Beide mussten scharf bremsen, um nicht
    zusammen zu stoßen. Bond wich ihnen aus und fuhr in Richtung Place du Tertre
    weiter. Er drückte auf die Hupe und Dutzende von Flaneuren und Malern retteten
    sich an den Straßenrand, während der Minivan reihenweise die Staffeleien und
    Bilder abräumte. 007 stellte schnell fest, dass das auch nur eine Sackgasse
    ist. Er wendete wieder und begegnete wieder den Motorradfahrern. Colombier
    schoss auf den Van und verfehlte ihn knapp. Bond wusste, dass er sich nur
    retten konnte, wenn er die große Freitreppe runterfahren würde. Aber schon
    wieder waren ihm Pierre und Colombier auf den Fersen. Vor der Sacre Coeur
    atmete 007 tief durch und die große Ruckelpartie begann. Pierre wollte ihm
    folgen , aber hatte keine Chance und flog an dem Van vorbei auf den Place St.
    Pierre. Colombier bremste ab und drehte um, da er einen kleinen Weg an der
    Funiculaire kannte und da runter fahren wollte. Der Minivan sprang teilweise
    gefährlich , aber Bond schaffte es bis unten. Auf dem Platz angekommen,
    streifte er noch kurz den Megane und fuhr haarscharf am Karussell vorbei. Am
    Ende des Platzes hörte man schon die Polizeisirene und Bond dachte sich, dass
    er mit denen nicht auch noch diskutieren wollte. Er bog am Ende des Platzes in
    die Rue des trois Freres ein und Colombier kam von oben angeschossen. 007 gab
    Gas und schoss in Richtung Colombier. An der nächsten Kreuzung kam schon ein
    Polizeiwagen auf Bond zu. Wer riss den Wagen nach links in den Boulevard
    Rocheouart. Bond sah auf die Uhr im Minivan und erkannte, dass der nächste
    EuroStar in 15 Minuten vom gare du Nord abfahren würde. Er ärgerte sich, dass
    der ganze Auftrag so schief gegangen war, aber er musste raus aus Frankreich.
    Colombier wich dem Polizeiwagen aus und bog auch in den Boulevard ein. Er
    beschleunigte und schaffte es neben den Minivan. Bond schaute nach links und
    sah, Colombier neben sich und er sah die leidige Diskette. Er riss seine Waffe
    nach oben und zerschoss die Diskette. Colombier war schwer getroffen und fuhr
    mit dem Motorrad auf ein parkendes Fahrzeug. Mittlerweile verfolgten 3 Citroen
    Xsara den Minivan und Bond konnte schon den Rand des Bahnhofs erkennen. Mit der
    Beschleunigung bog er in die Rue Dunkerque, die zum Bahnhof führte. Bond war
    glücklich, dass er doch noch erfolgreich war.


    Er sah wieder auf die Uhr. Noch 7 Minuten. Er drückte aufs Gas und der wagen
    schleuderte. Er stieß mit einem parkenden Auto zusammen. Aber der Wagen konnte
    weiterfahren und der Bahnhof war schon in Sicht. Ein betäubender Lärm umgab
    007, aber er fuhr unbeirrt über den Bahnhofsvorplatz und in den Bahnhof rein.
    Er musste zum Bahnsteig 2. Jetzt!




    Wieder kam ein Polizeiwagen quer. Die Wagen stießen zusammen. Bond öffnete die
    Tür und rannte in Richtung Bahnsteig 2. „Stehen bleiben“ hörte er noch hinter
    sich, aber er erreichte gerade noch den EuroStar, der gerade abfuhr.

    ***





    (A) Bond suchte sich ein leeres Abteil für sich allein, hängte
    seine Brioni-Jacke an einem Haken auf und ließ sich erst mal in einen der
    bequemen Sitze fallen.. Nach etwa zehn Minuten kam der Schaffner, ein junger
    Franzose (Bond schätzte ihn auf Anfang 30) und fragte nach Bonds Ticket.
    Glücklicherweise hatte er nichts vom Chaos mit den Polizeiwagen am Gare du Nord
    mitgekriegt und machte, was noch viel wichtiger war, keine Umstände bei der
    Nachzahlung des Tickets. Bond bekam seine Fahrkarte und der Schaffner war
    gerade dabei das Abteil wieder zu verlassen, als Bond fast beiläufig nach dem
    Zielbahnhof des Zuges fragte. Ein leicht irritierter Blick verriet Bond, dass
    der Schaffner mit dieser Frage nicht gerechnet hatte, dennoch gab er Bond bereitwillig
    Auskunft: "Brussels, Monsieur" und fügte als Rat hinzu
    "Normalement on s'informe de la direction avant de prendre le train! (Normalerweise informiert man sich über die
    Richtung bevor man in den Zug steigt)
    " Bond musste lächeln "Je
    suis de votre avis (Sehe ich auch so!)".
    Der Schaffner zog die gläserne Abteiltür hinter sich zu "Alors, bon
    voyage, Monsieur!" Diese Diskretion auch in den seltsamsten Situationen
    war eine der Sachen, die Bond an den Franzosen schätzte; die kleinen Cafés und
    der exzellente Rotwein waren andere.




    Brüssel also. Es hätte schlimmer kommen können. Hauptsache, er war raus aus
    Frankreich, raus aus dem Einzugsbereich der französischen Polizei. Bond wollte
    gerade Versuchen sich ein wenig auszuruhen, als sein Handy klingelte. "Wo
    zum Teufel sind Sie, 007?" M's Stimme am anderen Ende ließ ihn sofort
    wieder munter werden. "Ich habe einen neuen Auftrag vom
    Verteidigungsministerium und wie immer keinen freien Agenten. Wie weit sind sie
    mit dieser Disc-Sache!"




    "Momentan sitze ich im Eurostar nach Brüssel."




    "Sie sollten lediglich den Diebstahl der Disc verhindern, was suchen Sie
    dann in Brüssel! Ihre letzte Meldung kam aus Paris - oder wollen sie eine
    Rundreise durch alle europäischen Hauptstädte machen!"




    Bond merkte, dass M einen schlechten Tag hatte. Vermutlich hatte sie wieder
    Post vom Finanzministerium bekommen. Es versuchte seit Jahren das , sowieso
    schon zu knappe Budget des Geheimdienstes zu kürzen und sendete M deshalb mit
    ermüdender Regelmäßigkeit Briefe. M besuchte dann meistens noch am selben Abend
    den Premierminister, zu dem sie relativ gute Kontakte pflegte und konnte so
    bisher die Budgetkürzung abwenden. Aber diese Briefe bedeuteten immer unnötige
    Büroarbeit und letztendlich landeten sie sowieso dort, wo sie nach M's Meinung
    auch hingehörten: Im Aktenshredder! Bond
    versuchte daher erst mal M zu beruhigen. "Die Sache hat sich
    verkompliziert..."




    "Verkompliziert, verkompliziert! Haben sie die Disc?"




    "Die Disc liegt irgendwo in Montmartre - zersplittert in tausend Stücke! Aber
    die Spur führt weiter ..." Bond schaffte es M zum Zuhören zu bewegen und
    konnte ihr die Situation erklären.




    "Nun gut, 007" murmelte M. "Ich schicke ihnen einen Kontakt nach
    Brüssel!"




    "Was ist mit dem anderen Auftrag, M’am?"




    "Vergessen Sie's, 007. Diese Sache hier ist wichtiger. Sollen sich die vom
    Verteidigungsministerium ihre eigenen Agenten suchen! Downing Street wird das
    verstehen!"




    "Also gut! Danke für ihre Hilfe!"




    M legte auf. In diesem Moment passierte der Zug die belgische Grenze. Früher war
    dies immer ein heikler Moment für Agenten auf der Flucht, jetzt hätte Bond es
    gar nicht gemerkt, wenn ihn nicht eine Durchsage darauf aufmerksam gemacht
    hätte. Noch 1 Stunde bis Brüssel.

  • ***





    (V) Dr. Mortons Büro in Nigeria, das Telefon klingelt.



    Dr. Morton hebt ab. „Ja?“ Am
    anderen Ende ist Sally. „Ein Gespräch für sie aus Frankreich.“ „Stellen sie
    durch.“ Es klickt in der Leitung. „Morton.“





    „Hier ist Colombier, ich habe
    schlechte Nachrichten.“





    „Was ist passiert?“





    „Der britische Geheimdienst ist
    auf unserer Spur.“





    „Geht es noch etwas präziser?“
    Morton wurde ungeduldig.





    „James Bond! Er hat die Disc
    vernichtet. Miss Livingston ist tot, na ja, sie hatte ihre Brauchbarkeit
    sowieso überlebt.“





    Morton
    fuhr hoch. „James Bond!!! Was ist jetzt mit
    ihm?“





    „Er... er ist geflüchtet, wir
    konnten ihn nicht aufhalten.“





    „Er hat sie abgehängt? Heften sie
    sich gefälligst wieder an seine Fersen!“





    „Versuchen sie das mal mit
    diversen Knochenbrüchen! Zudem bin ich unabhängiger Mittelsmann und keiner
    ihrer Untergebenen, die sie bei so einer Jagd in den Tod schicken können! Wir
    wissen aber, dass er zur Zeit im Eurostar Richtung Brüssel sitzt.“





    „Brüssel? Das trifft sich gut.
    Unsere Leute dort werden sich schon um Bond kümmern und ihn liquidieren.“





    „Na ja, wie auch immer. Das ist
    jetzt ihre Sache. Ich werde jedenfalls schnellstmöglich aus Frankreich
    verschwinden. Ich muss jetzt Schluss machen.“ Colombier legte auf.





    ***





    Im Nebenzimmer hörte Sally alles
    was Dr. Morton sagte durch die Gegensprechanlage mit. Als Dr. Morton einen
    Namen erwähnte und dabei aufschrie, notierte sie auf ihrem Notizblock ‚James
    Bond?’. Dann schaltete sie rasch die Gegensprechanlage ab, weil sie Schritte
    hörte. „Ach, sie sind es Reverend Stone.“





    Der Blick des Reverend fiel auf
    den Notizblock. „Hat Dr. Morton gerade Zeit?“





    „Nein, noch nicht, soweit ich weiß
    telefoniert er gerade.“





    Dr. Mortons Stimme ertönte durch
    die Gegensprechanlage. „Sally? Ich brauche eine Verbindung nach Brüssel. Zur
    Stiftung ‚Aide contre Aids’.“





    „Okay, Dr. Morton. Ähm, Reverend
    Stone ist hier und hätte sie gerne gesprochen.“





    „Er soll noch einen Augenblick
    warten.“ Morton unterbrach die Verbindung.





    „Sie haben den Doktor gehört“,
    lächelte Sally den Reverend an.





    ***





    (O) Als der EuroStar aus Paris um 15.30 Uhr im Gare du Midi in
    Brüssel ankam, hatte James Bond zu ersten Mal seit ein paar Tagen ganz
    seelenruhig geschlafen. Die Anspannung der Ereignisse aus Paris war gewichen
    und auch das Telefonat mit M hatte ihn weniger beschäftigt, als es das sonst
    getan hätte. Nach kurzer Zeit auf seinem Platz war er eingeschlafen.


    Der Zug kam zum Stehen als 007 die Augen wieder öffnete und der Schaffner zu
    ihm kam. „Monsieur Bond ?“ 007 schaute ihn überrascht an. “Äh ja, ?” “Wir sind
    jetzt in Brüssel angekommen. Ich habe eine Nachricht erhalten, dass Sie
    abgeholt werden.“ Bond rappelte sich auch und sah den Mann unverwandt an. „Und
    von wem werde ich abgeholt?“ „Excuse, das wurde mir nicht mitgeteilt...“ Der
    Schaffner drehte sich ab und ging zum nächstgelegenen Ausgang. Bond wurde sich
    seiner Situation wieder gewahr und versuchte rational zu ermitteln, wer oder
    was ihn da erwarten würde. Er stand auf, nahm seine Sachen und stieg aus dem
    Zug.


    Auf dem Bahnsteig standen Trauben von Leuten, die die Reisenden aus Paris
    empfingen, aber 007 erkannte kein bekanntes Gesicht. Er dachte sich, dass sich
    der Schaffner einen Scherz mit ihm gemachte hatte und strebte dem Ausgang zu.
    Plötzlich wurde er von hinten angesprochen.


    „Halt, Mister Bond, wo wollen Sie hin?“ 007 zückte mit einer schnellen
    Handbewegung seine Walther P99 aus dem Schulterhalfter und drehte sich
    blitzschnell zu dem Mann um, der ihn angesprochen hatte. Der Mann war 1.85
    groß, hatte braunes Haar und ein ebenmäßiges Gesicht. Bond erkannte das Gesicht
    und lachte laut auf. „Also mit Ihnen hätte ich nicht gerechnet!“ „Ja, wir haben
    uns schon lange nicht mehr gesehen“ Der Mann, mit dem Bond sprach, setzte jetzt
    seine Sonnenbrille ab. „Lassen Sie uns gehen, wir haben viel zu tun.“ „Wo
    steckt denn Q?“ „Er wartet draußen im Wagen auf uns. Und er bereitet den
    Identigraphen für Sie vor.“ Bond murmelte etwas vor sich, während Smithers das
    Gepäck an sich nahm. Ach ja der Identigraph, kam es Bond in den Sinn, hat uns
    schon viele Aufgaben erleichtert. Besonders kam ihm die Geschichte mit Locque
    in den Sinn, als der IDGraph, wie er zwischenzeitlich hieß, noch in den
    Kinderschuhen steckte. Mittlerweile war das Gerät ein virtueller Raum, wo man
    sich der gesuchten Person gegenüberstellen und mittels Gehirnwellen die andere
    Person zusammenstellen konnte.




    Was 007 und Smithers nicht merkten, war dass ein Mann hinter Ihnen stand und
    sie die ganze Zeit beobachtete und dann fotografierte.




    Smithers und Bond hatten den Ausgang des Gare du Midi erreicht und Bond suchte
    schon nach dem typischen Rover-Modell, mit dem der MI6 seit 3 Jahren
    ausgestattet wurde. Aber auf dem Parkplatz war es nicht zu sehen. Smithers ging
    auf ein Wohnmobil zu, was am Rande des Parkplatzes stand. Bond runzelte etwas
    die Stirn, aber sie waren wohl richtig, als die Tür des Wohnmobils aufging und
    Q herauskam „Ah 007, da sind Sie ja endlich. Na mal wieder in hoffnungsloser
    Mission unterwegs?“ „Q, machen Sie Urlaub in Belgien? Wegen der Pommes Frites
    oder den Pralinen?“ „Nein,007, M hat mich geschickt um Ihnen zu helfen. Bisher
    ist ja in diesem Projekt alles schief gelaufen.“ „Na ja, nicht alles, den
    Drahtzieher, Richard Colombier habe ich enttarnt und die Disc wurde auch
    zerstört. Aber jetzt mal ehrlich, Q, Was machen Sie in einem Wohnmobil?“ „Liest
    denn hier keiner mehr meine Memos. Das ist der neue mobile IDGraph, für
    Außeneinsätze wie diesen. Jetzt aber rein hier.“ Smithers hatte die Tasche von
    Bond bereits verpackt und setzte sich hinter das Steuer.


    Bond stieg in das Wohnmobil und Q schloss hinter ihm die Tür. Smithers startete
    den Motor und fuhr los.


    Im Inneren des Wohnmobils gab es zwei Bereiche. Im hinteren Teil war die Kabine
    für den virtuellen Raum und vorn gab es einen PC-Arbeitsplatz, an dem Q sofort
    Platz nahm. „So, 007, gehen Sie mal da hinten rein. Ich starte jetzt den
    IDGraph und in ein paar Minuten, werden wir das Ergebnis haben. Der IDGraph ist
    ja ständig online verbunden mit den Archiven des MI6, CIA, dem deutschen
    Geheimdienst und dem Mossad in Israel.“ 007 schaute auf Q runter und dachte
    sich „Ganz genauso wie sein Vorgänger.“


    Laut sagte er „das haben Sie mir doch schon hundert Mal erzählt.“ „So hab ich
    das... oder mein Vorgänger“ Q schaute ärgerlich hoch und sagte „Jetzt aber
    schnell“ Bond öffnete die Tür zur Kabine und ging hinein. Das Wohnmobil
    schaukelte einige Male als der Wagen um enge Kurven in der Innenstadt fuhr. 007
    schloss sich an das neurologische System an und begann sich an Richard
    Colombier zu erinnern. Vor seinen Augen erwuchs langsam aber die Statur des
    Franzosen, der dunkle Teint, die edle Nase und das schwarze Haar. Und in ihm
    wuchs stetig der Hass, den er für diesen Mann hegte, da er so kaltblütig Claire
    Livingston erschossen hatte.


    Die Kabinentür öffnete sich und Q kam herein. „Nicht träumen, 007, was soll es
    jetzt werden, ein Mann oder eine Frau?“ Bond öffnete die Augen und er erkannte,
    dass er jetzt statt Colombier Claire erstellt hatte.


    „Bringen Sie Ihr Liebesleben endlich mal in Ordnung, 007, aber keine Panik, ich
    hab den Mann zwischengespeichert.“ Q betätigte einen Schalter und wieder kam
    Colombier zum Vorschein. „Das ist er also, 007?“ „Ja, das ist Richard
    Colombier.“ „Falsch, das ist Richard Coloschek. Ein Tscheche. Arbeitete früher
    für den KGB. Ist offiziell seit 1992 unbekannten Aufenthalts. War beim KGB für
    Missionen in Afrika zuständig.“ „Und was haben wir über ihn als Colombier?“
    „Monsieur Mathis war so freundlich, uns mal seine Unterlagen des Surete
    zukommen zu lassen. Monsieur Colombier ist 1994 in Paris aufgetaucht und hat
    dort das Geschäft « Meubles de Paris « gegründet. Er ist der Surete vor 3
    Jahren aufgefallen, weil er sehr viele Import- und Exportanträge nach Afrika
    stellte..“ „Hm“, meinte 007, “das ist nicht viel was wir haben. Gibt es etwas
    über diese Stiftung, deren Unterlagen in seinem Wagen lagen?“ „Hauptsitz in
    Brüssel, hat einige Krankenhäuser in Afrika und lässt nach wirksamen
    Gegenmitteln von Aids forschen.“ „Und wer hat die Stiftung gegründet?“ „Oh, da
    muss ich nachsehen. Kommen Sie mit nach vorne.“ Q verließ die virtuelle Kabine.
    Bond befreite sich von den Anschlüssen und folgte ihm. Q saß schon wieder an
    seinem PC, während Bond an ihm vorbeiging und sich neben Smithers setzte. Er
    musste sich erst wieder an das Licht gewöhnen, denn der ganze hintere Bereich
    war abgedunkelt. „Na, Smithers wo geht die Reise hin?“ „Das ist eine
    Überraschung.“ Das Wohnmobil bog um eine Kurve, das Gebäude an dem sie
    vorbeifuhren erkannte 007 gerade noch als den Sitz des europäischen
    Ministerrats. Hinter der Kurve kam die Zufahrt zu einer Tiefgarage. „Sie wollen
    nicht hiermit da rein fahren? „007, das ist Science. Achtung, Kopf einziehen“
    Smithers legte einen Schalter um und das Wohnmobil wurde in der Höhe reduziert.
    Aus dem hinteren Bereich kam die knorrige Stimme von Q „007, kommen Sie her.
    Hier sind die weiteren Infos“ Auf dem Monitor erschien ein Bild von einem afrikanischen
    Mann so um die 50 mit blendend weißen Zähnen. „Das ist der Gründer von ‚Aide
    contre Aids’, der nigerianische Gesundheitsminister Nelson Mbeki.“


    "Der hat wohl dann nur Edles im Sinne..."




    Bond schaute wieder nach vorne aus dem Fenster des Wohnmobils und er stellte
    fest, dass sie mittlerweile im 14. unterirdischen Stockwerk angekommen waren.


    Smithers hielt vor einer Panzerstahltür an und sagte „Commander, sie müssen nur
    noch durch die Schleuse.“ Bond stieg aus und das Wohnmobil entfernte sich
    sofort wieder.


    Er zückte seine Sicherheitskarte und steckte sie in den Schlitz rechts von der
    Tür. Die Tür öffnete sich und er kam in eine kleine Kabine. Hier wurden jetzt
    seine Augeniris überprüft und auch sein rechter Handabdruck wurde gelesen.


    Es war totenstill in dem Gebäude und Bond fragte sich, welche Überraschung auf
    ihn warten würde. Das rote Licht ging aus und ein heller Ton erklang. Erst
    jetzt begriff er, dass er sich in einem Fahrstuhl befand.


    Die Tür ging auf und ein diffuses Licht empfing ihn in dem Raum, den er jetzt
    betrat. An der linken Seite stand ein Schreibtisch, an dem Miss Moneypenny saß.
    „Hallo James, wie geht’s?“ Alles mögliche hatte er erwartet, aber nicht dieses.
    „Das tut mir leid, mit dieser Miss Livingston, aber sie hat auch unser Land verraten.“
    Bond räusperte sich und ging an den Schreibtisch „hallo Penny. Ist M auch
    hier?“ „Noch nicht, sie kommt gleich.“ Zunächst war es nur ein leises zischen,
    aber es wurde stetig lauter und als sich die Stahltür an der rechte Seite
    öffnete, konnte man den Stahlträger an der Decke erkennen und das Geräusch aus
    dem Tunnel wurde ziemlich laut. Moneypenny hielt sich die Ohren zu und meinte:
    „Das ist aber doch noch ziemlich laut.“ In diesem Moment kam ein Magnetbahn zum
    stehen. Der Wagen öffnete sich und Robinson und M stiegen aus. „Das war heute
    unsere Jungfernfahrt. Wir haben jetzt unseren eigenen Tunnel zum Festland.“
    Robinson nickte kurz und ging an Bond vorbei zum Fahrstuhl.


    „Ich dachte mir, wir sollten uns sehen, bevor Sie weitermachen. Q, hat mich schon
    unterwegs instruiert über die bisherigen Erkenntnisse. Kommen Sie mit in mein
    Büro.“ M betätigte einen Schalter und eine Tür glitt nach oben. Dahinter lag
    ein Büro, dass M`s Büro aus London absolut glich. „Nehmen Sie platz“ sagte M,
    als sie an den Schrank ging und sich ein Glas edelsten Single Malt Whisky
    eingoss. Mit dem Glas in der Hand ging sie zum Schreibtisch und nahm Platz. Sie
    drückte eine Taste und das Bild des Herzog von Wellington verschwand in der
    Decke und ein Monitor kam zum Vorschein. Auf dem Monitor war das Bild von
    Colombier alias Coloschek zu sehen. „Das ist also unser Gegner. Laut Monsieur
    Mathis ist er in Paris spurlos verschwunden., so wie er gekommen ist. Ich habe
    mir seine Akte angeschaut und ich vermute, er war nur Mittelsmann zu einer
    Organisation. Wir stehen wieder am Anfang. Wir können nur dankbar sein, dass
    Sie die Disc noch zerstören könnten. Haben Sie eine Idee, wie Sie jetzt
    weitergehen wollen?“





    007 setzte sich auf und war
    ziemlich verwundert darüber, dass er gefragt wurde, was er zu tun gedenke. Das
    hatte es bisher nicht gegeben. „Ma`am, wenn Sie das Dossier gelesen haben,
    dürfte Ihnen aufgefallen sein , dass es vielleicht noch eine Spur gibt, wer
    dahinter stecken könnte.“




    „Sie meinen, diese Stiftung? Das wäre ja wohl etwas zu simpel. So ein Mann wie
    Colombier lässt doch so etwas nicht einfach so rumliegen.“




    „Ich glaube schon, dass ich ihn überrascht habe. Die waren sich Ihrer Sache
    ziemlich sicher.“




    „Nun gut, 007, wenn Sie meinen. Ich brauche meine volle Konzentration auch für
    das andere Projekt.“





    „Welches Sie vorhin schon
    erwähnten?“






    „Ja, es geht um
    Forschungsdiebstahl im ganz großen Stil. Bei Pharmacon wurde vor 4 Wochen
    eingebrochen und ein ganz neues Medikament gestohlen, was unsere Regierung in
    Auftrag gegeben hatten. Die komplette Anlage wurde dann durch ein großes Feuer
    zerstört.


    Zum gleichen Zeitpunkt wurden in Deutschland und der Schweiz bei Bayer und Ciba
    ähnliche Entwicklungen auch gestohlen und die Forschungsanlagen auch zerstört.
    Ich hatte unseren Pharmaexperten, Mike Donovan, auf diesen Fall angesetzt und
    er wurde vor 2 Tagen in Lagos auf offener Strasse ermordet. Aber das hat mit
    Ihnen ja nichts zu tun, oder doch?“




    „Was meinen Sie Ma`am???“






    „Das Präparat um das es sich
    handelt, sollte Aids weltweit ausrotten.“






    „Das ist natürlich pikant!“






    „Dann klopfen Sie mal bei der
    Stiftung auf den Busch. Das können Sie doch so gut. Die Leiterin ist eine
    Ärztin, Dr. Francine Belleville, eine Francokanadierin.“ M drückte auf die
    Sprechverbindung mit Moneypenny und fragte „Ist Q soweit fertig mit dem Wagen?“





    Moneypenny antwortete und sagte:
    „Er wartet schon seit 5 Minuten hier und will endlich zurück nach good old
    England.“




    M stand auf, ging um den Schreibtisch und sprach 007 an. „Wenn ich mich nicht
    täusche, könnte dieser Auftrag doch noch sehr gefährlich werden. Passen Sie gut
    auf sich auf!“





    Bond bedankte sich bei M und ging
    durch die Tür in den Vorraum zu Moneypenny. „Penny, jetzt muss ich wieder
    hinaus und die Welt retten.“ „Ach James, wenn Du doch nur mal meine Welt retten
    würdest“, sagte sie und stand mit einem Kussmund auf.





    „Dazu hat er jetzt leider keine
    Zeit, meine Liebe“, funkte Q dazwischen. Er stand von seinem Stuhl auf und gab
    007 die Schlüssel für sein neues Fahrzeug. „Wir haben ihn auch sehr modern
    ausgestattet. Es ist ein Bentley Continental GT. Alles weitere erzählt Ihnen
    der neue Assistant Quartermaster. Ich muss zurück nach England.“ Ohne weitere
    Worte zu verlieren, wendete sich Q ab und bestieg die Magnetschwebebahn. Mit
    lautem Getöse fuhr die Bahn an.



