SPECTRE – Erste Reviews

  • Naja - Spaß haben kann ich mit den Brosnan-Bonds auch, das ist aber nicht der Maßstab. Craig-Bonds stehen für mich für Seriosität, für Nachvollziehbarkeit, Glaubwürdigkeit. Man mag den Dialog zwischen Bond und Vesper in der Klinik für "Rosamunde Pilcher"-mäßig halten - ich glaube ihm an der Stelle jedes Wort. Weil es gut hergeleitet, begründet ist. Das ist die Beziehung zu Swann eben nicht. Nur mal zum Beispiel. "Spaß" ist also nicht der entscheidende Faktor.

    Genau das meine ich ja: Spaß ist für Dich nicht der Maßstab bzw. die größte Erwartung an einen Bond-Film. Für andere eben schon (steile These: für diejenigen, die mit Roger Moore aufgewachsen sind), und die haben eben womöglich mehr Freude an SPECTRE.


    Und was die Dialoge anbelangt: Da unterbietet in meinen Augen (bzw. Ohern) nichts einige Sequenzen von QOS.


  • Durchaus interessant, dass dem Film gefühlt hier im Forum seine Leichtigkeit zum Verhängnis wird, genau das was all die Jahre etwas vermisst wurde.

    Das mag so wirken, auch anmuten meinetwegen, aber ich sehe da nicht sonderlich den Widerspruch. Das Meinungsbild bleibt ähnlich wie erwartet:
    Wer lockeres Programm wollte (Kollege Kronsteen z.B.), hat genau das bekommen, wer hingegen das Fortlaufen des glaubwürdigeren Craigs wollte (z.B. ollistone, ein paar andere hier sicher auch und ich ebenfalls), wurde weniger überzeugt.


    Vor allen Dingen stört mich aber, dass ich in dem Film in 20 Jahren vermutlich kein politisches Zeitdokument sehen werde. In SF ist man zwar teilweise ebenfalls zu den 60er Jahren zurückgekehrt, die Überwachungsproblematik wirkte aber noch verhältnismäßig frisch und unverbraucht. In Spectre sieht man hingegen zu wenig Neues von dem, was vor drei Jahren noch nicht denkbar gewesen wäre (was das auch immer sein mag - darüber ließe sich streiten). Somit ist das in meinen Augen ein neu auflebendes 'Skyfall 2.0', oder auch Reloaded, nur eben ohne eine gescheite Story. Wogegen ich wie gesagt wenig hätte - wäre da nicht der Bezug zu den Vorgängern.

  • Man hat halt nach nun fast 10 Jahren und 4 Filmen eine gewisse Erwartungshaltung an einen Craig Film, die SPECTRE nicht ganz so gut erfüllt wie der auch schon deutlich leichtere SF. In SF steckte noch mehr Craig aus CR und QOS drin, SPECTRE hat zwar meines Erachtens nach noch genug Craigmomente um Ihn angenehm abzuheben, erhätte aber trotzdem durchaus etwas kompromissloser sein dürfen.
    Genau so fehlen halt auch die großen Villainmomente wie die Folter in CR, die Toscasequenz in QOS und natürlich der Auftritt von Silva inklusive leicht homoerotischem Gefummele!

  • Ganz genau!


    Ein weiterer Kritikpunkt ist in meinen Augen übrigens die fehlende Thematisierung von Blofelds Motivationen und Motiven. Fast schon beiläufig bringt er sein psychologisches Gejammer zur Erwähnung. Entgegen der Meinung anderer, finde ich diese Begründung gar nicht mal so sehr an den Haaren herbeigezogen, denn vernachlässigte Kinder können nun einmal sensitive Empfindungsträger sein. Aber WENN das schon alles sein soll, was Blofeld all die Jahre so diabolisch hat werden lassen, dann genügt es doch nicht vor der finalen Konfrontation einen einzigen diesbezüglichen Satz abzufeuern, anstatt ein längst überfälliges Wortgefecht der Aufarbeitung ins Leben zu rufen. Im Übrigen hätte man damit wenigstens die 2,5h-Marke geknackt :)

  • Für mich, der Bondfilme eher fühlt als denkt, und der eher der Optik als der Logik in den Filmen erliegt, ist SPECTRE ein Fest!

