Die Zukunft des James Bond-Franchise

  • Hier darf alles herein, was die Zukunft der Serie betrifft: Kritik, Erwartungen, Wünsche, Hoffnungen, Sorgen, Perspektiven, Visionen...


    Verbunden mit den Leitfragen:


    Wohin steuert die Reihe in den nächsten Jahren (ein Darsteller/Konzept-Wechsel wird zwangsläufig zeitig erfolgen müssen)?


    Wie wird Eon Productions Ltd. sich zukünftig ausrichten?


    Welchen Schwierigkeiten und strukturellen Problemen muss sich Bond in einer sich immer rasanten wandelnden (Film-)Welt stellen?

  • Vielen Dank Scarpine für die Thread-Eröffnung, zu diesem essenziellen Überthema! :thumbup:


    Meiner Meinung nach verblendet der stetige Fokus der breiten Allgemeinheit auf die ewige Darstellerfrage (und die damit verbundene Ära-Definition), den Blick auf ein wesentlicheres Lebenselexier unseres Franchise: Und zwar die gar nicht hoch genug einzuordnete Kraft, die sich entfaltet, wenn etwas präsentiert wird, das von der Zuschauermasse als 'NEU' empfunden wird.


    In den bisherigen 56 Jahren ihres Bestehens hat so etwas für die Bondreihe stets einen extremen Attraktivitätsschub bedeutet, und dem jeweiligen Werksbeitrag bis zum heutigen Tag nachhaltig wesentliche Klassiker-In­gre­di­enzen gesichert.


    Die 3 ersten franchise-definierenden Jahrgänge aus Welpenschutzgründen mal ausgenommen, kommen mir allen voran folgende Beispiele in den Sinn:


    Die epischen Unterwasserszenen und der erfrischende Fiona Volpe-Part in Feuerball überblenden phänomenal, das die Reihe ansonsten inhaltlich und konzeptionell zum ersten Mal gravierend auf der Stelle tritt.
    Für das monumentale Vulkankrater-Set im Nachfolgewerk gilt das gleiche.
    Die Krokodilfarm mit anschließender 'Rekord'-Motorjagd dürfte der Hauptgrund dafür sein, das LALD in der Regel viel stärker als der Vorgänger- und Nachfolgefilm gewertet wird.
    Am plakativsten ist natürlich der Union-Jack-Sprung von TSWLM, aber ich denke auch MR und OP hätten bei der Allgemeinheit ohne ihre sensationellen Pre-Title-Sequenzen einen deutlich schwierigeren Stand.
    Und Bronsan's Einstand wartete im Gegensatz zu TLD (trotz aller Ehrerbietung des Fandoms vor der großartigen Lockheed C-130 Hercules-Sequenz) mit einem ähnlichen Clou wie Roger's Einstand auf. Als 'Krokodilfarm-Motorbootjagd'-Aspekt dient hier im übertragenen Sinn die 'Archivballerei/Panzerjagd', die in ihrer ganzen eruptiven, eskapistischen Kraft und Sínnbildlichkeit nicht minder 'neu' wirkte, wie die Akzente die LALD setze.
    Und tatsächlich mußte man bis zu Craig's Debüt warten, um mit der Parkour-Szene auf der Hochhausbaustelle im angeblichen Madagaskar eine ähnlich erfrischende Sensationsszene geliefert zu bekommen, auf die dann wiederum eine noch längere 'Durststrecke' folgen sollte.


    Selbstverständlich ist es alles andere als einfach solche magischen Momente zu kreieren - aber ich halte es auch in den 2020ern nicht für 'impossible'.
    By the way: Bei allem Lob zu M:I-Fallout vermisse ich an dem Film genau das, worauf ich hier in meinem Beitrag hinaus will.
    Ähnlich wie die Bondreihe lebt diese heutzutage größte Konkurrenz für Eon von ihren ikonischen 'Erfrischungsmomenten' (Plakativste Beispiele: Einbruch bei der CIA in Langley 1996 und die Kletteraction am Burj Khalifa 2011).
    Und da der neue Film, trotz all seiner inszenatorischen Klasse, nicht wirklich etwas 'Neues' für seine Reihe liefert, sondern eigentlich ausschließlich mit handwerklichen Qualitäten 'strotzt' frage ich mich ob der Film langfristig gesehen, in der Erinnerung der Zuschauermasse dermaßen extrem haften bleiben wird, wie es der superlative Bewertungsschub bei seinem Release vermuten ließ. Ich befürchte der popkulturelle Impact des Werks wird über die nächsten Jahre verpuffen... denn meiner Ansicht nach lebt nur im NEUEN das 'Göttliche'... ;)

  • Meiner Meinung nach verblendet der stetige Fokus der breiten Allgemeinheit auf die ewige Darstellerfrage (und die damit verbundene Ära-Definition), den Blick auf ein wesentlicheres Lebenselexier unseres Franchise: Und zwar die gar nicht hoch genug einzuordnete Kraft, die sich entfaltet, wenn etwas präsentiert wird, das von der Zuschauermasse als 'NEU' empfunden wird.


    Das ist ein sehr spannendes Feld. Leider ist diese Art von Effekt bzw. "Erweckungserlebnis" heutzutage immer schwerer zu erreichen, da die Zuschauer schon "alles" gesehen haben und übersättigt sind. Da hatte es die Serie in den 1960er und frühen 1970er Jahren noch deutlich leichter, mit immer großartiger Ausstattung und immer imposanteren Action-Sequenzen stetig aufs Neue zu glänzen. Und doch ist so etwas heute noch möglich. Christopher Nolan ist es mit einem einzigen Film gelungen, dem Comicgenre seinen Stempel aufzudrücken, einen modernen Klassiker zu schaffen und das Action-Blockbuster-Kino zu reformieren und über Jahre zu prägen. Aber es ist unweit schwieriger einen solchen Input bzw. "Impact" im gegenwärtigen Kino noch zu setzen. Und die Bond-Serie befindet sich da seit den 1980er Jahren eher auf einem ständigen Rückzug. Mit John Glens recht gleichförmigen Filmen dieses Jahrzehnts wurde die "Think Small"-Mentalität zur neuen DNA der Reihe. Vorbei die Zeit der majestätischen Dekors eines Ken Adam. Vorbei die Zeit wegweisender Over-The-Top-Plots und Action-Höhepunkte. Vorbei die Zeit des ganz exzessiven Larger-than-Life-Feelings. Bondfilme wurden ein "guilty pleasure"; immer exzellente Unterhaltung auf hohem Nievau, aber ohne den Anspruch, der Action-Konkurrenz noch die Stirn bieten oder gar den Branchenprimus markieren zu wollen. Man trat auf der Stelle bzw. lief den filmischen Kombattanten nur noch hinterher; von punktuellen, leichten Ausreißern wie GoldenEye, Casino Royale & Skyfall mal abgesehen. Aber selbst diese Filme hatten nicht die Wirkmacht der Sixties-Kassiker, eines The Spy Who Loved Me oder eines The Dark Knight.


