Filmkritik: James Bond 007: Spectre
Kurz vor dem Kinostart von Spectre habe ich mir alle Bonds von DN bis SF angesehen
und habe dazu im anderen Forum Kritiken verfasst, einen Tag nach der Sichtung von SF
habe ich mir SP im Kino angetan und war dabei so aufgeregt im Vorfeld
(mein erster Bondfilm als Bondfan), dass ich mich nur in gewisser Weise auf den
Film einlassen konnte. Als ich damals völlig benommen nach Hause kam, war ich
nicht sicher, wie ich den Film einordnen sollte und erst mit der Zeit (ich habe
SP nicht noch einmal gesehen) kam ich zu der Erkenntnis, dass es sich hier wohl
um einen recht guten Beitrag zur nunmehr 24-teiligen Bondreihe handelt. Eigentlich
wollte ich mir Daniel Craigs Nummer 4 noch einmal im Kino ansehen, aber weil
sich nichts ergab, beschloss ich, die Vorfreude auf die Heimkino-Premiere zu
steigern und es bei diesem einem Kinobesuch zu belassen! So, jetzt habe ich
aber genug geschwafelt, Film ab, viel Spass bei meiner Kritik!
James Bond reist im Auftrag von der alten M nach Mexiko City
und eliminiert Sciarra, einen Killer einer unbekannten Organisation. In London
wird er vom amtierenden M suspendiert, da er in Mexiko ohne Auftrag gehandelt
hat. Er gewinnt Moneypenny und Q als Vertraute und reist nach Rom zu Sciarras
Begräbnis, wo er über dessen Witwe in jene Organisation eingeschleust wird.
Dort wird oft von einem „blassen König“ gesprochen, der eliminiert werden soll.
Währenddessen sollen der MI6 und andere Geheimdienste zusammengelegt werden und
mit dem Nine-Eye-System, von Max Denbigh „C“ entwickelt, zusammenarbeiten. Bond
bekommt in Rom mit Hilfe von Moneypenny den Aufenthaltsort des Blassen Königs
alias Mr White in Österreich(bekannt aus CR und QOS als Quantum-Mitglied)
heraus und begibt sich dorthin. Als er in Österreich ankommt begegnet er einem
totkranken verlassenen Mr White der Bond kurz vor seinem Selbstmord den
Aufenthaltsort seiner Tochter (Bond soll sie beschützen) und den Begriff
„L’Americain“ mit auf den Weg gibt. Mithilfe von Whites Tochter, Madeline Swan,
und Q erfährt Bond den Namen der Organisation, Spectre, und dass sich hinter
L’Americain ein Hotel in Tanger versteckt. Bond und Swan reisen ins
L’Americain, wo Bond in einem versteckten Zimmer die Koordinaten des
Spectre-Hauptquartiers in der Wüste findet, wo er auf Ernest Stavro Blofeld,
den Kopf von Spectre stößt, von dem er erfährt, dass C zu Spectre gehört. Bond
lässt das Hauptquartier im wahrsten Sinne des Wortes in die Luft gehen und geht
davon aus, dass Blofeld stibt. In London verhindert er mit M gerade noch den
Start des Nine-Eye-System, tötet C und nimmt Blofeld, der doch noch überlebt
hat, fest.
SP ist der vierte Bondfilm mit Daniel Craig, der seinen Job
wie immer absolut super macht. Leider sind auch an ihm die Spuren des Alters
nicht mehr zu leugnen. Er sieht schon ein wenig älter aus als in SF, aber es
ist immer noch in Ordnung. Somit wäre auch Craig Nummer 5 durchaus denkbar. Was
mir im Vergleich zu den Vorgängern auffällt, ist, dass Bond humorvoller
geworden ist, immer einen passenden Spruch auf den Lippen, der die Komik der
Situation perfekt widergibt. Als Beispiel wäre hier zum Beispiel der Mickey
Maus Gag, oder „Sie haben recht, sie haben einen schweren Tag vor sich“ zu
nennen. Auch wenn mehr Humor in die Darstellung Craigs eingeflossen ist, bleibt
Daniel Craigs Version des 007 immer noch so, wie wir ihn aus den 3 Vorgängern
kennen, hart, analytisch, aber dennoch mit einem wunden Punkt versehen. Also
einerseits die Fortführung von CR, QOS und SF, aber andererseits Humorvoller
und etwas distanzierter! Super!
