Unorthodoxe Bondmeinungen

  • eine Frage von mir, obwohl ich weder Kunst- noch Literaturexperte bin: könnte es nicht sein, dass Surrealismus längst ein household-word geworden ist und seine ursprüngliche Bedeutung ausgeweitet wurde? Denn streng genommen könnte man ja dann nur eine ganz bestimmte, zeitlich begrenzte Stilrichtung als surreal betrachten, nämlich die Gruppe von Breton und Dali und die bzw. wäre dann auch die Frage zu stellen, wer von den "Ursprünglern" der "eigentliche" Surrealist war. Ein Surrealist im Kernsinne müsste ja auch Sozialrevolutionär sein, da fällt dann schon der spätere Franco-Anhänger Dali weg. Es gibt aber meines Wissens schon jede Menge auch literaturgeschichtlicher Deutungen etwa von "Kafka als Surrealisten" oder etwa des österreichischen Literaten Fritz von Herzmanovsky-Orlando als Surrealisten usw. usw. Jendefalls war Fleming selbst ein großer Liebhaber und Sammler surrealer Kunst lg

  • eine Frage von mir, obwohl ich weder Kunst- noch Literaturexperte bin: könnte es nicht sein, dass Surrealismus längst ein household-word geworden ist und seine ursprüngliche Bedeutung ausgeweitet wurde? Denn streng genommen könnte man ja dann nur eine ganz bestimmte, zeitlich begrenzte Stilrichtung als surreal betrachten, nämlich die Gruppe von Breton und Dali und die bzw. wäre dann auch die Frage zu stellen, wer von den "Ursprünglern" der "eigentliche" Surrealist war. Ein Surrealist im Kernsinne müsste ja auch Sozialrevolutionär sein, da fällt dann schon der spätere Franco-Anhänger Dali weg. Es gibt aber meines Wissens schon jede Menge auch literaturgeschichtlicher Deutungen etwa von "Kafka als Surrealisten" oder etwa des österreichischen Literaten Fritz von Herzmanovsky-Orlando als Surrealisten usw. usw. Jendefalls war Fleming selbst ein großer Liebhaber und Sammler surrealer Kunst lg


    Ganz eng gesehen wären nur die ursprünglichen Surrealisten die eigentlichen Surrealisten, aber natürlich wird der Begriff längst für vieles verwendet, und natürlich gibt es keine wirklich feste Definition. Und das Adjektiv "surrealistisch" kann natürlich viel umschreiben, aber irgendwo muß der Begriff ja noch etwas mit den Ursprüngen zu tun haben. So wie du ihn auslegst wäre fast alles surrealistisch, dann wäre der Begriff schon fast seiner eigentlichen Bedeutung beraubt. Und dann muß es ja auch noch Abgrenzungen geben zu Begriffen die ähnliches bezeichnen.
    Wie schon gesagt müsste es dir doch zu denken geben daß Horror oder Fantasy Filme so gut wie nie als surrealistisch bezeichnet werden.


    Das ist ähnlich wie mit dem Begriff des Anti-Helden. Der wird mittlerweile auch für alles verwendet. Tatsächlich aber gibt es in Film und Roman nur sehr wenig wenig Anti-Helden, denn das wäre jemand der überhaupt nicht mehr zum Helden taugt, bzw nichts von den Fähigkeiten besitzt die einen Helden zum Helden machen. Und das ist nicht kommerziell verkäuflich. Jemanden in den Rücken schießen macht einen Helden noch lange nicht zum Anti-Helden, sondern meist nur zu einer modifizierten Version eines älteren Heldentypus.


    Dali ist ja übrigens tatsächlich später aus der Gruppe ausgeschlossen worden. Er hat den Surrealismus süffig und leicht konsumierbar gemacht, ist aber schon früh ausgeschlossen worden weil er einen surrealistischen Akt öffentlich zurückgenommen hat, bzw. sich dafür entschuldigt hat um einen Skandal zu vermeiden.