    Moneypenny verzog das Gesicht und
    meinte: „Warum muss so moderne Technik so laut sein?“ Sie wendete sich 007
    wieder zu, als M durch die Gegensprechanlage sagte: „Miss Moneypenny, 007 hat
    einen Eilauftrag. Also hindern Sie ihn nicht dran.“ „Nun gut“, meinte
    Moneypenny und sagte: „Schade, James, dass Du immer nur auf dem Sprung bist.
    Smithers wartet schon oben mit Deinem neuen Wagen.“ „Moneypenny, wenn ich mal
    alt bin, dann komme ich zu Dir zurück.“ 007 wendete sich ab und bestieg den
    Fahrstuhl nach oben.




    Bei der Fahrt nach oben, sinnierte er darüber, wie sich der MI6 in den letzten
    Jahren gewandelt hatte. Nach der Pensionierung des alten Q hatte der neue
    Quartermaster ziemlich viel Personal ausgetauscht und nur ganz wenige Vertraute
    von seinem Vorgänger behalten. Nur Smithers war geblieben und war vor knapp 2
    Monaten zum ersten „Assistant Quartermaster“ befördert worden. Aber auch
    anderes kam Bond in den Sinn, inwieweit wohl Colombier und diese Stiftung mit
    der anderen Sache in Verbindung stehen würde.


    Oben angekommen, stieg Bond aus dem Fahrstuhl und Smithers erwartete ihn schon
    an seinem neuen Auto.





    (Z) „Ihr neuer Wagen. Bentley. Sie nennen ihn wie gesagt
    Continental GT. Natürlich die übliche Titanversiegelung gegen Steinschlag und
    Einschusslöcher; sowie Maschinengewehre unter dem Kühlergrill. Aber hierauf bin
    ich besonders stolz: wenn sie diesen Knopf hier in der Mittelkonsole betätigen,
    fährt aus dem Bentley-Logo auf der Motorhaube ein kleiner Flammenwerfer heraus.
    Damit wird ihr Auto zum Grill.“ Smithers war sichtlich stolz, auf die neuen
    Errungenschaften der Abteilung Q.




    „Natürlich.“ Bond bewegte sich neugierig um das Auto und lugte zwei-, dreimal
    hinein und offensichtlich schien ihm sein neues Gefährt zu gefallen.




    “Nun weiter zu den technischen Daten. Spitzengeschwindigkeit 312 km/h, von null
    auf 100 in erstaunlichen 4,8 Sekunden. Angetrieben wird ihr neues Mobil von 560
    PS, die der 6-Liter W12-Biturbo-Motor bereitstellt. Beeindruckend vor allem die
    Kraftentfaltung , weil bereits ab 1.600 U pro Minute ein Drehmoment von 650 N
    beigestellt ist. Auf die Straße gebracht wird die Kraft über eine sequentielle
    6-Gang Automatik, auf die sie mittels Schaltwippen am Lenkrad Einfluss nehmen
    ...“




    „Smithers, den Schlüssel bitte“. Bond unterbrach den Assistant und verlangte
    nach dem Schlüssel, welcher allerdings mürrisch von Smithers in die Tasche
    seines Kittels glitt.





    Die beiden schritten nun weiter in eine andere Halle,
    in der weitere Helfer damit beschäftigt waren, die verschiedensten Gadgets
    auszuprobieren. Smithers, noch immer ein wenig gereizt von Bonds rabiater
    Unterbrechung legte nun einen etwas ironischen Ton an den Tag, mit dem er
    nochmals auf das vorige Gespräch ansprach: „Q sagte mir, es könne ihnen im
    Leben nicht schnell genug gehen.“




    Bond wollte gerade antworten, als er in einer Ecke des Raumes eine kleine,
    circa 25 cm hohe Venusstatur, ziemlich reizend gekleidet, sah, deren Augen
    offenbar aus kleinen Kameras bestand. „Och, äh, also wenn es sich lohnt“. Bond
    starrte mit einem schelmischen Grinsen in Richtung Smithers, der sich leicht
    fluchtend in die andere Hälfte des Raumes begab.




    „Nun 007, nach was sieht das hier wohl aus ?“. Smithers deutete auf einen
    kleinen Ring, der auf einem kleinen, mit Samt überdeckten Kissen lag.




    „Hm, sieht aus wie ein Ring aus 925er Sterling Silber.“

  • „Sehr richtig, 007. Aber sehen sie
    genau hin. Senden sie einen kleinen Nervenimpuls an den Ring und schon
    betätigen sie den Auslöser der Kamera, die bis zu sechs Aufnahmen zulässt.
    Passend dazu haben wir ihr Zigarettenetui ein wenig umgestaltet, damit sie den
    Film entwickeln und gleichzeitig ansehen könne. So hier bitte.“ Smithers
    steckte den Ring in einen eigens für den Ring entworfenen Fassung und schob
    einen kleinen Regler, ebenfalls neu konstruiert zur Seite. Nach wenigen Sekunden
    gab die andere Hälfte des Etuis einen Blick auf die Fläche preis, auf der
    später das Foto erscheinen sollte. „Möchten sie es mal ausprobieren ?!“





    Smithers drückte Bond den Ring in
    die Hand, den er auch sofort überstreifte. „Also passen tut er schon mal ganz
    ausgezeichnet.“




    Bond war eigentlich ganz angetan von seinem neuen Spielzeug und machte gleich
    Jagd auf ein geeignetes Fotomodell. Bond erblickte einen junge Q-
    Branch-Mitarbeiterin. Mitte zwanzig, langes blondes Haar. Bond bewegte leicht
    seinen Finger und vernahm ein leises Klicken. Er streifte den Ring ab und legte
    ihn in die Fassung in seinem Zigarettenetui. Nachdem er den Regler betätigt
    hatte, vernahm er mit einem spitzbübischen Lächeln, dass seinen Fotografie ein
    voller Erfolg war: „Wirklich scharf. Das Bild natürlich.“




    „Lassen sie endlich ihre kindlichen Spielchen und folgen sie mir zu diesem
    Tisch bitte. Was sie hier sehen ist ein ganz normaler Herrengürtel, stilvoll
    und bequem.“ Smithers reichte Bond den Gürtel, der auch prompt von Bond beäugt
    wurde. Hier noch die passenden Manschettenknöpfe für ihren Anzug. Ich drehe
    jetzt an einem der Knöpfe. Achten sie bitte auf die Gürtelschnalle.“ Die
    Gürtelschnalle vibrierte leicht und kleine Stromschläge waren für einen
    Bruchteil von Sekunden erkennbar. „15.000 Volt. Lässt jeden Gegner im Nahkampf
    zu Boden sinken. Bitte folgen sie mir nun.“




    Bond legte den Gürtel zurück auf den Tisch und folgte Smithers zur nächsten
    Station der Q-Branch, wobei sie auch an einem kleinen, künstlichen Grasteppich
    vorbeikamen, auf dem ein Mann offenbar ein wenig Erde harkte. Bond bemerkte,
    dass die Harke dicker zu sein schien, als die Standartmodelle. Bond wollte dem
    Gärtner keine weitere Aufmerksamkeit schenken, als dieser plötzlich aus seiner
    Harke Maschinengewehrsalven abfeuerte, die eine nahegelegene Strohpuppe
    durchlöcherten. „Tja ja, Gartenarbeit hält fit.“


    Bond warf dem Gärtner noch einen letzten Blick zu, schritt dann aber zu
    Smithers.




    „Ach ja, was ich ihnen hier zeigen wollte, ist eigentlich nur eine Kleinigkeit.
    Ihre neue Krawattennadel. Im Inneren verborgen befindet sich ein Dietrich, mit
    dem sie eigentlich so gut wie jede Tür öffnen sollten. Und jetzt wie
    versprochen der Schlüssel.“ Smithers ließ seinen Finger in seine Kitteltasche
    gleiten und zauberte den Schlüssel für den Bentley hervor, welcher von Bond
    wohlwollend angenommen wurde. „Ach ja, ich hab da gehört, das sie ihr
    Temperament, was Verkehrsregeln und Umgang mit Staatseigentum betrifft, nicht
    so sonderlich gut im Zaum halten können. Bringen sie also bitte die Ausrüstung
    in wenigstens akzeptablen Zustand zurück, aber das ist bei ihrer Fahrweise ja
    auch schon ein Kunstwerk. Ein Mitarbeiter wird ihren Bentley vor dem Palace
    Hotel parken. Und 007, seien sie auf der Hut. Auf Wiedersehen.“




    „Auf Wiedersehen Smithers und liebe Grüße an Q.“ Bond legte lässig seine Jacke
    über die Schultern und ging durch einen Hinterausgang, der direkt zum Fahrstuhl
    führte, welcher ihn ans Tageslicht und damit in die sanft glänzende Sonne
    Brüssels brachte.





    ***





    (T) Brüssel also. Welch wundervolle Stadt. So alt und trotzdem
    so modern. Wie lange schon war Bond nicht mehr hier gewesen? Er dachte nach.
    Waren es jetzt 12 oder bereits 14 Jahre, seit er der belgischen Hauptstadt
    einen Besuch abgestattet hatte? Und weshalb war er damals hier?


    In Gedanken versunken schlenderte er in Richtung Innenstadt. Vorbei am Musée
    d’Art und Théâtre du Rideau de Bruxelles gelangte er zur sehr bekannten
    Cathédrale de Saint-Michel. Bond dachte nach. Lag nicht ganz in der Nähe das
    „Hotel des Colonies s.a.“, ein romantisches, kleines, aber zugleich exklusives
    Hotel, in dem er damals einige heiße Nächte verbracht hatte? Er war sehr
    gespannt, ob es noch existierte.


    Zu seiner Freude gab es das Hotel noch und er beschloss, dort einzuchecken und
    nicht Quartier im Palace Hotel zu beziehen. Die Räume im „des Colonies“ waren
    modernisiert worden, aber das Hotel hatte noch immer das gemütliche Ambiente,
    welches es auch vor 12 Jahren besessen hatte. Erschöpft ließ Bond sich auf
    eines der weichen Doppelbetten fallen, und fand es doch sehr schade, dass er
    dieses große Bett mit niemandem teilen durfte.


    Nachdem er etwa zwei Stunden geruht hatte, schlug Bond den großen Stadtplan von
    Brüssel auf, den er aus der geheimen MI6-Zentrale mitgenommen hatte, und suchte
    die AIDE-Stiftung. Als er sie gefunden hatte, rief er im Palace Hotel an, und
    bat darum, dass man seinen Bentley zum „Hotel des Colonies“ bringen möge. Eine
    knappe halbe Stunde später hatte er das Auto, und gab dem Chauffeur ein
    großzügiges Trinkgeld.


    „Ein großartiges Fahrgefühl“, dachte sich Bond, als er sich zu seinem Streifzug
    in der Abenddämmerung aufmachte. Er brauchte nicht lange, bis er die
    AIDE-Stiftung fand, wurde jedoch mehrmals in Brüssel aufgehalten, weil
    auffallend viele Feuerwehr- und Polizeifahrzeuge an ihm vorbei fuhren.


    Die Stiftung lag in einem Neubaugebiet, und das Haus, in welcher sie
    untergebracht war, war ein einfaches Einfamilienhaus. Bond fuhr unauffällig
    mehrere Male an dem Haus vorbei, und besah es sich von allen Seiten. Nach
    hinten erstreckte sich ein großer Garten, der an der anderen Seite durch eine
    große Hecke von der angrenzenden Straße getrennt war. Bond beschloss, dass es
    wohl am einfachsten war, diesen Weg zu nehmen, um in das Haus einzubrechen.


    Langsam aber sicher brach die Nacht über die belgischer Hauptstadt hinein. Bond
    parkte den Bentley auf dem Parkplatz eines nahegelegenen Supermarktes, nahm die
    zur Standardausrüstung gehörende Taschenlampe aus dem Beifahrerfach und machte
    sich auf den Weg zu der Hecke. Niemand verfolgte ihn oder war aufmerksam
    geworden.


    An der Hecke angekommen, begann Bond, diese zu untersuchen. Er stellte fest,
    dass die Hecke nur einen elektrischen Zaun verbarg. Warum um Himmels willen
    brauchte eine Anti-Aids-Stiftung ein durch Strom gesichertes Grundstück mitten
    im Herzen von Europa?


    Vorsichtig untersuchte Bond den Zaun, und stellte dabei fest, dass der Strom
    von einem nahegelegenen Mast kam, der zudem mit Straßenlampen ganz in der Nähe
    verbunden war. Also versuchte er, einen Kurzschluss herbeizuführen. Da zum
    Standardtraining von MI6-Agenten eine Ausbildung im Umgang mit elektrischem
    Strom dazugehört, war es ein leichtes für Bond, die Sicherung herausspringen zu
    lassen. Und tatsächlich – plötzlich war es in der Straße dunkel, und der
    Elektrozaun surrte nicht mehr.


    Vorsichtig berührte Bond ihn – es war kein Strom mehr da. Er kletterte über den
    Zaun und befand sich auf einer großen Wiese, die zum Hintereingang des
    Stiftungs-Hauses führte. Bond konnte nichts verdächtiges im Garten entdecken,
    weder Hunde noch Kameras. Geduckt schlich er sich zu einem Kellenfenster an der
    hinteren Fassade. In den ersten beiden Etagen brannte noch Licht, und Bond
    beschloss, Q’s neuen Dietrich einmal auszuprobieren.


    Vorsichtig schlich er zur Tür, zog die Krawattennadel hervor, nahm seine
    Walther in die rechte Hand und öffnete die Tür.


    Es dauerte einen kurzen Moment, bis seine Augen sich an das abgedunkelte Licht
    gewöhnt hatten. Er stand am Ende eines langen Flurs, der auf beiden Seiten an
    der Wand mit Bildern von afrikanischen Kindern versehen war. Langsam schlich
    Bond sich an der Wand entlang zum anderen Ende des Flurs hin, von wo eine
    Treppe nach oben führte.


    In der ersten Etage brannte Licht. Bond beschloss, das Risiko einzugehen und
    nach sich nach oben zu wagen. Das Haus schien verlassen zu sein. Vielleicht
    waren die Mitarbeiter auch einfach nur schon nach Hause gegangen.


    Aus einem Raum im 1. Stock vernahm er jedoch eine Stimme. Bond schlich sich
    langsam an die Tür, und spähte durch den Türschlitz. Was er sah, gefiel ihm
    sehr gut.


    Eine große, schlanke Brünette mit verdammt attraktiven Beinen stand vor einem
    Fenster, zudem sie hinausblickte. Jetzt erst bemerkte Bond das Schild an der
    Tür: „Dr. Francine Belleville“.


    Bond überlegte gerade, wie er weiter verfahren sollte, als das Telefon
    klingelte. Dr. Belleville hob ab. „AIDE-Stiftung, Dr. Belleville am Apparat.
    Ah, ja. Sehr erfreut. Ja, es ist alles glatt gelaufen, der dürfte uns keinerlei
    Probleme mehr machen.“ Der Anrufer schien jetzt längere Zeit zu erzählen, da
    Francine ab und zu lediglich „Ja“ und „Hm“ sagte. „Es muss ganz schön heftig
    gewesen sein, man hat keine Überreste gefunden.“


    Bond begann langsam, sich ernsthaft Gedanken zu machen. Was meinte Dr.
    Belleville? Keine Überreste? Wovon? Dann war der Anruf beendet, und Francine kam
    auf die Tür zu.


    Bond blickte sich hastig um: Wo könnte er sich verstecken?


    Er ging hinter einem Schrank im Flur in Deckung. Francine ging die Treppe
    hinunter. Diese Gelegenheit durfte Bond sich nicht nehmen lassen. Er huschte in
    das Büro und sah sich nach verdächtigen Gegenständen um. Auf dem Schreibtisch
    lag eine Notiz: „Lagos, Flug SN 823, 9.50 Uhr, Ticket am Schalter“. Bond prägte
    sich die Notiz ein. Dann hörte er Schritte.


    Dr. Belleville schien zurückzukommen. Im letzten Moment klickte Bond noch auf das
    Telefon, und merkte sich die Nummer, von der aus Francine angerufen worden war.
    Dann zog er die Walther, und ging hinter der Tür in Deckung.


    Auf dem Flur stoppten die Schritte plötzlich. Dann erhallten sie wieder, doch
    es klang, als würden sie sich wieder entfernen. Bond, immer noch die Walther im
    Anschlag, spähte zur Tür heraus. Niemand da. Langsam ging er wieder die Treppe
    hinunter. Dr. Belleville war nicht in Sicht. Er verließ das Haus aus der
    Vordertür.


    Auf dem Rückweg zum Bentley überlegte er, wie Dr. Belleville’s Äußerungen zu
    verstehen sind. Und was wollte sie in Lagos? Er ging mehrere Umwege, um sicher
    zu stellen, dass er nicht verfolgt wurde. Doch sein Aufenthalt in der Stiftung
    schien gänzlich unbemerkt geblieben zu sein.


    Im Bentley wartete eine Email-Nachricht von M auf ihn. „007, bitte melden Sie
    sich, sofern Sie noch am Leben sind.“ Bond fragte sich ernsthaft, ob das ein
    schlechter Scherz sei. Er beschloss, in sein Hotel zurückzukehren und sich dann
    mit M in Verbindung zu setzen. Immer noch wimmelte es vor Polizei und Feuerwehr
    auf den Brüsseler Straßen. Bond schaltete das Radio ein.


    „Und nun noch einmal zu den Ereignissen des heutigen Abends. Im Brüsseler
    ‚Palace Hotel’ ging gegen 19.30 Uhr eine Bombe in die Luft. Eine für eine
    Person englischer Staatsangehörigkeit gebuchte Suite schien das Ziel der
    Bombenattacke zu sein. Von dem britischen Geschäftsmann fehlt jede Spur. Es
    wird jedoch vermutet, dass er bei der Explosion ums Leben kam.“






    Bond lief es heißkalt den Rücken
    hinunter.



    (A) Sie wussten also von ihm! Sie wussten in welcher Stadt er
    war, in welches Hotel er eigentlich einchecken wollte, welche Suite er hatte!
    Sie waren ihm einen Schritt voraus. Mindestens einen Schritt.




    Der neue Bentley, bisher fuhr er sich übrigens ausgezeichnet, raste durch die
    Brüsseler Innenstadt und Bond versuchte zusammenzufassen, was er eigentlich wusste. Das Ergebnis war
    höchst unbefriedigend, denn sie schienen weit mehr zu wissen als er selbst.
    Bond missfiel diese Situation gewaltig. Er hasste es, nicht genug Informationen
    zu haben um nicht selbst die Fäden in die Hand nehmen zu können. So konnte die
    Gegenseite planen und Fallen stellen. Und diese Gegenseite schien hier in
    Brüssel überaus aktiv zu sein.




    Entschlossen riss er das Lenkrad herum und fuhr auf dem Weg zum "des
    colonies" am Palace Hotel vorbei. Er wollte sich ein Bild von der Lage
    machen. Es war mittlerweile spät am Abend und Bond hielt in einiger Entfernung
    von den Polizeisperren um mit dem englischen Kennzeichen nicht zuviel
    Aufmerksamkeit zu erregen. Aber auch von hier aus konnte er das Ausmaß des
    Schadens erkennen. Ein Meer aus Blaulichtern der Polizei und der Brüsseler
    Feuerwehr gab dem Platz vor dem Palace-Hotel eine beklemmende Stimmung. Die
    Sirenen hatten sie bereits ausgeschaltet und die Stille erzeugte in einem das
    Gefühl, man sei zu spät gekommen. im fünften Stock klaffte ein großes Loch in
    der Wand. Das war wohl mal die für ihn bestimmte Suite gewesen.




    Vielleicht ließ sich von der Polizei noch irgendetwas in Erfahrung bringen. Er
    wollte gerade aussteigen und hatte die Hand schon am silbernen Türgriff des
    Bentley als er innehielt. So schlecht war die Situation für ihn doch gar nicht.
    Immerhin wurde er für tot gehalten. Wenn er jetzt mit seinem englischen Akzent
    vor dem Palace-Hotel Informationen einholte (Bond wusste, dass er den
    belgischen Dialekt nicht beherrschte) wäre vielleicht seine ganze neugewonnene
    Freiheit wieder dahin. So entschied er sich möglichst unauffällig ins "des
    colonies" zurückzufahren. Vorher musste er jedoch M informieren. Sie
    wollte heute noch zurück nach London und musste inzwischen eigentlich
    angekommen sein. Er entschied sich für eine Handyverbindung (Q hatte ihm
    versichert, dass sein neues Ericsson absolut abhörsicher sei) direkt zu
    Moneypenny's Büro.




    "Ja, bitte." Bond konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er
    Moneypennys leicht schluchzende Stimme vernahm. Sie war also mit M zurück
    gefahren. Im Hintergrund konnte man die Geräusche der Nachrichtensendung der
    BBC hören: "Nun noch einmal zu unserem Reporter in Brüssel, wo heute ohne
    Vorwarnung..." Bond vermutete, dass Moneypenny wohl schon den ganzen Abend
    die Nachrichten nach Meldungen aus Brüssel durchsuchte. Er wunderte sich nur,
    woher sie den Bildschirm hatte. M hatte alle privaten Fernsehgeräte im Haus
    streng verboten.




    "Penny?"




    "James! Sie leben!"




    "Noch, ja! Bitte stellen sie mich zu M durch."




    "Sie ist zur Zeit wieder mal beim Premierminister, James. Sie werden sich
    also noch ein bisschen mit mir unterhalten müssen."




    In diesem Moment öffnete sich die Tür und M kam ins Zimmer. "Die Sitzung beim Premier war schneller
    vorbei als..." Sie entdeckte Moneypenny's Fernsehprogramm.
    "Moneypenny, habe ich ihnen nicht verboten den taktischen
    Planungsbildschirm für ihre persönliches TV-Programm zu verwenden! Ich weiß,
    wie besorgt sie um Bond sind, aber das rechtfertigt nicht, dass sie staatliches
    Planungsgerät zweckentfremden." Sie überspielte geschickt, dass sie sich
    sehr wohl auch um 007 Sorgen machte und auf der Fahrt von Downing Street
    ebenfalls das BBC-Programm auf dem Bildschirm in ihrem Dienstwagen verfolgt
    hatte. "Ich bin in meinem Büro, wenn sie was neues von 007 hören, sei es
    durch die BBC oder unser eigenes Informationsnetz, will ich das sofort
    erfahren!"




    "Er ist gerade am Telefon, Ma'am"




    "Geben sie her!" M riss Moneypenny den Hörer förmlich aus der Hand.
    "007? Sie leben!"




    "Ja, Ma'am. Meine Liebe zu alten Erinnerungen hat mich vor dem Tod
    bewahrt."




    Mittlerweile hatte sich M wieder gefasst und versuchte gewohnt sachlich zu
    werden "Haben sie etwas Neues gefunden, 007?"




    "Nicht viel. Vor allem nichts Konkretes. Nur ein Flugticket nach Lagos in
    einem Haus dieser Aidsorganisation." Dr. Francine Belleville verschwieg er
    M vorerst noch. Er wusste schließlich, dass Moneypenny immer noch zuhörte.





    (K) M: "Ok, Bond! Ein alter Bekannter von Ihnen
    befindet sich gerade zu verwaltungstechnischen Aufgaben in Amsterdam. Ich werde
    ihm Bescheid geben, dass er noch nicht zurück nach London fliegen soll, sondern
    über unser Amsterdamer Hauptbüro für die Benelux-Staaten noch ein paar Dinge
    für Sie erledigen soll. Er wird Sie dann morgen früh um 10 Uhr vor dem Manneken
    Pis treffen. Sie werden ihn erkennen."




    Bond wusste, dass man am Telefon nicht über Namen sprechen sollte, selbst wenn
    die Telefone abhörsicher waren. Das gehörte zum Einmaleins der Spionage. Bond
    antwortete kurz: "Alles klar. Ich unterrichte Sie dann über weitere
    Vorgehensweisen. Es wäre mir nur sehr recht, wenn der Mann schon um 8 Uhr da
    sein könnte, da ich morgen früh um 10 Uhr nach Lagos, Nigeria, fliegen muss, um
    einer Spur nachzugehen! Könnte der Mann dann bitte auch ein Ticket für den Flug
    SN 823 nach Lagos um 10 Uhr morgen früh mitbringen?"




    M: "Gut, das geht klar! Unser Mann wird Sie dann über Ihren weiteren
    Auftrag informieren und ihnen ein Flugticket mitbringen. Bis dann!"




    Bond verließ nun mit seinem Bentley die Stadtmitte Brüssels wieder, um seinen
    "Mördern" nicht über den Weg zu laufen. Er fuhr über die Rue de Liege
    in Richtung des Arbeiterviertels Anderlecht. Er passierte mehrere kleine Cafes
    in den noch reger Betrieb herrschte. Die vielen kleinen Blumenläden an den
    Straßen verschafften ihm ein Gefühl von Idylle, die ihn für einen Moment die
    Probleme, die er hatte, vergessen ließen.


    Nach einer Viertelstunde waren die Cafes und die belebten Straßen einem eher
    schmutzig erscheinenden Anblick von Fabriken und Hallen gewichen. Bond wusste,
    dass er hier sicher war. In diesen Arbeitervierteln würde ihm sicher kein
    Großkrimineller über den Weg laufen. Die würden weiterhin von seinem Tod
    ausgehen. Hier musste er sich eher vor Kleinkriminellen und Dieben in Acht
    nehmen.


    Bond parkte seinen Bentley auf einen großen Parkplatz der Brüsseler Stadtwerke,
    der schon fast vollkommen leer war. Es war bereits 21 Uhr. "Gut,"
    dachte sich Bond, während er die Ledersitze seines Bentleys auszog, "hier
    werde ich also heute übernachten." Bond wollte sich gerade auf die flach
    ausgebreiteten Ledersitze legen, um ein wenig zu schlafen, als ihm plötzlich
    einfiel, dass er ja noch die Nummer aus Dr. Bellevilles Büro hatte.


    Hastig griff er nach seinem Handy, nahm die Funktion der Übermittlung seiner
    Nummer heraus, und wählte die Nummer. „Tuut-Tuut-Tuut.“ Bond wollte schon
    frustriert auflegen, als nach 6-maligem Tuten ein Anrufbeantworter ranging.
    Bond lauschte gespannt:

  • "Lieber Patient, Sie sind mit
    der AIDE-Stiftung in Lagos verbunden. Dr. Morton ist im Moment leider nicht im
    Büro. Hinterlassen Sie bitte eine Nachricht nach dem Piepton. Danke!"