    Kronsteen
    Des sind für mich auch starke Momente aus SPECTRE !
    Die Micky Maus Konversation mit dem Türsteher in Rom war auch geil!

  • Wenn man nur die Logik der Bondfilme verfolgt könnte man so manchen Film kaputt diskutieren


    Klar - von sowas leben die Diskussionen ja sozusagen. Aber Logik ist das eine, das andere ist, dass die Offenbarung von Blofelds Beweggründen nur Mittel zum Zweck war, damit die Filmkritiker nicht behapten können, man wüsste nicht warum das alles überhaupt stattfindet. Da macht einen Blofeld neugierig mit persönlichem Stoff, der so gar nicht in den leichten Film passen möchte, um den Plan darüber zu sprechen, anschließend wieder zu verwerfen. Ich interpretiere das so, dass Blofeld nach dem Motto vorgeht:
    So wenig Zeit sich der Vater für mich nahm, so wenig Zeit nehme ich mir nun für die finale Traumabesprechung mit meinem 'Bruder'. Wie auch immer - Blofeld öffnet das Tor in die Welt einer riesigen Thematik, schließt selbiges Tor anschließend aber wieder, um uns infolgedessen noch nicht einmal durch das Guckloch schauen zu lassen, was sich hinter dem Tore abspielt. Soll heißen:
    DANN hätte er es gar nicht erst ansprechen sollen! Das nimmt dem Film die Balance. Bond sollte weder Kunst sein, noch Blödsinn. Bond sollte irgendwo dazwischen liegen, Spectre springt aber wild hin und her...


    Freue mich dennoch schon auf die DVD.

  • Viel eher bin ich der Meinung, dass der so ja wieder auftauchen kann. Wer einen Autounfall durch die Frontscheibe überlebt, überlebt auch aus dem Zug zu fallen. Da wäre dann irgendwie noch die Brücke zum Beißer geschlagen.


    Das Problem ist weniger der Fall als vielmehr das Seil um das Hals. Der Kerl dürfte durch die Kraft der Fässer klassisch gehenkt worden sein.


    Viel mehr gibt es jede Menge etwas kleinere Szenen und Momente die meiner Meinung nach brilliant umgesetzt wurden: (...)


    In etwa so habe ich das auch empfunden. Kein direkter Überflieger, aber sehr viel Hochwertiges!


  • Genau die Befürchtung hatte ich auch. Aber als die Szene dann kam war ich doch entzückt, dass der Film zumindest keinen künstlichen AHA-Moment erzwingen will. Dadurch dass Bond diese Namessache völlig egal ist, wirkt das Ganze doch sehr angenehm entspannt.
    Bei Star Trek hingegen hatte ich den Eindruck die hätten sogar Platz zum Klatschen für Publikum gelassen. Ganz fürchterlich. Kirk hätte sagen müssen: "Khan? Kenn ich nicht." So in etwa ist es ja auch in Spectre :D


    Mir geht's da eigentlich weniger um die Art, wie es im Film präsentiert wird. Es gab ja im Vorfeld einen Haufen Gerüchte, ob Oberhauser wirklich Blofeld ist. Genauso wer John Harrison in STID ist. Da gabs in beiden Fällen sehr interessante Fantheorien, die zur Innovationsfreude der Craigära durchaus gepasst hätten. Aber es ist halt dann doch die platteste aller Möglichkeiten, die jeder BILD-Schreiberling geahnt hatte. Der einzige Sinn dieser Szenen bei STID und SP ist doch, den Fans ein aufgeregtes "Aaaah" zu entlocken. Ich finde das aber im Zusammenhang mit der Geheimniskrämerei davor dann immer eher enttäuschend. Man merkt in solchen Momenten leider, dass die Autoren auch nur mit Wasser kochen und nicht viel mehr Plan haben als die meisten Fans.