Nach entweder 34 oder 44 Jahren Abstinenz (wie man FYEO
einordnen will) taucht der gute alte Ernest Stavro Blofeld endlich wieder auf,
natürlich mit einem GROSSEN Namen besetzt, Christoph Waltz. Viele Leute halten
die Figur für „verheizt“ oder „nicht gut eingesetzt“ und auch ich war teilweise
einverstanden mit diesem Argument. Mal ehrlich, ich hätte mir etwas Schöneres
vorstellen können, als eine mehr oder weniger familiäre Beziehung zwischen Bond
und Blofeld, hinter Moriarty verbirgt sich ja auch nicht Mycroft Holmes.
Dennoch ist Waltz mehr als nur passend für die Rolle, er zeigt schon Präsenz
und auch der Humor wirkt nicht überdreht (Kuckuck). Und so kam es dazu, dass
meine Antwort auf die Frage „Verheizt oder nicht?“ mittlerweile nur noch NEIN
lauten kann! Waltz bereichert den Film ungemein und er ist sicher einer der
Bösewichte, die in Erinnerung bleiben werden! Alles in allem eine tolle
Besetzung!
Das Bondgirl dieses Films trägt den Namen Madeline Swan
(Bondgirl Name durch und durch) und wird von Léa Seydoux dargestellt. Im
Gegensatz zu Blofeld halte ich Swan für „verheizt“. Wie schon oft geschrieben,
war die Platzierung der Liebesszenen etwas unglücklich, eigentlich hätten diese
schon im L’Americain nach dem Finden des geheimen Zimmers stattfinden müssen
und nicht erst im Zug. So hätte der Flirt im Restaurant eine bessere Grundlage
gehabt und der Break (Kampf mit Hinx) wäre noch stärker gewesen! Swan selbst
bleibt deshalb zu lange zu verschlossen, hängt aber trotzdem an Bond und so
wirkt die „Beziehung“ der beiden auch später eher wie eine Zweckgemeinschaft. Unterstrichen
wird das auch durch den doch nicht allzu kleinen Altersunterschied der beiden. Ich bleibe
dabei, Seydoux passt schon ganz gut auf den Charakter (so wie er letzten Endes
ist), dennoch hätte eine andere Schauspielerin und eine andere Auslegung des
Charakters auch nicht geschadet.
Kommen wir zu der MI6 Family, bestehend aus M, Q und
Moneypenny. Wenn man so darüber nachdenkt, dann fällt auf, dass alle 3 erst in
SF eingeführt wurden und sich somit nach dem gelungenen Einstand in SF, in SP
beweisen müssen. Alle 3 sind einfach wunderbar, besonders Ralph Fiennes macht
einen großartigen Job! Er verkörpert einen
ganz anderen M, er ist nicht mehr so festgenagelt hinter dem
Schreibtisch, sondern darf auch aktiv mit in den Handlungsverlauf eingreifen! Q
im Außeneinsatz ist ebenfalls wunderbar und ich hoffe inständig, dass Ben
Whishaw der Reihe ganz lange erhalten bleiben wird!
Einer fehlt noch und das ist Max Denbigh, oder wie Bond ihn
nennt: C. Diese Figur wird vom Moriarty-Darsteller Andrew Scott dargestellt,
dessen Interpretation von C immer wieder an Moriarty erinnern lässt, eigentlich
kann man kaum einen Unterschied machen. Er ist dieser fiese kleine Teufel mit
dem Milchbubi Gesicht, vielleicht sind das einfach seine Rollen! Er überzeugt
mich voll!
Auf der Hülle meiner DVD steht „Spectre ist die extrem
gelungene Fortschreibung von Skyall“. Ok, aber das war doch zu erwarten, wir
haben den gleichen Regisseur, den gleichen Bond und ein paar andere Charaktere
aus dem Vorgänger. Also einfach eine Kopie von Skyfall? Nein, wirklich nicht.