    Das betrifft quasi alle Bereiche bis hin zu Besetzungen. Früher entdeckte man einen Gert Fröbe für das internationale Kino. Heute verpflichtet man mit Javier Bardem, Andrew Scott und Christoph Waltz international etablierte Mimen, die ihre ikonischen (Schurken-)Rollen schon anderweitig spielten und als "Nummer-Sicher"-Personalien den Subtext ihrer im Serienkontext deutlich weniger imposanten Rollen vor sich her tragen dürfen. Andere Action-Filme wie Jack Reacher landen den Besetzungscoup einen Regie-Berserker wie Werner Herzog als äußerst glaubhaften "Überraschungs"-Hauptvillain zu präsentieren und man fragt sich als Fan stirnrunzelnd, wieso eigentlich die Bond-Macher so phelgmatisch, unbeweglich und sicherheitsschuhmäßig unterwegs sind, dass sie nicht selbst mal auf die Idee kommen, solche Trends zu setzen? Mit Casino Royale hatte man ein gutes Momentum (neuer 007, frischer Cast, Mikkelsen, Green, Gianinni, aktuelle Trends wie Poker und Parkour, Fleming-Touch, Romanplot, wunderschöne Schauplätze, rasante Action, Glamour & Gefühl und eine dramatische Geschichte), das innerhalb der Craig-Ära dann mehr und mehr verlorenging; während Skyfall eher nur noch durch seine erhabene Geschlossenheit glänzen konnte.


    Und mit Casino Royale hatte man sich etwas getraut, was man sich in den letzten vierzig Jahren kein zweites Mal mehr getraut hat: Eine atmosphärische Pre-Title-Sequenz ohne die großen Action-Höhepunkte. Und es hat ganz wunderbar funktioniert. Wieso experimentiert man nicht mehr? Ich habe den Eindruck, dass die überbordende Action-Versessenheit des Vorspannes aus Sicht Eons immer mehr zu einem notwendigen, scheinbar unumgänglichen Zwang wurde, aus dem man nicht mehr herauskam, weil man denkt, dass der Zuschauer diese zwingend erwartet. So spult man in der Pre-Title-Sequenz meist nur noch lustlose Standard-Action von der Stange ohne echte Höhepunkte ab, die Welten von der innovativ-ikonenhaften Kraft der Gilbert-Bond-Vorspänne entfernt ist. Wenn man ein echtes Action-Highlight zu bieten hat, dann immer gerne als atemlosen Einstieg in den Film: Ansonsten darf man auch ruhig mal variieren und ein klassisch-spannendes Katz- und Maus-Spiel oder etwas Anderes in der Vortitelsequenz präsentieren. Ich denke, man müsste sich da bei den Machern auch insgesamt mehr von eingefahrenen Denkmustern befreien und nicht immer alles nach Schema-F bzw. nach der "üblichen Vorgehensweise" lösen.


    Soviel für`s Erste. Da gibt es noch einige andere Punkte mehr, über die man sich noch im späteren Verlauf der Diskussion auslassen kann. ;)

  • Zum Thema "Erinnerungswürdige, frische oder popkulturelle Szenen": Diese alleine machen natürlich noch keinen guten Film aus.
    Bezüglich des M:I Franchises etwas was ich im M:I Thread schrieb. So fallen mir etwa in "Ghost Protocol" nur zwei solcher Szenen ein: Burj Khalifa und Kreml. "Rogue Nation" bietet gleich drei große, frische, spannende Szenerien, "Fallout" eventuell sogar mehr. Dazu bieten die beiden letzteren den spannenderen Handlungsstrang, einen wesentlich besser ausgearbeiteten und charismatischeren Bösewicht, so wie eine starke Rebecca Ferguson und Henry Cavill. Will sagen, auch Charaktere sind wichtig für die Wahrnehmung eines Films in Gegenwart und Zukunft.


    Bei "Leben und sterben lassen" stimmt es zwar schon, dass die Kroko/Alligatoren Farm mit anschließender Bootverfolgung die größte, bekannteste Sequenz im Film ist, aber ich denke da auch an die skurrilen Figuren Mr Big/Kananga, "Jungfrau" Solitaire und natürlich Tee-Hee, Sheriff Pepper und Baron Samedi. Ich glaube beim Thema LALD schießt bei Fans und Zuschauern sogar zuerst Baron Samedi und Pepper in Erinnerung. Dazu noch New Orleans und die Eröffnungssequenz mit der Trauerzeremonie und bei mir dann noch George Martins absolut cooler Score, so wie der platzende Kananga.
    Bei TSWLM denke ich persönlich noch nicht mal an den Union Jack und wenn, dann erst seitdem ich in unzähligen Artikeln über die Begeisterung der besagten Szene las.
    Für mich sind TSWLM: Beißer, Atlantis, Liparus, der Lotus Esprit, Bond auf Skiern zum Bond´77 Theme mit Salto und abschließenden tödlichen Schuss aus dem Ski-Stock.


    Was sollte nun ein künftiger Bondfilm machen? Nun, für mich zumindest nicht zwanghaft die Action von den letzten Mission: Impossible Filmen toppen. Das geht nicht glaubwürdig. Ganz einfach weil keiner Tom Cruise ist und die Stunts selber vollführt. Und dies sehen wir Zuschauer dann doch ganz genau. Ich nenne wieder nur die Verfolgungsjagd in Paris und das Finale am und im Helikopter in "Fallout".
    Entweder sollte sich Bond wieder ein wenig in Richtung Eskapismus flüchten, mit einem verdammt lässigen Bond, an dem keine privaten und seelischen Probleme haften oder man macht wieder einen Film, der mehr in Richtung Thriller geht mit etwas weniger, dafür knackigen Actioneinschüben.


    Zum Thema Vorspann:
    Ja, ich sehe es wie Scarpine. Wieso immer Action? Auch hier bringt "Fallout" frisches, verzichtet man dieses mal doch auf einen ähnlichen Stunt wie noch in "Rogue Nation". Und der Vorspann von "Casino Royale" ist in meiner Gunst neben die von "Spectre" (wegen Kameraführung und Musik) meine liebste der Craig-Ära.
    Allerdings muss man auch betonen, dass gerade die Brosnan-Ära da es am meisten krachen ließ, im wahrsten Sinne des Wortes. Immer Explosionen parat.