    Im Vorfeld hatte ich beispielsweise die Theorie, dass Mr. White, der 'Pale King' eigentlich Blofeld ist, und sein Heruntergekommensein nur inszeniert. White wäre tatsächlich der Mann gewesen, der buchstäblich immer hinter den Kulissen stand, im Gegensatz zu Waltz. Irgendsowas in der Richtung hatte ich heimlich erhofft. Es gab interessanterweise eine Szene mit Madeleine in der Klinik, in der sie hinter Bond eine Jalousie auf halbe Höhe herunterlässt, so dass die anderen in der Klinik nicht ihr Gesicht sehen können. An der Stelle hab ich gedacht: "Wow, was für eine geniale Andeutung, dass die irgendwas mit Spectre zu tun hat und das Opfer nur spielt." Auch die Szene mit der Maus hatte was davon. Die Katze schläft, die Mäuse kommen heraus. Okay, gab es so ähnlich schon bei Gardner und hat da auch mehr schlecht als recht funktioniert. Lucia Sciarra war ja auch in vielen Theorien vorhanden. Ich hätte sowas interesssanter gefunden als die Film-Variante. Im Prinzip haben wir jetzt gar keinen echten Blofeld, nur einen Österreicher, der sich so nennt. Das ist, als ob sich im nächsten Bondfilm Bonds Schwager einfach James Bond nennt.

  • Wenn man nur die Logik der Bondfilme verfolgt könnte man so manchen Film kaputt diskutieren


    Absolut. Hab ich letztes Mal mit SkyFall gemacht. Auf BluRay zuhause gefiel er mir dann aber doch ganz gut.
    Ich bleibe aber dabei, dass SkyFall's Story deutlich schwächer, schrecklich konstruiert, auf Zufällen basierend und aufgeblasen wirkt. Zum Glück war das bei Spectre nicht der Fall. Eine Liebesgeschichte aus dem Nichts akzeptiere ich da noch eher, als einen Fluchtplan der nur funktioniert, wenn das größte Computergenie des MI6 ein Netzwerkkabel in eine feindlichen Laptop steckt. Was dann natürlich auch sofort passiert :D

  • Dazu finde ich Blofelds Minderwertigkeitskomplex als einzige Motivation etwas arm, die Bedrohung, die er bei seiner Einführung ausstrahlt, verfliegt.


    Einer Figur wie Blofeld, die jederzeit alle Fäden in der Hand hält, immer mehrere Hauptquartiere in der Hinterhand hat und quasi der Godfather aller Villains ist, sollte man besser keine küchenpsychologischen Motivationen andichten. Das bekommt ihr nicht. Blofeld muss der "unfassbare" Pulp-Bösewicht bleiben.

  • So, nach mehreren losen Beiträgen will ich mich auch mal an einem Review versuchen.


    Für mich ist SPECTRE ein mutiger Bondfilm, der den fast unmöglichen Spagat versucht, die Brücke zwischen alten Filmen und dem aktuellen Zeitgeist, dem auch die vorigen Craig-Bonds unterliegen, herzustellen.
    Dies geschieht in Form von Reminiszenzen und Zitaten, aber auch in Form eines gewissen Stils, den man "bondig" nennt.
    Gerade weil es ein Ding der Unmöglichkeit ist, das alles unter einen Hut zu bringen, ist man bewusst ein Risiko eingegangen. Das Risiko, nicht der Liebling des Feuilletons zu werden und sogar schlechtere Kritiken in Kauf zu nehmen. Es wäre weit einfacher gewesen, einen neuen und unbelasteten Plot aufzunehmen und damit auf "Nummer sicher" zu gehen.
    Gerade in der vermeintlich bo(n)denständigen Art und Weise, in der SPECTRE gedreht wurde, lag das Mutige.


