Der letzte "klassische" Bond?

  • Hallo allerseits,


    in den aktuellen und auch einigen früheren Diskussionen ist mir immer wieder die Phrase "klassischer Bondfilm" begegnet, meist im Zusammenhang damit, dass die Zeit dieser Filme nach "klassischem" Schema (zum Schema selbst gibt es glaube ich auch einen eigenen Thread) vorerst (?) vorbei sei. Es wurden teilweise auch Filme genannt, die den Schlusspunkt dieser klassischen Bonds darstellen sollen. Ich würde diese Diskussion gerne bündeln und habe aus dem Gedächtnis die mir bekannten "Schlusspunkte" gesammelt und würde sie gerne mit der Frage verbinden: Denkt ihr, dass die Zeit der "klassischen" Bonds vorbei ist? Und falls ja: Warum glaubt ihr das und welcher Film ist für euch der letzte "klassische" Bondfilm?:


    AVTAK, weil er die gefühlte Kontinuität der Filmreihe seit DN beendet?


    LTK, weil es das letzte Mal ist, dass Bond keine irgendwie geartete persönliche Verbindung zum Villain hat?
    DAD, weil es der vorerst letzte Over-the-top-Bond ist?
    Oder ein anderer Beitrag des Franchises?

  • Interessante Frage!


    Für mich ist es - wie im entsprechenden Thread schon geschrieben habe - TWINE. DAD ist für mich nicht mehr klassisch - der ist irgendwas, bringt aber zu viel Science Fiction und Anspielungen auf vergangene Bonds hinein, um als "klassisch" zu gelten. Zudem ist Bonds lange Gefangenschaft in Nordkorea für mich auch nicht mit einem klassischen Bond-Film vereinbar.


    Die Craigs wiederum sind - ganz gewollt - nicht klassisch. Sie - also zumindest CR und QoS - orientieren sich stattdessen am frühen literarischen Bond, verzichten auf viele klassische Elemente und gehen teilweise auch völlig neue Wege (trotzdem finde ich diese Filme gut). SF hat teilweise wieder klassische Aspekte, jedoch auch derart viele ganz und gar nicht klassische Aspekte, dass er kaum als klassischer Bond-Film bezeichnet werden kann.


    (ja, ich weiss... ich habe in diesen paar Zeilen acht Mal den Begriff "klassisch" verwendet :blush: )

  • AVTAK - Der letzte Bond aus der "gefühlten " ersten Bondära die 1962 begann.


    TLD hat in seiner Umsetzung durch die Locations / den Soundtrack einige klassiche Elemente, ist aber in meinen Augen gleichzeitig auch ein Film der sehr modern ist und einiges ändert. Das fängt bei der Darstellung von Dalton an , der einen "menschlicheren" Bond spielt , der alles andere als ein Womanizer ist. Kein "klassischer" Villain, ein Bondgirl das ich mir bei Moore und Connery nie vorstellen könnte. Das Ergebnis ist Klasse Bondfilm der zeigt das sich ein Film "klassisch" und "modern" zugleich sein kann. Wenn die Serie nur die Vergangenheit kopieren würde, dann würde sich schon längst alle zu Tode langweilen. TLD ist ein perfekter Film der den Spagat zwischen klassischen Bondfilm und modernen Bondfilm super hinbekommt.


    BTW fühlt sich die Craigära - insbesonders CR - viel klassischer an -als alles was in der Brosnanära gefilmt wurde. Und ich will hier nicht einmal Fleming als Argument bringen.

    Schönes Gewehr, passt eigentlich mehr zu einer Frau. - Verstehen Sie etwas von Waffen Mr.Bond ? - Nein, aber etwas von Frauen.