  • Bei TSWLM denke ich persönlich noch nicht mal an den Union Jack und wenn, dann erst seitdem ich in unzähligen Artikeln über die Begeisterung der besagten Szene las.
    Für mich sind TSWLM: Beißer, Atlantis, Liparus, der Lotus Esprit, Bond auf Skiern zum Bond´77 Theme mit Salto und abschließenden tödlichen Schuss aus dem Ski-Stock.


    Sehe ich auch so... Die Union Jack-Szene hielt ich immer für etwas "überbewertet" :S . Der Einfall ist wirklich gut, aber sonst sehe ich jetzt als technisch nicht so überragend an. Ist eigentlich nur ein (fast) normaler Fallschirmsprung und heute machen Hunderte von Base-Jumpern Tag für Tag Spektakuläreres :D

  • Meiner Meinung nach können sich die Produzenten nach dieser Meldung auch gleich einen neuen Hauptdarsteller suchen. Wenn wir jetzt noch länger auf Bond 25 warten müssen wird das wohl das klügste sein.

  • :huh: Dass ein Regiesseur das Handtuch geschmissen hat, gab's in der Franchise zuvor noch nie, oder?


    Zumindest nicht zu diesem Produktionszeitpunkt. Roger Michel war 2006/2007 auch schon in die Entwicklung von Bond22 fest involviert, ist aber wegen des engen Zeitplans - damals Starttermin: Mai 2008 - abgesprungen, bevor die Produktion in die heiße Phase eintrat. Umso mehr Respekt muss man eigentlich vor Marc Forster haben, der noch an Bord bekam, bevor es die Drehbuchprobleme und den Autorenstreik gab, der dann viel improvisieren musste und trotzdem noch einen kohärenten Film zu Wege gebracht hat.


    Bei Bond25 war man nun allerdings schon beim Casting. Das heißt: Die Crew war zusammengestellt, die Abteilungen arbeiteten schon, Pinewood wurde vorbereitet, Locations waren gescoutet, Verträge geschlossen, Gehälter gezahlt. Eigentlich ist es unmöglich, jetzt aufzuhören und alle Mitarbeiter nach Hause zu schicken. Die einzige Hoffnung Eons dürfte jetzt sein, zeitig einen Regisseur zu finden, der ohne wenn und aber, den Film jetzt so dreht, wie er bislang vorbereitet wurde. Ansonsten kann man den 2019-Start vergessen. Da ist man jetzt in einer heiklen Situation. Offenbar hat Boyle sie relativ unvorbereitet im Stich gelassen. Voran es jetzt lag, ist schwer zu sagen. Vermutlich fiel es Boyle immer schwerer Kompromisse einzugehen.


    Bei einer BigBudget-Produktion sind einfach sehr, sehr viele Personen involviert und Boyle war es von seinen früheren Independent-Filmen her wohl einfach nicht gewohnt, dass ihm da soviel reingeredet wird. Vielleicht kam er damit nicht klar. Eventuell war auch die Rollen-Besetzung der Knackpunkt? Vielleicht wollte Boyle nur unbekannte Arthouse-Gesichter neben Craig oder andersherum dachte er, dass er - wenn er schon einmal in seiner Karriere Kommerz macht - gleich jede Rolle bis hin zu kleineren Nebenparts mit einem bekannten Hollywood-Namen besetzen möchte. Und Eon lehnte dies aus Vermarktungs- bzw. Kostengründen ab? Im Moment stochern wir da nur im Nebel herum, aber ich denke, offiziell wird es für immer nur bei "kreativen Differenzen" bleiben.


    Schon ärgerlich das Ganze... ?(

  • Und plötzlich steckt das Franchise tief in der Krise, vielleicht tiefer als je zuvor, da nun auch noch das Team jede Emotion vermissen lässt. Alle Beteiligten scheinen allein wegen der Kasse noch mitzumachen, es gibt keine Leidenschaft mehr, alles ist nur noch lästige Pflicht, und im allgemeinen Bewusstsein und in noch höherem Maße medial ist Bond wieder genauso out und old-fashioned wie am Ende der 80er oder auch der Ära Brosnan … Nach dem Triumph des Craigschen Einstandes, der umfassenden Begeisterung und des kommerziellen Allzeithochs mit SF auch schon eine beachtliche Leistung. Vielleicht hätte man spätestens nach CR mal einen grundsätzlichen Fagrplan entwerfen sollen. In den 60ern gab es ja zumindest noch den Fleming-Kanon als Inspiration und Blaupause.


    Ich habe dem Boyle-Bond nie mit ungetrübter Freude entgegengesehen. Er hat zwar einige interessante Filme gedreht, ist aber nach meinem Empfinden nicht das Originalgenie, das manche in ihm zu erblicken vermögen. Was vor allem für ihn sprach, war, dass er ein eigenes Konzept mitbrachte und so immerhin eine Fortsetzung des SP-Murkses nicht zu befürchten war. Vielleicht bleibt wenigstens dasvon seinem Engagement.


    Denn in der Tat gäbe es jetzt eigentlich, wie schon geäußert, nur zwei sinnvolle Möglichkeiten:


    Entweder man holt sich nun in der Tat einen Erfüllungsgehilfen und zieht das Boyle-Konzept ohne ihn weitgehend durch. Dadurch würde man bestenfalls Craig einen soliden Abschied ermöglichen und Zeit gewinnen, sich über die Zukunft der Reihe Gedanken zu machen und eine Staffelübergabe weg von Barbara und Michael vorzubereiten.


    Oder man zieht den sauberen Schnitt, lässt Craig ziehen und startet nach etwa 2 Jahren der Reorganisation neu. Wird man wohl schon deswegen nicht machen, weil man in Bond 25 schon zu viel investiert hat und sicher auch schon viele Verpflichtungen eingegangen ist, die nicht einzuhalten ebenfalls teuer würde.


    Also wird wahrscheinlich beides nicht passieren und man mogelt sich irgendwie durch. Das war schon während der Brosnan-Ära ähnlich, aber da funktionierte die Maschinerie wenigstens noch und man hatte einen Hauptdarsteller, der die Rolle trotz mangelhafter Drehbücher wirklich wertschätzte. Vor einiger Zeit habe ich mal Rogers „Bond über Bond“ gelesen: Das war noch Bindung, Enthusiasmus und aufrichtige Zuneigung und Dankbarkeit gegenüber dem Franchise, und das von einem Darsteller, der auch ohne Bond schon ein Star war, was man von Craig nur sehr bedingt sagen kann. Aber gut. Ich nehme, was kommt, und kultiviere schon einmal eine Fernminne für Bond 26. Bravo, Eon.