    Kommt ein Bond heutzutage überhaupt noch in diesem Stil an?
    Trifft ein vernarbter Blofeld heute noch den Nerv des Kinopublikums?
    Wieviele Zuschauer können mit den kleinen Zitaten und Ehrerbietungen an die alten Filme überhaupt noch was anfangen?


    Gerade das junge Kinopublikum, das mit Craigs Bond, mit Bourne und anderen gradlinigen Helden aufgewachsen ist, muss nicht zwangsläufig eine gewisse Nostalgie verspüren, wenn eine weiße Katze durchs Bild huscht oder ein an Ken Adams Arbeit erinnerndes Set auftaucht.
    Und dennoch haben die Bondmacher diesen Schritt gewagt. Es ist ein Film für die Fans, vielleicht sogar für die älteren Fans. Und die jungen werden durch Querverweise zu den anderen Craig-Bonds und den einer zeitgenössisch persönlich angelegten Geschichte abgeholt. Und das macht den Film für mich so wertvoll.


    Zum Film:


    Die Gunbarrel am Anfang. Für mich kein unbedingtes Muss, aber ein gutes Zeichen bei dem man sich aufgehoben fühlt.
    Es passt zum Film, suggeriert es einem doch das Ankommen des Superhelden in seinem gewohnten Status. Wurde nach 3 Filmen der ruhelosen Suche Bonds nach seiner Stellung auch Zeit.


    Mexiko in der Pretitle ist eine der besten des gesamten Franchises. Alleine die lange und nicht offensichtliche geschnittene Anfangssequenz wirkt unheimlich dicht und fesselnd vorgetragen. Die trommelnde Musik. die mir auf der CD Newmans zu beliebig vorkam, wirkt im Zusammenspiel mit den bunten Bildern unheimlich lebhaft. Ich habe mich sofort in diese Szene verliebt.
    Auch der Hubschrauberkampf ist klasse gefilmt, auch wenn ihm etwas an Kreativität fehlt. Ich hätte mir an dieser Stelle vielleicht etwas mehr gewünscht als ein bloßes Hinaustreten bzw. -schubsen der Gegner.
    Dennoch: Großartig. Mit das Beste an SPECTRE.


    Die Titelsequenz ist ebenfalls wunderbar. Daniel Kleinman ist für mich im Begriff, den großen Guru Maurice Binder zu überholen. Wo Binder irgendwann nur noch verwaltete, erfindet sich Kleinman immer wieder neu.
    Meine Favoriten von ihm bleiben GE und CR, aber danach kommt schon SPECTRE. Nachdem ich seinen Beitrag zu SF für einen seiner schwächeren hielt, weiß er in SPECTRE wieder mit Überraschungsmomenten zu glänzen. Mein Favorit ist die Krake mit dem Totenkopf, aus dem in bester LALD-Manier die Augen blitzen. Auch der Übergang am Anfang und am Ende des Titels, die Fahrt in das SPECTRE-Symbol, ist toll. Mir gefällt es, wenn sich ein Motiv wiederholt. Und die Krake zieht sich durch die gesamte Titelsequenz hindurch.


    London. Bond wird von M vom Dienst suspendiert. Schon wieder. :sleeping:
    Aber nicht wie zu Zeiten Judi Denchs M wegen mangelnden Vertrauens ( :sleeping: :sleeping: ), sondern weil er nicht offen sagt, was er in Mexiko getrieben hat. Man kann M verstehen.
    Die Szenerie ist dabei sehr klassisch gehalten, Ralph Fiennes wirkt teilweise wie ein moderner Bernard Lee.
    Wir sehen dann Bonds Zuhause, das mit einem Gag Moneypennys herrlich eingeführt wird. Dass Bond in Mexiko aufgrund Judi Denchs Ms Auftrag aktiv wird, verleiht dieser posthum den Posten der Auftraggeberin. Somit haben wir im Grunde genommen den klassichen Auftrag, den sich viele so sehr gewünscht haben - wenn man so will ein unorthodoxes Briefing einer Toten. "Die Toten leben" war die Unterschrift der Pretitle. Ein Motto, das sich durch den gesamten Film durchziehen soll.