  • Für mich ist das ganz klar LTK - einfach aufgrund der Tatsache, dass hier letztmals viele Schlüsselfiguren tätig waren, namentlich Cubby, Maurice Binder und Richard Maibaum. Auch ist dies der letzte Film, in dem sich Michael G. Wilson drehbuchtechnisch verdingte, der letzte Bondfilm unter Beteiligung von John Glen sowie der letzte Film mit Robert Brown als M (den ich irgendwie immer als direkte Fortsetzung des Bernard Lee-Charakters empfand). Zwar gab es auch schon in den Filmen davor wenn man so will einen "Abschied auf Raten" vom klassischen Bondfilm, namentlich durch die Schwanengesänge von Ken Adam, John Barry und Lois Maxwell, aber der Bruch nach 1989 ist für mich die gravierendste Zäsur innerhalb der Serie. Die Bondfilme waren immer eindeutig mehr Produzentenfilme denn Regisseursfilme und daher ist eigentlich nur logisch, dass nach dem Abschied von Cubby die Filme einen erkennbar anderen Einschlag hatten. Die Brosnanfilme kann man dabei meiner Ansicht nach noch als eine Art Übergangsphase ansehen, in der man sich zwar durchaus auch an Änderungen versuchte, in erster Linie aber auf weitgehend formelhaftes Abarbeiten von bewährten Standards setzte. Erst mit den Craigs fand man dann einen wirklich eigenen Ansatz, der sich wie ich finde sehr deutlich vom "klassischen Bondfilm", also den Produktionen die Cubby (mit-) zu verantworten hatte, unterscheiden. Abgesehen von den angeführten Personalien empfinde ich den stilistischen Bruch nach 1989 auch "gefühlsmäßig" als sehr stark, die Filme danach fühlen sich einfach anders an. Gleichwohl auch bei den Daltonfilmen schon einige Änderungen vorgenommen wurden sehe ich diese dennoch ganz eindeutig in der Tradition der Vorgänger, selbst der "Außenseiter" LTK ist für mich ein lupenreiner "klassischer" Bondfilm, lediglich in der "Verpackung" eines härteren Racheabenteuers.

  • Das sehe ich weitgehend ähnlich.


    LTK ist die Zäsur, Brosnan eine Art Übergangs-Bond, der aber noch klar zu den "alten" Bonds gehört, und Craig dann die neue Ära, der Reboot (der hoffentlich in SP nicht noch mehr verwässsert wird).

  • Schöne Diskussion!


    Ich bin absolut unschlüssig. Ich könnte nun sagen, dass AVTAK der letzte Bondfilm ist, in welchem man die ikonischste und unter Umständen bedeutendere Bondstimme zu hören bekommt, den Bondsprecher, dessen Organ gleich zwei Darstellern zu Ehre gereichen durfte: Gert Günther Hoffmann. Andererseits endet die Moore-Ära in meinen Augen bei OP, hauptsächlich wegen Moore, aber auch sonst ist AVTAK ein etwas träges Machwerk, dessen Titelsong diesbezüglich einen glasklaren Kontrast bildet. Auch könnte ich nun TLD nennen, der Film umfasst alles was man als klassisch ansehen kann, zudem polarisiert er nicht in dem Maße, in welchem es LTK tut.
    Noch weiter nähere ich mich der Gegenwart, wenn ich nun auch die Brosnan-Ära in die klassische Phase einbinde, doch das kann ich nicht, denn diese Filme sind sehr dürftig - Brosnans Ära war nur im Bezug auf die Videospiele revolutionär! In gewisser Weise sind DN, FRWL, OHMSS, LTK, CR und QoS am ehesten als klassisch anzusehen, da sie den Verhaltensweisen der Romanfigur entsprechen, doch unter "klassisch" stellen sich die meisten Menschen eher das vor, was man in der Filmwelt als die "Bondformel" bezeichnet, somit passe ich mich dem an und kann nach dieser Logik fast schon sagen, dass Bond eigentlich erst bei GF begann. Auch wenn LTK etwas schwierig ist, würde ich jetzt einfach mal sagen: 1964 bis einschließlich 1989! NSNA passt da sogar fast ins Bild, CR ´67 eher weniger, doch dafür wie gesagt NSNA.

  • Ich finde interessant, dass hier LTK genannt wird.
    LTK ist für mich der erste Bondfilm, der eindeutig nicht mehr dem klassischen Muster zuzuordnen ist und die Ära der Privat-Bonds angeleiert hat. Bis dahein war Bond ein über den Dingen stehender Mensch ohne persönliche Bindungen. Das Persönliche hat erst LTK ins Spiel gebracht (OHMSS als Außenseiter mal ausgenommen).
    Für mich persönlich ist es da auch irrelevant, ob das nun Fleming-like ist oder nicht. Ich beziehe mich da lediglich auf die vorigen Filme und die Bondwerdung des Filmhelden.