    Bond legte schnell auf, bevor der Piepton ertönte. "Ein Dr. Morton also.
    Den Namen muss ich mir gut merken", dachte sich Bond. Er legte sich nun
    wieder hin, nachdem er eine Decke aus dem Kofferraum nach vorne gezogen hatte,
    deckte sich mit derselben zu und schlief zufrieden ein. Den Wecker in seiner
    Uhr hatte er auf 7 Uhr gestellt. Ihm blieben jetzt noch 6 Stunden, um sich ein
    wenig zu erholen.





    ***




    Um 7 Uhr klingelte der Wecker los. Bond rieb sich die Augen, streckte sich und
    begann langsam wach zu werden. Die Nacht war recht ruhig gewesen. Außer einigen
    herumstreunenden Katzen hatte niemand Notiz von ihm genommen.




    Bond fuhr nun zum Gare du Nord de Bruxelles, wo er eine Dusche nehmen konnte,
    sich rasierte und einen neuen Anzug anzog, der im Koffer im Bentley war.


    Nach einem kurzen Frühstück in einem Bistro, fuhr er Richtung Manneken Pis. Er
    war spät dran und lief schnellen Schrittes zur Statue, nachdem er seinen Wagen
    in einer Seitengasse abgestellt hatte. Schon sehr schnell erkannte er, wen ihm
    M geschickt hatte. "Urs! Du hier?! Schön, Dich zu sehen!"




    Nach einer freundlichen Begrüßung erklärte Messler Bond, dass er gerade in
    Amsterdam war, um mit den dortigen Behörden eine Angelegenheit zu klären. Die
    Drogenbehörde des Geheimdienstes Ihrer Majestät hatte eine Spur dahin verfolgt.
    Messler klärte ab, dass der Schmuggler ausgeliefert werden solle. "Aber nun
    zu Dir, James! M hat mir die Geschichte erzählt. Gott sei dank bist Du noch am
    Leben. Ich habe getan, was ich tun konnte, um hierher zu kommen."




    "Was hat M geplant?"




    "Laut unseren Geheimdienstinformationen weiß niemand, wie Du aussiehst.
    Wir haben die Telefonate dieses Colombier recherchiert. Er telefonierte mit
    einer gewissen Dr. Belleville. Als sie über einen britischen Agenten redeten,
    kam dabei zum Vorschein, dass sie wussten, in welches Zimmer Du einchecken
    wolltest und wie Du heißt, aber nicht, wie Du aussiehst. M hat daher
    angeordnet, dass ich Dir einen Ausweis erstelle. Du heißt jetzt James Lloyd und
    bist bei der World Health Organisation angestellt und musst für die WHO die
    Aktivitäten der AIDE-Stiftung überprüfen. Das sind Routine-Untersuchungen, für
    die Du nur die Unterlagen anschaust und dann wieder gehst. Dich wird also
    niemand auf Dein gesundheitspolitisches Wissen prüfen. Du wirst heute
    Nachmittag in Lagos am Flughafen vom britischen Botschafter Sir Arthur Harris
    abgeholt werden. Er wird Dir einen Wagen schicken. Ich habe mit Sir Harris
    vorhin telefoniert. Er will Dich in Lagos mit Nelson Mbeki, dem
    Gesundheitsminister Nigerias und Gründer der AIDE-Stiftung und deren
    Geschäftsführer, Reverend Stone, bekannt machen. Es ist schließlich etwas Großes
    für Nigeria, wenn ein Beauftragter der WHO vorbeischaut. Da will man nur die
    hohen Tiere dabei haben."




    "Sehr gut, Urs. Hast Du das Ticket für mich nach Lagos? Ich muss nämlich
    langsam mal zum Flughafen."




    Messler reichte Bond sein Ticket und noch einige weitere Unterlagen, die ihn
    als WHO-Mitarbeiter James Lloyd identifizieren sollten. So zum Beispiel einen
    Pass, einige Broschüren und weitere Papiere. "Toll, was Messler in so
    kurzer Zeit auf die Beine gestellt hat", dachte sich Bond. Bond übergab die
    Schlüssel seines Bentley an Messler, der ihn noch zum Flughafen bringen sollte,
    und danach den Bentley wieder nach London bringen musste, was Messler sehr gern
    hinnahm.



    Bond nahm sein Gepäck aus dem
    Kofferraum und verabschiedete sich von Messler: "Bis bald, Urs. Und pass
    auf den Bentley auf, sonst bringt Dich Q um!"





    ***




    Bond kam um 8 Uhr 30 am Flughafen an, schaute sich nach Dr. Belleville um,
    konnte sie aber nirgendwo sehen.


    20 Minuten später wurden die Passagiere des Flugs SN 823 ausgerufen und zur Pforte
    Ost gebeten. Es waren nur etwa 25 Menschen, die sich versammelten. Lagos schien
    kein Touristenziel zu sein.


    Jetzt endlich konnte er Francine Belleville erkennen. Er war von ihrem Aussehen
    noch mehr fasziniert als er es gestern Abend in den Brüsseler AIDE-Büros
    gewesen war.


    Bond stellte sich neben sie und wühlte in seiner Tasche, als ob er etwas suchen
    würde.


    Dann zückte er sein Handy und sprach mit einem imaginären Gesprächspartner:
    "Ah, hallo Sir. Ja, ich bin gerade am Flughafen von Brüssel. Ich werde
    jetzt nach Lagos fliegen, um dort die AIDE-Stiftung für die WHO zu untersuchen.
    Die Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz klappt immer besser. Ja, Sir, ich danke
    Ihnen! Wiederhören!"


    Bond nahm sein Handy wieder in seine Tasche und wartete gespannt auf Dr. Bellevilles
    Reaktion, die das in einer kaum zu überhörenden Lautstärke geführte Telefonat
    interessiert verfolgt hatte.




    Dr. Belleville trat nun auf Bond zu: "Entschuldigen Sie, ich will ja nicht
    als neugierig gelten, aber ich habe gerade vernommen, dass Sie als Mitglied der
    WHO zur AIDE-Stiftung nach Lagos fliegen...?!"




    Bond tat überrascht, während er sich innerlich über Dr. Bellevilles Anbeißen
    freute: "Ja, warum?"




    Dr. Belleville: "Ich bin bei der Brüsseler Filiale der Hilfsorganisation
    AIDE angestellt. Mein Name ist Belleville, Dr. Francine Belleville."




    "Mein Name ist Lloyd, James Lloyd. Angenehm!"




    Nach einigen Small-Talk-Gesprächen über die WHO und Brüssel kam Bond auf ein
    anderes Thema zu sprechen: "Ja und jetzt geht es nach Lagos. Dr. Morton
    soll dort ein sehr guter Mediziner sein?!"




    Bond hoffte wieder auf Dr. Bellevilles Anbeißen und außerdem darauf, dass Dr.
    Morton tatsächlich Angestellter der AIDE-Stiftung war. Sonst hätte er sich mit
    seiner Aussage ziemlich in die Nesseln gesetzt. Bond hatte Glück. "Ja, wir
    sind froh, Dr. Morton für unsere Zentrale in Lagos gewonnen zu haben. Er ist
    einer der anerkanntesten Mediziner der Welt mit vielen Auszeichnungen. Er ist
    ein großer Gewinn für unsere Hilfsorganisation."




    Bond spürte mit seinem unnachahmlichen Instinkt, dass er mit Dr. Morton einen
    großen Fisch an der Angel haben würde.




    James Bond und Dr. Francine Belleville mussten nun zur Pass- und
    Gepäckkontrolle und bestiegen danach die Maschine, die mit leichter Verspätung
    das verregnete Brüssel in Richtung Süden verließ.





    (Z) Bond ließ sich in einen der sehr bequemen Sitze fallen und
    orderte per Signalknopf eine Stewardess zu sich.




    „Was wünschen Sie, Sir ?“ Die Stewardess setzte ein freundliches Lächeln auf,
    so wie immer in all den Flugzeugen und Gaststätten, in denen Bond schon so oft
    bedient worden war.




    „Ich hätte gerne ein Glas Ginger Ale. Mit wenig Kohlensäure, wenn möglich. Ach
    ja, und dann bitte noch die heutige Ausgabe einer internationalen Zeitung.
    Vielen Dank.“




    Einige Minuten später schritt die Stewardess elegant auf Bond zu, reichte ihm
    das Glas Ginger Ale und die aktuelle Ausgabe der Belgischen Kronenzeitung.
    „Bitte schön und einen angenehmen Flug noch“.




    Bond bedankte sich, stellte das Glas auf das ausklappbare Tablett und schlug
    die Zeitung auf. Er blätterte ein wenig, wobei er immer wieder an seinem Ginger
    Ale nippte. Plötzlich stieß er auf einen interessanten Artikel, der mit einer
    kursiv geschriebenen Überschrift gekennzeichnet war: „Hintergründe und Motive
    des Bombenattentates auf einen englischen Geschäftsmann weiter unklar. Die
    belgischen Behörden, sowie Interpol tappen weiter im Dunkeln." Diese
    Tatsache lösten in Bond ein Gefühl von Bedrückung aus, doch er wusste ja, das
    die Hintermänner keinesfalls sein Gesicht und seine wahre Identität kannte und
    dass er vermutlich als tot galt. Bond witterte deshalb einen gewissen Vorteil
    gegenüber seinen Widersachern, der er gekonnt auszuspielen versuchte. Nach
    einen kurzen Blick über die Sportergebnisse und der Erkenntnis, das die Sussex
    Crocket Hunters mal wieder verloren hatten, drehte Bond seine Taille in die
    Sessellehne, um ein wenig zu schlafen.


    Plötzlich wähnte er sich in Gefahr. Jemand kam auf ihn zu, ganz nah. Er wollte
    sich schon auf einen Kantenschlag vorbereiten, denn wer sollte schon einen
    unbescholtenen Inspektor der Weltgesundheitsorganisation mitten auf einem Flug
    nach Lagos belästigen?






    Bond wollte gerade in diesem Moment seinen Augen
    öffnen und zulangen, als ihm eine Frau tief in die Augen blickte. Es war Dr.
    Belleville. Erleichtert löste sich Bond aus seiner Schlafposition und setzte
    sich aufrecht in seinen Sessel. „Was zum Teufel tun Sie denn hier, Doktor? Und
    wo sitzen sie überhaupt?“




    “Ich wollte mir mal die Beine vertreten und raus von Platz am Beginn des
    Korridors. Kein Wunder, dass Sie mich nicht sehen konnten. Immerhin saß ich
    direkt vor diesem erdnussfressenden Monster aus Oklahoma. Er atmete den ganzen
    Flug über tief und laut hörbar. Und als wir uns über Athen befanden, ließ er
    sich auch noch den Playboy bringen, schrecklich so was.“




    „Aber Sie sind ja sicherlich nicht zu mir gekommen, um sich über die anderen
    Fluggäste auszulassen, oder?“




    „Ach, Mr. Lloyd. Sie könnten für mich einen Information weiterleiten. An Mr.
    Mbeki und den Reverend. Ich muss noch etwas Geschäftliches in einem Außenbezirk
    von Lagos erledigen. Einen repräsentative Aufgabe, eine Einweihung eines
    Tagesheimes für Kriegsflüchtlinge, deshalb ist es mir leider nicht möglich,
    ihrem Treffen am Flughafen beizuwohnen.“ Belleville beugte sich nun ein wenig
    über Bond, der wohlwollend in ihren Ausschnitt sehen konnte.




    „Selbstverständlich. Das sind natürlich Argumente.“




    „Bis dann, Mr. Lloyd.“ Belleville
    wendete sich ab und nahm wieder auf ihrem Platz am Beginn des Korridors Platz.
    Bond hingegen lehnte sich wieder in den Sessel, um noch ein wenig zu schlafen.



    ***




    Ein dumpfer, aber zugleich lauter Gong erweckte Bond nach einer guten halben
    Stunde aus seinem Schlaf. Bond schlief eigentlich nie richtig fest, aber dafür
    intensiv, dennoch vernahm er ein gewisses Gefühl von Entspannung und
    Leichtigkeit. Er sah auf seine Omega. Es war nun etwas später als 15 Uhr.




    „Wir möchten sie darauf hinweisen, dass wie in Kürze den nigerianischen
    Luftraum passieren."




    Bond blickte nach rechts aus dem Fenster und erkannte einen breiten, in der
    Nachmittagssonne glänzenden Fluss. Es handelte sich zweifelsohne um den Niger.
    Ein Blick auf den Navigationscomputer, welcher in der Wand am Ende des
    Korridors eingelassen war, bestätigte diese Vermutung. Der Navigationscomputer
    ließ Bond ebenfalls wissen, das die Maschine jetzt über der Stadt Ogbomoscho
    kreisen müsste. Lagos war also nur noch ca. 15 Minuten entfernt. Bond nahm
    seinen Jacke vom Haken, nahm noch einen kräftigen Schluck Ginger Ale und
    stellte das leere Glas, sowie die Ausgabe der Kronenzeitung auf ein
    nahestehendes Tablett, ehe er, die Jacke über dem Arm hängend, den Gurt um
    seine Hüfte legte.


    Die Maschine holperte leicht und man konnte Rauch von den Reifen aufsteigen
    sehen. Weit herum sah Bond abgesehen von den Flughafengebäuden und ein paar
    Schirmakazien recht wenig. Er begab sich zum Ausgang und musste leicht
    durchpusten. Es war drückend warm. Er krempelte sich die Hemdärmel hoch. Im
    Schlepptau der anderen Gäste schritt Bond in Richtung Wartehalle, doch diese
    erreichte er nicht mehr. Er wurde von einem etwa Mittfünfziger angehalten und
    angesprochen: „Spreche ich mit Mr. Lloyd, Mr. James Lloyd ?“




    “Ja, das tun Sie." Er musterte den Mann und reichte ihm die Hand und
    sagte: „Dann müssen Sie wohl Sir Arthur Harris sein. Der britische Botschafter.“




    „Sehr richtig Mr. Lloyd." Die beiden fachsimpelten noch etwas über ihre
    gemeinsame Heimat und über das drückende Klima hier in Lagos, doch Harris blieb
    plötzlich stehen und klopfte Bond leicht auf die Schulter. „Ich denke, dass ich
    Sie jetzt mit Herrn Nelson Mbeki und Reverend Stone bekannt machen kann.“ Sie
    schritten zu einer kleinen Leder-Sitzecke und Harris sprach einen schlacksig
    gebauten, seriös wirkenden Schwarzafrikaner an: „Mr. Mbeki. Darf ich sie nun
    mit Mr. Lloyd von der WHO bekannt machen ?“




    „Sehr angenehm. Ich freue mich Sie in Lagos begrüßen zu dürfen. Machen sie sich
    nicht all zu viele Gedanken über das Wetter hier. Es hat seit Tagen nicht mehr
    geregnet, aber der nächste Schauer sollte bald kommen."





    Er reichte Bond die Hände, was auch
    erwidert wurde. „Freut mich, Mr. Mbeki. Und sie sind dann Mr. Stone, nicht
    wahr? Ach übrigens, Dr. Belleville ist verhindert. Sie teilte mir im Flugzeug
    mit, dass sie noch eine repräsentative Aufgabe im Außenbezirk wahrnehmen muss.“




    „Jawohl, Archibald Stone, Geschäftsführer von ‚Aide contre Aids’. Allerdings
    muss ich dazu sagen, dass ich teilweise die Geschäftsführung an meinen
    Mitarbeiter Dr. Morton übertrage, einer der erfolgreichsten und anerkanntesten
    Mediziner auf dem Gebiet der Aidsforschung. Zudem hat er das Amt des Chefarztes
    inne. In Zukunft widme ich mich ganz der Leitung meiner persönlichen
    Spendergesellschaft HELP!, die Hilfsprojekte in ganz Afrika unterstützen will.
    Ob Verpflegung von Erdbebenopfern, oder die Betreuung von Minengeschädigten aus
    Bürgerkriegszeiten. Trotzdem bleibt die Bekämpfung des Aidsvirus unsere höchste
    Priorität. Aber das Alter lässt halt nicht beide Tätigkeiten zu. Ja, und im
    Alter vergisst man auch leicht. Dr. Bellevilles Termin hab ich glatt
    vergessen."




    Bond studierte den Körper des Reverends. Er mochte vielleicht fünf, vielleicht
    sechs Jahre älter sein als Harris, der sich zwischenzeitlich in einem
    Couchsessel saß und einen Kaffee schlürfte. Er stand auf, stellte den Kaffee
    auf einen gläsernen Tisch und verabschiedete sich von den beiden. „Mr. Lloyd
    hat einen anstrengenden Flug hinter sich. Er möchte sich sicherlich ausruhen.
    Die weiteren Details seiner Arbeit können wir ja morgen im Casino besprechen.
    Also bis morgen dann.“




    „In Ordnung. Sagen wir 19.30 Uhr. Ich lasse einen Tisch in der Bar bestellen.
    Schönen Tag noch.“ Mbeki und Stone schüttelten Harris und Bond noch einmal die
    Hände und gingen dann in Richtung Vorplatz, wo sie in ein Taxi einstiegen.




    „Ach, Harris, bevor ich vergesse. Sind die Umzugskosten der Ministerien nach
    Abuja eigentlich schon beglichen?"




    „Sie können lachen, Mr. Lloyd, oder sollte ich lieber James Bond sagen? M sagte
    mir schon, das sie Afrika lieben. Jedenfalls wurden diese Kosten mitfinanziert
    durch einen Organisation, die vor ca. 3 Jahren zusammenbrach. Ihr Vorsitzender
    war übrigens Reverend Stone. Kommen Sie, hier steht mein Rolls Royce.“




    Bond und Harris stiegen in den Rolls Royce und fuhren gemeinsam in Richtung der
    britischen Botschaft. Die Botschaften waren die einzigsten Gebäude, die noch
    nicht nach Abuja verlagert worden sind.




    „Julius, zur Botschaft bitte.“ Ein etwa 25 jähriger Fahrer erwiderte mit „Ja,
    Sir“ und ließ den Wagen an. Eine halbe Stunde später rollte der Wagen über die
    Hauptstrasse, an der die Botschaftsgebäude standen. Es waren prachtvolle
    Gebäude aus der Kolonialzeit der Briten. Bond schätze das Alter der Häuser auf
    circa 1865. Die britische Botschaft lag am ende der Strasse. Bond schaute aus
    dem Fenster und erblickte Plantagen, auf denen offensichtlich Erdnüsse und
    Kakao angebaut wurde. „Hier pulsiert das
    Leben, James. Hier die herrschaftlichen Gebäude, dort wieder Plantagen und
    Gärten. Einfach herrlich.“





    Schließlich erreichten sie die
    britische Botschaft, die blumenbeschmückten Balkonen verziert war, und durch
    ein kleines Schild am gusseisernen Zaun angekündigt wurde: Nigerian Embassy Of
    The United Kingdom, Lagos. Die Botschaft verfügte über einen kleinen Garten im
    Eingangsbereich, indem sich zwei kleine Teiche befanden. Im Hintergrund, an der
    Vorderfront des Gebäudes reckten sich zwei Union Jacks an Fahnenmasten in den
    Himmel. „So, hier wären wir.“ Harris bat Bond hinaus und schlenderte mit dem
    Fahrer die marmorne Treppe hinauf in die Empfangshalle, wo schon Bonds Gepäck
    stand. „Julius, wenn sie so lieb wären
    und das Gepäck auf das Gästezimmer bringen würden. Dankeschön.“




    Bond folgte Julius und blickte in das Zimmer. Es wurde durch zahlreiche
    Holzschnitzereien verziert. Über der Eingangstür des Zimmers hing, ebenso wie
    an der Eingangstür zur Botschaft das nigerianische Staatswappen, sowie den
    Leitspruch 'Einheit und Glaube.' Bond bedankte sich bei Julius und ließ sich in
    einen Ledersessel fallen, um sich vom an der Decke befindlichen Ventilator mit
    kühler Luft streicheln zu lassen und zu entspannen.



    ***





    (A) Bond konnte es selbst kaum glauben, als er mit einem Auge
    auf die Omega blinzelte, die eben zu piepsen begonnen hatte. Tatsächlich, es
    war bereits 18.30 Uhr. Er war wirklich eingeschlafen, trotz der drückenden
    Hitze, die einem wie ein aufdringlicher Mensch überallhin zu folgen schien.
    Wahrscheinlich lag es am angenehmen Wind, den der Deckenventilator erzeugte.
    Oder an seiner Müdigkeit nach dem Flug. Oder an beiden!




    Gerne wäre er noch liegengeblieben, aber der Botschafter hatte ihn auf 19.00
    Uhr in den Salon zum Dinner eingeladen. Natürlich konnte man ihn nicht warten
    lassen, weshalb Bond auch vorsorglich den Alarm seiner Uhr angeschaltet hatte.
    Er duschte, entschied sich für ein klassisches, weißes Hemd und wurde pünktlich
    um 5 Minuten vor 7 Uhr von Julius in den Salon geführt. Bond war froh, dass Sir
    Harris außer seiner Frau und einem gewissen Mr. Gilbert, seinem persönlichen
    Sekretär, keine weiteren Gäste geladen hatte. Dem Botschafter schien vollkommen
    klar zu sein, dass Bond Diskretion in diesem Fall sehr wichtig war. Man musste
    ja nicht gleich ganz Nigeria über seine Ankunft in Kenntnis setzen.




    Der Raum war sehr geschmackvoll eingerichtet. Das gesamte Mobiliar schien noch
    aus der Kolonialzeit zu stammen. Teile davon, wie der Löwenkopf an der Wand und
    das Porträt von Königin Victoria zeugten davon. Bond nahm neben Harris' Frau
    Platz und wurde von ihm mit ihr und Gilbert bekannt gemacht. Leicht gedämpft
    fügte er hinzu: "Ich hoffe es stört sie nicht, Mr. Bond! Aber keine Angst,
    wir können hier vollkommen frei reden. Beide genießen mein volles Vertrauen -
    " mit einem Blick auf seine Frau fügte er hinzu: "Gilbert
    zumindest!" Hierfür bekam er von der Botschafterin einen unbeschreiblich
    bösen Blick zugeworfen.




    Bond versuchte die Situation zu entschärfen, indem er das Gespräch fortsetzte
    "Ich weiß ihre Diskretion zu schätzen, Sir Harris."




    "Das dachte ich mir schon."




    In diesem Moment wurde das Essen aufgetragen. Wie Bond vermutet und gehofft
    hatte, bestand es hauptsächlich aus afrikanischen Spezialitäten. Es war überaus
    gut zubereitet und auch der Wein aus dem hauseigenen Keller passte hervorragend
    dazu. Der Botschafter hatte ihn Bond empfohlen. Angeblich stammte er noch aus
    dem Nachlass des letzten Gouverneurs. Nach dem Dinner meldete sich Gilbert zu
    Wort:




    "Wie gefällt ihnen Nigeria bis jetzt, Mr. Bond?"




    "Viel mehr als den Flughafen und die Botschaft kenne ich ja noch
    nicht."




    Jetzt griff Mrs. Harris ein: "Oh, Sie werden begeistert von Nigeria sein.
    Die Natur hier ist einzigartig schön. Waren sie schon am Meer, Mr. Bond?"
    Man spürte, dass Mrs. Harris wirklich begeistert von Nigeria war.







  • "Bis jetzt leider noch nicht.
    Ich bin noch nicht dazu gekommen."




    "Ja richtig, Sie müssen ja arbeiten. Sie sind beim Geheimdienst, nicht
    wahr?"




    "Agnes!" Der Botschafter unterbrach seine Frau schnell. Diesmal war
    sie es, der der finstere Blick zugeworfen wurde. Bond konnte sehen, dass dem
    Botschafter, die "offene Art" seiner Frau mit Geheimnissen umzugehen
    etwas peinlich war.




    "Lassen sie nur, Sir Harris! Solange die Gegenseite nichts davon
    weiß!" Mrs. Harris grinste überlegen zu ihrem Mann hinüber.




    "Auch ich schweige natürlich wie ein Grab" versicherte Gilbert. Bond
    glaubte ihm das aufs Wort. Der Sekretär war den ganzen Abend so zurückhaltend
    und korrekt gewesen, wie man das von einem Beamten im Botschaftsdienst erwarten
    konnte. Er machte überhaupt einen sehr verlässlichen Eindruck auf Bond.




    Durch die Unterstützung von Bond vorhin fühlte sich Mrs. Harris ermutigt, das
    Gespräch fortzuführen. Sie begann von Neuem von der Schönheit des Landes zu
    reden, von der Freundlichkeit der Leute und spickte ihre Erzählungen zur
    Veranschaulichung mit Erlebnissen, die sie in 17 Jahren an der Botschaft
    gemacht hatte. Gelegentlich wurden ihre Ausführungen von Sir Harris oder
    Gilbert ergänzt. "...Aids ist allerdings ein Problem! Wie leider fast
    überall in Afrika"




    Der Botschafter machte ein ernstes Gesicht "Das stimmt. Glücklicherweise
    kümmert sich die Organisation von Reverend Stone darum. Feiner Kerl. Finanziert
    alles aus Spendengeldern. Er selbst arbeitet komplett ehrenamtlich. Eine
    wirklich interessante Persönlichkeit! Nun ja, Bond. Sie werden ihn ja sowieso
    morgen im Casino treffen."




    "Ein Reverend im Casino?" Bond zog die Augenbrauen hoch.




    "Wir haben uns daran mittlerweile schon gewöhnt. Stone sieht das nicht so
    eng. Er ist einer der Geistlichen, die eher praktisch denken. Sie werden es ja
    morgen selbst sehen!"




    Bond war wirklich gespannt auf das Treffen morgen im Casino. Gegen 10 Uhr löste
    sich die Runde auf. Gilbert ging in sein Büro um noch wichtige Unterlagen zu
    bearbeiten, wie er selbst sagte. Für ihn schien es selbstverständlich zu sein,
    auch noch nach Feierabend weiterzuarbeiten. Der Botschafter lud Bond noch auf
    einen Bourbon in sein Arbeitszimmer ein. Sie unterhielten sich bis weit nach
    Mitternacht über die politische Situation in Nigeria (Sir Harris erzählte ihm,
    dass vor Kurzem wieder Wahlen stattgefunden hatten), über Bourbon, Autos (Bond
    lobte den Rolls-Royce des Botschafters) und andere Dinge. Mrs. Harris
    interessierten solche Themen nicht und so versuchte sie noch mindestens
    dreimal, die Aufmerksamkeit wieder auf Nigeria und ihre Erlebnisse in den
    letzten Jahren zu lenken. Doch diese Versuche scheiterten jedes Mal an der
    steinernen Miene, die der Botschafter dann auflegte und so verließ Mrs. Harris
    den Raum bald wieder.