  • Und plötzlich steckt das Franchise tief in der Krise, vielleicht tiefer als je zuvor, da nun auch noch das Team jede Emotion vermissen lässt. Alle Beteiligten scheinen allein wegen der Kasse noch mitzumachen, es gibt keine Leidenschaft mehr, alles ist nur noch lästige Pflicht, und im allgemeinen Bewusstsein und in noch höherem Maße medial ist Bond wieder genauso out und old-fashioned wie am Ende der 80er oder auch der Ära Brosnan…


    Leider nur zu wahr. Wenn man im Bekanntenkreis oder bei jüngeren Kinofans mal nachfragt, dann ist der Enthusiasmus den Casino Royale seinerzeit mal (auch vor allem bei weiblichen Kinogängern) ausgelöst hat, schon lange verflogen. Gerade die Jüngeren belächeln einen, wenn man sich als Bondfan "outet". Ich will das Wort "Krise" und eine gewisse Untergangsstimmung nun auch nicht über die Maßen strapazieren, aber es spricht schon Bände, wenn selbst die Hardcore-Fans sich in Teilen immer mehr aus dem Fandom zurückziehen, sich vermehrt anderen Fanobjekten zuwenden und auch quasi keinen neuen Bond-Enthusiasten mehr hinzukommen. Bei Eon hat man seit dem Jubiläum 2012 in den Verwaltungsmodus geschaltet und gleichzeitig geht eine ganze Generation an Zuschauern für das Franchise verloren. Und es gibt keine äußeren Probleme wie Rechtestreitigkeiten, Streiks oder beinahe Verleihbankrotte: Man ist scheinbar schlicht nicht mehr willens oder gar fähig, den Betrieb dauerhaft mit voller Energie am Laufen zu halten. Schon traurig, wie weit es mittlerweile gekommen ist...


    Ich habe dem Boyle-Bond nie mit ungetrübter Freude entgegengesehen. Er hat zwar einige interessante Filme gedreht, ist aber nach meinem Empfinden nicht das Originalgenie, das manche in ihm zu erblicken vermögen. Was vor allem für ihn sprach, war, dass er ein eigenes Konzept mitbrachte und so immerhin eine Fortsetzung des SP-Murkses nicht zu befürchten war. Vielleicht bleibt wenigstens dasvon seinem Engagement.
    [...] Also wird wahrscheinlich beides nicht passieren und man mogelt sich irgendwie durch.


    So wird es wohl kommen. Ich bin nun auch nicht gerade der allergrößte Fan von Danny Boyle und finde ihn insgesamt auch nicht so großartig, wie so manch anderer, aber immerhin hatte er scheinbar ein Konzept und seine Interpretation des Kanons hätte mich schon sehr interessiert. Aber nun werden wir nie erfahren, wie sein Bondfilm geworden wäre. Vielleicht war der Bruch mit Boyle auch schon vor ein oder zwei Wochen und man hat es erst jetzt offiziell verkündet, bevor die Gerüchteküche (die den Braten roch) einem nun doch zuvor kommen konnte? Ich denke, dass man bereits fieberhaft einen Nachfolger sucht. John Hodge ist auch von Bord; kein Wunder, er ist Boyles Vertrauter. Entweder wird Hodges Drehbuch nun von Purvis & Wade oder anderen Autoren umgeschrieben, oder man holt das Ausgangs-Script des Autorenduos aus der Schublade und schreibt es eilig drehfertig. So oder so wird es Verzögerungen geben. Das Second Unit-Team wollte - Berichten zufolge - schon in drei Wochen mit den Vorbereitungen und Proben für Actionszenen beginnen. Soweit war man also schon gediehen. Auweia. ?(


    Vermutlich haben Eon und Craig nicht gedacht, dass Boyle spekulativ wegen einer Personalie das Handtuch wirft. Angeblich ging es um die Besetzung des russischen Hauptschurken (mit dem Polen Tomasz Kot) oder die zu politische Dimension dessen Vorhabens, einen neuen "Kalten Krieg" (Parallelen zu Putin?) zu forcieren und davon zu profitieren. Ob Craig seinen Buddy Mark Strong hier durchboxen wollte? Ging Boyle deswegen? Naja, letztlich alles auch nur halbseidene Gerüchte. Fakt ist: Die Verzögerungen gefährden den Starttermin im November 2019. Findet man bis Ende September keinen Regisseur, ist Bond25 in 2019 Geschichte, und findet man keinen Filmemacher, der willens ist, nach Eons Konzept/Pfeife zu tanzen, dann sowieso. Also wird man wohl einen Auftragsregisseur engagieren, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass Eon den Prozess jetzt noch stoppen will. Möchte man aber wieder unbedingt einen Autorenfilmer, wird es ziemlich sicher 2020; ob dann aber noch mit Craig? Tja, Fragen über Fragen... :huh:

  • Wenn ich lese, was Boyle so vorhatte, kann ich seinem Ausstieg durchaus auch positive Seiten abgewinnen. 'Bond in Zeiten von #metoo die Macho-Zähne ziehen'... Das erinnert irgendwie unschön an die fürchterlichen Moneypenny-Dialoge in GE. Und mit Blick auf einen Film wie "Red Sparrow", der für mich in erschreckender Weise zu den plumpen Propagandaschinken der Achtziger wie "Red Dawn" zurückkehrt, sehe ich das Thema böse Russen auch eher mit Bauschmerzen. Bezüge zur gegenwärtigen politischen Lage sehr gern, aber wenn dann bitte mit einer gewissen intelligenten Distanz.


    Viel wichtiger als das mittlerweile schon fast zur Routine gewordene Herauskehren von Bond als Relikt und Anachronismus fände ich das genaue Gegenteil. Ein Konzentrieren auf die Dinge, die Bond immer noch modern und attraktiv machen. So würde man eine jüngere Generation eher erreichen.