    Auf der Suche nach dem "letzten klassischen Bond" kann man verschiedene Kriterien anwenden:


    Der letzte Bond der 1. stringenten Ära: AVTAK


    Der letzte Bond nach klassischer "Schablone": TND


    Der letzte Bond nach klassischem Muster ohne persönliche Verbindungen zur Geschichte: TLD


    Der letzte Bond, der auf einer Fleming-Geschichte beruht: CR


    Ist schwierig, mich auf einen Film festzulegen. Wenn ich all diese vermeintlich objektiven Gesichtspunkte weglasse und in mich reinhöre, dann würde ich TLD sagen.

  • Doch, den Unterschied spüre ich schon! ;)
    Der Bruch LTK-GE ist für mich auch ein großer (Cubby hat zwar noch gelebt, dürfte aber zu GE nichts beigetragen haben).


    Es gab aber immer wieder Brüche in der Reihe. Ich würde es mal folgendermaßen zusammenfassen:


    DN, FRWL: Die Fleming'schen Erstlinge
    GF, TB, YOLT: Die große Ära
    OHMSS: Der Außenseiter
    DAF, LALD, TMWTGG: Hamiltons verrückten 70er
    TSWLM, MR: Over the Top
    FYEO, OP, AVTAK: Ende der ersten stringenten Ära
    TLD: Der letzte seiner Art
    LTK: Der Privat-Bond
    GE, TND, TWINE, DAD: Verwalten des Alten
    CR: Aufbruch und Neubeginn
    QOS: Fast Food
    SF: Bond für alle


    Also doch recht viele Brüche, die alle ihre Daseinsberechtigung haben.


    Ich würde dennoch den Bruch zwischen TLD und LTK schwerer wiegen als den zwischen LTK und GE.
    Eigentlich lustig, dass dieser Brucjh genau zwischen den beiden Bonds von Dalton liegt, der außerhalb der Fanszene kaum wahrgenommen wird.

  • Das Thema interessiert mich, daher mal kurz ein Forums-Hopping :)


    Ich glaube zunächst, dass es schwierig ist, dieses Thema ohne persönlichen Hintergrund zu beantworten.
    Ich glaube, dass viele hier mit AVTAk oder LTK antworten, ist wohl auch altersbedingt. Oft - so auch bei mir - sind das die Filme die es schon gab als man Kind war.
    Grade die lange Pause nach LTK führt dazu, dass besonders viele neue Fan-Jahrgänge in dieser Pause hinzugekommen sind.


    Es ist aber ein absoluter Irrglaube, dass alle Filme davor eine homogene Masse "klassischer Bondfilme" waren. Eigentlich gab es von Film zu Film immer mehr oder weniger große Änderungen, manchmal sogar Brüche.


    Welche Unterscheidungsmerkmale gebe es also für eineAbgrenzung klassisch vs. modern?
    - Nach Produzenten (Cubby vs. MGW/Babsi)
    - Nach Darstellern (Connery/Moore vs. Rest)
    - Nach Jahrzehnt
    - Nach inhaltlichen Veränderungen (Kalter Krieg vs. post-kalter Krieg)
    - Nach veränderter Herangehensweise (reine Agenten-Actionfilme vs. Filme mit emotionaler Tiefe)


    Ehrlich gesagt, ich kann mich mit keiner Unterscheidung so richtig anfreunden.
    Die reine Unterbrechungszeit nach LTK, der politische Wandel, die Anpassungen bei den Figuren (M, Moneypenny,...) - das sind schon viele Veränderungen aber gleichzeitig ist GE und TND wiederum ein ganz klassischer Bondfilm, was ja selbst in Details bis zum explodierenden Kuli zelebriert wird.


    Ich bring mal eine ganz andere Unterscheidung ins Spiel:
    - Die Stamm-Crew hinter der Kamera
    Für mich haben grade Ken Adam, John Barry, Drehbuchautoren wie Maibaum und die Regisseure Young, Gilbert und Hamilton die Serie geprägt.