    Nach dem Gespräch mit Sir Harris ging auch Bond in sein Zimmer zurück und
    versuchte einzuschlafen, was nun in der lauen Nachtluft, die durch das
    geöffnete Fenster in sein Zimmer drang, viel besser ging als noch am Nachmittag.
    Den Ventilator ließ er trotzdem an.





    ***





    (Z) Mit einem lauten Piepen wurde Bond aus seinen Träumen
    geweckt. Seine Omega zeigte eine Uhrzeit von 9. 45 Uhr an. Eigentlich
    ungewöhnlich für Bond, der ja sonst das frühe Aufstehen liebt und diesem frönt.
    Trotzdem genoss er die warme Luft, die jetzt schon teilweise drückend im Zimmer
    lag. Während Bond unter einer erfrischenden Dusche stand überlegte er, wie er
    den Tag bis zum Treffen mit Mbeki im Casino verbringen solle. Er war
    unentschlossen. Er hätte die Möglichkeit sich weiter mit Harris über das Land
    und dessen Probleme, vor allem natürlich Aids, zu unterhalten. Doch angesichts
    der jetzt schon hohen Temperaturen entschied er sich, diesen Plan zu verwerfen.
    Bond war schließlich ein Mann der Tat und so ließ er sein Gehirn unaufhaltsam
    arbeiten, um einen Plan für den Tag zu erstellen.





    Nachdem er ein dunkelblaues Hemd
    und eine graue Hose angezogen hatte, begab sich zur hölzernen Treppe, die an
    ihren Sockeln mit kleinen Löwenköpfen verziert war und schritt diese in einem
    leicht lässigen Gang hinunter. Anschließend folgte er dem dicken beigefarbenen
    Teppich und betrat das Speisezimmer, das durch Gilbert und dem Botschafter
    schon recht gut gefüllt war. „Guten Morgen die Herren. Wo ist denn die Frau
    Gemahlin ?“




    „Guten Morgen, James .Sie wollte noch kurz in die Stadt, um ein Geschenk für
    die Frau des französischen Botschafters zu kaufen. Sie feiern heute nämlich
    15jähriges Dienstjubiläum.“




    Bond griff nach frischen Croissants, und strich sich ein wenig Konfitüre auf,
    anschließend schenkte er sich Kaffe ein. Bond hasste eigentlich Tee,
    bezeichnete ihn als „dreckiges Wasser“, was untypisch für einen gestandenen
    Briten war.




    Nach einem ausgedehnten Frühstück blickte Bond erneut in seinen Kleiderschrank,
    um das passenden Outfit für den Tag zurechtzulegen. Er wählte eine dunkelgrüne
    Stoffhose und ein beigefarbenes Safarihemd, dessen Ärmel er hochkrempelte.



    Dann ging er auf Gilberts Büro zu,
    an das er anklopfte: „Ach Gilbert, bitte fahren Sie doch einen unauffälligen
    Wagen vor. Ich würde heute gerne zur Horora-Bucht. Das liegt doch hier ganz in
    der Nähe.“




    „Es sind nur wenige Kilometer. Wollen Sie denn einen Wanderausflug machen?“




    „Eher weniger. Also sagen wir in zehn Minuten ?“




    „Geht in Ordnung, Mr. Bond. Ich bearbeite nur noch diesen kleinen Antrag.“




    Bond schlenderte zu einem kleinen Teewagen, auf dem eine altertümlich Karaffe
    stand, in der sich Orangensaft befand. Er schüttete sich ein Glas ein und nahm
    einen kräftigen erfrischenden Schluck, als auch schon Gilbert die Treppe
    hinunterkam.




    „Die Sache hat sich schon erledigt. Wollen wir.“ Gilbert deutete auf die Tür
    und beide gingen in Richtung des Hofes, auf dem ein ca. 20jähriger Landrover
    stand.




    Nach zwanzig Minuten erreichten sie endlich die Bucht von Horora, einem kleinen
    Vorort von Lagos. Gilbert folgte dem Wagweiser der Tauchschule und bog nach
    rechts in einen staubigen Pfad ab. Staub wirbelte auf, als Gilbert auf die
    Bremse trat und den Zündschlüssel hinauszog. Am Eingang der Tauchschule
    erwartete Bond schon ein Herr mittleren Alters, der einen Sonnenhut trug und
    vermutlich aus Westeuropa kam. Die Tauchschule war eine kleine, urig anmutende
    Strohhütte, die aber über technische Standards, wie Ventilatoren, oder Computer
    verfügte.




    „Eine Tauchausrüstung für vier Stunden bitte.“ Bond wusste sich nicht anders zu
    helfen, als seine Universal Exports-Mitgliedskarte zu zücken und sie dem Mann
    zu zeigen. Doch dieser interessierte sich wenig dafür. Er erblickte Gilbert,
    der sich zwischenzeitlich an den Landrover gelehnt hatte und grüßte ihn: „Guten
    Morgen Freddie, wen hast du denn da mitgebracht?“




    „Ein guter Freund von mir und Mr. Harris. Sein Name ist Bond. James Bond. Er
    wollte mal die Natur hier genießen.“




    Der Tauchlehrer zwinkerte Bond zu und reichte im zwei Sauerstoffflaschen, sowie
    die andere übliche Ausrüstung.Bond bedankte sich und ließ sich ins kühle Nass
    fallen. Um Bond stiegen Luftblasen auf und schon bald erkannte er die
    wunderbaren Korallen und die hell leuchtenden Fische. Das Licht der jetzt im
    Zenit stehenden Sonne wurde von Wasser gebrochen und leuchtete die farbenfrohe
    Unterwasserwelt aus. Nach einigen Stunden beendete Bond das wunderbare
    Naturschauspiel und schwamm zur Wasseroberfläche zurück. Er stapfte in einen
    kleinen Umkleideraum und legte wieder seine Strassenkleidung an, während er die
    triefende Taucherausrüstung über eine Holzbarriere hing.






    Bond setzte sich in einen
    gemütlichen Korksessel, bestellte ein Glas Ginger Ale und blickte hinaus auf
    die Bucht von Horora. Das Felsmassiv strahlte Bond rötlich entgegen und beinahe
    wäre er der Natur erlegen und eingeschlafen, wenn ihn nicht Gilbert, der die
    gesamte Zeit mit Gordon Francis, dem Tauchschullehrer mehrere Partien
    Backgammon spielte, ermahnte: „Mr. Bond. Denken Sie bitte daran, dass Sie heute
    Abend mit dem Reverend verabredet sind. Außerdem könnten wir beide glaube ich,
    eine Kleinigkeit zu Essen vertragen. Vielleicht ist ja schon Mrs. Harris wieder
    zurück. Sie ist eine zauberhafte Köchin.“




    Bond bequemte sich aus seinem Stuhl und verabschiedete sich dann von Francis.
    Bond und Gilbert stiegen ins Auto. Der Motor lief schon, als sie auch Gilbert
    verabschiedete: „Mach’s gut Gordon. Setz mir den Tag heute einfach auf die
    Rechnung. Vielleicht schaue ich heute Abend noch einmal vorbei.“




    Bond und Gilbert erreichten nach einer halben Stund die britische Botschaft.
    Auch Bond verspürte jetzt ein Hungergefühl. Vermutlich wurde es zuvor von den
    wunderschönen Erlebnissen unter Wasser gedrückt.




    In der britischen Botschaft orderte Gilbert das Essen für die nächste Dreiviertelstunde.
    Gelegenheit für Bond, die Garderobe für den Abend bereitzulegen. Er wählte die
    Standardgarderobe: ein modisches, mit schwarzen Perlen bestücktes Thurnbach und
    Asser-Hemd, einen schwarzen Anzug und die dazu passende Hose. Eine an den Beinen
    engere. Bond liebte dies, denn es erinnerte ihn an seine Uniformhose, die er so
    oft bei der Navy trug.


    Die Garderobe inklusive der schwarzen Fliege legte er auf das Bett. Bond betrat
    das Speisezimmer, wo die Gerichte schon aufgebaut worden waren. Während Bond
    immer wieder das leckere Essen lobte, erzählte er auch von den entspannenden
    Erlebnissen des bisherigen Tages. Vor allem Mrs. Harris, die Naturliebhaberin
    hörte gefesselt zu.


    Nach dem vorzüglichen Essen legte Bond sich noch für zwei Stunden schlafen, um
    dann um viertel vor sieben noch einen kleinen Snack zu sich zu nehmen. Bond
    legte sein Abenddress an und stieg in den Wark Pard von Harris, der ihn zum
    Casino brachte. „Viel Spaß dann. Und verspielen Sie nicht zu viel.“


    Bond winkte Harris zu, der im Schritttempo zurück auf die Hauptstrasse und
    Richtung Botschaft fuhr. Bond schritt in den Vorraum des Casinos, gab seine
    Personalien an und löste seine Eintrittskarte und sah sich um. Es war fünf vor
    halb acht. Er schritt über die roten Teppichen und verfolgte zeitweise das
    Spielgeschehen an einigen Tischen, als er am Chemin-de-fer-Tisch den Reverend
    entdeckte. Er grüßte den Reverend kurz und orderte dann einen jungen Diener:
    „Besorgen Sie mir bitte Chips für zwanzigtausend Pfund.“


    Der Diener tat wie ihm befohlen und kam nach einer kurzen Zeit mit einem
    Silbertablett zurück, auf dem 20 rote Chips im Wert von je zehntausend Pfund
    lagen. Bond steckte die Chips in seine Tasche seines Sakkos und setzte sich an
    Tisch 3. Er blickte nun Reverend Stone direkt ins Gesicht . Die weiteren
    Spieler setzten sich aus schwarzafrikanischen Industriellen, aber auch weißen
    Diplomaten zusammen. Bonds Nachbar sprach mit einem starken französischem
    Akzent, außerdem fiel Bond ein schwergewichtiger Amerikaner auf, der ständig an
    seiner Zigarre paffte. Der Reverend bot dem Amerikaner zu seiner rechten mutig
    banco, gewann und verdreifachte den Einsatz auf nunmehr fünftausend Pfund. Der
    Reverend schien eine Glückssträhne zu besitzen., denn die nächsten zwei Runden
    konnte er für sich entscheiden. Bond wusste, dass für viele Spieler die Dritte
    Runde im Chemin-de-fer eine Hürde bedeutete, die oft verheerend ausgehen
    konnte. Doch Bond ließ sich nicht beeindrucken. Die Bank verfügte zu Beginn der
    dritten Runde über 25.000 Pfund. Wer die dritte Runde gewann konnte sich also
    als sicherer Sieger fühlen. Bond verfügte noch über eine Reserve von 15.000
    Pfund, der Reverend besaß 20.000 Pfund, die weiteren Spieler konnten Reserven
    in einer Spanne von 10.000-15.000 Pfund verbuchen. Ein schwarzer Industrieller
    wollten nun ins Spiel eingreifen und bot Bond banco. Die Chancen für den
    Schwarzen standen gut: eine fünf. Die Zuschauer, die sich an Tisch 3
    zusammengefunden hatten, um das Spiel zu beobachteten raunten, als sich die
    Glückssträhne Bonds, der dem Reverend zwischenzeitlich den Rang abgelaufen
    hatte, dem Ende zu nähern schien. Bond lugte vorsichtig auf seine Karte und
    drehte sie dann blitzschnell um. Eine sechs. Wieder ein Sieg. Der Croupier
    schob Bond einen Gewinn von 40.000 Pfund zu und wünschte ihm noch einen schönen
    Abend.




    Der Reverend folgte Bond zur Bar. „Für mich bitte einen Bacardi mit drei
    Stücken Eis.“ Der Reverend schien heute in Partylaune zu sein.






    „Und für mich bitte Wodka Martini.
    Geschüttelt, nicht gerührt.“




    „Eine ausgezeichnete Wahl. Vorhin beim Spielen hatten Sie ja wirklich Glück,
    aber natürlich zeigten Sie auch ihr ganzes Können. Spielen Sie öfter?“ Die
    grauen Augen des Reverends bohrten sich in Bonds Gesicht, der kein gutes Gefühl
    hatte.




    „Ab und zu gelegentlich, Sie waren aber auch nicht schlecht.“




    „Na ja, Übungssache. Ich zittere oft vor der dritten Runde. Sagen Sie, was
    würden Sie davon halten, wenn wir uns morgen in der Hauptstelle von Aide contre
    Aids treffen würden? Zum Nachmittag vielleicht. Sagen wir gegen zwei. Dann
    könnten Sie mit Recherchen und Inspektionen anfangen. Gegen vier können wir ja
    dann gemeinsam essen. Ich werde Dr. Morton Bescheid geben und ihnen unsere
    Sicherheitschefin, Ms. Julie Zorbo, zur Verfügung stellen. Sie wird Sie mit
    allen wichtigen Informationen versorgen.“




    „Ich denke, dass das geht. Ich freue mich schon.“




    Bond und Stone plauderten noch bis spät in die Nacht an der Bar zusammen über
    dieses und jenes und über die Tätigkeitsfelder des Reverends. Gegen ca. 3.00
    Uhr verließ Bond das Casino und rief ein Taxi Richtung Botschaft, die er nach
    einer halben Stunde erreichte. Gilbert saß noch unter dem Brennen der Bürolampe
    an einigen Akten und wünschte Bond noch eine geruhsame Nacht, die er nach einem
    langen tag wohlwollend in Anspruch nahm.





    ***





    (V) Dr. Mortons Büro am nächsten Morgen.



    Sallys Stimme kommt aus der
    Sprechanlage. „Miss Field ist nun hier. Kann ich sie hereinschicken, Dr.
    Morton?“ „Natürlich, Sally.“





    Die Tür öffnete sich und Clarissa
    Field trat in das Büro. Ohne Umschweife kam sie zu ihrem Anliegen. „Haben sie
    die Dokumente hier?“





    „Selbstverständlich.“ Dr. Morton
    ging zum Safe und holte die Dokumente heraus.





    „Geben sie her.“ Clarissa steckte
    sie ein. „Wie immer ganz diskret 50 % für sie von dem Erlös?“





    „So, war es abgemacht. Über die
    andere Hälfte kann C.O.U.N.T. verfügen. Dies ist außerdem die letzte Lieferung,
    Colombier ist aufgeflogen. Das Geld bitte auf das ihnen bekannte Konto.“





    „Wenn der Chef von ihrem Spiel
    hier wüsste und erfahren würde, dass die Erträge in Wirklichkeit doppelt so hoch
    sind, wären sie sicher bald ein toter Mann.“ Clarissa drehte sich um und
    verließ Mortons Büro.





    ***





    (Z) Gegen 20.00 Uhr rollte ein silberner Jaguar vor das
    Botschaftergebäude. Dr. Morton hatte Bond zuvor absagen müssen. Die Führung und
    weitere Recherchen konnten nicht durchgeführt werden. Morton sprach von einem
    wichtigen Treffen mit Geschäftsfreunden, unter Vorsitz von Torbjörn Lindström.
    Bond kam dieser Name irgendwie bekannt vor, konnte ihn aber nicht richtig
    assoziieren. Der Chauffeur, ein schlacksiger Europäer hupte zweimal, sodass
    Bond leger den Wagen bestieg. Er grüßte den Chauffeur und ließ sich auf die
    Rückbank fallen. „Dr. Morton erwartet Sie bereits. Er freut sich, mit Ihnen zu
    dinieren.“




    „Das Vergnügen liegt ganz auf meiner Seite.“ Bond fühlte sich sicher, wusste
    allerdings, dass es schnell vorbei sein könnte, wenn er morgen beim Durchsuchen
    der Geschäftsräume von AIDE unvorsichtig sein würde.





    20 Minuten später parkte der Wagen vor dem AIDE-Hauptgebäude. Ein wirklich
    prachtvoller Bau. Links und rechts flankierten ihn einige neue Bürogebäude und
    kleinere Gärten, aus denen kleine Springbrunnen entstiegen. Bond wurde vom
    Chauffeur hinausgebeten und schritt über den Kiesweg geradeaus zur dicken
    Eichentür, an der ein gusseiserner Klopfer montiert. Der Klopfer bestand aus
    einem Elefantenkopf, der an den Ohren durch zwei Straußenfedern verziert wurde.
    Überhaupt schien hier alles einer Safari-Ranch zu gleichen. Der Chauffeur
    stellte sich vor Bond, betätigte den Klopfer und wartete.




    „Mr. Lloyd. Er wird heute mit Dr. Morton zu Abend essen.“ Ein riesiger weißer
    Schläger mit rotem Irokesenschnitt und Smoking schaute auf Bond hinab und wies
    ihn in die kleine Empfangshalle, in der ein kühler Luftzug wehte. Bond setzte
    sich in einen Korksessel und schaute sich um. Überall standen ausgestopfte
    Tiere. Von Bären über Vogelstrauße und Wildkatzen war alles zu finden. Selbst
    ein Krokodil hing an der Wand. Jeder Schritt hallte durch die Halle, deren
    Boden aus einem farbenfrohen afrikanischen Mosaik bestand.




    „Es wurde vor 15 Jahren hier entdeckt, als Ausgrabungen durchgeführt wurden.
    Damals bestand AIDE noch nicht. Es wurde bekannt, dass hier einmal ein altes
    ehrwürdiges Freudenhaus stand. Aber erst einmal herzlich Willkommen, Mr.
    Lloyd.“






    Dr. Morton stand in einem weißen
    Leinensmoking in der Türschwelle und wirkte gut gelaunt. Erst jetzt bemerkte
    Bond, dass das Mosaik einen Kolonisten zeigte, der sich mit einer
    Schwarzafrikanerin vergnügte.




    „Wir wussten schon über die Vorzüge dieses schönen Landes.“ Morton scherzte,
    kam dann aber zu einem ernsteren Thema zurück. „Schon mein ganzes Leben lang
    versuche ich, den schrecklichen Kampf gegen diese tückische Krankheit für die
    armen Menschen zu gewinnen. Wissen Sie, es ist furchtbar. Ich sehe tagtäglich
    infizierte Menschen in den Zelten und den Krankenhäuser, wie sie doch
    eigentlich ganz normal aussehen, aber dennoch dem Tode so nah sind. Aber dafür
    forschen wir ja, um AIDS den Garaus zu machen. Das Wichtigste ist immer, die
    Krankheit noch publiker zu machen. In den letzten Jahren haben wir aber schon
    deutliche Fortschritte erzielen können. Aber wir sind noch nicht am Ziel. Es
    ist noch ein langer Weg.“




    Morton schritt mit Bond durch einen kleinen Gang in das Speisezimmer, wo schon
    die Tafel aufgebaut war. Morton erläuterte Bond die fünf Gänge und bat ihn an
    seinen Platz, der von Bond wohlwollend in Anspruch genommen wurde.




    „Ein ausgezeichneter Wein. Bollinger 68er. Ein edler Genuss Doktor. Sagen Sie,
    verfügen Sie auch über Dom Perignon? Ich ziehe dem Bollinger bei diesen Temperaturen
    einen 71er vor. Der macht nicht zu voll.“




    Morton grinste. „Sie verstehen wohl nicht nur was von Casinos, Mr. Lloyd,
    sondern verfügen allem Anschein nach auch über ein tiefgründiges Wissen über
    Wein. Tudor? Bring uns eine Flasche Dom Perignon 71er.“




    „Jawohl, Doktor.“ Der Irokese verlies den Raum und schritt eine Wendeltreppe
    hinunter in den Keller.




    Dann widmeten sie sich wieder dem Beruflichen.


    “Ich würde vorschlagen, dass ich Sie morgen mit der Sicherheitschefin, Ms.
    Julie Zorbo bekannt machen werde. Sie wird Sie dann noch ein wenig durch die
    Büroräume führen. Ms. Zorbo gehört unserem Unternehmen nun schon seit zwei
    Jahren an. Damals drangen feindliche Agenten von Chemiefirmen in unser Gelände
    ein, um einen Prototypen eines Medikamentes zu stehlen. Ich konnte sie aber
    durch meine Pfeilgiftfrösche in die Flucht schlagen.“


  • Erst jetzt bemerkte Bond, dass der
    gesamte Boden des Speisesaals aus einem einzigen Deckel eines Terrariums
    bestand. Zuvor fiel das Licht so auf den Boden, dass man den Verdacht hatte, es
    handele sich ebenfalls um ein Mosaik. „Ich sehe schon, Sie haben eine Vorliebe
    für Tiere. Hoffentlich lohnt sich der morgige Besuch. Ich bin sicher, dass ich
    der WHO nur gutes erzählen werde.“




    Dann fuhren sie mit dem Essen fort, welches zwei weitere Stunden in Anspruch
    nahm. Gegen halb elf dann verabschiedete sich Bond mit einem letzten Schluck
    Dom Perignon.




    „Tudor. Bring Mr. Lloyd nach Hause. Und fahre vorsichtig. Wir wollen ja nicht,
    dass Mr. Lloyd etwas zustößt.“




    Bond wurde von Tudor nach draußen geleitet und nach Hause gefahren, während im
    Inneren des Hauptquartiers Morton an einen Tisch, dessen Beine aus Elfenbein
    geschnitzt waren, trat, ein Telefonhörer abnahm und eine Nummer wählte. „Ja
    Morton hier. Ah, Ms. Zorbo. Könnten Sie bitte jemanden für mich überprüfen? Ja.
    Es handelt sich um einen gewissen Mr. James Lloyd von der WHO. Überprüfen Sie
    doch mal bitte seine Identität. Warum? Ich habe berechtigte Zweifel daran, dass
    ein bürokratischer, stinknormaler WHO-Inspektor sich so gut im Anzug macht, dem
    Reverend einige tausend Pfund beim Chemin-de-fer abnimmt und so gut über Wein
    bescheid weiß. Wenn Sie was herausgefunden haben, lassen Sie es mich wissen.
    Gute Nacht.“





    ***





    (V) Tudor fuhr
    beim Botschaftergebäude vor und Bond stieg aus. Als Tudor um die nächste Ecke
    gefahren war und Bond gerade das Botschaftsgelände betreten wollte, kam eine
    Frau schnellen Schrittes und mit einer gewissen Hast auf ihn zu. Es war Sally.
    „Mr. Lloyd! Sie sind doch Mr. Lloyd?“





    Bond drehte sich zu der Frau um und musterte sie. „Ja, der
    bin ich. Was möchten sie von mir?“





    „Ich bin Sally, die Sekretärin von Dr. Morton.“ Sallys
    Stimme war leise, aber aufgeregt. „Ich glaube, sie sind der richtige
    Ansprechpartner für mich. Sie wollen doch hier alles unter die Lupe nehmen? Ich
    habe Beweise, dass Dr. Morton ein Verbrecher ist. Ich kann mich nicht an die
    Polizei wenden. Dr. Morton hat viele Beziehungen hier. Er scheint auch mit
    einer Vereinigung in Verbindung zu stehen, die C.O.U.N.T. heißt. Er liefert
    ihnen irgendwelche Dokumente und wird dann von ihnen bezahlt. Aber es gibt noch
    weit mehr über Dr. Morton zu berichten. Einiges habe ich auch schwarz auf weiß.
    Können wir uns morgen Abend treffen?“





    „Selbstverständlich. Wo?“





    „Im ‚Colonists’. Das ist ein kleines Lokal in der Altstadt.
    Sagen wir um 20 Uhr.“





    „Um 20 Uhr, gut.“ Bond nickte und Sally verschwand so
    schnell wie sie gekommen war, nicht ahnend, dass wenige Meter weiter in einer
    unbeleuchteten Ecke eine Person das Gespräch mitbekommen hatte, Dr. Francine
    Belleville. Sobald Bond die Botschaft betreten hatte, löste sie sich aus dem
    Schatten, ging eine Nebenstraße zu ihrem Wagen und fuhr zu Dr. Morton. Dort
    wurde sie gleich in Dr. Mortons Büro gebeten, vorbei am Speisesaal, den sie mit
    ängstlichem Blick auf den Glasboden rasch durchquerte. Dr. Morton saß am
    Schreibtisch. „Nun, was gibt es, Dr. Belleville?“





    „Sally hat eben Mr. Lloyd vor der Botschaft abgefangen. Sie
    will ihm Beweise für ihre Verbrechen vorlegen. Morgen Abend im ‚Colonists’.“





    „Wir werden rechtzeitig geeignete Maßnahmen ergreifen, seien
    sie sicher.“





    Das Telefon klingelte. Dr. Morton hob sofort ab. „Morton.“
    Eine kurze Pause folgte. „Ach Miss Zorbo. Einen Moment.“ Dr. Morton schaute zu
    Francine. „Das dürfte sie auch interessieren. Miss Zorbo hatte den Auftrag diesen
    Mr. Lloyd genauer zu untersuchen.“ Er schaltete den Lautsprecher an. „Sprechen
    sie, Miss Zorbo.“





    „Es ist sicher, dass dieser Mr. Lloyd nicht zur WHO gehört.
    Laut Profil gibt es überhaupt nur einen Mann, der auf ihn passt. James Bond,
    Agent des englischen Geheimdienstes.“





    „James Bond?“ Dr. Morton warf Dr. Belleville einen bösen
    Blick zu. „Sie sagten doch, von ihm wäre nichts mehr übrig, Dr. Belleville?
    Dafür ist dann aber recht viel von ihm hier angekommen.“





    Francine wurde blass. „Die... die Bombe ist ordnungsgemäß in
    seinem Hotelzimmer explodiert.“





    „Und wenn er gar nicht in seinem Hotelzimmer war?“ fragte
    Dr. Morton ärgerlich. „Haben wir ein Bild von Bond?“





    „Nein“, ertönte es aus dem Lautsprecher.





    „Colombier hat Bond doch in Paris erkannt. Er hat sicher ein
    Bild von ihm“, meinte Francine.





    „Colombier hat sich wer weiß wohin abgesetzt“, knurrte Dr.
    Morton. „Miss Zorbo. Da gibt es noch eine Neuigkeit, die von Belang ist. Sallys
    Neugierde hat gefährliche Ausmaße entwickelt. Ausmaße, die schon diesen falschen
    Mr. Lloyd erreicht haben. Sie wissen Bescheid, was zu tun ist.“





    „Ja, Dr. Morton.“ Miss Zorbo legte
    auf. Sie saß am Schreibtisch in ihrem kleinen, recht steril gehaltenem Büro im
    Verwaltungskomplex des Missionskrankenhauses der AIDE-Stiftung. Sie drückte
    einen Knopf und kurze Zeit später kam der Krankenpfleger herein. „Kümmern sie
    sich um Sally, sobald sie morgen früh hier erscheint“, befahl sie. Der
    Krankenpfleger nickte und verließ den Raum.