    Neben M und Moneypenny werden auch Tanner und Q mit eigenen Szenen in die London-Sequenz eingebunden. Dies zeigt die Wichtigkeit dieser klassischen Figuren, die auch im weiteren Film eine entscheidende Rolle spielen sollen, ohne jedoch zu einer "Rogue Nation" zu mutieren, die den Helden an der Front unterstützt. Das Perfide am Plot ist sowieso, dass es gerade der Plan des Bösen, die totale Überwachung, den Helfern Bonds unmöglich macht, ihrer Hilfe in gewünschtem Maße nachzukommen. So werden die Verbündeten des MI6 im weiteren Verlauf geradezu gezwungen, die Verbindung zu Bond abzuschalten und den Helden auf "analog", also auf sich allein gestellt, zu schalten, da die Überwachungsmethoden jegliche Info sofort an die Gegner übermitteln würde.
    Schon in SF sieht Bond seinen Vorteil in der Vargangenheit. Was in SF im physischen Sinne Schottland ist, ist in SPECTRE im metaphysischen Sinne das unabhängige Handeln, da ihn die moderne Technik nur verraten würde.
    Besonders gut gefällt mir die Szene mit Q, da sie den Witz versprüht, den wir nach ernsten Jahren erst in SF wieder zaghaft erfahren durften. Hier macht es sich bezahlt, dass man nicht versucht hat, Desmond Llewelyns Q zu kopieren, sondern einen neuen Weg geht. Zu penetrant hätte sich sonst immer wieder der Vergleich aufgedrängt.


    Rom. Eine wunderbare Eröffnung der Friedhofsszene mit einem hübschen Dialog zwischen Bond und Lucia. Wo die Dialogschwäche bei SPECTRE ligen soll, erschließt sich mir ohnehin nicht so ganz.
    Die Szene in der Sciarra-Villa versprüht künstlerischen Glanz und mündet in der abgedrehten Reaktion beider Protagonisten (Bond und Sciarra) nach dem Mord an den beiden Killern. Die sphärische Musik unterstreicht dieses subtile Szenario vorzüglich.


    Die SPECTRE-Konferenz ist für mich einer DER Höhepunkte des Films. Der witzigen Stronzo-Einführung folgt ein düsteres Schattenspiel, das in seiner Bedrohlichkeit an TB erinnert. Nicht zuletzt aufgrund des Todes eines Mitarbeiters. Leider kommen die metallischen Fingeraufsätze von Mr. Hinx nicht so richtig zur Geltung, aber sei's drum.
    V.a. die Szene, in der Blofeld den Raum betritt, ist grandios. Die Stille, die im Konferenzraum herrscht, war ebenso im Kinosaal zu spüren. "Willkommen James, es ist lange her. Endlich begegnen wir uns wieder!". Gänsehaut. Wie lange hat man als Bondfan auf so einen Auftritt warten müssen?!


    Die anschließende Verfolgungsjagd durch Rom ist toll gefilmt und authentisch. Die Idee, dass Bond die Knöpfe nicht intuitiv richtig bedient, stellt einen lustigen Gegensatz zum "Autodidakt" Brosnan-Bond in DAD dar. Auch hier zeigt sich wieder, dass das Moderne, die Technik, in diesem Film Bonds Feind zu sein scheint. Man greift den roten Faden von SF auf. Nicht zufällig erscheint die Idee mit dem Schleudersitz als nostalgisch anmutende Referenz an den monumentalen GF.
    Dass die Verfolgungsjagd ohne besondere Kreativität abläuft, kann ich verschmerzen. Zumal ich die Idee mit dem Fiat-Fahrer toll finde.