Spectre beschreitet ganz eigene Wege und macht das extrem gut! Die Kameraarbeit
ist perfekt, so entsteht zum Beispiel der Eindruck, die halbe PTS wäre in einem
Take gedreht worden, es gibt keine hektischen Hin-und-her-Schwankungen und die
Kameraführung sticht gerade auch bei Landschaftsaufnahmen extrem hervor! Wie
schon bei SF setzt Sam Mendes auch bei SP auf den „Bewährten“ Sepia-Look in der
Post-Produktion. Ok, doch eine Fortführung, auch weil SP den in SF
eingeschlagenen „Back-to-the-roots-Weg“ konsequent fortführt. SP ist ein
klassischer Bondfilm, der sich allerdings nicht der modernen Realität
verschleißt oder gar in das Reich der Fantasie abtaucht. Die Handlung ist
logisch und die Idee mit der großen Organisation hinter all den Anschlägen ist
in Zeiten von IS und Konsorten nicht unrealistisch. Bis auf das oben erwähnte
zu späte Einsetzten der Liebesszenen ist das Timing des Films ausgesprochen
gut. Die ersten 60 Minuten geben einem kaum Zeit um zu Atmen und eigentlich
wird nur in Tanger das Tempo ein wenig gedrosselt. Auch die Szenen in Blofelds
Hauptquartier wurden spannend inszeniert, allerdings finde ich die Folterszene
extrem seltsam. Wofür wird Bond gefoltert? Klein Franz will sich am bösen James
rächen und ihm einen qualvollen Tod bereiten? Naja. Ich hatte heute direkt das
Gefühl, man hat bloß einen Grund gesucht um Bond und Swan wieder befreien zu
können, schließlich klagt Bond zu keinem Zeitpunkt danach über Schmerzen oder
etwas in der Art. Gut, man hat auch nicht die Zeit sich großartig Gedanken
darüber zu machen, da es danach sofort mit Volldampf in den Showdown weiter
geht. Die folgenden Szenen in London gefallen mir noch ein wenig besser als die
London Szenen des Vorgängers, da hier noch einmal richtig Spannung aufkommt und
das Tempo ordentlich gesteigert wird. Dennoch bleibt Zeit für eine Sache, die
den Film über die gesamte Länge auszeichnet: die Anspielungen auf Vorgängerfilme,
Bücher und sonstigen Elementen des Bond-Universums. Angefangen bei M und Silva
in der TS bis zum geheimen Treffpunkt in einem alten Laden namens „Hildebrandt“
usw. Damit hat man sicherlich viele Fans befriedigt und auch ich musste gestern
als Thanner, Moneypenny und M in das alte Haus eingetreten sind wieder einmal
schmunzeln als ich die Aufschrift auf der Tür sah.
Ein wenig über Locations habe ich ja nun schon geredet,
dennoch möchte ich noch kurz auf Mexiko City und Österreich eingehen. Die TS in
Mexiko City gehört zu den besten Sequenzen des ganzen Films, die Atmosphäre
wird eindrucksvoll eingefangen und mit einer genialen Action-sequenz abgerundet.
Es gab irgendwo in den unendlichen Weiten des Forums mal dieses CGI Links und
ich muss ehrlich zugeben, wenn ich es nicht gewusst hätte, mir wäre nichts
dergleichen aufgefallen. Nur bei dem Kampf im Hubschrauber ist die Greenscreen
zu erkennen, aber das lässt sich wohl auch nicht anders lösen. In Österreich
sind wir atmosphärisch gesehen wieder ganz woanders. Die nebelige Überfahrt
über den See und die Topmoderne Klinik, die ein wenig an den Piz Gloria
erinnert, sind stark umgesetzt worden und fügen sich perfekt in die Handlung
ein.
Kommen wir zur Musik. Wie in SF hat David Newman den Job
übernommen, leider ist hier zu viel SF mit dabei, gefühlt hatten wir den ganzen
Score schon im Vorgänger. Das ist zwar nicht weiter schlimm, da der Score super
zum Film passt, aber trotzdem wäre ein wenig mehr Einfallsreichtum auch nicht
schlecht gewesen.
Fazit:
Mit Spectre ist ein rundum gelungener Beitrag zur Bondreihe.
Mir gefällt er sehr gut und ich hatte einen wunderbaren Abend gestern. Leider
ist er nicht perfekt, da das Timing nicht 100% gepasst hat und ich die familiäre
Beziehung von Bond zu Oberhauser/Blofeld nicht unbedingt hätte sein müssen.
Insgesamt 9/10 Punkten. Ich hoffe die Kritik hat euch gefallen und ich wünsche
euch allen viel Spaß bei eurer ersten Heimsichtung von Spectre!