Beiträge von Scarpine

    Ja, da frage ich mich schon. Teilweise hat man das Gefühl, dass - zumindest bei den Privaten - ein Repertoire von ca. 50 Filmen aus den letzten 20 Jahren in einer Endlos-Wiederholungsschlaufe läuft :S

    Die TV-Redaktion eines Senders hat wohl mal auf eine vegleichbare Anfrage eines Zuschauers geantwortet, dass viele alte Filme, Fernsehspiele und Serien (circa vor 1980 entstanden) nicht mehr gesendet würden, weil sie den heutigen Sehgewohnheiten nicht mehr entsprechen würden und dementsprechend bei den Zuschauern auch keine Resonanz mehr fänden. :ka:

    Wobei die Performer der großen Stunts in den Bondfilmen ja schon öfter erwähnt werden als bei anderen Filmen.

    Absolut. Das ist auch ein großes Plus der Bonddokus, dass der Arbeit des Teams und der Stuntmen hier ein breiterer Raum eingeräumt wird.


    Mit Blick auf Cruise muss man aber auch sagen, dass er teilweise Sachen macht, die in einer anderen Filmproduktion noch nicht mal ein Stuntman machen würde. Ich denke, für diese Burj-Khalifa-Szene hätte man beispielsweise ein Stück des Gebäudes im Studio nachgebaut und das mit CGI kombiniert. Ebenso das Hängen an dem Verkehrsflugzeug.

    Ja, da denkt man bei jeder neuen Sichtung unwillkürlich: "Ist der Mann denn irre?!" 8o Diese zwei Stunts sind für mich auch die stärksten und faszinierendsten, die Cruise bislang gemacht hat. Da kann aus Fallout eigentlich auch nur die Helikopter-Action im Finale (Hängen am Hubschrauber und waghalsige Manöver fliegen) so richtig mithalten. Und das war primär auch der Kern meiner ursprünglichen Kritik: Die zwei Stunts aus Ghost Protocol und Rogue Nation sind perfekt in das filmische Geschehen eingebunden, haben eine stimmige Dramatik und genau das richtige Timing, während viele Stunts aus Fallout den Gestus von "Noch eine halsbrecherische Action-Szene und noch eine und noch eine..." haben und mir zu wenig im Sinne der Handlung dramatisch zugespitzt werden bzw. zum Punkt kommen. Man überschwemmt den Zuschauer mit atemloser Action, anstatt die Stunts, die wirkliche Highlights sind, auch als solche herauszustellen und im Kontext des Handlungsverlaufs effektvoller zu integrieren. Ich hoffe, es wird klar, was ich so ungefähr meine. Ich habe auch absolut Verständnis dafür, wenn man das komplett anders sieht. :)

    Absolut, lieber Martin. :prost: Das ging ja auch zu keiner Zeit gegen Tom Cruise und seinen persönlichen Einsatz, sondern gegen das Schubladen-Denken vieler Zuschauer.
    Wenn Bond in GoldenEye von der Staudamm-Mauer springt, hört man häufig: "Ist ja nur der olle Stunt-Heini, der für Brosnan da runterhüpft." Von den gleichen Leuten wird Cruise aber dann auf den Schild gehoben nach dem Motto: "Der macht das alles selbst! Ein Wahnsinns-Typ!!" Daran stört mich nicht das verdiente Lob für den Star, der - wie du richtig schreibst - Dinge tut, die nicht in seinem Vertrag stehen und für die er kein Geld zusätzlich bekommt, sondern die Geringschätzung der Arbeit von Stunt-Leuten. Das würde Cruise, der ja aus eigener Erfahrung weiß, welche Schwierigkeiten und Gefahren damit verbunden sind, sicherlich auch nicht gefallen. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass ich vor einigen Jahren alte TV-Ausschnitte von dem Bungee-Stunt sah, wo einer der Journalisten den Stuntman Wayne Michaels, der für Brosnan sprang, sinngemäß recht lapidar fragte, ob er nicht Angst habe, sich zu verletzen, wenn das Seil reiße. Michaels antworte so in etwa "Ich mache mir keine Sorgen. Wenn bei so einem Stunt etwas schiefgeht, kann man sich auch nicht verletzen, nur sterben."