    Nächste Station ist Österreich. Trotz der guten Action mit dem Flugzeug für mich eine schwächere Passage des Films. Das Auffinden Whites wird nicht näher erklärt. Ebenso kurze Zeit später, wie Bond an der Hofler Klinik an das Flugzeug kommt.
    Die Unterredung mit White wirft mehr Fragen auf als sie beantwortet. Auch die demonstrative Phrase "Flugdrachen in einem Hurrican" hat für mich nicht die Weite, die sie wohl erzielen wollte.
    Dafür ist aber die Unterredung Bonds mit Madeleine toll und der Spaß an der Theke natürlich vorzüglich.
    Von Österreich hatte ich mir dennoch etwas Einprägsameres erhofft, z.B. Ortsszenen aus Obertilliach, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Dafür hat das Ice-Q natürlich Kultcharakter.


    Weiter gehts nach Marokko. Generell hätte ich mir gewünscht, dass man etwas mehr gesehen hätte, wie Bond von A nach B kommt. Und wenn es nur kurz das Ankommen am Flughafen ist wie in Nassau in CR. Schon meine Auflistung nach Absätzen zeigt mir, dass ich den Film in verschiedenen Episoden wahrgenommen habe.
    Aber solche Szenen, die für die Handlung irrelevant sind, waren für den oppulenten Film mit seinen so schon 150 min wohl einfach zu viel. Nichtsdestotrotz hätte ich es runder gefunden als diese Episoden an den verschiedenen Schauplätzen nur nacheinander anzureihen.
    Nun jedenfalls Marokko. Wenn der Film überhaupt eine gewisse Langatmigkeit vorweist (für mich aber nur am Rande), dann in der L'Americaine-Szene. Auffrischung bringt aber die geniale Maus-Szene. Ein kaputter Bond, der durch eine Maus, die er spaßhalber bedroht, das Versteck findet, ist schon grotesk.


    Die Zugszene gliedert sich dann in 2 Teile. Die vor dem Fight und die des Fights.
    Part 1 ist für mich trotz des einprägsamen weißen Dinnerjackets recht belanglos. Die Unterhaltung Bonds und Madeleines kann jener von Bond und Vesper in CR nicht das Wasser reichen. Den erneuten Bezug zu Bonds Beruf finde ich etwas überflüssig, aber auch nicht wirklich störend.
    Der Fight ist hingegen große Klasse. Sehr dicht, sehr authentisch und Hinx in jedem Moment bedrohlich. Bond alleine hätte den Kampf verloren - nur die Kooperation von Bond und Madeleine bringt den Sieg.
    Hätte Hinx auf sein "Scheiße" verzichtet, wäre es noch besser gewesen. Ich mag ohnehin die schweigenden Henchmen ganz gerne.
    Schade, dass Hinx zum finalen Kampf in London nicht zurückkehrte, wobei es so ja u.U. die Möglichkeit gibt, dass Hinx in Bond25 Blofeld befreit. ;)


    Blofelds Versteck im Krater finde ich toll. Mir gefällt der Kontrollraum sehr gut, der mich an den von Drax in MR erinnert. Hat auf jeden Fall was von Ken Adam.
    Mich stört auch die vielgescholtene "Zahnarztsaal-Szene" nicht. Hier blüht Waltz als Blofeld so richtig auf. "James, ich kann Dich nicht verstehen!" Herrlich!
    Bonds relaxter Antwort auf Oberhausers Kommentar, dass er Blofeld sei, gibt der Szenerie einen glcklicherweise wenig kitschigen Anklang. So hat diese Szene - in der Verbindung mit der weißen Katze - eine geschichtliche Bedeutung für das Bond-Franchise. "Die Toten leben" eben.
    Bonds zu simple Flucht trübt den Spaß dabei nur wenig. Auch wenn es doch etwas einfallslos erscheint, dass Bond nun schon wieder ein Flugobjekt einfach so kapern kann, nachdem er mit einem einzigen Schuss alles lahm legt. Etwas ähnliches haben wir ja dann auch beim Showdown.