    So gesehen ist für mich viel vom "Klassiker-Glanz" nach MR weg.
    Man merkt deutlich, dass mit Glen hinter der Kamera und mit WIlson bei den Drehbüchern und ohne Ken Adam die ursprüngliche, und bis MR sicher mehr oder weniger gesteigerte Grandezza futsch war. FYEO war ja auch eine bewusste erste Zäsur.
    Zwar kam Barry dann noch mal zurück, und OP und TLD sind dann wieder ein halbherziger Versuch einen "typischen" Bondfilm zu machen, aber in Summe merkt man den Wilson Stories und der Glen-Inszenierung schon eine Andersartigkeit an.

  • Ich würde dennoch den Bruch zwischen TLD und LTK schwerer wiegen als den zwischen LTK und GE.


    Bei mir ist es umgekehrt: Der Bruch zwischen LTK und GE ist für mich deutlich grösser. Das liegt aber vor allem daran, dass da volle 6 Jahre dazwischen liegen und die Macher sich - auch wegen der eher durchzogenen Reaktionen auf LTK - in einer echten "Identitätskrise" befanden... Sie waren unsicher, wie sie Bond plötzlich in die tiefen 1990er, in die Zeit nach dem Kalten Krieg holen sollten (bis auf LTK spielten ja die Sowjets seit TSWLM immer irgendeine Rolle; in den 1970ern eine eher gute, in den 1980ern eine eher negative). Das mit dem Wechsel von der Cubby- und Post-Cubby-Ära würde ich indes nicht überbewerten. Cubby hat insbesondere die Bond-Filme bis in die 1970ern - zuerst noch zusammen mit Saltzman - sicher erheblich mitgeprägt. Danach nahm aber sein Einfluss m.E. stark ab. Zudem ist es grösstenteils der Regisseu, der für den Stil eines Films verantwortlich ist (SF ist ein ausgezeichnetes Beispiel hierfür).


    Trotzdem ist für mich der Bruch zwischen DAD und CR für mich der grösste in der Bondgeschichte.

  • ch glaube zunächst, dass es schwierig ist, dieses Thema ohne persönlichen Hintergrund zu beantworten.
    Ich glaube, dass viele hier mit AVTAk oder LTK antworten, ist wohl auch altersbedingt. Oft - so auch bei mir - sind das die Filme die es schon gab als man Kind war.


    Kann mich Deinen Ausführungen fast nahtlos anschließen! :thumbup:


    Bei mir ist es umgekehrt: Der Bruch zwischen LTK und GE ist für mich deutlich grösser. Das liegt aber vor allem daran, dass da volle 6 Jahre dazwischen liegen und die Macher sich - auch wegen der eher durchzogenen Reaktionen auf LTK - in einer echten "Identitätskrise" befanden... Sie waren unsicher, wie sie Bond plötzlich in die tiefen 1990er, in die Zeit nach dem Kalten Krieg holen sollten


    Da die Umstände von GE schon unsicher genug waren, ging man mit dem Film an sich meiner Meinung nach ziemlich auf "Nummer sicher". Das einzig Gewagte (neben des Soundtracks) war die Story rund um den Ex-Kollegen. Alles andere war recht klassisch.

  • Ein "Bruch" ist nicht zwingend gleichzusetzen mit klassisch/nicht klassisch. Beispiel: Von MR zu FYEO gab es m.E. einen grösseren stilsitischen Bruch. Trotzdem dürfen wohl beide Filme als in ihrer Art in etwa gleich klassisch bezeichnet werden (was übrigens auch auf LTK/GE zutrifft, wobei ich Dir Recht gebe, dass GE in vielen Elementen klassischer daher kommt alsd LTK).


    Wirklich schade, dass wir niemals wissen werden, wie ein '91er oder '93-Bond mit TD geworden wäre ;(

  • Bei mir wäre es TLD ich kann gar nicht so wirklich begründen warum, es passt einfach alles !Score , Locations , Story und die Besetzung ist für mich top! Dalton wurde gut und schnell eingeführt, der einzige Kritikpunkt ist für mich Kara, wie man Maryam D'abo hat casten können bleibt mir unerklärlich!
    Meine persönliche Meinungen!

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