    ***





    Am nächsten Tag stand Bond mit
    einer Aktentasche und einem hellen Anzug bekleidet vor dem Verwaltungsgebäude
    des Krankenhauses. Als er die Eingangshalle betrat, wartete dort schon eine
    äußerst attraktive Frau. Er ging langsam auf sie zu. „Sie sind Miss Zorbo,
    nehme ich an? James Lloyd von der WHO.“





    „Erfreut sie kennen zu lernen, Mr.
    Lloyd. Am Besten beginnen wir gleich mit der Führung. Wenn es ihnen nichts
    ausmacht, gehen wir erst am Archiv vorbei, dann kann ich ihnen gleich noch
    einige Aufstellungen aus den letzten Jahren heraussuchen.“





    „Nein, das macht mir gar nichts
    aus.“





    Miss Zorbo ging vor. Das Gebäude
    war nicht unterkellert und das Archiv befand sich in einem Gang im Erdgeschoss.
    Von der gegenüberliegenden Gangseite trat gerade Reverend Stone aus seinem Büro
    und ging auf die beiden zu. „Guten Morgen, Mr. Lloyd. Kann ich ihnen auch
    irgendwie behilflich sein? Aber wie ich sehe, werden sie ja von Miss Zorbo
    schon glänzend versorgt. Wollten sie auch gerade in das Archiv?“





    „Guten Morgen, Reverend. Ja, Miss
    Zorbo kümmert sich sehr professionell um mich. Ich denke ich kann die Kontrolle
    hier rasch abschließen.“





    Sie hatten das Archiv erreicht.
    Der Reverend holte die Schlüssel hervor und schloss auf. „Das ist ja
    erfreulich.“ Er öffnete die Tür und wich sofort wieder zurück. Erschrocken
    blickte er ins Archiv. „Sally!“





    Bond trat vor. Sally hing an der
    Decke, ein Seil um ihren Hals und einen umgestoßenen Stuhl unter sich.
    Schrecken, Betroffenheit und auch etwas Schuldgefühl spiegelte sich auf seinem
    Gesicht wider. Mit einem leichten Grinsen beobachtete Miss Zorbo Bonds
    Reaktion. Dann wurde ihr Gesichtsausdruck sofort wieder ernst. Die drei
    betraten das Archiv. Reverend Stone stellte sich etwas abseits und faltete die
    Hände. „Dass es soweit kommen würde, hätte ich nicht gedacht“, meinte er
    betrübt. Er sprach ein kurzes Gebet. Dann wandte er sich Bond und Miss Zorbo
    zu. „Möge der Allmächtige sich ihrer armen Seele erbarmen, auch wenn sie jetzt
    als Selbstmörderin vor ihm steht. Sie war eine arme Frau.“ Bond sah ihn fragend
    an. „Sie litt unter Verfolgungswahn und wurde auch deshalb schon behandelt. Als
    sie auf dem Wege der Besserung schien, bekam sie eine Stelle als Mortons
    Sekretärin. Seither schien es ihr gut zu gehen. Dass wir so keine Anzeichen
    bemerkt haben. Da muss es erst so weit kommen. Die arme Sally. Ich werde jetzt
    Dr. Morton und die Polizei informieren.“ Der Reverend verließ das Archiv.





    Als er gegangen war wandte sich
    Miss Zorbo Bond zu. „Und was denken sie, Mr. Lloyd. War es wirklich
    Selbstmord?“





    „Ich kann es nicht sagen. Außerdem
    steht mir eine Beurteilung auch gar nicht zu.“





    Miss Zorbo schloss die Archivtür
    ab und ließ den Schlüssel in ihre Tasche gleiten. „Sie können es sehr wohl
    sagen. Sie wissen, dass es Mord war, Mord sein muss, Mr. Bond.“ Während dieser
    Worte hatte sie einen Revolver hervorgeholt und bedrohte Bond. „Ja, wir wissen
    von ihrer wahren Identität“, lächelte sie überlegen. „Wissen sie eigentlich,
    dass das Archiv noch einen zweiten Ausgang zum Hinterhof hat? An der hinteren
    Wand ist eine Metalltür. Und dort verschwinden wir jetzt, bevor dieser
    idiotische Reverend mit der Polizei hier anrückt.“ Sie warf Bond die Schlüssel
    zu. „Schließen sie auf und gehen sie auf den Hof.“





    Bonds Gehirn arbeitete auf
    Hochtouren, doch ihm fiel keine Möglichkeit ein, wie er sich aus dieser
    brenzligen Situation befreien könnte und so führte er die Anweisungen aus. Kaum
    trat er ins Freie bekam er einen dumpfen Schlag und verlor das Bewusstsein. Der
    Krankenpfleger fing ihn auf und verfrachtete ihn in den Laderaum eines
    geräumigen Jeeps, den das rote Kreuz zierte. Dann setzte er sich vor das Steuer
    und wartete auf Miss Zorbo, die die Tür zum Archiv wieder abschloss und dann
    auf der Beifahrerseite Platz nahm. Der Krankenpfleger startete den Motor und
    der Jeep verließ den Hof und ließ nur eine Staubwolke zurück.





    ***





    (Z) „Sie haben uns jetzt lange genug an der Nase herumgeführt.“
    Dr. Belleville stand mit einer Browning bewaffnet vor Bonds Bett.




    „Wo bin ich hier ?“ Bond richtete sich auf und fuhr sich durch die Haare. Er
    hatte sich nur noch an den Schlag erinnern können und wie er anschließend zu
    Boden sackte, dann musste der Film gerissen sein.




    „Sie befinden sich in Dr. Mortons Villa. Geschäftspartner aus Schweden haben
    sie ihm vor einem guten Jahr geschenkt. Und dazu noch viele schöne Bilder.“




    Belleville deutete an die Wände und Bond wanderte mit seinen Augen die Wand
    entlang. Ein Bild konnte er mit irgendetwas verbinden, er wusste nur noch nicht
    genau mit was genau. Das Bild zeigte einen riesigen Berg, der von einem Zaun,
    vermutlich elektrisch geladen, umgeben war. Am unteren Rand des Bildes dann
    konnte Bond die schwedische Flagge und eine Widmung erkennen. „Ziehen Sie sich
    bitte etwas an, schauen sie in den Schrank da, ob Sie etwas geeignetes finden.
    Wir erwarten Sie dann in einer Viertelstunde. Vor dem Kamin.“




    Bond legte seinen silbernen Seidenpyjama ab und stieg in seine Garderobe:
    blaues kurzärmliges Hemd, helle Hose, dazu sein Gürtel. Alles schien direkt
    frisch vom Schneider zu kommen, ebenfalls die Anzugjacke mit den kleinen
    unauffälligen Manschettenknöpfen.


    Nachdem Bond den Anzug angelegt hatte, verließ er das marmorgeflieste Zimmer
    und schritt den Gang weiter entlang. Er durchschritt eine kleine überdachte
    Terrasse mit Blick auf die Horora-Bucht und gelangte schließlich zum
    Kaminzimmer.


    Statt des flackernden Kamins vernahm Bond die kühle Luft eines sich an der
    Decke befindlichen Ventilators.




    „Guten Morgen Mr. Bond! Orangensaft?“




    Bond antwortete Morton nicht, doch dieser ließ ein Glas für Bond bestellen.
    „Warum bin ich hier?“





    Bond wurde von Dr. Morton in einen
    Sessel gebeten. „Sagen wir es einmal so: wir mussten Sie vorübergehend aus dem
    Verkehr ziehen, aber wir werden bei kooperativen Verhalten ihrerseits
    sicherlich ein oder zwei Augen zudrücken. Sollten Sie allerdings Ihre Mithilfe
    verweigern, stellen wir uns blind.“




    „Und dann wird es mir genauso ergehen wie dem MI6-Agenten, der in Lagos auf
    offener Strasse erschossen wurde, nicht wahr ?“




    „Er war halt ein wenig zu aufdringlich, Dr. Belleville hat zudem fantastische
    Arbeit geleistet.“




    „Wenn Sie es sagen.“





    Bond empfand nichts weiter als tiefste Abneigung für
    Dr. Morton. Wenn er jetzt zu seiner PPK greifen könnte wüsste Bond, für wen die
    erste Kugel bestimmt wäre. Für Dr. Belleville, denn diese stand immer noch
    hinter Bond, mit der Browning auf ihn gerichtet. „Genießen Sie noch ein wenig
    den Sonnenaufgang. Es wird Ihr letzter sein.“




    Bond hatte so etwas, wie Dr. Morton es gerade ausgesprochen hatte, schon einige
    Male von seinen schärfsten Widersachern gehört. Doch momentan schien die Lage
    prekär und ausweglos, doch dann erinnerte er sich an die Wort des alten Q, die
    für Bond zu einem Motto wurden: „Lassen sie ihre Gegner niemals sehen, dass sie
    verwundbar sind. Und immer einen Fluchtplan bereithalten.“ Etwas anderes als
    die Hoffnung an das Positive blieb Bond in dieser Situation sowieso nicht
    übrig.




    „Jetzt ist aber wirklich Fütterungszeit. Dr. Belleville? Bringen Sie unser
    Lebendfutter in den Jeep und fahren Sie zur Bucht, die Feuerquallen warten
    sicherlich schon. Ich komme dann nach.“




    Dr. Belleville nickte und schubste Bond vor sich her, bis sie den Jeep erreicht
    hatten. Dr. Morton stieg hinter ihnen in ein separates Auto, eskortiert von
    zwei Schlägern.




    Die Strassen waren schlecht. Dennoch erreichten sie nach wenigen Minuten die
    Bucht, an der ein Steg ins Wasser ragte.




    „Die Hände über den Kopf und losgehen. Jegliche Fluchtversuche ihrerseits enden
    mit sofortiger Liquidation. Sie füttern die Quallen an, damit sich ihr Magen an
    das Hauptgericht gewöhnen kann.“ Dr. Belleville wirkte garstiger als noch am
    frühen Morgen, selbst zu einem der Schläger, der den Auftrag ausführen sollte.


    Das war Bonds Chance. Er schritt weiter auf das Stegende zu, mit dem Ziel, den
    Schläger nicht zu verlieren. Plötzlich erhöhte Bond seine Schrittfrequenz,
    sodass der Abstand drastisch verkürzt wurde. Er drehte an seinem
    Manschettenknopf und presste sich an den Schläger, der durch einen 15.000
    Volt-Treffer zusammensackte. Sofort feuerte Dr. Belleville zwei Schüsse auf
    Bond ab, doch dieser benutze den Schläger als menschliches Schutzschild.


    Der Schläger sackte zusammen und verdeckte Belleville die Schussbahn. Diese
    Gelegenheit nutzte Bond, um hinter einen Jeep zu laufen, in dem ein weiterer
    Schläger saß, der allerdings mit der Situation hilflos überfordert war. Alle
    Versuche, die Maschinenpistole aus dem Handschuhfach zu holen scheiterten, denn
    Bond hatte ihm schon einen Kinnhaken verpasst.


    Der zusammensackende Schläger wurde von Bond aus dem Jeep geworfen. Dies schien
    die Rettung zu sein, doch Dr. Morton, sowie Dr. Belleville rannten zum anderen
    Jeep und nahmen Bonds Verfolgung auf, der zwischenzeitlich den Motor angelassen
    hatte und einen Fluchtversuch unternahm.


    Bonds Gegner am ersten Jeep rappelte sich auf, erkannte diesmal die Situation
    und sprintete in großen gazellenartigen Schritten auf Morton Jeep zu. Der
    Schläger sprang auf die Ladefläche und bekam von Morton eine Maschinenpistole
    gereicht, mit der er auf Bonds Jeep zielte.






    „Sie müssen näher ran, Dr.
    Belleville.“ Dr. Morton schrie, denn der Fahrtwind peitschte gewaltig. Schon bald
    waren die beiden Wagen auf gleicher Höhe. Dass nutzte der Schläger, um bei
    Tempo 160 auf die Ladefläche von Bonds Jeep zu springen. In diesem Momentan gab
    Bond Vollgas, sodass der Schläger über die staubige schmutzige Strasse gezogen
    wurde. Allerdings gelang es Mortons Handlanger, die Ladefläche zu erreichen und
    Bond in den Würdegriff zu nehmen. Dieser fuhr seinen Ellebogen aus und traf den
    Handlanger im Gesicht, worauf dieser nach vorne auf den Beifahrersitz fiel.


    Doch Dr. Mortons Hüne war mehr als zäh: er griff in das Lenkrad und steuerte
    somit den Wagen fast in einen Graben, hätte Bond ihm keine Kopfnuss verpasst.
    Ein weiterer Faustschlag Bonds traf mehrere Blutgefäße im Gesicht, sodass die
    Windschutzscheibe leicht gerötet wurde.


    Dr. Bellevile war außer sich vor Wut, doch sie konnte mit ihrer Browning nicht
    wahllos in diesen Menschenhaufen schießen. Was wenn sie den falschen treffen
    würde. Bond wäre dann endgültig entwischt.


    In Bonds Jeep lehnte nun der Hüne bewusstlos auf dem Armaturenbrett. Bond kauerte
    weiter am Lenkrad, in der Hoffnung, das diese Strasse, die bisher nahezu
    kerzengerade verlief, endlich eine Möglichkeit zum Absprung bieten würde.


    Doch als Bond in weiter Ferne am Straßenrand einen armen Bauern bei der
    Heuernte bemerkte, warf er alle Wünsche über Bord und drosselte langsam die
    Geschwindigkeit, um den Aufprall zu mindern. Zu allem Glück führte die Strasse
    nun über eine Kuppe, wo Bond endgültig seine Chance sah und absprang. Er
    landete in einem Heuhaufen und sah zurück zu Mortons Jeep, in dem Belleville
    mit einer Browning wild vor Wut um sich schoss und dabei nur den Tank des
    Bond-Jeeps traf, der kurz darauf in einem gleißenden Feuerball explodierte, der
    jedoch keine Gefahr für Dr. Morton und Dr. Belleville darstellte, da sie
    frühzeitig das Tempo erhöhen mussten und somit auch aus Bonds Sichtweite
    verschwanden.


    Bond, weiter hinter dem Strohballen kauernd durchdachte die Situation und
    überlegte, wie er aus dieser Öde entkommen konnte. Das nächste Dorf konnte
    nicht weit weg sein, immerhin arbeiteten hier Bauer und Plantagenarbeiter. Doch
    diese Überlegungen waren erst einmal zweitrangig. Er lebte.

  • (V) Bond wollte gerade hinter dem Strohballen hervor kommen,
    als er ein Auto hörte. Er sah sich um. Über den Feldweg, den man kaum als
    Straße bezeichnen konnte, kam eine schwarze Limousine mit dem Emblem der
    AIDE-Stiftung auf ihn zu. Er konnte einen schwarzen Chauffeur und auf der
    Rückbank ebenfalls einen Schwarzen erkennen.



    Bond überlegte kurz, ob er sich
    offenbaren sollte, aber da es kaum schlimmer werden konnte und er bisher nichts
    über die Pläne von Dr. Morton, der offenbar mit C.O.U.N.T. in Verbindung stand,
    wusste, offenbarte er sich.



    Die Limousine hielt kurz vor ihm
    an. Der Chauffeur stieg aus und öffnete die Tür für den Mann auf der Rückbank.
    Es war der Minister. „Mr. Lloyd? Wie kommen sie in diese öde Gegend?“





    „Eine etwas komplizierte
    Angelegenheit, Mr. Mbeki. Ich müsste dringend zurück nach Lagos und zur
    britischen Botschaft.“





    „Dann steigen sie ein. Wir sind
    auch gerade auf dem Weg zurück nach Lagos. Ich habe mir gerade für die
    AIDE-Stiftung einen Standort für eine neue Krankenstation angesehen.“ Mbeki und
    Bond stiegen wieder ein. Der Chauffeur schloss die Türen hinter ihnen, setzte
    sich vor das Steuer und fuhr los Richtung Lagos.





    Bond griff nach einem Taschentuch
    und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Die Limousine war gut klimatisiert.
    Bond klopfte gegen die Scheibe. „Kugelsicher?“





    „Natürlich. Unruhen können hier
    immer vorkommen. Aber bisher ist zum Glück noch nichts passiert. Die
    AIDE-Stiftung wird als Hilfsorganisation eigentlich respektiert und so lebe ich
    ungefährlicher als manch andere Politiker.“





    „Ich sehe, sie nehmen ihre Aufgabe
    als Gesundheitsminister ernst und sie werden auch ernst genommen.“





    „Man tut, was man kann, Mr.
    Lloyd“, lächelte Mbeki.





    „Und eben hatten sie also eine
    Standortbesichtigung? Das sie immer noch Zeit für die Stiftung finden, spricht
    für sie.“





    „Nun ja. Ich habe eigentlich
    trotzdem viel zu wenig Zeit dafür, aber Reverend Stone macht seine Sache sehr
    gut. Eigentlich schade, dass er sich aus meiner Stiftung zurückzieht.“





    „Er sagte am Flughafen, dass er
    die Geschäftsführung an Dr. Morton überträgt?“ Als Mbeki nickte fuhr Bond fort.
    „Was halten sie von Dr. Morton, Mr. Mbeki?“





    „Nun, er hat einen tadellosen Ruf
    und ist sehr kompetent. Er wird den Reverend sicher würdig ersetzen, auch wenn
    sein Engagement etwas hinter dem des Reverends zurückbleibt, aber das ist
    verständlich, schließlich ist Dr. Morton ja gleichzeitig auch noch der
    Chefarzt.“





    Einige Zeit später fuhr die
    Limousine an der britischen Botschaft vor. Kaum war Bond ausgestiegen, kam auch
    schon Gilbert raschen Schrittes auf ihn zu. „Mr. ... Lloyd. Da sind sie ja
    wieder. Sie wurden schon vermisst. Reverend Stone hat sich große Sorgen
    gemacht, als sie und Miss Zorbo auf einmal wie vom Boden verschluckt waren. Im
    Moment ist er bei Harris. Sie sollten sofort mit ihnen sprechen.“





    „Das werde ich, Gilbert.
    Vielleicht sollten sie auch mitkommen, Mr. Mbeki. Es geht auch um die
    AIDE-Stiftung.“





    „Wenn sie es wünschen, Mr. Lloyd.
    Ich wollte sowieso noch mit dem Reverend sprechen wegen der neuen
    Krankenstation.“





    Gilbert betrat gefolgt von Bond
    und Mbeki das Botschaftsgebäude. Da die Gegner nun eh Bonds Identität kannten,
    konnte er ebenso gut mit offenen Karten weiterspielen.





    (K) Bond folgte Mbeki in ein großes Arbeitszimmer. Es war mit
    einem großen runden Tisch ausgestattet, an dem Harris und der Reverend saßen.


    Bond blickte sich um und konnte sonst niemanden erkennen. Harris und Stone
    schienen sich über die Vertiefung der Kooperation des Empires mit AIDE zu
    unterhalten. Vor den beiden lag eine Landkarte von Yorkshire in England.


    "Ja, genau da könnten wir ein Forschungszentrum unserer Stiftung
    bauen" sagte Stone, als er kurz hochblickte.


    "Mr. Lloyd, schön, dass sie hier sind. Ich hoffe, Ihr Urteil über unsere
    Stiftung hat sich durch diesen kuriosen Suizid von Sally nicht zu sehr
    beeindrucken lassen. Ich war etwas überrascht, dass sie und Miss Zorbo bereits
    weg waren, als ich und die Polizei wieder kamen?!"


    Bond erwiderte nur: "Miss Zorbo wollte mir etwas Wichtiges zeigen."
    Bond war sich einfach nicht sicher genug, um mit der Wahrheit ans Licht zu
    rücken.


    Wem konnte er trauen? Mbeki? Harris? Stone? Gilbert? Keinem so richtig, nur
    seinen Augen.


    Bond kam sich vor wie in Las Vegas, als er vor Jahren einen Schmugglerring
    zersprengte, der sich als Verbrecherorganisation höchster Gefährlichkeit
    entpuppte. Er war auf sich alleine gestellt.




    Plötzlich ging die Seitentüre auf und Dr. Morton kam herein.


    "Guten Tag die Herren, Reverend Stone, Sir Harris, Mr. Lloyd", Morton
    nickte allen freundlich zu.


    Mortons sicheres und freundliches Auftreten verunsicherte Bond.


    "Dr. Morton, schauen Sie! Sir Arthur und ich haben einen schönen Platz für
    unser neues Forschungszentrum in England ausgehandelt. Es wird im Hinterland
    von Yorkshire sein. Der Bau wird staatlich unterstützt und subventioniert. Wenn
    es fertiggestellt sein wird, werden sie die Vorstandschaft von AIDE ja bereits
    übernommen haben." sagte Stone, als Harris aufstand und sprach:
    "Meine Herren, dürfte ich sie zum Essen nebenan in unserem Speisesaal
    einladen? Es gibt einheimisches Büffelfilet."


    Bond, Gilbert, Morton und Stone waren sofort einverstanden.


    Harris verließ das Arbeitszimmer als erstes, gefolgt von Gilbert und dem Reverend.
    Dann kam Bond, der aber in diesem Moment etwas Kaltes am Nacken spürte.
    "Bond, ein Ton und Sie sind tot. Sie wissen ja gar nicht, mit wem Sie es
    zu tun haben."


    Plötzlich ertönte ein Schuss. Bond spürte, wie der Druck in seinem Nacken wich
    und hört einen Schlag hinter sich. Er drehte sich um, sah auf den Boden und
    erkannte Morton, der mit der Pistole, die Sekunden zuvor noch in Bonds Nacken
    harrte, langsam verblutete.


    Wer hatte geschossen? Bond blickte wieder auf und sah einen rauchenden Revolver
    vor sich, der zum Boden gerichtet war und nun fallen gelassen wurde. Es war der
    Reverend.


    "Mr. Lloyd, ich hatte Dr. Morton schon lange im Verdacht, in krumme
    Geschäfte verwickelt gewesen zu sein. Und jetzt habe ich gesehen, dass er eine
    Pistole auf Sie gerichtet hat...ich wollte ihm nur in den Arm schießen, bevor
    er Sie umbringt. Warum nur?" Stone war nervlich total am Ende. Er hatte
    gewusst, dass es immer wieder schwierige Situationen in Nigeria geben würde, in
    denen er seine Pistole würde einsetzen müssen - dazu war seine Position viel zu
    wichtig und Nigeria viel zu unsicher - aber dass er ausgerechnet seinen
    Nachfolger erschießen müsste, das schien ihn jetzt fertig zu machen. Die im
    Botschaftsgebäude ansässigen Ärzte kamen sofort zum Unglücksort. Morton konnten
    sie nicht mehr helfen und sie kümmerten
    sich dann sofort um den zitternden Reverend, der ob seiner Tat - wenn auch aus
    Notwehr - noch immer kaum ein Wort sagen konnte und scheinbar unter Schock
    stand.




    Bond war erleichtert. Der gute Reverend Stone hatte ihn vor diesem Verbrecher
    Morton gerettet und dadurch zusätzlich auch seine AIDE-Stiftung vor noch mehr
    Unheil bewahrt.




    Bond verabschiedete sich von allen Anwesenden und nahm zur Sicherheit ein neues
    Hotel in einem Außenbezirk von Lagos, da er wusste, dass Miss Zorbo und Dr.
    Belleville noch am Leben sein und ihm nach dem selbigen trachten würden.


    Bond nahm sich vor, morgen den Reverend zu fragen, in welche zwielichtigen
    Geschichten denn Dr. Morton verwickelt gewesen sei, und legte sich hin.





    (Z) Nachdem Bond durch seine Omega pünktlich gegen sechs
    Uhr geweckt wurde,“ God Save The Queen“ riss in aus dem Schlaf, schlüpfte er
    aus seinem Pyjama, duschte und legte seine Garderobe an. Er wollte gerade zum
    Flur, um mit dem Lift in den Empfangsraum zu fahren, wo sich auch der Essraum
    befand, als er ein grelles Blitzen in den Augen vernahm. Er drehte sich um,
    schritt zurück ins Zimmer und von dort aus zum Balkon, von dem er in den
    Horizont blickte und etwas erblickte, was ihn fast in seinen Traum
    zurückversetzen zu schien: in der blitzenden Morgensonne funkelte sein Bentley.
    Frisch poliert und in tadellosem Zustand. Staatseigentum halt. Bond warf ihm
    noch einen zwinkernden Blick zu und begab sich anschließend in den
    Empfangssaal, um an die Rezeption, die aus einem Kirschholztresen bestrand und
    auf der Obstschalen standen, zu treten:




    „Guten Morgen. Was kann ich für sie tun ?“ Ein Schwarzafrikaner sprach Bond
    freundlich und ohne jeglichen Akzent an.




    „Wer hat den silbernen Wagen geschickt, der auf dem Parkplatz vor meiner Suite
    steht ?“




    Der Schwarzafrikaner entschuldigte sich für einen Moment, trat in ein
    Hinterstübchen und kam daraufhin mit einem Klemmbrett zurück, auf dem Listen
    mit verschiedenen Namen angebracht waren.




    „Ein gewisser Mr. Q aus London, von der Firma Universal Exports. Der Wagen kam
    hier gegen 3.00 Uhr an. Ein wirklich herrliches Stück, nicht wahr ? Ach, ich
    glaube auch, er hätte für Sie eine Nachricht hinterlassen.“




    Der Rezeptionist schritt zu einem wuchtigen Holzregal, aus dem er einen kleinen
    Umschlag zog.




    „Hier bitte schön und viel Spaß beim Fahren.“




    Bond bedankte sich, wünschte ihm noch einen schönen Tag und schritt in den
    Esssaal, wo er ausgiebig frühstückte.




    Eine gute Stunde später und mit einigen Portionen Rührei und Toast im bauch,
    begab sich Bond zum Parkplatz. Er öffnete den Umschlag, zog den Schlüssel
    hinaus und nahm den kleinen Zettel an sich, als er einstieg:








    Guten Morgen 007,




    Moneypenny hat sich Sorgen um Sie gemacht, da ein gewisser Mr. Mbeki
    berichtete, sie auf einer Landstraße aufgegabelt zu haben. Sie bat mich Sie ein
    wenig zu unterstützen. Wie sie sehen, habe ich mir Mühe gegeben und Ihnen ihr
    Gefährt zukommen lassen. Geben Sie gut auf es Acht. Und passen Sie auf sich
    auf.




    Gruß


    Q






    Bond lächelte ein wenig vor sich
    hin, ließ den Motor an und rollte davon, auf direkten Weg zum
    AIDE-Hauptquartier.