    Das Finale in London fällt generell wieder etwas ab. Man merkt dem Showdown an, dass er scheinbar schnell im Drehbuch abgeändert wurde und wohl eine Vorgabe bekommen hat, endlich mal wieder einen Countdown zu beinhalten. Beide Countdowns - den des Nine-Eyes-Programms und den der Madeleine-Rettung - wirken etwas konstruiert. Richtig spannend ist das nicht. Aber es haben die Bondfilme von je her an sich, dass das Finale meist gegenüber der ersten Filmhälfte etwas abfällt.
    Bonds Suche nach Madeleine hätte ohnehin eher zu einem Brosnan-Studio-Bond gepasst.
    Dass Bond Blofeld mit einem einzigen Schuss vom Himmel holt, ist etwas schwach. Dass Bond ihn leben lässt dafür aber umso stärker. Was es damit auf sich hat, und warum Bond und Madeleine händchenhaltend von dannen gehen, wird sicher noch zu einigem an Spekulation sorgen.
    Nicht gebraucht hätte es für mich das Ende mit dem DB5. So langsam wirkt dieser - bei allem Respekt vor seine Bedeutung - etwas abgegriffen.


    Bem 2. und 3. Anschauen konnte ich zusehends die vom Nine-Eyes-System ausgehende Gefahr besser greifen. Das Bedrohungsszenario wirkt von Mal zu Mal besser. Der Konflikt zwischen M und C ist toll gespielt. Mich stört es auch gar nicht, dass Andrew Scott nicht in Moriarty-Manier durch die Gegend gesprungen ist. So eine Spielart wäre eines nüchternen Technokraten, der zudem nur ein Handlanger Blofelds ist, nicht angemessen gewesen.
    Der Abgang Cs hätte aber etwas denkwürdiger sein dürfen.
    Generell hätte ich mir auch eine Szene gewünscht, in der Blofeld und C gemeinsam zu sehen sind. So laufen beide Handlungsstränge etwas nebeneinander her.
    Die London-Szenen wirken auf mich in jenen Momenten am stärksten, in welchen es sich um den Konflikt M - C handelt. Auch die Tokio-Szene gefällt mir optisch sehr gut - hat was von LALD. Mal wieder!
    Eine etwas bessere Verzahnung der einelnen Handlungsorte hätte mir noch mehr zugesagt.


    Daniel Craig ist mehr Bond denn je. Sein MI6-Team sitzt so sicher im Sattel, dass man kaum glauben kann, dass es erste der 2. Film in dieser Konstellation ist.
    Die Bondgirls wissen zu gefallen, wobei Stefanie Sigman etwas beiläufig erscheint (an sich das Girl, das mir am meisten zugesagt hätte).
    Dass Monica Belluccis Lucia Sciarra überleben durfte, hat mich überrascht. Nett fand ich dabei den Hinweis auf Felix (Leiter),
    Lea Seydouxs Madeleine Swann ist toll gespielt. Inwieweit sie eines der denkwürdigsten Bondgirls werden kann, muss sich erst nach mehrmaligem Sehen zeigen.
    Dave Bautistas Hinx ist mal wieder ein klassischer Henchman, der an 3 Schauplätzen auftaucht und jederzeit Schrecken verbreitet. Ob er wohl wiederkehren darf?!
    All jene, die Andrew Scott und Christoph Waltz zu schablonenhaftes Spielen prognosizierten, dürften enttäuscht worden sein. Ironischerweise liest man von den Waltz-Feinden nun, dass dieser zu blass sei. Was denn nun? Wenn er überdreht spielt, macht er "immer das selbe", und wenn er anders spiet, ist man enttäuscht...
    Insgesamt eine tolle Besetzung. V.a. Ralph Fiennes' M habe ich ins Herz geschlossen. Für mich jetzt schon viel lieber und sympathischer als Judi Denchs M.