    Grundsätzlich bin ich auch der Meinung, dass sich nun langfristige Fehler von Broccoli und Wilson rächen. Egal wie sehr man einen Darsteller liebt und halten will, dafür das Ruder aus der Hand zu geben halte ich für ein grundsätzlich falsches Signal. Zukünftige Bonddarsteller werden nach ihrem Debüt wahrscheinlich nun auch mehr Einfluss wollen, mit dem Verweis auf Craig und dem Drohen mit einem Ausstieg. Ich weiß, der Spruch 'mit Cubby wär das nicht passiert' ist Fan-Folklore, aber hier sehe ich es tatsächlich so. Man stelle sich das anno 1985 vor: Albert R. Broccoli und Roger Moore geben bekannt, dass John Glen nicht länger Regisseur ist, weil Moore mit dem Casting von Grace Jones unzufrieden ist. Die Franchise-Geschichte zeigt deutlich, dass ein derartiges Festhalten an bestimmten Schauspielern und Regisseuren letztendlich nicht gerechtterigt ist. Abgesehen davon frage ich mich auch, ob es grundsätzlich so eine gute Idee ist, wenn ein Promi-Regisseur anklopft und sagt: 'Ich mache einen Film für euch, aber nur wenn ich meine tolle Idee genau so und so umsetzen kann'. Ob es bei Star Trek und Tarantino gut geht, wird sich zeigen.


    Die Frage ist jetzt wohl, inwieweit Eon über die von Boyle und Hodge präsentierte Story verfügen kann. Wenn Hodge bereits für einen Drehbuch-Entwurf bezahlt wurde, könnte man damit wohl weiter arbeiten. Das wäre ja in der Franchise-Geschichte nicht das erste Mal. Da ich Purvis & Wade nicht mehr so kritisch gegenüberstehe wie viele Fans, könnte ich aber auch sehr gut damit leben, wenn man ihr Buch wieder hervor holt. Den nötigen "professionellen Masochismus", um jetzt wieder einzuspringen und weiterzumachen, scheinen die beiden ja mitzubringen. Mein persönlicher Favorit für die Regie ist nach wie vor David Mackenzie.


    Zitat

    Vermutlich haben Eon und Craig nicht gedacht, dass Boyle spekulativ wegen einer Personalie das Handtuch wirft. Angeblich ging es um die Besetzung des russischen Hauptschurken (mit dem Polen Tomasz Kot) oder die zu politische Dimension dessen Vorhabens, einen neuen "Kalten Krieg" (Parallelen zu Putin?) zu forcieren und davon zu profitieren. Ob Craig seinen Buddy Mark Strong hier durchboxen wollte? Ging Boyle deswegen?


    Damit geht Kot wohl als der Bondgegenspieler in die Geschichte ein, der es tatsächlich geschafft hat, das gesamte Franchise in die Krise zu stürzen. :D Allerdings würde es mich auch nicht wundern, wenn diese Personalie auch nur ein Vorwand für Danny Boyle war, und er angesichts der Dimensionen des Projektes einfach kalte Füße bekommen hat. Immerhin hat er sich früher recht häufig dazu geäußert, dass er sich mit Hollywood-Blockbustern und den daran geknüpften Erwartungen nicht wohl fühlt.

  • Wenn ich ehrlich bin, dann würde ich mir jetzt eher einen rigorosen Schnitt wünschen als irgendwelches "Gewurschtel". Neues Gesicht, neuer Ansatz und von mir aus dann auch erst 2020.


    Wäre doch auch ein schöner Abschluss für den Craig-Bond. Die Wurzel all seinen Übels ist besiegt und er hat ein Happy End mit Miss Swann.

  • Sehe ich genauso.
    Mir kommt es schon fast so vor, dass sich mit Hinblick auf die Zeit zwischen LTK und GE die Geschichte wiederholt.

  • Es war im Jahr 2006, als zwei tot geglaubte Riesen wiederauferstanden: die deutsche Fußball-Nationalmannschaft und James Bond. Zum Leben erweckt von den Heilsbringern Jogi Löw und Daniel Craig. Spektakuläre Erfolge folgten auf dem Rasen wie auf der Leinwand, mit frischem Esprit, hoher Ästhetik, rasantem Tempo und neuen Einfällen. Die WM im eigenen Land wie Casino Royal begeisterte die Massen. Nach einer kleinen Enttäuschung (Final-Niederlage 2008 und Quantum of Solace) folgten der Weltmeister-Titel 2014 und SkyFall – der absolute Triumph, der Gipfel war erreicht, die Titanen auf dem Höhepunkt ihrer Schöpfungskraft.


    Dann folgte der Absturz – WM 2018 bzw. Spectre. Unerklärliches war passiert, Unnötiges, Schmerzhaftes, die Riesen sind peinlich gestrauchelt. Ernüchterung, Enttäuschung, Ratlosigkeit machten sich breit. Und die Frage: Macht er weiter?


    Inzwischen stehen die Macher der Bond-Reihe wie die Verantwortlichen der Nationalmannschaft vor der kaum lösbaren Aufgabe, an die Erfolge der letzten zehn, zwölf Jahre anzuknüpfen: mit welchen neuen Ideen, welchen Konzepten, welchem Personal? Ist Löw noch der richtige Mann, ist es Craig? Braucht es den totalen Umbruch, wieder einmal den Neuanfang? Oder reicht es, an ein paar Schrauben zu drehen? Müssen wir uns an anderen messen lassen (Frankreich, Mission Impossible) oder setzen wir auf unsere eigenen Stärken? Ein langfristiger Plan ist nicht in Sicht, und haben die Macher noch den Elan, die Lust, uns in eine neue Ära zu führen, oder ist es nur noch das Geld, das motiviert? Regiert hinter den Kulissen nur noch das Chaos? Fragen!


    Ich sag mal: Ein Film hat immer 90 Minuten. Oder so.

  • Neben dem Innovationsfaktor, den Dr. moVe völlig zurecht als ein wichtiges Vitalisierungselement der Reihe herausgestrichen hat, möchte ich in diesem Beitrag auf einige weitere Alleinstellungsmerkmale des Franchise eingehen, die in der jüngeren Vergangenheit vernachlässigt wurden und der Serie künftig wieder einen wahrhaft einmaligen Anstrich geben könnten.