  • Horrorfilme sind z.B. an sich auch nicht surrealistisch, obwohl ja wenn man den direkten Bedeutungen des Wortes Surrealismus folgt jeder Horrorfilm der phantastisches zeigt auch surrealistisch sein müsste. Der Punkt ist denke ich das Surrealismus ein Aufbrechen der Wirklichkeit bedeutet, und solange die Bonds wie auch die Horrorfilme die Wirklichkeitsebene auf der sie sich abspielen nicht verlassen sind sie auch nicht surrealistisch. Bei Bond ist eine Vulkankrater-Raketenabschußrampe genau so selbstverständlich wie ein Vampir der sich im Sonnenlicht in Staub verwandelt. Die einzige Einstellung in einem Bond die ich evtl. als surrealistisch bezeichnen würde wäre die letzte Einstellung von LALD, die ein Stilbruch ist, aber da es sich um die letzte Einstellung handelt als solcher den Film nicht wirklich in Frage stellt.


    Dann könnte man genauso argumentieren, dass innerhalb der Welt von Eraserhead deformierte Babys selbstverständlich und real sind, oder in Ein andalusischer Hund das Zerschneiden von Augen. Wenn ein Film explizit die Wirklichkeit verlässt, ist er in dieser Eindeutigkeit ja schon wieder nicht mehr surreal. Ein Kennzeichen von surrealen Filmen ist doch eher eine fehlende Eindeutigkeit. Man weiß nie genau, ob das Gezeigte gerade geträumt oder real sein könnte, während die Traumsequenzen beispielsweise in Hitchcocks Spellbound von vornherein als nicht reale Träume gekennzeichnet sind, und einer nicht hinterfragten Realität gegenüber stehen.


    Ich glaube da würde ich komplett widersprechen.


    Du glaubst, du würdest, wenn du könntest? Oder könntest du glauben, wenn du müsstest? :think:



    Mir ist auch noch eine relativ unorthodoxe Ansicht eingefallen: Ich finde die Neu-Einführung von Q in Skyfall misslungen, und einen jungen Computernerd als schlechteste aller Möglichkeiten.

  • Dann könnte man genauso argumentieren, dass innerhalb der Welt von Eraserhead deformierte Babys selbstverständlich und real sind, oder in Ein andalusischer Hund das Zerschneiden von Augen. Wenn ein Film explizit die Wirklichkeit verlässt, ist er in dieser Eindeutigkeit ja schon wieder nicht mehr surreal. Ein Kennzeichen von surrealen Filmen ist doch eher eine fehlende Eindeutigkeit. Man weiß nie genau, ob das Gezeigte gerade geträumt oder real sein könnte, während die Traumsequenzen beispielsweise in Hitchcocks Spellbound von vornherein als nicht reale Träume gekennzeichnet sind, und einer nicht hinterfragten Realität gegenüber stehen.



    Du glaubst, du würdest, wenn du könntest? Oder könntest du glauben, wenn du müsstest?


    Ich denke du ahnst was ich nicht meinen könnte ;)


    Tja David Lynch, tasächlich ist Lynch für mich auch nicht wirklich surrealistisch, obwohl seine Filme voll sind von surrrealen Kram. Weiß nicht ob ich das erklären kann.


    Die Traumszene in Spellbound ist ja bewußt mit surrealen Mitteln gestaltet, und unterscheidet sich da schon von den meisten anderen Traumszenen in Filmen.


    In dem andalusischen Hund fügt sich aber nichts zusammen, die Bilder gewinnen keine direkte Bedeutung, sie bleiben außerhalb des Begreifbaren. Auch wenn sie trotzdem, und gegen den erklärten Willen der Autoren, immer wieder gerne versucht werden zu interpretieren.

  • Maibaum: Gerade die Filme von Lynch sind für mich im perfekten Sinne "traumhaft-unwirklich". Den Begriff surreal gab es ja schon lange vor den Surrealisten, von daher würde ich die nicht unbedingt als alleinigen Maßstab nehmen. Durch den Traumbezug hat der Begriff wohl eh eine sehr subjektive Komponente. Und bei Bond gab es immer wieder Elemente, die bewusst die Realität ignorierten und ins Bizarre und Unwirklich-Traumhafte gesteigert waren. Ken Adam hat ja beispielsweise bei seinen Sets oft absichtlich die Physik ignoriert. Kann man bizarr und utopisch nennen, aber für mich eben manchmal durchaus auch surreal.

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