@ Scarpine und Martin: Wie üblich interessante Gedankengänge die ihr hier zu Protokoll gegeben habt. Dem meisten davon kann ich zustimmen.
Einen Vergleich von Sam Mendes mit Guy Hamilton finde ich jedoch ziemlich schwierig.
Durch unsere gewohnte Wahrnehmung als Liebhaber der Gesamtreihe, die über die Dekaden hinweg dazu führte das wir die individuellen Stärken und Schwächen der einzelnen Franchise-Jahrgänge tief in unserem Bewußtsein verankert haben, fällt es sicher leicht entsprechende 'Oscars' und 'Goldene Himbeeren' an die Regisseure zu verteilen. Jedoch besteht die Gefahr, die enormen Unterschiede bezüglich der jeweiligen Ausgangspositionen der Macher zu wenig zu berücksichtigen.
Hamilton, der in Hinsicht auf die spätere Reputation seines Gesamt-Œuvres, sowieso schlecht beraten gewesen wäre, nach dem Erschaffen eines 'Überwerks der Reihe' überhaupt an die Regie eines weiteren Bondfilms zu denken, brachte mit seinen 2 Folge-Beiträgen das Kunststück fertig, das das Franchise sowohl sich 'selbst überlebt' (DAF ist in der Hinsicht ein kleines, geradezu schicksal-entscheidendes Wunder für mich), als auch der Reihe pünktlich zum Beginn einer neuen, großen Bondära eine deutliche Frischzellenkur zu verpassen.
Gerade bei LALD finde ich es erstaunlich, das er bis heute eine Art 'Underdog'-Status in der stetigen Liste der allgemein beliebtesten Bondfilme zu verteidigen weiß. Zumal er ja heutzutage, entgegen früheren Zahlenspielen sogar als der erfolgreichste Film der ganzen Moore-Ära gilt.
Bei Mendes finde ich es zudem besonders gravierend, das er ursprünglich gar keinen weiteren Bondfilm machen wollte, und somit nicht aus kreativen, sondern ausschließlich aus finanziellen Gründen ein zweites Mal das Ruder übernommen hat. Die popkulturelle Potenz und franchise-geschichtliche Bedeutung des entsprechenden Endproduktes hat uns wohl bewiesen, das dies nicht gerade die beste Direktive ist, der die Produzenten folgen sollten.
Man muß ja auch nicht gerade Ahnung vom Film-Buisness haben, um zu erkennnen, das man besser Leute mit Ambition, Begeisterung und Ideen an Bord holt, anstatt an Kräften festzuhalten, die sich selbst als Müde im Bezug auf das Thema ansehen.
Und da sind wir dann auch beim Hauptdarsteller. Meine klare Meinung zur Besetzungsfrage: Wenn sich Herr Craig ernsthaft rollentechnisch am Ende sieht, so laßt ihn bitte ziehen.
Eine Verlängerung seiner Ära würde zwar die Statistiker-Seelen unter uns erfreuen (Nach dem Motto: 'Juhu, wir haben innerhalb der Eon-Reihe fast alle Zahlen bedient: Lazenby 1, Dalton 2, Brosnan 4, Craig 5 ?, Connery 6 und Moore 7 - fehlt uns nur noch die 3...), aber um ganz ehrlich zu sein: Emotional geht es mir da ähnlich wie Herrn Craig: Ich brauche nicht auf Teufel komm' raus einen weiteren Craig-Bondfilm. Das ich das, obwohl ich mich als Hardcore-Fan sehe, so empfinde, werte ich als ziemlich schlechtes Zeichen.
CR war und ist eine Frischzellen-'Bombe' für das Phänomen 007, QoS dagegen ein extrem polarisierender, und viele Konsumenten irritierender 'Quịckie', der jedoch bei aller Kritik weit davon entfernt ist, im nachhinein als 'müdes' Werk zu gelten und SF hat etwas ähnliches wie GF und TSWLM geschafft: Sowohl bei der breiten Publikumsmasse, als auch bei Kritikern einen Ära-Zenith zu bilden.
Was also ist nun Spectre ? Eine Art Rückschritt ? Ein Stillstand ? Ein Verharren im Autopilot-Modus ?
Bitte nicht falsch verstehen: Ich ärgere mich nicht über Spectre. Unterm strich will ich ihn insgesamt als 'solide' umschreiben. In meiner aktuellen Rangliste befindet er sich daher auch im Mittelfeld. Mittelprächtig eben.
Das Problem ist jedoch, das er 3 Vorgängerwerken folgt, die allesamt mehr 'fesselten', insgesamt irgendwie inspirierender serviert wurden. Selbst große Fans des Films wird es wohl schwer fallen das Werk mit Begriffen wie 'Frische' und 'innovation' zu umschreiben.
Und schon winken einem da in den langfristigen Reflexionen die anderen 'vierten' Ära-Beiträge, MR und DAD, entgegen. Klar, qualitativ sind diese Filme sehr unterschiedlich. Jedoch wirkt es fast so als sei der vierte Bondfilm für jede Darsteller-Ära grundsätzlich eine Art Endpunkt.
Selbst bei Connery kann man sich fragen ob der von vielen so heißgeliebte TB wirklich die kreative Energie und all die Innovationen entfaltet, mit denen die 3 Vorgängerfilme brillierten. Eigentlich trat auch diese Ur-Ära ab Film Nr. 4 erstmal in vielen Punkten hauptsächlich nur noch auf der Stelle. Von produktionstechnischen Innovationen mal abgesehen bot man im Prinzip einfach nur mehr vom gleichen.
Mal abgesehen davon macht Spectre sowieso auf mich den Eindruck als verabschiede man den Hauptdarsteller aus seinem Part.
Er funktioniert als 'Abschiedfilm' jedenfalls nicht schlechter als DAF/NSNA oder AVTAK. Er versprüht diese gewisse 'das war's'-Atmopshäre. Und das sogar so extrem wie kein anderer Bondfilm vor ihm. Noch nie fühlte sich für mich ein Bondfilm so sehr wie ein Franchise-Abschluß an, wie dieser. Habt ihr das auch so empfunden ? Ich jedenfalls sehe die Craig-Ära schon allein deshalb als beendet an - und das für bondverhältnisse sogar auf erstaunlich 'runde' Art und Weise.
Bei einem Blick auf die anderen Bondzeitalter kann man zudem langfristig seltsame Muster erkennen:
Die Erfrischung: LALD, GE, CR
Die (kreative) Schnellschuß: TMWTGG, TND, QoS
Die endgültige Bondzeitalter-Definierung - sozusagen eine Art essenzieller 'Kern' der Ära: TSWLM, TWINE, SF
Die pompöse Routine: MR, DAD, SPECTRE
Wie seht ihr das ?