    Bonds Hotel befand sich in einem Außenbezirk von Lagos, sodass die Fahrt bis
    ans Ende der Stadt viel Zeit in Anspruch nahm, da der morgentliche
    Berufsverkehr einsetzte. Viele Autofahrer schaute neidisch auf Bonds Wagen,
    doch der lächelte nur freundlich und ließ die Klimaanlage an.




    Nachdem Bond das Zentrum von Lagos passiert hatte, vorbei an Statuen und
    majestätischen Gartenanlagen, gelangte er auf eine kleinere Landstraße, auf dem
    wenig Verkehr herrschte. Dem entsprechend kam Bond zügig voran. Vorbei an
    riesigen Mais und kkaoplantagen dachte er nach:




    Er war ganz nah dran, endlich die Lösung in diesem Fall zu finden, der ihm
    soviel Kopfzerbrechen bereitet hatte. Der erschossene MI6-Agent hier in Lagos,
    die Ungereimtheiten in deutschen Pharmabetrieben, die Diskette und Claire, dazu
    der mysteriöse Tod von Sally und Dr. Morton.


    Er war in krumme Geschäfte verwickelt, dass wusste er von Stone. Doch er würde
    ihn ja jetzt treffen und anschließend den ganzen Fall aufdecken, seinen Bericht
    schreiben und in die Heimat zurückkehren, um auszuspannen. Er wollte noch ein
    wenig weiter nachdenken, als er das Hauptquartier erreichte.




    Bond stieg aus, schritt zur Eichentür und schellte. Niemand öffnete. Auch die
    erneuten Versuche Bonds, jemanden auf ihn aufmerksam zu machen, schlugen fehl.
    War überhaupt jemand hier ? Der Reverend war bisher zu jedem ihrer Termine
    pünktlich erschienen und nun sah Bond noch nicht einmal ein Auto auf dem
    Parkplatz ? Seltsam.




    Bond zückte seine Krawattennadel, öffnete das Schloss und betrat die
    Eingangshalle. Es schien wirklich niemand im hause zu sein.




    „Vielleicht sogar ein Vorteil“, dachte Bond. Denn dann könnte er ungestört die
    Aktenschränke und Büroräume durchsuchen. Er schlenderte die große bogenförmige
    Treppe hinauf in den ersten Stock, wo sich die Büroräume befanden. Mortons Büro
    lag direkt neben dem von Dr. Belleville. Gegenüber zum Innenhof liegend das
    Büro von Stone. Bond trat ein, in der Hoffnung einen Terminkalender oder etwas
    ähnliches zu finden. Vielleicht war der Reverend ja doppelt belegt. Er schritt
    zum Fenster im hinteren teil des Raumes, wo ein breiter Aktenschrank gegen die
    Wand gelehnt war. Doch der Aktenschrank barg nur einige Reden von Empfängen,
    sowie Baugenehmigungen und Steuererklärungen.


    Bond sah sich weiter um. Er betrachtete ein bestimmtes Bild an derWand. Er
    hatte es schon einmal gesehen.


    Richtig. In Dr. Mortons Villa.. Es zeigte diesen riesigen monströsen Berg.
    Neugierig tastete Bond das Bild an seinen Seiten ab, worauf ein Tresor
    freigelegt wurde. Der Tresor war fast vollständig geleert, bis auf eine
    silberne Geldkassette, die nur dürftig verschlossen war. Bonds Puls stieg.
    Würde er nun belastende Beweise gegen Morton finden. Tauchte er in Stones
    kleines Geheimnis ein, zu wissen, was Dr. Morton all die Jahre im Schilde
    führte ?




    Er öffnete die Geldkassette. Sie legte den Blick auf einen Stapel von Schecks
    frei. Bond blätterte den Stapel durch:




    Young, Terence: 650.000 £ Bayer


    Hamilton, Guy: 650.000 £ BASF


    Gilbert, Lewis: 700.000 £ Pfizer


    Hunt, Peter 700.000 £ Merz-Pharma


    Glen, John 700.000 £ Mediciano




    Alle Schecks fein säuberlich mit einem Fischstembel versehen und in einer
    unleserlichen Schrift unterschrieben. Neben den Schecks noch ein weiterer
    Brief:








    Liebe Jünger,




    Zur Freude über Ihre tadellose Arbeit, habe Ich mich bereit erklärt, die von
    Ihnen gewünschte Aufstockung Ihrer Prämien zu Akzeptieren und den neuen Betrag
    auf Ihr Konto in Stockholm zu überweisen.




    In Hoffnung auf weitere gute und erfolgreiche Zusammenarbeit,




    Keine Unterschrift dafür aber eine kleine Zeichnung aus Tinte, die einen Fisch
    darstellen sollte.






    Bond war erleichtert. Jetzt schnellstens hier heraus, die Schecks im Wagen mit
    seiner Ringkamera photografieren, im Etui auswerten, und die Beweise für
    Mortons Schuld nach London senden. Er schaute auf die Innenseite die Rückseite
    des Bildes, also die Innenseite des Tresors um etwas mehr über das Bild zu
    erfahren. Eine kleine Widmung verriet ihm mehr:




    Für meinen treuen und loyalen Freund in Lagos.




    Mit besten Grüßen Deines Ziehvaters,


    Odin




    Motiv: Wallallaberg, Stockholm, um 1999.




    C.O.U.N.T.! Diesen Schock musste Bond erst einmal verkraften. Was für ein
    Mensch musste Morton bloß gewesen sein, um sich mit C.O.U.N.T einzulassen.
    Stone hatte wohl jeglichen Grud gehabt, um Misstrauen gegen Morton zu hegen.


    Er wollte sich gerade umdrehen, um den Parkplatz aufzusuchen, als er in den
    Lauf einer Beretta blickte:




    "Hübsches Stück. Hatte ich auch mal."




    (K) "Was machen Sie hier in diesem Büro?"


    Tudors Stimme klang böse und Bond erreichte ein Schaudern.


    "Pack das Ding weg, Tudor. Das ist doch unser Mr. Lloyd von der WHO."
    Bond war froh, die Stimme des Reverends zu hören.


    1000 Gedanken waren ihm in dieser Sekunde des Schreckens durch den Kopf
    gegangen. Hätte er sich doch getäuscht gehabt und Morton wäre nur eine Finte
    gewesen. Und wenn ja, wer könnte dann hinter allem stecken. Das müsse die
    Person mit der unleserlichen Unterschrift auf diesem Fischsymbol sein. Steckt
    doch Odin dahinter...


    Stones Stimme weckte Bond aus seinen Gedanken der Erleichterung.


    "Entschuldigen Sie bitte diesen Vorfall, Mr. Lloyd! Tudor hat schlechte
    Manieren, er ist aber für uns in dieser unsicheren Gegend ein unverzichtbarer
    Mann."




    "Kein Problem! Gerade weil diese Gegend so unsicher ist, muss man
    natürlich auch mit allem rechnen."




    "Klar", erwiderte der Reverend, "kommen Sie bitte mit rüber in
    mein Arbeitszimmer. Dürften wir Ihnen was Erfrischendes zur Erholung
    anbieten?"





    (V) „Sie werden nirgendwo hingehen!“ Tudors Stimme war hart. Er
    hatte der Anordnung des Reverends keine Folge geleistet und seine Waffe auf die
    beiden Männer gerichtet. „Am Besten sie tun nur das, was ich sage, meine
    Herren. Gehen sie auf den Gang hinaus. Auf dem Parkplatz wartet eine weiße Limousine.
    Keine Mätzchen und die Hände schön hochhalten!“





    Der Reverend schaute fassungslos
    zu ihm. „Tudor?“ Dann hob er aber langsam die Hände. Bond tat es ihm gleich.
    Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren, aber es fiel ihm einfach kein
    Rettungsplan ein.






    „Was schauen sie so, Reverend?
    Sind sie wirklich so naiv? Der geschätzte Mr. Lloyd von der WHO ist in
    Wirklichkeit James Bond vom britischen Geheimdienst. Und was sie selbst
    betrifft, Reverend, ich werde den Tod von Dr. Morton rächen. Aber nicht hier.
    Gehen sie jetzt zur Limousine!“





    Ängstlich leistete der Reverend
    Tudor Folge, widerwillig Bond. Sie durchschritten den Gang, verließen das
    Gebäude und gingen zur Limousine. „Auf die Rückbank!“ befahl Tudor. Nachdem
    Bond und Stone Platz genommen hatten und Tudor die Tür zugeschlagen hatte,
    Öffnete Tudor die Fahrertür. Ein kleines Schaltpult war dort untergebracht.
    Tudor drückte einen Knopf und die Knöpfe der Fondtüren verschwanden in der
    Versenkung. Ein weiterer Knopfdruck und eine stabile Glaswand trennte Hinter- und
    Vorderbereich des Wagens. Ein letzter Knopfdruck und Gas strömte in die hintere
    Kammer. Der Reverend fasste sich an den Kragen und holte ein Taschentuch
    hervor, um es vor den Mund zu halten, während Bond vergeblich versuchte eine
    der Scheiben einzuschlagen. Nach kurzer Zeit überkam beide eine tiefe
    Bewusstlosigkeit. Tudor stieg nun ein und fuhr vom Hof.





    ***





    Als Bond erwachte fand er sich
    neben dem, augenscheinlich noch bewusstlosen Reverend auf einem Sofa in Mortons
    Esszimmer. Tudor hockte im Schneidersitz auf dem Esszimmertisch und hielt die
    Waffe auf beide gerichtet. Neben ihm Bonds Walther und ein Revolver, der wohl
    vom Reverend war. „Nun, Mr. Bond, wieder einigermaßen bei Sinnen?“ fragte er
    dreckig grinsend.





    „Nun, es ging mir schon mal
    besser“, meinte Bond trocken. „Ich nehme an, sie werden den Reverend und mich
    bei Dr. Mortons Fröschen beisetzen.“





    „Sie sind ein kluges Köpfchen, Mr.
    Bond. Schade, dass sie nicht mehr viel davon haben werden“, lachte Tudor.





    Ein Stöhnen war zu vernehmen.
    Neben Bond kam gerade auch der Reverend wieder zu sich.





    „So, da ja jetzt beide Herren wach
    sind, bitte ich sie, sich dort vorne auf den Glasboden vor den Tisch zu
    stellen“, meinte Tudor befehlend.

  • Bond und der Reverend taten, wie
    Tudor es befohlen hatte.
    Sie standen nun auf
    einer gläsernen Mosaikplatte, die sich wohl als Falltür entpuppen würde. Bond
    erkannte die Gelegenheit, als Tudor sich gerade aus dem Schneidersitz löste um
    sich auf ihn zu stürzen. Ein Schuss löste sich, doch er ging in die Decke. Bond
    rang mit Tudor, während der Reverend sich noch etwas benommen am Tisch abstütze
    und versuchte nach seinem Revolver zu hangeln. Tudor stieß Bond mit seinen
    Füßen zurück. Gerade als der Reverend den Revolver gegriffen hatte, fuhr Tudor
    herum und schlug dem Reverend die Waffe aus der Hand. Der Schuss, der sich
    löste ging in die Wand. Während Bond sich wieder auf Tudor stürzte, stieß
    dieser den Reverend weg. Der Reverend taumelte zur Wand und suchte anscheinend
    Halt an einer Kordel, die von einem einheimischen Knüpfwerk herunterhing.
    Seltsamerweise gab die feste Kordel nach und durch einen Mechanismus klappte
    der gesamte Glasboden weg und die beiden kämpfenden Männer Bond und Tudor
    stürzten mitsamt dem Tisch und den Stühlen in das Terrarium mit den
    Pfeilgiftfröschen! Stone stand am sicheren Rand und starrte zu dem
    entsetzlichen Geschehen. Tudor schrie auf. Bond allerdings konnte sich
    allerdings an dem verkanteten Esstisch festhalten und versuchte, langsam
    hochzuklettern.



    Man hörte ein Knarren, langsam gab
    der Tisch nach. Der Reverend stand hilflos auf der anderen Seite. Der Tisch gab
    nun vollends nach und stürzte in die Tiefe. Bond konnte gerade noch im
    richtigen Moment abspringen und hing nun am Rand, wo er sich langsam
    hochhievte. Als er endlich auf sicherem Boden stand, sah er zum Reverend. „Wir
    sollten raus aus diesem Gruselsaal.“ Langsam arbeiteten sich beide auf den
    schmalen Rändern auf die Tür zur Eingangshalle zu, die sie kurze Zeit später
    sicher erreichten. Der Reverend schaute Bond fassungslos an. Er war anscheinend
    wieder mit den Nerven am Ende. „Wieso… wieso das alles?“





    Bond ging zum Reverend und stützte
    ihn. „Kommen sie. Wir haben wohl beide einen Drink bitter nötig.“ Zusammen
    gingen sie in eine Art Gästezimmer. Bond geleitete den Reverend auf einen Stuhl
    und holte von einer Kommode eine Flasche Whiskey und zwei Gläser. Er setzte
    sich zu Stone, goss ein und reichte dem Reverend ein Glas. „Danke“, meinte der
    Reverend und nahm einen großen Schluck. „Und sie sind wirklich englischer
    Geheimagent?“





    Gerade als der Reverend die Frage
    stellte, wankte Dr. Belleville ziemlich zerschlagen zur Tür herein. Als sie den
    Reverend erblickte lief sie freudestrahlend auf ihn zu. „Archibald! Du lebst!
    Welch ein Glück! Tudor ist nach Mortons Tod ausgetickt.“





    Bond blickt beide hart an. „Ich
    hätte es früher wissen sollen. Der Fisch, ein christliches Symbol!“ Gerade als
    Bond aufspringen wollte drückte der Reverend auf einen kleinen Knopf unter der
    Tischplatte. Eisenfesseln klappten über Bonds Hände. Der Reverend ließ seine
    Maske fallen. Entschlossen und kaltblütig stand er auf und schlang einen Arm um
    Francine. „Sie haben vollkommen Recht, Mr. Bond. Aber sie haben es nun leider
    zu spät gemerkt und sitzen in der Falle.“ Der Reverend sah an sich herunter.
    „Der schwarzen Falle, könnte man sagen“, lächelte er. „Ihnen scheint der
    schwarze Kontinent nicht sonderlich zu bekommen.“





    Bond blickte ihn kalt an. „Sie
    haben also die Kordel im Speisezimmer absichtlich gezogen?“





    „Selbstverständlich habe ich das.
    Eine gute Möglichkeit Tudor und sie gemeinsam zu beseitigen. Leider leben sie
    noch, Mr. Bond.“





    „Sie haben mein volles Mitgefühl,
    Stone“, meinte Bond sarkastisch. „Wie ich sie kenne, haben sie sicher schon
    eine neue Idee, dem Abhilfe zu schaffen.“





    „Ach, das ist ganz einfach. Wir
    werden sie gleich zu dem verblichenen Tudor schmeißen und damit das
    Missgeschick von eben beheben“, lächelte Stone.





    Bond sah Stone fragend an. „Aber
    warum haben sie Dr. Morton erschossen?“





    „Oh, das ist ganz einfach. Er hat
    mich hintergangen. Er hat die Hälfte des Gewinns für C.O.U.N.T. zurückgehalten.
    Dafür musste er sterben.“





    „Sie gehören also nicht zu
    C.O.U.N.T., Stone?“





    „Nein. Ich gebe mich doch nicht
    mit Weltvernichtern ab. Ich arbeite nur für mich selbst, für Gott und die
    Nächsten.“





    „In dieser Reihenfolge, Reverend?
    Bringen sie da nicht etwas durcheinander? Was ist eigentlich genau ihr Plan?“





    „Nun, da sie ohnehin gleich
    sterben werden, kann ich es ihnen ja verraten. Ich beabsichtige das Monopol auf
    Medikamente gegen AIDS für mich zu beanspruchen. Der Handel mit Geheimdienstinformationen,
    eine Idee der guten Francine, brachte mir das nötige Geld um Agenten in die
    Pharmakonzerne einzuschleusen. Ich bin kurz davor und wenn es soweit ist werde
    ich unermesslich reich und man wird in mir den größten Wohltäter der Menschheit
    sehen.“





    „Wohltäter, pah“, spie Bond
    verächtlich aus. „Sie sind größenwahnsinnig und irre. Ich habe die Menschheit
    schon von einigen Verbrechern ihrer Art befreit. Erinnern sie sich an den Fall
    Kananga, der das Monopol auf Rauschgifte haben wollte? Oder den Fall Zorin, wo
    es um Mikrochips ging? Und überhaupt, Reichtum. Sollte ein Geistlicher nicht
    nach Reichtum bei Gott suchen?“





    „Ich werde beides haben, Mr. Bond.
    Irdischen Reichtum und Reichtum bei Gott. Vielen Menschen wird durch mein
    Medikament geholfen werden. Und Opfer müssen überall erbracht werden. Selbst
    Gott opferte seinen eigenen Sohn für die Menschen.“





    „Sie sind irre, Stone.“





    „Nun, wenn sie meinen, aber dafür
    sind sie gleich tot, Mr. Bond. Falls sie nach ihrem Ableben unseren Schöpfer
    treffen sollten, können sie ihm ja berichten, was ich hier Großes für ihn
    vorhabe. Und nun stehen sie auf und ab in die Eingangshalle mit ihnen.“ Stone
    drückte wieder auf den Knopf und sie Fesseln lösten sich. Francine hatte
    derweil einen Revolver auf Bond gerichtet.





    Bond stand auf und ging in
    Richtung Eingangshalle. „Ich bin sicher, der Allmächtige weiß schon ganz genau,
    was sie hier treiben, Stone.“ Francine und der Reverend folgten Bond.





    Francine stieß den Revolver in
    Bonds Rücken. „Und nun vor bis zur Kante des Terrariums, Mr. Bond.“ Bond konnte
    nichts anderes tun, als ihr Folge zu leisten. „Und nun springen sie.“





    „Halt!“ ertönte es von Stone.
    „Noch nicht.“ Er trat einen Schritt vor, senkte den Kopf und faltete die Hände.





    Bond schaute zu Stone. „Was tut er
    da?“





    Francine blickte ebenfalls zu dem
    Reverend. „Er betet für Tudor, nehme ich an.“ Diesen Moment nutzte Bond um sich
    blitzschnell umzudrehen, Francine die Waffe aus der Hand zu schlagen und sie
    umzustoßen. Stone öffnete die Augen und hechtete zu der Waffe. Er ergriff sie
    und feuerte auf Bond, der durch ein Fenster flüchtete. „Mist!“ Stone ging zu
    Francine und half ihr auf. „Wir müssen dringend hier weg. Er wird sicher zu
    Harris laufen und bald haben wir die ganze nigerianische Polizei auf dem Hals.“





    Francine erhob sich mit Stones
    Hilfe. „Was machen wir mit Julie? Tudor hat sie hier irgendwo eingesperrt.“





    „Die lassen wir hier. Komm.“ Stone
    verschwand mit Francine durch den Hinterausgang.





    ***





    Bond war keineswegs zur britischen
    Botschaft geflüchtet, sondern hielt sich unter dem Fenster versteckt und hatte
    alles mitgehört. Als er sicher war, dass Stone und Dr. Belleville weg waren,
    kam er hervor und betrat das Gebäude, um nach Miss Zorbo und nach Hinweisen zu
    suchen.



    Er ging zum Speisesaal, überquerte
    vorsichtig den Rand und betrat den Raum, indem er Mortons Arbeitszimmer
    vermutete. Ein Geräusch ließ ihn um den Schreibtisch schauen. Dort lag
    gefesselt und geknebelt Miss Zorbo. Bond nahm ihr den Knebel aus dem Mund. „Ah,
    danke.“ Sie atmete tief durch. „Mr. Bond, was ist geschehen? Was ist mit Tudor?
    Lebt der Reverend noch?“





    „Ja, leider lebt er noch. Er hat
    Tudor zu den Fröschen geschickt und mich fast auch zweimal. Er ist mit Dr.
    Belleville geflohen.“





    Hass funkelte in Julies Augen.
    „Und mich lässt er hier? Dieses Schwein! Dafür wird er büßen! Machen sie mich
    los!“





    (Z) Nachdem Bond Julies Fesseln gelöst hatte, begaben sich
    beide auf den Vorhof der Villa und von dort aus zu einem kleinen Parkplatz, auf
    dem sich einige verdreckte Jeeps befanden. Beide stiegen ein und Bond schloss
    den Wagen kurz, dessen Motor mit einem heftigen Husten startete.




    „Hat Ihnen Stone je etwas über sein Projekt erzählt ?“




    „Nein. Aber manchmal benahm er sich ganz komisch, er sprach dann immer von der
    gleichen Sache. Wenn er für einen ganzen Tag die Stiftung verließ, sagte er
    immer nur, dass unterwegs sei, um „Kakao zu schlürfen“. Ich hatte dem nie
    besondere Bedeutung zugemessen, aber es kam mir immer ein wenig spanisch vor.



    Bond hielt für einige Sekunden inne, zog dann aber plötzlich die Handbremse und
    vollführte eine 180 °-Drehung. Eine riesige Staubwolke stieg von der Landstraße
    empor.




    „Was soll das denn jetzt ? Ich dachte, Sie hätten ebene genügend Abenteuer
    erlebt ?“




    Zorbo versuchte Bond ein wenig aufzuziehen, doch dieser studierte haargenau die
    Landschaft, um schließlich auszusteigen und an einen Felsvorsprung zu treten.




    „Wie kommen wir am schnellsten in die Innenstadt ?“




    „An der nächsten Abzweigung rechts.“




    Julie schien sich hier prächtig auszukennen, was Bond mit einem süffisanten
    Lächeln quittierte.




    Nach 20 Minuten fiel Schatten auf Bonds Gesicht: er parkte unter einem
    wuchtigen Holzschild, welches über einem Torbogen hing. Das Schild verwies auf
    die Kkaoplantage, die vor ihnen lag. Zügigen Schrittes durchquerten Bond und
    Julie den Einfahrtsweg, der von kleineren Holzbuden, die offenbar Wohnräume der
    Arbeiter darstellten, flankiert war. Dem Ende des Kieselsteinweges schloss sich
    ein gigantisches Marmorgebäude an. Es erinnerte Bond an die britische
    Botschaft, die nur wenige Kilometer entfernt lag. Wo man nur hinsah, überall
    penibel geschnittene Hecken und fein geharkte Wege. Das durch Elefantenstauen
    gezierte Gebäude lud Bond und Zorbo zum Eintreten ein.




    „Es scheint so, als hätte die britische Kolonialzeit hier deutliche Spuren
    hinterlassen“ Bonds Blick deutete auf das Porträit eines alten Westeuropäers,
    der die Uniform eines Gouverneurs trug.




    „Bleiben Sie dicht bei mir. Wollen wir doch einmal herausfinden, wie weit der
    Reverend mit seiner Rettungsaktion für die Hilfsbedürftigen vorankommt.“




    Bond suchte, mit Julie im Schlepptau, zuerst einige Bürogebäude auf. Er stülpte
    in alten Aktenschränken und Sideboards, ohne auch die geringste Spur zu finden.
    Dann wendete er sich dem Lesesaal zu, ein Relikt aus Kolonialzeit. Während
    Julie in einem Sessel Platz nahm, stöberte Bond zwischen alten Büchern herum,
    um anschließend festzustellen, dass die bisherige Suche keine Ergebnisse oder
    selbst nur die geringste Spur über Stone zum Vorschein gebracht hatte.




    Es war heiß und schwül. Daher ließ sich auch Bond auf ein okerfarbenes Sofa
    fallen, um ein wenig zu verschnaufen. Sein Augen wanderten die Wand entlang.
    Vorbei an traditionellen Knüpfwerken, die Arbeiter bei der Kakaoernte
    darstellten und alten Kalendern, fiel sein Blick letztendlich auf einen
    Lageplan des Gebäudes. Die Karte schien zwar schon arg ramponiert zu sein, doch
    die wesentlichen Räume waren erkennbar. Bond schlenderte an die Wand und
    studierte die Karte eifrigst und wanderte mit dem Zeigefinger über sie.




    „Julie, sehen Sie sich das mal an. Sehen Sie, die Bürogebäude haben wir bereits
    abgegrast, im Lesesaal befinden wir uns gerade, blieben also nur noch Küche und
    Trophäenzimmer. Natürlich werden Sie in die Küche gehen, während ich das
    Trophäenzimmer inspiziere.“




    Julie lächelte kurz auf, begab sich dann aber zur Küche, während Bond das
    Trophäenzimmer aufsuchte.




    Julies Suche war wenig erfolgreich. Sie wurde zwar schlauer, was die
    Zubereitung von Kugelfisch und Calamares anging, jedoch nicht über die Pläne
    und deren Ausführung des Reverends. Bevor sie das Trophäenzimmer aufsuchte,
    blickte sie noch einmal in die glitzernde Küche, um den Raum dann doch zu
    verlassen. Im Trophäenzimmer angekommen fiel Julies Blick sofort auf einen
    ausgestopften Elefanten, der auf einem Podest in der Mitte des Raumes thronte.
    Seine Stoßzähne ließen den Elefanten selbst im toten Zustand noch bedrohlich
    und angsteinflößend wirken. Julie faszinierte der Anblick von Fasanen, Tigern
    und Krokodilen, teils an der Wand, teils im Raum platziert.




    Doch wo war Bond ? Julie schritt vorsichtig durch den Raum und blickte immer
    wieder nach hinten, wobei sie sich an der Wand entlang tastete, als sie
    plötzlich ins leere Griff.




    Ein kurzer, heller Schrei durchflutete den herrschaftlichen Raum, doch Bond
    trat ins Licht und ließ ihre Hand wieder los.




    Julie kam nicht dazu, die Situation zu hinterfragen, sondern starte nur auf das
    Gemälde der Horora-Bucht, welches zur Decke geklappt einen kleinen
    lichtdurchfluteten Gang freilegte.




    Bond ahnte schon, was Julie gleich fragen würde und deutete schon auf das
    Standbild einer überlebensgroßen Kakaobohne:




    „Ich habe mal wieder ein wenig an dem Stiel herumgespielt und festgestellt,
    dass es doch auf die Länge ankommt.“




    Bond grinste schelmisch und betrat den Gang. Julie folgte ihm und pustete
    kräftig durch, denn nun verspürten beide eine deutlich geringere Temperatur und
    einen straffen Windzug, als noch im Gebäudekomplex zuvor, obwohl dieser doch
    vorwiegend aus Marmor gearbeitet war. Der Gang wies nun ein geringes Gefälle
    auf, doch immer noch wirkte der breite und helle Gang einladend.