    Score
    Seit den großen Tagen John Barrys hat kein Nachfolge-Komponist mehr weder in künstlerischer Hinsicht, noch in punkto emotional-atmosphärischer Dichte dessen Brillanz erreicht. Nun mag man völlig zu Recht einwenden, dass Barry auch in seiner Generation ein Ausnahmekönner war und es heute zudem keine Filmkomponisten seines Schlages mehr gibt bzw. heute in der Filmindustrie allgemein eine wesentlich banalere, gleichförmigere Form von Filmmusik gängig ist oder gefordert wird. Trotzdem sorgten auch Barrys Vertreter in den 1970er und 1980er Jahren für effektvolle Soundtracks und stimmige Arrangements. Und auch ein David Arnold mauserte sich während seiner Bondzeit nach und nach zu einem Komponisten, der nicht nur belanglose Remixe verbrach, sondern Filmbeitrag für Filmbeitrag mehr stimmungsvolle Themen beisteuerte. Alle anderen Komponisten seit 1987 blieben mehr oder minder blutleer bzw. reproduzierten nur schnöde ihren eigenen Stil; während Thomas Newman es sogar schaffte, beinahe jeden Moment seiner Bondstreifen mit langweiliger Standardmusik zuzukleistern. Auch hier könnte sich Bond vom sonstigen Kinomarkt abheben. Wo ist ein Komponist von echter Klasse? Wo sind wegweisende, atmosphärisch-bissige Stücke, die der Zuschauer nicht schon wieder vergessen hat, sobald die Action-Szene vorbei ist? Ein Thema wie "Capsule in Space" brennt sich förmlich ein und vertieft den filmischen Genuss. Henchmen (Mr. Wint & Kidd, Necros) bekamen früher einprägsame Tracks auf den Leib geschrieben; auch das verdichtete die Filmerzählung v.a. in Spannungsmomenten geschickt. Bei den Kamens, Serras, Newmans fällt mir nicht ein Track aus ihren Scores wieder ein. Es fehlt fast jede musikalische Raffinesse in der heutigen Filmmusik. Barry hat bei jedem Film unvergessliche Themen geschaffen, Arnold konnte wenigstens hier und da Akzente setzen. Aber musikalisch hat die Serie den Abgang Barrys nie verkraftet. Hier hätten die Produzenten vielleicht eine Chance, wenn sie wieder die Kontrolle über diese Personalie übernehmen würden, wieder einen echten Standard in der (Action-)Kinowelt zu setzen. Fairerweise wüsste ich jetzt akut aber auch keinen Komponisten, der sich für eine solche Aufgabe als Ideallösung anbieten würde.


    Production Design
    Derselbe Umstand gilt auch für das Production Design. Seit dem Abgang Ken Adams 1979 hat man auch hier nie wieder dessen Standard erreicht bzw. nie die "Think Small"-Mentalität der 1980er Jahre überwinden können. Was könnte Bond sich von der Konkurrenz mit einem wieder wahrhaft verschwenderischen Production Design absetzen. Und damit meine ich nicht nur die plakativen Großsets wie Vulkankrater, Tanker oder Kommandozentralen, sondern auch ganz kleine, feine Dekors wie Hotelsuiten oder Stilobjekte. Man denke nur an die wunderschön geschnittenen Unterwasserschlitten Adams aus Thunderball oder die prachtvolle Hotelsuite in Diamonds Are Forever. Dieses Larger than Life-Feeling vermisse ich in der Serie. Peter Lamont und Dennis Gassner haben schon immer wieder schöne Dekors geschaffen, aber bei ihnen fehlte stets dieses überirdische, luxuriös-verschwenderische und stilistisch visionäre Moment von Adams Designs. Das betrifft auch die Auswahl der Locations. Ich kann einfach nicht verstehen, dass man für Spectre den Palast von Caserta gegen ein deutlich belangloseres Anwesen in England austauscht nur weil es bequemer ist dort zu drehen. Wo sind die edlen Villain-Domizile ala Stromberg und Drax? Das Production Design wird heute einfach fast genauso rational und selbstverständlich abgehandelt wie bei anderen Filmproduktionen. Dabei könnte jemand wie Gassner auch das Larger than Life-Feeling sicherlich adäquat umsetzen, aber der Impuls müsste hier abermals von den Produzenten ausgehen.


    Locations & Situationen
    Auch bei den Handlungsorten fragt man sich immer wieder, wieso andere Filme exotische Locations en masse aufbieten, während man bei Bond gerne vor der eigenen Haustür dreht oder zum dritten Mal Venedig oder Istanbul spendiert kriegt. Ich würde mir mal wahrhaft exotische Handlungsorte in Südamerika, Asien und vor allem Afrika wünschen. In Madagaskar (Bahamas) huscht Bond gerade mal 30 Sekunden durch ein paar Palmen hindurch. Wieso nicht mal eine längere, atemberaubende Hetzjagd durch den Dschungel mit echten Gefahren, Sumpflöchern und giftigen Tieren? Oder Bond mal wieder in einer echten Todesfalle, aus der er nur durch Geschick, anstatt durch Glück und Gadgets herauskommt. Trotz Massentourismus gibt es immer noch spannende und visuell atemberaubende Flecken auf der Welt, die auf der Kino-Leinwand großartig aussehen und nicht in jedem x-beliebigen Action-Film vorkommen. Klar kostet das alles mehr Geld. Auch hier vermisst man echtes Engagement bzw. Pioniergeist. Man ist satt. Es wird nur noch standardmäßig abgeliefert. Auch würde ich mir wünschen, dass man bei manchen Schauplätzen länger verweilt, diese atmosphärisch porträtiert und gekonnt in die Handlung einbindet, anstatt immer rastlos von einer Location zur nächsten zu springen. Rom in Spectre war zum Beispiel eine einzige Enttäuschung....


    Agentenfeeling
    Auch das Agentenfeeling ist schon längst nicht mehr so ausgeprägt wie früher. Von Brosnan und Craig habe ich fast nur das Bild im Kopf, dass sie die meiste Zeit mit Smoking auf Mission sind. Wo sind die Missionsanzüge? Wo muss Bond in Verkleidung mal wieder eine feindliche Bastion infiltrieren? Jackenumstülpen, blütenweiße Jackets unter dem Tarnanzug, falsche Schnurrbärte, Clownaufzug, Enten auf dem Kopf… So kurios und aberwitzig es klingt: Solche Szenen vermisse in der Serie. Bei den jüngeren Bonds und Regisseuren fehlt da der "Mut zur Maskierung". Ich fand zum Beispiel Roger Moore als Clown bei der Atombomben-Entschärfung nie albern. Es war eine zweckmäßige Verkleidung in einer dramatischen Situation und ein gekonnter Rückgriff auf den 009 der Eingangsszene von Octopussy. Das wäre aber jetzt nur ein Beispiel mit den Verkleidungen; irgendwie muss Bond ja in letzter Zeit nie inkognito unterwegs sein. Eine Reihe wie Mission Impossible bedient - neben den schon erwähnten Parallelen im entsprechenden Thread - nicht nur diese Seite des Agentenalltags mittlerweile deutlich mehr als Bond, sondern auch den Einsatz neuster Technik in der Missionsabwicklung; während Bond immer nur seine Walther (immerhin als Signaturwaffe) und einen neuen Aston Martin spendiert bekommt. Auch Spannungsszenen gibt es beim Konkurrenten mehr, während bei 007 fast nur noch aneinandergereihte Action-Sequenzen dominieren, ohne dass diese zu Highlights geraten. Auch hier sehe ich Handlungsbedarf. Martin schrieb ja bereits im anderen Thread, dass die Darstellung von echten Bedrohungssituationen bzw. Schurkenszenarien in der Reihe mittlerweile viel zu kurz kommt…