    Naja, Lane ist der Einzige, der am Leben geblieben ist. Ich glaube, man wollte Hunts Grundkonflikt andeuten, den man auch schon in M:I-2 thematisiert hat: Die Guten sind immer in der Defensive, weil ihr Handeln moralisch limitiert ist. Auch Lark ist da als Gegenentwurf zu Hunt konzipiert. Aber grundsätzlich stimme ich Dir insofern zu, dass mehr behauptet als gezeigt wird. Das sehe ich als ein wiederkehrendes Problem der Filme, das sich auch schon in dem Hosenpfote-Monolog in Teil 3 recht deutlich gezeigt hat. Wahrscheinlich ist auch diese Betonung eines "Erzgegners" grundsätzlich problematisch. Das hat man ja mit Donald Pleasence oder Christoph Waltz auch eher schlecht als recht geschafft. Im Vergleich zu Rogue Nation hat Fallout aber dann immerhin einen recht gut ausgearbeiteten und bedrohlich wirkenden Schurkenplan.

    Du sagst es: Er ist der einzige, der am Leben geblieben ist. Macht ihn das schon zur Nemesis? Dieses Erzfeind-Konzept mochte ich irgendwie noch nie so richtig. Gerade in der M:I-Reihe finde ich große erzählerische Handlungsbögen auch eher hinderlich, weil diese Filme genau wie die Bond-Streifen eigentlich am besten als One Shots funktionieren. Das heißt nicht, dass nicht etablierte Figuren wiederkommen dürfen oder man Verweise auf frühere Missionen einstreuen darf, wenn es im Rahmen bleibt. Dadurch dass McQuarrie aber jetzt als Dauerautor und Dauerregisseur in Personalunion an Bord ist, werden die Verknüpfungen und inhaltlichen Wiederholungen wohl weiter zunehmen. Das finde ich eher schade, weil es gerade der Reiz an M:I ist, dass jeder Beitrag frischen Wind in die Reihe gebracht hat, während Fallout bereits viele Dinge seines Vorgängers nur aufwärmte. Die Missionen 7 und 8 sollen ja auch wieder einen Zweiteiler bilden. Wie gesagt, hätte ich Lane nicht noch einmal gebraucht. Vielmehr hätte man die Zeit nutzen können und die Apostel durch Individuen, die mehr sind als Kanonenfutter, näher beleuchten und somit dem Syndikat ein echtes Profil geben können. Auch das Rätsel um John Lark hätte man ausführlicher und mysteriöser ausschlachten können, wodurch dieser ein besserer und präsenterer Hauptantagonist geworden wäre. Stattdessen gibt Lane in Sigmund Freud-Manier in Visionen und Gefangenenszenen bedeutungsschwanger den Grüßaugust: "Du hättest mich töten sollen, Ethan." Ich muss zugeben, dass ich mich auf Sean Harris seinerzeit gefreut hatte, weil er für mich zuvor doch ein recht unbeschriebenes Blatt war. Seine Performances fand ich aber dann doch eher enttäuschend. Vielleicht hätte die Rolle mit einem anderen Darsteller einfach besser funktioniert? Who knows?


    Das ist eine interessante, grundsätzliche, fast schon medien-philosophische Frage. Für mein Empfinden verdient Cruise schon mehr Lob als entsprechende Stuntleute, denn er tut im Gegensatz zu diesen ja Dinge, die niemand verlangt und für die niemand bezahlt. Der Produktionsfirma und der Versicherung wäre es im Gegenteil sogar lieber, wenn er sie nicht tun würde. Wobei das natürlich nicht die Leistung "normaler" Schauspieler schmälert, die auf Stuntleute zurückgreifen. Aber andere Schauspieler werden ja auch für einen besonderen Einsatz gelobt, etwa Bonddarsteller wie Dalton, oder auch Hongkongkino-Kinostars wie Jackie Chan oder Michelle Yeoh.