    (V) Als der Gang endete, wich Bond im ersten Moment erschrocken
    zurück und sah sich dann um. Der Raum bestand komplett aus Glas und schien
    inmitten einer riesigen Höhle oder Schlucht zu hängen. Sah man nach unten,
    blickte man in die Tiefe und erblickte den Boden der Höhle mit Tropfsteinen und
    einem Bachlauf. Sah man nach links und rechts blickte man in die Weite der
    Höhle. Sah man nach oben, erblickte man die Glasdecke und darüber eine
    Glaskuppel als Abschluss der Höhle. Sie schien zur Tarnung mit Pflanzen
    bewachsen zu sein, ließ aber genug Sonnenstrahlen hindurch, um die ganze Höhle
    zu erhellen. Man fühlte sich richtig frei in dem Raum. Überwand man seine Angst
    und ließ sich in dieser Atmosphäre fallen, könnte man das Gefühl haben, selbst
    durch die Höhle zu schweben, als wäre Magie im Spiel oder eine Art göttlicher
    Macht.



    Der Raum wirkte riesig und
    unendlich, wie die Höhle selbst. Anscheinend war es ein Laborraum und
    Arbeitszimmer mit gläsernen Vitrinen, Regalen, Kruzifixen und Kreuzen aus Glas
    und Kristallen, gläserne Pulte, in denen Reagenzgläser vibrierten, ein
    gläserner Schreibtisch und gläserne Stühle. Bond sah sich um. Neben dem
    Schreibtisch stand ein weißer Lederkoffer. In der Wand zu seiner linken war
    eine Öffnung, die zu ebenso einem Röhrengang führte, der sich schließlich in
    die Felswand bohrt, wie dem, aus dem Bond und Julie gekommen waren und aus dem
    nun ein Krankenpfleger mit einer Pistole trat, dicht gefolgt vom Reverend.
    Julie wich etwas zurück und stieß an einen Revolverlauf. Dr. Belleville stand
    mit gezogener Waffe hinter ihr. Sie muss sich wohl irgendwo versteckt im Hause
    befunden haben und Julie und Bond dann in den Gang gefolgt sein.





    „Ich fürchte, sie sind schon
    wieder in die schwarze Falle getappt und die liebe Miss Zorbo haben sie also
    auch befreit“, lächelt der Reverend. „Heute sind sie an ihrer eigenen
    Egozentrik gescheitert. Oder ist es gar schon Egomanie? Natürlich ist der große
    James Bond alleine stark genug um den ach so bösen Reverend zu stellen.
    Natürlich geht er nicht zu Harris oder der Polizei, wie ich es vermutet hatte.
    Und natürlich erzählt er keinem, dass nicht Dr. Morton hinter allem steckt,
    sondern der Reverend. Nein, lieber eine persönliche Vendetta mit Miss Zorbo als
    eine gemütliche Großfahndung nach mir. Aber sie tun ja nie das, was man von
    ihnen erwartet. Aber ich will ihnen vergeben, schließlich haben sie sich mir ja
    so in die Hände gespielt und ich habe eine neue Chance, alle Mitwisser zu
    beseitigen.“ Der Reverend geht zum Schreibtisch und packt einige Akten in einen
    schwarzen Lederkoffer. „Wie gefällt ihnen eigentlich dieser Raum? Jesus ging
    über Wasser, ich gehe hiermit sogar über Luft.“





    Bond sah ihn verächtlich an. „Nur
    war es früher ein echtes Wunder und hier ist ein einfacher Trick mit Glas.“





    Der Reverend zuckte mit den
    Schultern. „Und wenn schon.“ Dann blickte er kurz zu dem Krankenpfleger. „Die
    beiden sind sicher bewaffnet.“





    Der Krankenpfleger trat zu Bond
    und Miss Zorbo und untersuchte beide. „Nein, sie sind beide unbewaffnet.“ Dann
    trat er zurück und bedrohte beide wieder.





    Der Reverend lachte auf. „Also
    doch Egomanie. Aber stimmt, ihre Walther dürfte ja zusammen mit meinem Revolver
    bei den Pfeilgiftfröschen liegen. Ich sagte es ja schon, ihnen scheint der
    schwarze Kontinent nicht zu bekommen.“ Der Reverend schloss den Koffer, als er
    mit Packen fertig war.





    Bond erwiderte nichts und schaute
    sich im Raum um. „Hier ist also ihr Labor, wo sie an dem Medikament arbeiten?
    Darf man fragen wie weit sie sind“





    Dr. Belleville trat hinter Julie
    hervor und zum Reverend. „Das ist Archies privater Arbeitsraum. Dass er einen
    Doktortitel in der Pharmazie hat, hat er ihnen in seiner Bescheidenheit wohl
    bisher verschwiegen.“ Francine gab dem Reverend einen zärtlichen Kuss auf die
    Wange. „Wenn sie dem Gang zu ihrer linken folgen würden, kämen sie in einige
    Fabrikräume. Die ersten Proben des Medikamentes sind schon fertig gestellt und
    wir sind kurz vor der Testphase. Mag sein, dass diese noch einige Opfer
    erfordert, aber danach ist es endlich soweit.“ Francine sah den Reverend
    verliebt an. Bond sah angewidert zu den beiden hin.



  • Der Reverend gab Francine einen
    leidenschaftlichen Kuss und blickte dann wieder zu Bond. „Nun müssen sie uns
    aber entschuldigen, die Boote warten und ich möchte unsere Flucht und ihren Tod
    ungern weiter herauszögern.“ Dann sah er zu dem Krankenpfleger. „Wenn wir in
    Sicherheit sind, kappen sie die Strickleiter und kümmern sich um die beiden.“
    Dann öffnete er eine Glasluke im Boden und ließ eine Strickleiter hinab, die er
    mit dem schwarzen Koffer hinab stieg. Francine nahm den weißen Koffer und
    folgte ihm. „Dieses Glas ist übrigens kugelsicher, nur an die
    Erdbebenfestigkeit hat man nicht so sehr gedacht. Adieu, Mr. Bond. Julie.“
    Francine stieg die Strickleiter hinab, während der Krankenpfleger Bond und
    Julie in Schach hielt.





    Unten angekommen folgten die
    beiden dem Bachlauf und verschwanden in einem kleinen Gang auf der anderen
    Seite. Der Krankenpfleger bückte sich und löste die Strickleiter. Diesen Moment
    nutzte Bond für einen Angriff auf ihn und er traf mit seinem Bein den Kiefer
    des Krankenpflegers, der daraufhin mit der Strickleiter, seiner Pistole und
    einem gellenden Schrei in die Tiefe stürzte, wo er hart und tödlich auf
    Tropfsteinen aufkam. Bond atmete durch. „Den hätten wir.“





    „James“, meinte Julie ängstlich
    und nun spürte Bond es auch, dieses Beben, dass immer stärker wurde.





    „Das hat der Reverend ausgelöst“,
    meinte Bond grimmig. Schon fielen die Gänge in Trümmern zusammen und der
    Glasraum zeigte erst kleine, dann immer größere Risse.





    „Wie kommen wir hier nur raus,
    James?“





    (Z) „Das haben wir gleich“ Bonds Stimme klang ermunternd als er
    auf eine lange Vitrine deutete, die fast den gesamten hinteren Raum einnahm und
    eine beträchtliche Länge vorzuweisen hatte. Die Proben, welche sich in der
    Vitrine befanden vibrierten stark und wiesen eine grünliche Färbung auf.




    „Helfen Sie mir ein wenig. Packen Sie am hinteren Ende da an und folgen sie mir
    zur seitlichen Raumbegrenzung; verstanden ?“




    „Verstanden“




    In der Mitte des Raumes begann sich der Schreibtisch des Reverends langsam in
    kleine Glassplitter aufzulösen, teilweise fielen erste Glassscherbe aus der
    Decke. Ein lautes Klirren durchflutete den Raum, als ein glitzernder
    Kronleuchter aus einigen Metern Höhe zu Boden fiel und Bond nur knapp
    verfehlte, der zusammen mit Julie die Vitrine zur Seitenfassade hiefte und sich
    mit einer Hechtrolle in Sicherheit bringen musste.




    „Stellen Sie die Vitrine senkrecht zur Wand !“




    „Was haben Sie vor, wollen Sie noch den Raum ausdekorieren ?“




    „Dann würde ich Sie hier lassen. Nun machen Sie schon !“


    Bonds Stimme wurde befehlender. Es war jetzt einfach nicht die Zeit, um
    dämliche Fragen zu stellen. Julie führte den Befehl aus, während Bond sich der
    Wand näherte , sein Sakko auszog, es um seinen rechten Arm wickelte und die
    Scheibe einschlug, sodass die Trümmer sausend auf die Tropfsteine auffiel.
    Währenddessen nahm die Zerstörung des mythischen Raumes weiter immer weitere
    düstere Konturen an. Die gegenüberliegende Seitenwand fiel komplett in sich
    zusammen und auch die Decke machte einen sehr instabilen Eindruck, was Bond zu
    Aufmerksamkeit aufrief.




    „Jetzt nur noch leicht einlochen. Ach warten Sie. Ich mach das; kann ich
    berufsbedingt einigermaßen erfolgreich. Und jetzt drauf mit ihnen. Na los
    worauf warten Sie denn noch. Hopp, hopp“. Bond schrie immer lauter, als die
    ersten Teile der Decke auf den Boden krachten und diesen, falls er noch nicht
    komplett zerstört war, tosend durchbrach.




    „Hoffentlich hälts.“ Bond sah auf Julies Gesäß. Anschließend blickte noch
    einmal durch den Raum und gab Julie einen kräftigen Schubs. Ein kurzes
    Aufschreien, das sich sicherlich länger gezogen hätte, wäre es nicht durch die
    Wasseroberfläche abrupt unterbrochen worden.




    Weiter oben stürzte die Decke ein. Bond stöhnte auf, ein Splitter hatte seinen
    Arm gestreift. Bond stoß sich ab und tauchte in das warme Wasser ein, während
    über ihm und Julie der komplette Raum zusammenfiel und Bonds geliebtes Sakko
    unter sich begrub.





    Die Unterwasserlandschaft der
    kleinen Grotte bot ein wundervolles Bild: seltene Fische schlängelten
    aneinander vorbei und das Licht wurde in seine einzelnen Farben geteilt. Jedes
    mal vernahm Bond ein Strahlen in den Augen, als die Sonnenstrahlen an den
    glatten Tropfsteinen zu funkeln begannen. Bond wollte diesen Augenblick
    genießen und hielt an einem gewaltigen Schwarm von Neonfischen inne, ehe er an
    die Wasseroberfläche auftauchte. Auch Julie, die ebenfalls die Unterwasserfauna
    bewunderte, tauchte auf. Als sie die Grotte verließen, blickten beide auf die
    Horora-Bucht. Jetzt, da sich der Tag langsam dem Ende entgegen neigte, bot sich
    den beiden ein noch eindrucksvolleres Bild. Hinter einer kleinen von
    Dornsträuchern bewachsenen Felsformation wanderte die Sonne langsam gen Boden
    und ließ das smaragdgrüne Wasser nun rötlich-orange erscheinen. Doch viel Zeit
    zum Bestaunen der wundervollen Aussicht blieb nicht. Völlig durchnässt, doch
    frisch abgekühlt zog Bond Julie, nachdem beide ans Ufer geschwommen waren,
    einen flachen Abhang hinauf, ehe sie sich auf einem kleinen Platteau befanden.
    Von dort aus hielten beide Aussicht.




    „Hier irgendwo muss sich der Mistkerl versteckt halten. Das er wahnsinnig war,
    lag ja schon lange in der Luft, aber für so feige hielt ich ihn wirklich nicht.
    War er schon immer so ein Mensch ?“




    „Wir hatten eigentlich wenig miteinander zu tun. Ich stellte damals nur das
    Sicherheitspersonal ein und kümmerte mich weiterhin um die Organisation.
    Dreimal im Monat trafen dann alle Abteilungen, also Finanzen, repräsentiert
    durch Dr. Morton, medizinische Betreuung, Dr. Bellevilles Aufgabengebiet und
    die Sicherheit, durch mich vertreten, zusammen, um die aktuelle Lage zu
    diskutieren und zu erörten. Zu viel mehr, als der Vertiefung des Verhältnisses
    zwischen Stone und Belleville hat es meiner Meinung nach aber sowieso nicht
    genützt. ‚Geld ist nie ein Problem’, sagte Stone ständig. Wir alle kauften es
    ihm ab. Wir wurden gut bezahlt und lebten im Luxus. Und zur Deckung der Pläne
    sprang auch einiges heraus, doch dieses Miststück hat mich einfach hintergangen
    und hat mit Belleville alleinige Sache gemacht. Wenn ich ihn nur erwischen...“




    „Julie !“ Bond stürzte sich auf Julie und riss sie zu Boden, als plötzlich eine
    gigantisches Schnellboot über Julie und Bond hinwegflog. Darin befindlich der
    Dr. Belleville und der Reverend, der eine gewaltige Salve aus seinem
    Maschinengewehr auf die beiden abfeuerte.




    „Hier entlang !“ Bond riss Julie am Arm und zog sie hinter einen gewaltigen
    Felsen, der vorrübergehend Schutz vor dem wahnsinnigen Paar bot.




    „Dort oben, ein gerissenes Versteck. Passt perfekt zum Reverend. Unscheinbar
    und doch tödlich.“ Bond deutete auf einen kleinen Schuppen, getarnt durch
    einige Dornbüsche und Sträucher, der sich auf einem noch höher gelegenem
    Plateau befand. Im Schuppen konnte Bond gut auf einige Utensilien zur Wartung
    von Schnellbooten blicken. So zum Beispiel einige Flaschen Motoröl, Politursets
    und Ersatzteile.




    „Ich weiß, wie wir die Verfolgung aufnehmen können. Allerdings bräucht ich dazu
    ca. 8 Kilometer.“




    „Schau doch mal da drüben, James. Besser als gar nichts, oder ?“




    „Ich fahre. Geh Du schnell in Deckung und nimm auf der Beifahrerseite Platz.
    Verstanden ?“




    „Verstanden.“




    Julie spurtete zu ein einem schwarzen Mini-Cooper älteren Baujahres, der ein
    wenig verdeckt unter einer Stechpalme stand, suchte an der Beifahrerseite
    Deckung und nahm Platz. Ebenso hastete aucgh Bond zum Wagen, schlug heftig die
    Tür auf, ließ sich in die viel zu kleinen Sitze fallen. Der Schlüssel steckt !
    Bond ließ den Wagen an, drückte das Gaspedal durch und quittierte das
    parierende Verhalten des Coopers:




    „Jaja, es geht doch nichts über britische Automobilbaukunst !“ Dann folgte er
    dem Weg.




    Doch wo war Stone und sein schwarzes Schnellboot ? Bond blickte aus dem
    Fenster, konnte aber außer einigen Schwänen nichts weiter auf der
    Wasseroberfläche erkennen.




    „Vermutlich will er sich seine Beute genauestens zurechtlegen, aber bald werden
    wir ihn mit ebenbürtigen Waffen schlagen können .“




    „Wie kommst Du nur darauf, James ? Also einen Yachthafen seh ich hier nicht !




    „Den brauchen wir auch nicht. Aussteigen. Wir sind da !“






    Die Tauchschule lag im funkelnden Untergehen der Sonne, als Bond auf die
    Veranda trat und Gilbert und Francis, die Blackjack spielten, begrüßte:




    „Na, diesmal kein Backgammon ?“




    „Guten Abend, James“ .




    „Mr. Bond.“ Sowohl Francis als auch Gilbert wirkten sehr entspannt.




    „ Nein, Gordon hat mir schon 5.000 £ abgenommen. Und Blackjack liegt mir
    sowieso mehr.“ Gilbert schmunzelte ein wenig, als er seine
    Backgammon-Niederlage eingestehen musste.




    „Aber ich verdiene ja genug. Doch Sie sind doch sicherlich nicht hier, um mit
    uns über Freizeitbeschäftigungen zu plaudern oder, James ?“




    „Eher weniger ! Sagen Sie mal Francis, Sie fahren doch öfters raus auf die
    Bucht, oder ?




    „Ja, fast alle vier Stunden. Dann mache ich Aufnahmen von der Landschaft. Sehen
    Sie. Da bietet sich wieder ein ganz exquisites Motiv an, wie die Sonne ganz
    langsam hinter den Palmen untergeht.“




    „Dann verfügen Sie doch sicherlich auch über ein schnelles Boot, oder ?




    „Wenn Sie mal mitkommen möchten !? Einmal hier um die Ecke an den Steg. Ach,
    Gilbert, spiel doch so lange etwas mit Ms äh...“




    „Julie Zorbo. Wollen wir ?“ Bond folgte dem bejahenden Francis und begutachtete
    das silberne Schnellboot. Nach einem kurzen Blick auf den Tacho lstreifte Bond
    das Tau vom Pfahl ab und rief Julie zu sich.




    „Also vielleicht bis heute Abend. Würde mich freuen, wenn Sie alle dabei wären.
    Julie, na komm schon.“




    „Warten Sie Julie. Ihre 200 £. Ich bring sie Ihnen dann heute Abend.“




    Julie sprang auf das langsam fahrende Boot auf und fuhr mit Bond auf die Bucht
    hinaus.




    „Spielst Du öfters ?




    „Wenn etwas für mich dabei herausspringt schon.“




    „Ducken !“




    Bond wendete das Boot und gab Vollgas. Gerade noch rechtzeitig, um
    Beschädigungen am Fahrzeug zu vermeiden. Dr. Belleville hatte aus ihrer
    Maschinenpistole eine Salve abgefeuert, während der Reverend das Boot aus dem
    Schilf, welches als Tarnung diente, manövrierte und auf das Zentrum der
    riesigen Bucht zusteuerte.


    Bond nahm die Verfolgung auf und beauftragte Julie damit, in dem Boot nach
    brauchbaren Waffen zu suchen. In einem kleinen Fach zu ihrer rechten wurde
    Julie schließlich fündig und reichte Bond eine Walther P22.




    „Halte die Walther mal kurz. Ich werde mich in der Zwischenzeit ein wenig sportlich
    betätigen. Wenn ich jetzt rufe, gibst du mir Feuerschutz, klar ? Und immer
    schön die jetzige Geschwindigkeit beibehalten. Julie wechselte ans Steuer und
    fuhr weiter zum Boot des Reverends auf, bis beide Boote gleich auf lagen.




    „Jetzt konstant bleiben. Bond kletterte zum Bootsrand und hielt sich an der
    Kante der Windschutzscheibe fest. Sein Hemd flatterte stark im Wind. Nur noch
    wenige Sekunden, drei, zwei, eins.




    „Festhalten!“ Julie fuhr ein scharfe Kurve. Der Reverend verließ seine gebückte
    Haltung und feuerte auf Julie, die sich allerdingshinter der Mittelkonsole
    verschanzen konnte. Währenddessen klammerte sich Bond mit einer Hand am Boot
    fest, während seine Beine die harte Wasseroberfläche touchierten.


    Der Reverend streckte seinen Arm aus und zielte auf Bonds Kopf, als Julie den
    Reverend mit einem Schuss in die Schulter zu Boden zwang.





    (A) Der Reverend schrie auf und sank auf seine Knie.
    Instinktiv fasst er er sich mit seiner Hand auf die Stelle von der in diesem
    Moment ein stechender Schmerz ausging: seine Schulter! Stone brauchte einige
    Zeit um die Situation zu realisieren. Ungläubig starrte er auf seine
    blutverschmierte linke Hand, dann auf die Stelle an seiner Schulter, an der ihn
    Julie mit der Walther getroffen hatte und schließlich auf Julie selbst. Sie
    stand auf dem anderen Boot, die Waffe immernoch in der Hand und versuchte den
    Reverend ein weiteres Mal zu treffen. Bond konnte ihr nicht helfen. Er hatte
    größte Mühe, sich am Boot festzuhalten. Dr Belleville war eine ausgezeichnete
    Fahrerin, die es verstand Bond das Festhalten so schwer wie nur möglich zu
    machen. Mehrmals konnte er die Hand gerade noch so an der Reeling halten ohne
    abzurutschen.






    Stone blickte auf die blutige
    Stelle an seinem Talar. Ihn packte eine unglaubliche Wut, die ihn seinen
    Schmerz vergessen ließ. Dieses Miststück, das nun mit knappen 100km/h neben
    seinen Boot herraste gehörte mal zu seiner Organisation. Sie hatten ihr das
    Schiessen erst beigebracht, damals während Julies Ausbildung auf dem Landsitz
    von Dr Morton bei Kapstadt. Und sie hatte ihn verraten, die Organisation
    verraten. Nein, von ihr würde er sich seine jahrelang sorgfältig vorbereiteten
    Pläne nicht zerstören lassen. Die Schmerzen waren vergessen. Der Reverend
    richtete sich wieder auf. Stone stand felsenfest auf dem Deck des
    Schnellbootes. Der Fahrtwind peitschte ihm ins Gesicht und ließ seinen
    pechschwarzen Talar gespenstisch flattern und zucken. Julie erhob die Walther
    wieder. Jetzt oder nie! Aufgerichtet gab Stone ein fabelhaftes Ziel ab. Diesmal
    würde sie nicht nur die Schulter treffen!




    Julie visierte den Reverend an. Ihre Augen formten sich zu entschlossenen
    Schlitzen, die nur noch eins sahen: das Ziel, den Reverend! Er stand immernoch
    ganz ruhig auf den anderen Boot, das Francine Belleville mit viel Geschick aber
    auch mit viel Mühe durch die Wellen lenkte. Ein schauriges Bild, nichts und
    niemand schien ihm etwas anhaben zu können. Ein Mann, dem es egal war, was als
    nächstes passieren würde, der nichts mehr zu verlieren hatte. Seine starren
    Augen zeigten nicht die Spur von Furcht. Wind und Wasser prallten einfach an
    ihm ab.




    Julie hörte durch den Fahrtwind die Wortfetzen, die der Reverend zu ihr
    hinüberschrie: "Sie können mich nicht umbringen, Ms Zorbo! Wir haben die
    letzten sieben Jahre ihres Lebens bestimmt. Ihnen ging es, anders als den
    meisten Menschen hier, immer gut. Wem verdanken sie das - uns! Mir! Was wären
    sie ohne uns - nichts! Wo wären sie ohne uns - nirgendwo! Denke sie nach! Sie
    können es nicht!"




    Die letzten Jahre bei der Organisation flogen im Zeitraffer an Julie vorbei.
    Aber sie riss sich zusammen. Sie konnte ihn nicht umbringen?


    Da hatte er sich aber geschnitten! Der Beweis dafür, dass sie es konnte lag nur
    eine Fingerkrümmung entfernt! Sie würde es hier und heute zu Ende bringen!
    Julie versuchte sich zu konzentrieren, sie hatte Stone genau im Visier.
    Goodbye, Reverend! Julie drückte ab!




    Ein lautes dämonisches Lachen hallte durch die Bucht. Er lachte! Archibald
    Stone lachte! Ihre Augen waren weit aufgerissen. Julie starrte fassungslos auf
    ihre Walther, die Stone den Tod bringen sollte. Sie hatte nur ein leise klicken
    von sich gegeben!




    "Keine Munition mehr, Julie?" sie hörte die hämischen Worte des
    Reverends "Ich sagte doch sie können mich nicht töten! Aber beruhigen Sie
    sich Ms Zorbo - Ich kann es!"




    Mit einem kalten Lächeln hob der Reverend seine blutverschmierte aber
    einwandfrei funktionstüchtige Pistole und schoss auf Julie. Sie war so
    überrascht, dass sie sich nicht mehr rechtzeitig wegducken konnte. Stones Kugel
    traf sie in die Magengegend und Julie sank zu Boden.




    "Julie!" Bond hatte es gerade geschafft wenigtens ein Bein auf das
    Boot zu bringen und sah nun gerade noch Julie auf dem anderen Boot auf die
    Mittelkonsole sinken. Julie fiel über den Steuerungshebel für den Motor, so
    dass das Boot immer langsamer wurde und Bond mitansehen musste, wie der Abstand
    zwischen Julie und ihm auf dem Boot des Reverends immer größer wurde. Bonds
    Aufschrei erinnerte Stone an den unliebsamen Mitfahrer. Er schoss zweimal auf
    Bond, verfehlte ihn jedoch jedesmal knapp. Dann war auch sein Magazin
    verbraucht. Wütend warf er seine Waffe über Bord ins Meer hinaus. Bond
    kletterte mittlerweile über die Reeling und wollte gerade aufstehen, als er
    etwas langes aus Metall an seiner Wange spürte. Stone hielt ihm eine etwa 70cm
    lange Machete unter die Nase. "




    „Wohin so eilig, Mr Bond? Legen sie wirklich so viel Wert darauf Ms Zorbo so
    schnell in den Tod zu folgen?"




    Blitzschnell griff Bond die Füße des Reverends und zog sie zu sich. Stone fiel
    mit einem lauten Fluchen auf die Planken des Schnellbootes. Die Machete jedoch
    zog noch einen langen Schnitt von Bonds Kinn bis fast an seine Stirn. Der
    Schweiß brannte wie Feuer in der Wunde. Dann sah er sie, zwischen ihm und den
    Reverend lag die Magnum, mit der Stone Bond noch vor kurzem bedroht hatte. In
    diesem Momnent hatte sie auch Stone entdeckt. Beide sprangen auf den Gegenstand
    zu. Jetzt ging es um alles! Sie erreichten die Waffe fast gleichzeitig - Bond
    den Lauf, Stone das andere Ende! Sie kämpften verbissen um die einzige Chance,
    den anderen zu beseitigen. Francine Belleville wusste, dass der Reverend Bond
    körperlich unterlegen war. Daher versuchte sie durch gezielte Kurvenfahrten und
    Beschleunigung, Bond diesen Vorteil zu nehmen. Das hatte den Nachteil, dass sie
    sich voll und ganz auf das Fahrewn konzentrieren musste. Die Gegend um die
    Horora Bucht war bekannt für ihre Untiefen. In einem geeiggneten Moment gelang
    es jedoch Bond die Waffe an sich zu reissen. Sofort fand der erbitterte Kampf
    ein Ende. Bond, wie auch Stone völlig außer Atem, stand langsam auf, wobei er
    die Waffe immer auf dem Reverend gerichtet hielt. "Verdammt!"




    "Sie wollen ein Mann der Kirche sein, Stone!" Bond blickte abfällig
    auf den Reverend "Sie müssen noch viel lernen, Reverend! Lektion Nummer
    eins: Du sollst nicht fluchen!"