    Alles in allem ein toller Bondfilm, der trotz der sicher vorhandenen Logiklücken jederzeit zu unterhalten weiß.
    Lange habe ich mir einen solchen Film gewünscht und bin vom Ergebnis begeistert.
    An das epochale Meisterwerk CR kommt SPECTRE nicht ganz ran, er schafft es aber locker auf Platz 2 meiner Craig- und ca. Platz 10 meiner Bestenliste (und wer mich kennt, weiß, was für ein Kompliment das für einen neuen Bondfilm ist).


    Sam Mendes hat es verstanden, den äußerst schwierigen Spagat zwischen mehrere Ebenen des Bondtums zu meistern, und dabei einen Bondfilm gedreht, der nicht unbedingt darauf abzielt, die Kritiker zum Schwärmen zu bringen, sondern seiner selbst huldigt. Ein Film für Fans, der meiner Meinung nach in seiner Bedeutung noch steigen wird, wenn man ihn in einigen jahren in seinem bondhistorischen Kontext als das wahrnimmt, was er ist: Der Beweis, dass man die verschiedenen Epochen Bond'schen Filmes vereinen kann.

  • Ich finde das auch sehr treffend, verehrter Kronsteen. Vieles von dem was du schreibst kann ich voll und ganz nachvollziehen und teils sogar unterschreiben. Das mit dem 'Die Toten leben' ist mir so noch gar nicht aufgefallen, trifft es aber ziemlich gut. Und da sag noch jemand, du würdest die Filme nicht 'denken'. ;)
    Unsere Meinungen gehen was die Bond-Filme angeht, doch so manches mal deutlich auseinander, aber bei diesem Film hier treffen wir uns dann doch wieder. Wer hätte das gedacht. Ich vor dem Film zumindest nicht.


    Nach der ersten Sichtung (zu der zum Glück schon am Freitag die Zweite kommt) hab ich allerdings M leider nicht so stark gesehen. Ich mag Ralph Fiennes zwar außerordentlich gerne, aber in SF hat er mir persönlich noch etwas besser gefallen, da seine Rolle dort nach meiner Meinung sogar noch etwas mehr Gewicht hatte. Aber wie gesagt, aber die Sache C gegen M wollte ich mir bei den nächsten Sichtungen eh mal bewusster betrachten. Dass die alte M eingebunden wurde, gibt Bonds Bindung zu ihr in Skyfall doch nochmal mehr Bedeutung, finde ich. Einer der wenigen Fälle, wo die Vorgänger an Spectre wirklich gewonnen haben...

  • An das epochale Meisterwerk CR kommt SPECTRE nicht ganz ran, er schafft es aber locker auf Platz 2 meiner Craig- und ca. Platz 10 meiner Bestenliste (und wer mich kennt, weiß, was für ein Kompliment das für einen neuen Bondfilm ist).


    Hey, eine Gemeinsamkeit haben wir: Für mich ist Spectre im Moment ebenfalls der zweitbeste Bond-Film mit Craig. Nur über die Nummer 1 müssen wir uns noch einmal unterhalten. ;)

  • Bei mir wird es wohl wie bei Count sein:
    1. QoS


    Lichtjahre Pause...


    2. Spectre


    Winziger Abstand


    3. CR


    4. SF



    Meine teils scharfen Kritiken an Spectre lassen das zwar nicht vermuten, aber das was ich kritisiere, sind ja in erster Linie Dialoge und Drehbuch, die DrehORTE sind hingegen überwältigend und aus diesem kausalen Grunde, befindet sich der Film im Rahmen meiner "Spaßliste" auf Platz 5.

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