    Absolut. Ich will den persönlichen Einsatz von Cruise ja auch nicht schmälern. Vielleicht sehe ich diese Sache auch ein wenig rationaler. Mein Eindruck ist, dass viele mit der "Er macht alles selbst! Wahnsinn!!"-Begeisterung im Gegenzug auch etwas übertreiben und damit jede Kritik (fehlende Innovation, Sinnhaftigkeit der Länge und Platzierung der Stuntsequenzen im Film) niedergewalzt wird. Mein Punkt war eher: Hauptberufliche Stunt-Leute riskieren auch ihre Gesundheit und ihr Leben und werden dafür eben nicht genug gewürdigt. Aber wenn es ein Star macht, dann fliegen ihm die Herzen zu. Hier sollte bei den Zuschauern mal ein Umdenken stattfinden. Es ist großartig, dass Cruise nicht will, dass jemand anderes diesen waghalsigen Sachen für ihn auf sich nehmen muss. Aber auch der anderen Seite hat alles beim Film auch seinen Sinn. Es gibt Stunt-Leute, damit sich die Stars und Schauspieler nicht verletzen und der Film reibungslos und im Zeitplan zu Ende gebracht werden kann. Eine negative Seite dieses persönlichen Engagements von Cruise, der ja auch wahrlich nicht mehr der jüngste ist, wäre also potenziell auch, dass er die (termingerechte) Fertigstellung des Projekts auch torpedieren kann, wenn er sich ernsthaft verletzt bzw. danach vielleicht nicht mehr richtig arbeiten kann. Die Produktionsfirmen und Versicherungen haben da nicht unrecht. Cruise ist momentan der Mann mit dem M:I steht und fällt. Jeremy Renner hat schon als Matt Damon-Nachfolger bei der Jason Bourne-Reihe nur leidlich funktioniert. Wie sollte es ohne Cruise weitergehen? Film ist Arbeitsteilung und Teamwork. Von daher kann ich die kritischen Stimmen schon ein wenig nachvollziehen, dass Cruise es mit seinem halsbrecherischen bis fanatischen Ehrgeiz langsam auch etwas übertreibt. Die Glorifizierung Ethan Hunts als Held hat in Fallout auch deutlich messianischere Züge bekommen als zuvor ("Ich kann gut schlafen, weil er da ist und auf die Welt aufpasst."), während das Team wieder eher in den Hintergrund rückt. Mir würde es besser gefallen, wenn McQuarrie da bei den nächsten Beiträgen wieder etwas gegensteuern würde.


    Und da glaube ich schon, dass beim Filmemachen Synergien entstehen, die über das reine Handwerk hinausgehen. Natürlich wird es in heutigen CGI-Zeiten immer schwieriger, die Exklusivität solcher 'in camera' gedrehten Einsätze herauszustellen. Es gibt sicher zahlreiche Zuschauer, denen der Unterschied zwischen Cruise im echten Heli und einen Schauspieler in einem Set überhaupt nicht auffallen würde. Aber vielleicht werden mit der Zeit die tricktechnischen Unterschiede da auch offensichtlicher. Ein ähnliches Problem hat ja TB, wo die Unterwasserszenen für viele Zuschauer auch viel zu ausführlich sind. Wobei ich aber sagen muss, dass mir die Längen bei Fallout bei meinen bisherigen Sichtungen nicht so schwerwiegend aufgefallen sind.

    Thunderball war natürlich insofern interessant, als dass er als einer der ersten Filme technisch schwierige Unterwasserszenen und maritime Stunt-Choreografien in der Breite umgesetzt hat. Das war damals spektakulär und filmisch wegweisend, weswegen man es schon etwas ausführlicher zeigen darf. Ich würde dir da bei den Synergie-Effekten auch durchaus zustimmen. Fallout hat auch solche Szenen wie den Halo-Jump oder das Helikopterfinale. Das darf man schon breiter zeigen, wenn es nicht zu sehr ausufert. Wie gesagt: Auch solche Aufnahmen müssen im Kontext des Gesamtwerks vom Timing her stimmig eingefügt werden. Bei Thunderball sind die Meinungen damals wie heute ja auch gespalten (siehe Thread). Mich stört auch eher die sehr lange Paris-Action, die jetzt auch im Kontext der eigenen Historie nicht viel Neues bietet. Gerade die Motorrad-Jagden mit Ethan und Ilsa heben sich jetzt nicht sonderlich von denen in Rogue Nation ab. Aber das ist eben auch Jammern auf hohem Niveau. Bond liefert sich ja auch gefühlt in jedem zweiten Film eine Verfolgungsjagd mit seinem neusten oder dem 'all time high' Aston Martin-Modell. Ich glaube, mir sagt einfach die allgemeine filmische Struktur von Fallout weniger zu als bei den Vorgängern. Da ist die ausgiebig zelebrierte Action am Ende nur ein Teil des Problems.