    So, das wäre es erst einmal. Genug Stoff zu diskutieren… ^^

  • Scarpine


    Was Score und Agentenfeeling betrifft bin ich absolut deiner Meinung.Obwohl ich gerade von MI-Fallout in der Hinsicht wenig begeistert bin.
    Gerade dieser Teil der Reihe kommt mir als reine Aneinanderreihung von (teils übertriebenen) Action Szenen vor, mit fast nichts
    was früher typisch für Mission Impossible war. Eigentlich hat man alles in dem Film irgendwo schonmal (besser) gesehen.
    Einen Bond (und auch Mission Impossible Teil) wie Mission Impossible 1 wäre imo wünschenswert.
    Also einen Plot wo es nicht nur auf Action ankommt, sondern auch auf Dinge wie Teamarbeit, Heist Elemente, Verkleidungen etc.
    Eben mehr Thriller als Action Film.


    Bezüglich Score kann ich folgendes Video empfehlen:
    https://www.youtube.com/watch?v=7vfqkvwW2fs
    Teilweise ist es von den Produzenten gar nicht mehr gewollt einprägsame Musik im Film abzuspielen.
    Der Trend geht zu simpler Hintergrundmusik, die wenig Alleinstellungsmerkmal hat und nur zum Gezeigten passt.
    Finde ich persönlich furchtbar, ich war früher im jemand der sich auch gern die Soundtracks zu den Filmen geholt hat.

  • Obwohl ich gerade von MI-Fallout in der Hinsicht wenig begeistert bin. Gerade dieser Teil der Reihe kommt mir als reine Aneinanderreihung von (teils übertriebenen) Action Szenen vor, mit fast nichts was früher typisch für Mission Impossible war. [...]
    Also einen Plot wo es nicht nur auf Action ankommt, sondern auch auf Dinge wie Teamarbeit, Heist Elemente, Verkleidungen etc. Eben mehr Thriller als Action Film.


    Ja, genauso etwas schwebte mir auch vor. Oder so ein längeres, äußerst spannendes und stufenweise gesteigertes Finale wie die Afghanistan-Passage in The Living Daylights. Oder dass Bond mal wieder wirklich 10-15 Minuten zum Schluss gegen einen gnadenlosen Countdown arbeiten muss, um den Tag zu retten. Ich bezog mich bei meinen obigen Ausführungen auch gar nicht explizit auf MI: Fallout, da ich den noch nicht gesehen habe, sondern meinte in Sachen Agentenfeeling eher die ganze Wirkung und die liebevollen Details der Kreml-Sequenz aus MI: Ghost Protocol. Solche Coolness-Momente, wie wenn Hunt die Wachen täuscht, hinausschlüpft als sich die Tore schließen und sich binnen zwei Sekunden von einem russischen Offizier in einen amerikanischen Touristen verwandelt, gab es bei Bond gefühlt schon länger nicht mehr. Da könnte man so viel mehr herausholen. Oder Bond mal als "Agent Provocateur "in der Pretitle agieren lassen, der Schurken geschickt an der Nase herumführt, oder... oder... oder... Es gäbe so viele Möglichkeiten. Craigs Bond vermasselt zu Beginn immer nur seine Aufträge und ermittelt dann auf eigene Faust. Naja, das ist mir in letzter Zeit einfach zu gleichförmig, wie so vieles andere auch. Es fehlt der Esprit, die Würze...


    Teilweise ist es von den Produzenten gar nicht mehr gewollt einprägsame Musik im Film abzuspielen.


    Das ist wirklich fürchterlich. Und es degradiert Filmkomponisten noch mehr als unbedingt notwendig zu nützlichen Idioten, die den Bildern halt nur ein bisschen Akustik beimischen sollen. Am anderen Ende des Spektrums steht halt jemand wie Quentin Tarantino, der in einer blumigen Laudatio vor ein oder zwei Jahren mal meinte, dass Ennio Morricone für ihn eigentlich kein Filmkomponist mehr sei, sondern in den erlauchten Kreis der großen Klassiker der Musik wie Mozart oder Beethoven gehöre.


  • Absolutes Veto. Fallout empfinde ich neben den ersten Teil und Rogue Nation als den Film, welchen ich am ehesten als Thriller bezeichnen würde. Natürlich mit mehr Action, aber alles hat einen Sinn, die Aktionen entstammen aus der Handlung heraus. Dagegen ist der hier im Forum etwas zu hoch gelobte "Ghost Protocol" eher ein Action, Abenteuer Film, bei dem mir aber die nötige Ernsthaftigkeit zum Teil abgeht.
    Der Score ist, wie ich in den letzten Wochen vernehmen konnte, der beste der M:I Reihe. Ich fand schon die Scores der beiden Vorgänger sehr gut, aber bei Fallout werden die Spannungssequenzen nochmal unterstrichen. Einer der wenigen Blockbuster, wo ich die Musik noch nach dem Film im Gehör habe.
    Und besser gesehen? So einen Halo Jump? Wo? Das Finale? Hmmm. Alle Szenen in Paris bieten Suspense pur. Teamarbeit ist doch bei allen M:I Filmen hochgeschrieben. Am wenigsten in Teil 1, weil Ethan Hunt ja der Gejagte ist und niemanden vertrauen darf, eher notgedrungen ein Team rekrutiert.


    Und jetzt der Verweis zu Bond:
    Genau das, Teamarbeit, möchte ich bei Bond NICHT sehen! Das störte mich schon bei Skyfall und Spectre ein wenig. Bond nimmt seinen Auftrag von M entgegen, bekommt Gadgets von Q und fertig.
    Hach, erst letztens wieder zwei Bondklassiker geguckt, wie fabelhaft so etwas sein kann.
    Bond und M:I sollen sich ja unterscheiden, deshalb liebe ich beide Marken und deshalb können diese auch parallel existieren.



