Ich schätze deinen glühenden Einsatz für die Reihe, Mister Bond. Aber in ein paar Punkten liegen wir wohl einfach unverrückbar auseinander...
Ist mir unerklärlich, wie diese fantastische Figur nicht zu euch durchringen kann, stattdessen diese relativ unwichtigen und nichtssagenden Damen vorher. [...]
Ps.: noch hat Ethan mit Ilsa keine Liebesaffäre, sie sind mehr Seelenverwandte! Das ist eine Fehlinterpretation deinerseits, Scarpine. Besonders die Erwähnung von "großer Liebe". Das wird nirgends behauptet. Man kann lediglich davon ausgehen, dass sich beide eventuell lieben werden, mehr nicht.
Wie gesagt: Frauen sind Geschmackssache. Mir ging es - wie erwähnt - weniger um die Figur als um die Schauspielerin, die für mich nicht so ein starkes Charisma besitzt, auch wenn sie die Rolle gut darstellt. In Fallout haben sie zudem diese Undurchsichtigkeit/"Das kann ich dir nicht sagen"-Nummer relativ lieblos reaktiviert. Wobei das Storytelling auch in Rogue Nation nie so clever war, wie es gerne wäre. Schon bei der Erstsichtung habe ich nach ihrem ersten Auftritt nie daran gewzeifelt, dass Ilsa zu den Guten gehört. Ich finde allerdings schon, dass die Macher in Fallout eine Liebesstory andeuten: "Du hättest mit mir kommen sollen.", die dramatische 'High Noon'-Szene als Hunt sie gezwungenermaßen überfahren muss, die spielelerische Verfolgungsjagd durch die Gassen mit anschließender Aussprache, Luthers "Er macht sich was aus dir."-Dialog, ihre schockierte Reaktion "Er ist verheiratet!?", die Art, wie Ex-Flamme und (potenziell) neue Flamme am Krankenbett interagieren (Pass gut auf ihn auf...). Das wird schon sehr deutlich forciert. Auch dass Ferguson in den nächsten Teilen wieder dabei ist, erscheint als ein Fingerzeig, dass sie weit mehr als ein gewöhnliches Teammitglied ist. In Rogue Nation sieht das Ganze - da stimme ich dir zu - noch anders aus. Deswegen empfinde ich das ja auch als einen leichten Bruch.
Und Lane, ja warum ist Solomon Lane der beste Bösewicht? Liegt es vielleicht daran, dass er der Kopf vom "Syndikat" ist und dieses Syndikat nicht so ein albernes Spectre aus Spectre, also bloße Behauptung, ist? Liegt es daran, dass er ohne die Wimper zu zucken unschuldige Menschen tötet? Liegt es einfach der der bedrohlicheren Ausstrahlung eines Sean Harris als die der Gegenspieler zuvor (Ausnahme: Seymour Hoffmann)?
Bei diesem Punkt liegen wir wirklich meilenweit auseinander. Wo wird das Syndikat denn irgendwo präsent oder gar bedrohlich? Ein paar Statisten in Wien und London, die von Ethan und Ilsa mal eben weggeballert werden? Ansonsten sind die Syndikats-Mitglieder ebenso wie die Apostel doch nur schemenhafte Karteileichen auf dem Computer-Display des IMF. Gibt es da irgendwelche gefährlichen Individuen? Ach ja, den Knochendoktor. Ich bin nun wirklich kein großer Fan von Hinx, aber der ist erinnerungswürdiger und bedrohlicher als der ganze Syndikats-Clan. Und er hat einen erinnerungswürdigen Fight, wäre der Knochendoktor in unter einer Minute von Ilsa abgestochen wird. Harris hat für mich keine sonderlich bedrohliche Ausstrahlung. In Rogue Nation wirkt er über weite Strecken wie ein biederer IT-Programmierer und in Fallout wie eine Art Robinson Crusoe mit seinem Survival-Look. Bislang hat jeder M:I-Schurke unschuldige Menschen ohne mit der Wimper zu zucken umgebracht. Wo hebt sich Lane da groß ab? Job hat mit 4 Mitgliedern ein ganzes IMF-Team auf dem Gewissen (von denen er zwei persönlich umbringt). Ambrose lässt ein vollbesetztes Passagier-Flugzeug abstürzen, nur um seine Spuren zu verwischen. Lanes Verbrechen und die des Syndikats werden immer nur angedeutet. In Rogue Nation erklärt Ethan die Gefährlichkeit des Syndikats und auf Benjis Bildschirm sieht man ein paar Fotos; in Fallout führt Walker diesen "Ist es wahr, dass Lane..."-Aufzählungsmonolog. Hier begehen Drehbuch und Regie denselben Fehler, den man auch der Bondreihe häufig zurecht ankreidet: Show, don't tell. Statt sich nur von einer Action-Sequenz zur nächsten zu hangeln, hätte man ja mal on screen zeigen können, warum Lane, Lark, das Syndikat und die Apostel-Splittergruppe so bedrohlich sind. Das kommt mir nämlich etwas zu kurz, während man scheinbar ewig Zeit hat, Cruises zugegebenermaßen atemberaubenden Stunt-Einlagen zu folgen. Hier fehlt es - meiner Meinung nach - an dem notwendigen Augenmaß, was für das filmische Erzählen wichtig ist und was nicht.
Und überlang? Come on, wen dem so wäre, würde ich auch einnicken, wie z.B. bei vielen MCU, DCEU und Transformers Sachen. Die 148 Minuten vergehen im Nu, ich hatte keine einzige Sekunde das Gefühl, da würde sich aber etwas in die Länge ziehen, ganz im Gegensatz zu Skyfall, Spectre und sogar Casino Royale!
Das ist wohl auch Geschmackssache. Auffällig ist in jedem Fall, dass Fallout mehr als 20 Minuten länger dauert als alle anderen M:I-Streifen, die standardgemäß eine Laufzeit von circa 125 Minuten haben. Gefühlt gab es für mich schon Längen. Gerade mit den ganzen Interaktionen/Doppelspielen rund um die Weiße Witwe und ihren Clan. Vor allem in Paris habe ich mich mehrmals bei dem Gedanken ertappt: Eigentlich rast der eine nur hinter dem anderen her, dieser prügelt sich mit jenem, während jener ein doppeltes Spiel treibt und dieser Partei dazwischen funkt. Das ist zwar alles temporeich und interessant zum Anschauen, aber gefühlt kommt die Handlung hier nicht wirklich vom Fleck, weil es sich so auf einen atemlosen Action-Verfolgungsjagd-Overkill verengt. Aber vielleicht bin ich da auch überkritisch.
Und da ist Cruise und sein Team innovativer, spielfreudiger, mit echten Emotionen dabei.
Das würde ich auch nicht bestreiten wollen. Da wäre ich voll bei dir. Nur ein Fanatiker wie Cruise, der für die Sache "brennt", würde solche Stunt-Geschichten persönlich durchziehen. Von daher kann man ihm vieles nachsagen, aber niemals fehlendes Engagement für die Sache. Cruise und sein Team versuchen es jedes Mal noch besser hinzubekommen. Dieser Willen ist klar erkennbar, während man bei den Broccolis häufig eher so eine "Dienst nach Vorschrift"-Einstellung bemerken kann. Das hat Martin ja auch zurecht kritisiert.