    Das ist eher so allgemeine Beobachtung, vor allem bei einigen Bondfans. Alles, was Cruise macht, ist da immer prinzipiell bei Bond geklaut.

    Das ist aber auch immer ein unfairer Vergleich. Die Bondreihe hatte schon über 40 Jahre auf dem Buckel, bevor Cruise mit M:I in Serie erst so richtig losgelegt hat. Das Franchise hat den Actionfilm und den Agententhriller seit 1962 enorm beeinflusst, sich aber dabei auch immer wieder selbst kopiert. Insofern sind ja alle irgendwie Epigonen. Und auch die Bondfilme haben sich immer mal wieder gerne inspirieren lassen. Gerade die beiden letzten Moore-Filme und die Dalton-Bonds weisen doch vor allem in den Action-Sequenzen 'interessante' Parallelen zu den ersten beiden Indiana Jones-Streifen auf. Insofern finde ich die Kritik an Cruise in dem Punkt auch maßlos überzogen.

    Ich schätze deinen glühenden Einsatz für die Reihe, Mister Bond. Aber in ein paar Punkten liegen wir wohl einfach unverrückbar auseinander...


    Ist mir unerklärlich, wie diese fantastische Figur nicht zu euch durchringen kann, stattdessen diese relativ unwichtigen und nichtssagenden Damen vorher. [...]
    Ps.: noch hat Ethan mit Ilsa keine Liebesaffäre, sie sind mehr Seelenverwandte! Das ist eine Fehlinterpretation deinerseits, Scarpine. Besonders die Erwähnung von "großer Liebe". Das wird nirgends behauptet. Man kann lediglich davon ausgehen, dass sich beide eventuell lieben werden, mehr nicht.

    Wie gesagt: Frauen sind Geschmackssache. Mir ging es - wie erwähnt - weniger um die Figur als um die Schauspielerin, die für mich nicht so ein starkes Charisma besitzt, auch wenn sie die Rolle gut darstellt. In Fallout haben sie zudem diese Undurchsichtigkeit/"Das kann ich dir nicht sagen"-Nummer relativ lieblos reaktiviert. Wobei das Storytelling auch in Rogue Nation nie so clever war, wie es gerne wäre. Schon bei der Erstsichtung habe ich nach ihrem ersten Auftritt nie daran gewzeifelt, dass Ilsa zu den Guten gehört. Ich finde allerdings schon, dass die Macher in Fallout eine Liebesstory andeuten: "Du hättest mit mir kommen sollen.", die dramatische 'High Noon'-Szene als Hunt sie gezwungenermaßen überfahren muss, die spielelerische Verfolgungsjagd durch die Gassen mit anschließender Aussprache, Luthers "Er macht sich was aus dir."-Dialog, ihre schockierte Reaktion "Er ist verheiratet!?", die Art, wie Ex-Flamme und (potenziell) neue Flamme am Krankenbett interagieren (Pass gut auf ihn auf...). Das wird schon sehr deutlich forciert. Auch dass Ferguson in den nächsten Teilen wieder dabei ist, erscheint als ein Fingerzeig, dass sie weit mehr als ein gewöhnliches Teammitglied ist. In Rogue Nation sieht das Ganze - da stimme ich dir zu - noch anders aus. Deswegen empfinde ich das ja auch als einen leichten Bruch.