    Scarpine
    Dein Beitrag von Mittwoch spricht mir allerdings aus der Seele. Kann da nur, eigentlich zu jedem Punkt, beipflichten. Ich sage ja auch schon seit Jahren, dass etwa der letzte große Bondscore zu TLD war. Viele Komponisten werden heute von den Produzenten eingeschränkt.
    Ab und zu aber gibt es gute Scores zu Actionfilmen. Die M:I Reihe ist so ein Beispiel, die Dark Knight Filme von Nolan, die letzten beiden Planet der Affen Filme, welche Jerry Goldsmiths originale Idee zum Teil aufgreifen oder halt die Star Wars Filme, wenn auch anders als ein John Barry die Filmmusik angerichtet hat.
    Aber wenn ich Transformers schaue, die MCU Filme (lediglich das Hauptthema der Avengers von Alan Silvestri ist gut), ein großes naaa ja.


    Zum Thema Bond und "Arbeitskleidung":
    Ich erinnere mich natürlich an Bonds schwarze Missionsanzüge wie in Goldfinger, Feuerball, Leben und sterben lassen, Der Hauch des Todes. Oder natürlich die praktischen Sachen, wie Bonds Kletter Bekleidung in In tödlicher Mission, was anderes macht auch keinen Sinn.
    Aber Pierce trug in seinen Filmen auch Missionskleidung. In Goldeneye doch gleich zu Beginn und beim Finale, bei Der MORGEN stirbt nie, auch bei Stirb an einem anderen Tag.
    Craig trug leider, bis auf die an LALD angelehnten Spectre Poster nie diesen schwarzen Overall wie Bond bei GF, TB oder eben LALD.

  • Zitat von DrMoVe

    Meiner Meinung nach verblendet der stetige Fokus der breiten Allgemeinheit auf die ewige Darstellerfrage (und die damit verbundene Ära-Definition), den Blick auf ein wesentlicheres Lebenselexier unseres Franchise: Und zwar die gar nicht hoch genug einzuordnete Kraft, die sich entfaltet, wenn etwas präsentiert wird, das von der Zuschauermasse als 'NEU' empfunden wird.


    Das ist eine sehr interessante Beobachtung, die ich auch teile. Wobei das Neue meiner Auffassung nach nicht unbedingt nur auf der Leinwand präsentiert werden sollte, sondern sich auch aus der Reibung zwischen Realität und Film ergeben kann. Die Mission-Filme sind da ein gutes Beispiel. Rein innerhalb der filmischen Welt ist es beispielsweise nichts Neues, wenn jemand an einem Flugzeug hängt. Und ein Zuschauer, der nichts über den Film weiß, denkt sich vielleicht: ganz gut getrickst, aber keine neue Idee. Der Sensationswert ergibt sich eigentlich nur mit dem Vorwissen, dass es tatsächlich Cruise selbst ist, der da hängt.


    Bei der Craig-Ära finden sich die Sensationswerte in diesem Sine auch weniger in Form von Stunts oder Schauplätzen auf der Leinwand und innerhalb der filmischen Welt, sondern ergeben sich auch eher aus dem Vorwissen um die Klischees und Formeln der Bondwelt. Bei Spectre war einer dieser externen Sensationswerte die Rückkehr von Blofeld, und im Film dann der "Clou", dass es diesmal sein Halbbruder ist. Mit dem Tod von Bond scheint man sich nun wieder auf einen Sensationswert zu verlassen, der sich rein aus der Reibung mit der Bondgeschichte ergibt, und innerhalb des Filmes als Szene an sich wahrscheinlich nicht revolutionär neuartig wirkt.


    Der große Nachteil von diesen eher film-externen Attraktionen, zu denen auch Besetzungscoups oder besondere Marketingkampagnen gehören, ist für mich, dass sie sich bei mehrmaligen Sehen des Films enorm abnutzen, beziehungsweise irgendwann sogar unsichtbar werden. Beim dritten Ansehen von Spectre erinnert man sich nicht mehr daran, dass die Rückkehr von Blofeld 2015 mal ein paar Schlagzeilen wert war, sondern sieht nur noch den Film an sich. Während die film-internen Attraktionen wie die Pretitles von Spy und MR auch nach 40 Jahren noch faszinieren. Aber mittlerweile liegt der Fokus ja eh mehr darauf, gleich am Startwochenende das gesamte Budget wieder einzufahren.



    @Scarpine: Deinen Ausführungen kann ich nur zustimmen. Mit Ken Adam und John Barry hatte man nicht nur zwei Talente, sondern zwei Genies. So etwas fehlt heute weitgehend. Dabei muss man aber auch sagen, dass Adam sieben Filme hatte, um sich auszutoben und zu entwickeln, und Barry zehn Filme. Das lag in der Loyalität und Zuverlässigkeit von Cubby Broccoli begründet (bei dem ich sogar so weit gehen würde, ihm auf seinem Gebiet der Produktion ebenfalls eine gewisse Genialität zu attestieren). Bei den neueren Filmen sehe ich eigentlich nur bei Daniel Kleinman diesen Freiraum über mehrere Filme hinweg. Und genau das ist auch ein Riesen-Nachteil, wenn man unbedingt große Regie-Namen haben will. Die bringen ihre eigenen Leute mit, und damit eine kontinuierliche Hire-and-fire-Mentalität. Deshalb hat mich auch die Aussicht auf eine Ablösung von Dennis Gassner im Zuge der Boyle-Verpflichtung nicht wirklich begeistert. Wer weiß, was Gassner noch kreiert, wenn man ihm Möglichkeiten gibt. Die Big Names bei der Regie garantieren vielleicht ein bisschen Aufmerksamkeit, aber wenn sie es nicht hinkriegen, reißen die von ihnen mitgebrachten Leute auch wenig raus, wie MK12 bei QOS, oder Thomas Newman bei Spectre.



    Zitat von MrBond

    Dagegen ist der hier im Forum etwas zu hoch gelobte "Ghost Protocol" eher ein Action, Abenteuer Film, bei dem mir aber die nötige Ernsthaftigkeit zum Teil abgeht.


    Wir liegen ja oft auf einer Wellenlänge, Mr. Bond, aber bei Ghost Protocol verstehe ich deine Abneigung nicht so ganz. Für mich hat er immer noch genug Ernsthaftigkeit, und die McQuarrie-Filme dagegen auch einen ausreichenden Spaß-Faktor. Ich sehe da nicht so die Riesenunterschiede wie etwa zwischen MR oder FYEO.


    Aber insgesamt ist es schon faszinierend, wie zur Zeit die Threads zu Bond 25, der Zukunft von Bond auch Mission:Impossible thematisch fast verschmelzen.

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