    Bond packte Stone am Kragen und zog ihn zu sich hoch "Das könnte ich ihnen
    ja noch verzeihen. Aber was ich ihnen nicht verzeihen kann ist, dass sie mit
    einer schlimmen Krankheit ihre skrupelosen Geschäfte machen wollten. Sie wollten
    diesen Menschen nicht helfen, sie wollte sich bereichern. Ihnen wäre es egal
    gewesen, wenn ale draufgegangen wären. Hauptsache sie hätte vorher gezahlt,
    nicht wahr!Lektion Nummer zwei: Du sollst nicht handeln wider deinen
    Nächsten!"




    Bond zog ihn noch näher zu sich heran. Er flüsterte fast."Am wenigsten
    verzeihe ich ihnen jedoch etwas, dass sie erst vor ein paar Minuten
    fertiggebracht haben: Sie haben Julie auf dem Gewissen. Das wird ein wahrhaftig
    schwarzer Tag für sie, Stone! Lektion Nummer drei, Reverend Archibals Stone: Du
    sollst nicht töten!




    Bond schlug ihm mit der Pistole ins Gesicht und Stone fiel nach hinten und
    prallte auf das Deck des Schnellbootes!




    Bond trat an den bewusstlosen Geistlichen, der so sehr vom rechten Weg
    abgekommen war. Er empfand auch jetzt noch nichts als Abscheu für ihn
    "Ruhe in Unfrieden, Archibald Stone!"




    Im Spiegel der verchromten und polierten Reeling sah Bond, wie sich Dr
    Belleville mit einem schweren Stahlanker in der Hand, scheinbar die letzte
    verbliebene Waffe an Bord, an ihn heranschlich. Blitzschnell fuhr er herum und
    richtete die Magnum auf sie.




    "Sie kommen zu spät, Doktor! Der Patient war unheilbar geisteskrank! Aber
    wo sie schon mal hier sind können Sie mir auch das Ding da geben!" Bond
    zeigte mit der Waffe auf den Anker.





    (Z) Belleville führte Bonds Befehl aus und ließ den Anker
    krachend zu Boden fallen.




    „Und jetzt schön in diese Richtung da. Na los.“ Bond deutete mit seiner Waffe
    auf Julies Boot und presste seine Walther in Francines Nacken.




    Belleville lenkte ein, erhöhte das Tempo und steuerte auf Julies Boot zu.




    „Nach soviel Arbeit haben Sie sich eine kleine Verschnaufpause gegönnt, Doktor
    !“

  • Bond ließ Belleville keine Zeit
    zum Antworten, sondern streckte sie mit einem flachen Schlag ins Gesicht. Zehn,
    vielleicht fünfzehn Minuten würde sie in dieser Situation verharren. Ob sie
    noch mit dem Leben davon käme ließ Bond offen. Jedenfalls konnte sie jetzt erst
    mal nicht ins Geschehen eingreifen, was Bond sehr recht war.




    Bond drosselte die Geschwindigkeit und trieb langsam an Julies Boot. Bonds Mine
    verdüsterte sich stark, als er auf den blutdurchtränkten Körper Julies starrte.
    Ihre Augen waren schwer, die verschwitzten Haare hingen ihr in der Stirn, ein
    Arm hing schlapp über der Reeling, doch sie war ansprechbar.




    „Keine Angst, die beiden sind erst einmal außer Gefecht. Vorerst jedenfalls.“




    Bond stieg hinüber und hievte Julie auf seinen Rücken, um anschließend mit
    einem langen Schritt zurück auf sein Boot zu gelangen. Vorbei an der immer noch
    schlummernden Francine und dem bewusstlosen Reverend schleppte Bond Julie in
    die kleine Kombüse, die spartanisch ausgestattet war und nur ein kleines Bett
    bot. Bond begab sich zurück zum Steuer und suchte unter dem Armaturenbrett nach
    einem Erste-Hilfe-Kasten, den er auch fand. Seit einigen Jahren gehörte die
    Mitführung eines Erste-Hilfe-Kastens für jegliche Bootseigner zur Pflicht.


    Bond stoppte Julies Blutungen und untersuchte die Wunde genauer. Der Reverend
    traf sie direkt oberhalb des Beckens, seitlich des Magens. Ob die Nieren
    beschädigt wurden, konnte er nicht sagen.




    „James“, Julie blickte mit schmerzverzerrtem Gesicht auf Bond. „Es sieht nicht
    gut aus, oder?“




    „Noch ist nichts vorbei. Noch nicht. Ruh Dich aus, wenn Deine Nieren nicht
    getroffen wurden, ist alles halb so schlimm. Den Blutverlust hab ich erst
    einmal gestoppt. Auf dem Festland werden sie Dich mit Blutkonserven versorgen
    und alles ins Lot rücken. Glaub mir.“




    Bond streichte ihr noch einmal kurz die Haare zurecht und verließ die Kombüse.
    Er trat ans Steuer, beschleunigte und setzte Kurs aufs Festland, als er
    plötzlich ein gläsernes Kratzen vernahm. Bond drehte sich um:


    Dr. Belleville lag immer noch ein wenig benommen auf dem Boden, versuchte aber
    den Anker mit den Füssen zu sich zu ziehen. Bond zog seine Waffe und richtete
    sie direkt auf Bellevilles Kopf.




    „Doch wie konnte sie nur so unvorsichtig sein. Sie wusste doch, dass sie Bond
    schutzlos ausgeliefert sein würde, ohne Waffe, ohne physische Präsenz. Warum
    also diese Aktion ?“




    „Ahhh!“ Der Reverend drückte seine beiden Hände fest um Bonds Kehle. Immer
    weiter, immer fester. Wie konnte er nur auf einen so dämlichen Trick hinein
    fallen. Er hätte doch gleich sehen müssen, dass Stone sich wieder bester
    Gesundheit erfreute. Und hätte er Francine mehr in die Augen gesehen, hätte er
    bemerkt, dass sie zwar aufrecht stand aber erkennbar taumelte.




    „Zu spät mein Lieber. Haben Sie wirklich geglaubt mich überlisten zu können.
    Mich ? Ausgerechnet Mich ? Eigentlich spricht der Herr Gott die Urteile über
    Leben und Tod. Aber in Ihrem Fall, Mr. Bond werde ich mich diesen Rechtes
    befähigen. Noch etwas zu sagen, bevor ich noch fester zudrücke und Ihnen ihren
    Lebensatem auspuste, ach nein, sagen wir ausdrücke ?!“




    Bond hechelte, aber jeder Versuch seinerseits nur ein wenig Luft zu schnappen
    wurde von Stone gnadenlos mit weiterem Druck geahndet




    Aber, aber, Mr. Bond. Das ist wirklich sehr unhöflich. Ich würde wenigstens
    eine Antwort erwarten.“




    Bond japste nur einige Male auf und versuchte Luft zu holen, doch der Druck,
    der auf seiner Kehle lastete schien immer größer zu werden. Jetzt war höchste
    Zeit zu handeln. Ein kurzer, aber sehr effektiver Tritt gegen das Schienbein
    ließen den Reverend kurzzeitig die Hände von Bonds Kehle nehmen. Bond drehte
    sich blitzschnell um und langte mit seiner rechten mitten aufs Stone Nase, aus
    der sich prompt eine große Portion Blut ergoß. Dann erblickte Stone den Anker:




    Hastig stolperte, noch ein wenig benommen von Bonds Schlag, auf den Anker zu.
    Bond reagierte sofort, konnte aber nicht verhindern, dass der Reverend den
    Anker auf Bond richtete. Dieser suchte nach Hilfe, welche er in einem sich
    unter einer Sitzbank befindlichen Brecheisen fand. Beide belauerten sich wie
    Wildtiere in der Savanne. Bond schaute Stone tief in die Augen. Das Blut lief
    ihm immer noch über die Wangen, aber sonst stellte Bond keinerlei Anzeichen von
    Ermüdung auf Seiten Stones fest. Bond holte aus. Mit einem lauten Krachen
    schlug er auf den Anker ein, den der Reverend zum Schutz seines Kopfes in die
    Höhe gehievt hatte. Prompt drückte Stone mit aller Gewalt den Anker nach vorne,
    doch Bond konterte und hielt dagegen. Die Kräfte schienen sich aufzuheben;
    konnte der Reverend den Anker und damit das Brecheisen einmal an Bonds Kehle,
    oder zumindestens in die Nähe, pressen, konterte der dieser und schob den Anker
    in Richtung der blutenden Nase des Reverends.




    Bond wich zur Seite, sodass Stone aufgrund der überschüssigen Stossenergie nach
    vorne kippte und den Anker fallen ließ. Bond verlor daraufhin das
    Gleichgewicht. Der Anker traf das Gaspedal und klemmte zwischen diesem und dem
    Armaturenbrett fest. Das Boot beschleunigte drastisch. Das war Bonds Chance. Er
    nahm das Brecheisen, welches zu Boden fiel, an sich und trat auf den Reverend
    zu, der ein wenig benommen vor dem Anker hockte und wollte gerade zuschlagen,
    als Stone ihn mit einem Tritt in die Kniekehle zu Boden schickte. Bond schrie
    auf; der Reverend stürzte sich auf ihn und traf mit seiner Faust in Bonds
    Gesicht. Bonds Lippe blutete stark, doch sämtliche Verletzungen spielten hier keine
    Rolle.


    Er wusste ja nicht, wie es Julie erging und ob sie überhaupt noch am Leben war.
    Zeit war mal wieder Bonds größter Feind, wie so oft in den letzten Jahren.




    Die beiden Kontrahenten wälzten sich am Boden, als Bond Stone von sich fern
    trat und aufstand. Bond wollte Stone gerade in den Magen schlagen, als dieser
    seinen Arm erhob und den Schlag abblockte. Stone hob serinen Ellebogen und
    rammte in Bond in das Rückgrad, sodass er aufstöhnte und nun ein leichtes
    Fressen für den Reverend darstellte. Stone packte Bonds Kopf und rammte ihn and
    die Reeling. Bond hing nun wie ein nasser Sack an der Reeling, als Stone zum
    finalen Schlag mit der Brechstange ausholte. Im letzten Moment konnte sich Bond
    zur Seite drehen, immer noch benommen , aber trotzdem noch kampffähig. Mit
    einem reaktionsschnellen Tritt in den Unterleib taumelte auch Stone in richtig
    Armaturenbrett. Derweil nahm die Geschwindigkeit des Bootes immer weiter zu.
    Durch den inzwischen hohen Wellengang wurde Dr. Bellevile wachgerüttelt. Sie
    blickte auf das Deck des Bootes und sah, wie Bond nun die Initiative ergriff:
    er fuhr sein Bein aus und traf das rechte Bein Stones. Der Reverend schrie auf
    und fasste sich instinktiv an die Quelle des so sehr stechenden Schmerzes. Bond
    drückte Stoine ganz nah ans Armaturenbrett, um ihn über den Bug zu werfen.,
    doch der Reverend wehrte sich stark. Sein Rücken krachte nach einem erneuten
    Tritt Bonds gegen seinen Oberschenkel gegen das Lenkrad. Das Boot begann auf
    der Stelle heftigst zu schlingern, Bond und der Reverend verloren das
    Gleichgewicht. Dr. Belleville blickzte hilflos auf dem Boot nach einer Waffe,
    erspähte das Brecheisen und schritt auf Bond los, doch auch ihr machte die
    schlingernde Fahrt zu schaffen. Sie stürzte. Bond drückte dem Reverebd derweil
    die Luft ab., doch aus den Augenwinkeln vernahm er ein großes Schild.




    „Vorsicht ! Furt in unmittelbarer Nähe.
    Drosseln Sie das Tempo, nach wenigen Metern übliche Weiterfahrt !“




    Es bleibe keine Zeit mehr zum reagieren, wie auch ? der Anker klemmte immer
    noch zwischen Armaturenbrett und Gaspedal. Das Boot schlitterte über die Steine
    und rutschte in Schräglage einige Meter weiter, bis es die tieferen Gewässer
    erreichte. Der Aufprall auf die Steine hinterließ seine Spuren: ein gewaltiges
    Leck fraß sich durch die Steuerbordwand des Bootes, woraufhin viel Wasser in
    den Innenraum strömte. Das Boot begann zu sinken. Stone, Bond und Belleville
    wurden durch Wasser, welches sie überströmte wachgerüttelt und auf die
    bedrohliche Situation aufmerksam gemacht. Das Boot, oder was davon jetzt noch
    zu erkennen war, richtete sich langsam auf, der Bug rammte sich langsam gen
    Boden. Bordbücher, Rettungsringe und anderer nichtbefestigter Kleinkram
    rutschte in Richtung Bug und über ihn hinaus auf den Grund. Bond hastete in
    Richtung Kajüte, um sich nach Julie zu erkundigen, als der Reverend ihn in dne
    Nacken schlug. Bond fuhr seinen rechten Ellebogen aus, um in dem Reverend in
    den Bauch zu rammen, doch er verfehlte. Stone trat zurück und traf Bond mit
    einem wuchtigen Tritt in den Rücken, sodass Bond gegen die Heckreeling
    geschleudert wurde.




    „Was surrte da ?“ Bond blickte sich misstrauisch um, und starrte erfürchtig auf
    die Bootsschraube, die majestätisch aus dem Wasser ragte. Je weiter das Boot
    kippte, desto näher bewegte sich die Schraube auf die Heckreeling zu. Stone
    lachte auf, als er zu Bond schritt:




    „Nun, Mr. Bond. Manchmal stellt sich das Glück erst nach einigem Warten ein.
    Diesmal habe ich viel zu lange gewartet.“ Ein weiterer Faustschlag traf Bond.




    „Aber jetzt ist es ja vollbracht.“ Stone zog Bond hoch und drückte ihn an die
    Schiffschraube. Immer weiter, immer näher. Die Entfernung betrug vielleicht
    gerade noch 10 Zentimeter, doch Bond fühlte, dass er wieder zu Kräften kam




    „Jetzt werden Gottes Spenden gestückelt, Mr. Bond !“




    Stone drückte Bond weiter hinaus, als dieser sein Knie erhob und es dem
    Reverend ins Gesicht rammte.




    „Sie haben vollkommen Recht Stone. Selig sind die, die Frieden stiften !“




    Bond drückte den Reverend in die Schraube. Das Summen klang zunehmend ruppiger,
    ehe die Schraube ganz verstummte.





    „Archie !“ Dr. Belleville klammerte sich fest an die
    Reeling, da das Schiff nun schon fast senkrecht zum Boden stand. Verzweifelt
    versuchte sie zum zerfetzten Leichnam ihres Geliebten zu gelangen. Kurz
    streichelte sie noch ein letztes Mal sein Gesicht, als sie sich Bond näherte,
    der in gebückter Haltung im Eingang zur Kombüse stand.




    „Ahhh !“ Ein Handkantenschlag Dr.Bellevilles traf Bond im Nacken. Er musste
    kurz verschnaufen, verpasste Belleville dann aber doch eine Ohrfeige, sodass
    diese stürzte. Bond witterte seine Chance und schritt auf Belleville zu, was
    angesichts der Bootslage ein längeres und gefährliches Unterfangen darstellte.


    Als Belleville wieder einigermaßen zu Kräften gekommen war, trat sie nach Bond
    aus, um einen Treffer in seinem Gesicht zu landen, doch Bond blockte den Tritt
    mit beiden Händen ab, und drückte Belleville, jetzt ja nur noch auf einem Bein
    stehend, zurück, sodass diese über die Reeling fiel und ins Wasser platschte.




    „Keine Zeit mehr nachzusetzten“, dachte Bond und begab sich zurück zur Kombüse,
    in der Julie immer noch regungslos auf dem Bett ruhte. Bond hievte sie auf
    seinen Rücken und konnte feststellen, das die Blutungen ein Ende genommen
    hatten. Bond trat an die Backbord Reeling und wanderte mit seinen Augen durch
    die Landschaft.


    Dort ! Ein grauer Landrover, aus dem ein Mann mittleren Alters mit einem
    kleinen Schlauchboot stieg, vermutlich wollte er Angeln gehen, was durch das
    Tragen einer dunkelgrünen Angelhose und einer Dose Köder bestätigt wurde. Der
    Herr parkte am Ufer, legte seine Utensilien beiseite und betrachtete das zu ¾
    gesunkenen Boot, auf dem Bond an der Reeling stand und den Mann eifrig
    herbeiwinkte.




    Wenige Minuten später saßen Bond und Julie, welche ihren Kopf in Bonds Schoss
    legte im Jeep des Mannes, der auffallend gut englisch sprach.




    „Fahren Sie bitte weiter zur britischen Botschaft. Haben Sie ein Mobiltelefon
    bei sich ?“




    Der Herr grinste und reichte Bond .ein älteres Ericcson.




    „Bond hier. Einen Krankenwagen zur britischen Botschaft. Eine im Bauchbereich
    angeschossene Person, deren Blutungen vorerst gestoppt werden konnte.“




    „Mr. Bond. Was ist da passiert ?“ Gilbert, der das Telefonat entgegengenommen
    hatte, klang sehr beunruhigt, leitete aber sofort alle Maßnahmen ein.




    Nach einer guten Viertelstunde hielt der Herr vor der Botschaft, an der schon
    ein Krankenwagen auf Julie wartete. Bond, Julie auf seinen Schultern
    befindlich, hastete aus dem Jeep und rannte zum Krankenwagen, wo Julie auf eine
    Trage gelegt wurde. Ein Krankenpfleger trat hervor:




    „Hören Sie Mr, wann wurde sie angeschossen ?“




    „Vielleicht vor einer Dreiviertelstunde. Später jedenfalls nicht, warum fragen
    Sie ?“




    „Naja, ich konnte zwar erst einen kurzen Blick auf Mis, äh...“




    „Zorbo.“




    „Danke, auf Miss Zorbo werfen, aber allem Anschein nach ist noch einmal mit
    einer tiefen Fleischwunde davongekommen, näheres aber erst nach OP und weiteren
    Untersuchungen.“




    „Danke. Ich komm dann heute am späten Abend mal vorbei.“ Bond war sehr
    erleichtert. Julies Chancen durchzukommen waren doch recht gestiegen,
    vermutlich hatten ihr die Binden aus dem Boot das Leben gerettet.




    „Mr. Bond, Mr. Bond. Da sind Sie ja !“ Gilbert hielt kurz inne und musterte
    Bond:




    „Ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, aber Ihre Aufmachung sieht schon ziemlich
    mitgenommen aus.“




    „Wirklich ? Dann sollte ich mal meinen Schneider anrufen und ihn darauf
    hinweisen, dass die Latte der extremen Beanspruchung viel zu weit unten liegt.“
    Bond lächelte Gilbert an, der sich denken konnte, was dort eben in den letzten
    drei Stunden auf der Horora-Bucht vor sich gegangen war.




    „Sind alle da ?“




    „Jawohl Mr. Bond.“ Bond schritt durch die Eingangshalle inden Speisesaal, der
    reichlich gefüllt war. Dienstmädchen deckten den Tisch ab, an dem noch vor
    wenigen Minuten die erholt dreinblickenden Gesichter gespeist hatten, und nahm
    zwischen Mr. Mbeki und Gilbert Platz. Bond schaute noch einmal kurz in die
    Runde, als sein Blick auf einen gutgebauten Westeuropäer fiel, der sein Sakko
    mit einem Abzeichen verzierte: OBE, Order Of The British Empire.




    „Liebe Freunde, und Gentlemen !






    Es ist mir als Botschafter des Britischen Königreiches eine besondere Ehre
    Ihnen heute den Interimsminister für gesundheitliche Fragen, Mr. Edward Hughes
    vorstellen zu dürfen. Nach dem Rücktritt unseres Freundes und Partners Mr.
    Nelson Mbeki erklärte sich Mr. Hughes sofort dazu bereit, das Amt des
    Gesundheitsministers bis zur offiziellen Wahl, zu der noch kein Gegenkandidat
    gemeldet hat, zu bekleiden. Für die Zeit seiner Amtsausführung wünschen wir ihm
    alles Gute und Gottes Segen. Und nun last uns unsere Gläser zu einem Toast
    erheben.“ Harris, der die Ereignisse perfekt überspielte und sie auch nicht
    ansprach, um weitere Gäste nicht zu beunruhigen, erhob sein Glas, doch Bond bat
    Mbeki ihn in eine Ecke des Saales zu geleiten, wo beide ungestört reden
    konnten.




    „Warum Rücktritt Mr. Mbeki ? Sie mögen vielleicht eine gewisse Mitschuld am
    Verlaufe der ganzen Sache tragen, aber ist dieser Schritt wirklich nötig ?
    Immerhin haben Sie auch neue Krankenhäuser errichten lassen, Reformen auf dem
    Weg gebracht und Spenden gesammelt.“




    “Wissen Sie M. Bond“, Mbeki wischte sich mit einem Tuch den Schweiss von der
    Stirn


    “Für alle ist es sicherlich das beste. Vielleicht stehe ich in Zukunft Mr.
    Hughes als Berater zur Verfügung, oder ich besuche die abendlichen
    Blackjack-Runden hier in der Botschaft. Glauben Sie mir, ich habe es mir
    reiflich überlegt.“




    Nach weiterem Geplänkel verließ Bond die Botschaft, lieh sich Gilberts Wagen
    und fuhr zum Hospital, welches sich gleich in der Nähe befand. Er betrat die
    Eingangshalle und sprach die Rezeptionistin an: “Guten Abend. James Bond mein
    Name. Universal Exports Vor einer guten Stunde wurde hier eine gewisse Ms.
    Zorbo eingeliefert, eine unserer Mitarbeiterinnen. Könnte ich sie sehen?“






    Die Rezeotionistin schaute in ihre
    Akten und wies Bond den Weg. Er schritt den lichtdurchfluteten Gang entlang zur
    Mitte des Korridors, klopfte an und betrat den Raum. Das Bett schien unberührt
    zu sein. Wo war Julie ? Bond schritt weiter durch den Raum, öffnete die Tür,
    die zur Terasse führte und traf auf Julie, deren Bauch mit einer dicken
    Mullbinde versehen war.




    „Eine tiefe Fleischwunde.’ Kein Problem’ sagte der Arzt. Ich hätte verdammtes
    Glück gehabt. Ein wenig weiter links und ich könnte auf eine neue Niere warten,
    oder befände mich jetzt in kühleren Gefilden. Bei der OP wurde mir nur die
    Kugel entfernt. Eigentlich alles bestens, nur ein bisschen schwach fühle ich
    mich noch.“




    “Mein Gott bin ich froh!“ Bond küsste Julie, nahm sie an die Hand und schritt mit
    ihr über den Korridor




    „James, was hast Du vor ?“




    “Ich bringe Dich hier raus, ich kenne da eine viel bessere Therapie !“




    „Hey, was tun Sie da !“ Die Rezeptionistin wollte Bond zurückhalten und den
    Sicherheitsdienst alarmieren, doch Bond konterte:




    „Tja, Miss. Dringendes Kundengespräch.“




    Bond und Julie stiegen in denWagen und fuhren zurück zur britischen Botschaft,
    die sie durch den Hintereingang betraten. Leise schlichen sie sich die Treppe
    hinauf zu Bonds ehemaligem Zimmer, indem jetzt Mr. Hughes zu residieren schien.




    Derweil wurde Harris immer ungeduldiger und rief Gilbert zu sich:




    „Wo ist eigentlich Mr. Bond ?“




    „Nur kurz im Krankenhaus. Er sagte, er könne vielleicht die Heilungszeit
    verkürzen.“




    „Ach wirklich ? Er scheint ja für jeden Fall bestens gewappnet zu sein. Naja,
    egal. Da schon einige Gäste gegangen sind, würde ich vorschlagen, die
    allabendliche Kartenrunde heute mal im Gästezimmer zu veranstalten. Was halten
    Sie davon, Gilbert ? Eine nette Runde auf dem Hauptbalkon?“




    „Wirklich eine fabelhafte Idee, Mr. Harris“




    Nacdem Harris die weiteren Gäste, darunter nur noch Mrs. Agnes Harris, Mr.
    Mbeki, Mr. Hughes und Gilbert, nach oben bat, traten sie vor die wuchtige
    Eichentür. Gilbert stutzte:




    „Mr. Harris ! Hören Sie dasselbe wie ich ? Stöhnen, kichern ! Was geht da vor
    ?“




    „Julius ? Was hat das zu bedeuten ?“ Obwohl Mrs. Harris einen eifersüchtigen
    Blick aufsetzte, war ihr doch anzumerken, dass auch sie sich über die Situation
    amüsierte.




    Ungeniert klopfte Gilbert an und öffnete die Tür, ein überschwängliches Lächeln
    aufsetzend:


    „Die Blackjack-Runde einmal hier abzuhalten war wirklich eine gute Idee, Mr.
    Harris!“




    Um das gespielte Erstaunen perfekt erscheinen zu lassen, wandte sich Gilbert
    der Tür ab, sah in den Raum und auf das breite Bett, auf dem sich Bond und
    Julie vorsichtig amüsierten und Zärtlichkeiten austauschten.




    „Mr. Bond.
    Was tun sie da ?“ Harris setzte ein erstauntes
    Gesicht auf, obwohl auch ihm anzumerken war, dass er die Sache mehr als locker
    nahm. Stünde seine Frau nicht mit im Raum, hätte er sich sicherlich zu einem
    schlüpfrigen Kommentar hinreißen lassen.




    “Das sehen sie doch! Ich treibe den Heilungsprozess voran!“




    Gilbert erkannte die Situation und zwinkerte Bond freundschaftlich zu




    „Mr.Hughes. Vor Ihrem Amtsantritt sind noch einige wichtige Formalitäten zu
    erledigen. Bürokram und so was. Wenn mir die Gentlemen bitte in die Bibliothek
    folgen würden.“




    Bond zwinkerte zurück, vernahm das Schließen der Tür küsste Julie noch einmal
    kurz, und beäugte den Raum. Er stand auf, nahm ein längliches Bild des
    Reverends auf der er sich für die Gastfreundschaft des Botschafterpaares und
    deren Angestellten bedankte, von der Wand und klemmte es unter die Türklinke.
    Dann stieg er ins Bett und widmete sich wieder Julie.




    „Zu etwas war der Reverend doch gut, aber Du toppst Ihn bestimmt.“




    „In welcher Hinsicht“




    „Mit Deinem Willen zur Genesung !“




    Dann intensivierten sie ihr Liebesspiel.






    The End Of THE BLACK TRAP




    but




    JAMES BOND WILL RETURN



    IN



    DEATH ON ARRIVAL

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