    Und Lane, ja warum ist Solomon Lane der beste Bösewicht? Liegt es vielleicht daran, dass er der Kopf vom "Syndikat" ist und dieses Syndikat nicht so ein albernes Spectre aus Spectre, also bloße Behauptung, ist? Liegt es daran, dass er ohne die Wimper zu zucken unschuldige Menschen tötet? Liegt es einfach der der bedrohlicheren Ausstrahlung eines Sean Harris als die der Gegenspieler zuvor (Ausnahme: Seymour Hoffmann)?

    Bei diesem Punkt liegen wir wirklich meilenweit auseinander. Wo wird das Syndikat denn irgendwo präsent oder gar bedrohlich? Ein paar Statisten in Wien und London, die von Ethan und Ilsa mal eben weggeballert werden? Ansonsten sind die Syndikats-Mitglieder ebenso wie die Apostel doch nur schemenhafte Karteileichen auf dem Computer-Display des IMF. Gibt es da irgendwelche gefährlichen Individuen? Ach ja, den Knochendoktor. Ich bin nun wirklich kein großer Fan von Hinx, aber der ist erinnerungswürdiger und bedrohlicher als der ganze Syndikats-Clan. Und er hat einen erinnerungswürdigen Fight, wäre der Knochendoktor in unter einer Minute von Ilsa abgestochen wird. Harris hat für mich keine sonderlich bedrohliche Ausstrahlung. In Rogue Nation wirkt er über weite Strecken wie ein biederer IT-Programmierer und in Fallout wie eine Art Robinson Crusoe mit seinem Survival-Look. Bislang hat jeder M:I-Schurke unschuldige Menschen ohne mit der Wimper zu zucken umgebracht. Wo hebt sich Lane da groß ab? Job hat mit 4 Mitgliedern ein ganzes IMF-Team auf dem Gewissen (von denen er zwei persönlich umbringt). Ambrose lässt ein vollbesetztes Passagier-Flugzeug abstürzen, nur um seine Spuren zu verwischen. Lanes Verbrechen und die des Syndikats werden immer nur angedeutet. In Rogue Nation erklärt Ethan die Gefährlichkeit des Syndikats und auf Benjis Bildschirm sieht man ein paar Fotos; in Fallout führt Walker diesen "Ist es wahr, dass Lane..."-Aufzählungsmonolog. Hier begehen Drehbuch und Regie denselben Fehler, den man auch der Bondreihe häufig zurecht ankreidet: Show, don't tell. Statt sich nur von einer Action-Sequenz zur nächsten zu hangeln, hätte man ja mal on screen zeigen können, warum Lane, Lark, das Syndikat und die Apostel-Splittergruppe so bedrohlich sind. Das kommt mir nämlich etwas zu kurz, während man scheinbar ewig Zeit hat, Cruises zugegebenermaßen atemberaubenden Stunt-Einlagen zu folgen. Hier fehlt es - meiner Meinung nach - an dem notwendigen Augenmaß, was für das filmische Erzählen wichtig ist und was nicht.


    Und überlang? Come on, wen dem so wäre, würde ich auch einnicken, wie z.B. bei vielen MCU, DCEU und Transformers Sachen. Die 148 Minuten vergehen im Nu, ich hatte keine einzige Sekunde das Gefühl, da würde sich aber etwas in die Länge ziehen, ganz im Gegensatz zu Skyfall, Spectre und sogar Casino Royale!

    Das ist wohl auch Geschmackssache. Auffällig ist in jedem Fall, dass Fallout mehr als 20 Minuten länger dauert als alle anderen M:I-Streifen, die standardgemäß eine Laufzeit von circa 125 Minuten haben. Gefühlt gab es für mich schon Längen. Gerade mit den ganzen Interaktionen/Doppelspielen rund um die Weiße Witwe und ihren Clan. Vor allem in Paris habe ich mich mehrmals bei dem Gedanken ertappt: Eigentlich rast der eine nur hinter dem anderen her, dieser prügelt sich mit jenem, während jener ein doppeltes Spiel treibt und dieser Partei dazwischen funkt. Das ist zwar alles temporeich und interessant zum Anschauen, aber gefühlt kommt die Handlung hier nicht wirklich vom Fleck, weil es sich so auf einen atemlosen Action-Verfolgungsjagd-Overkill verengt. Aber vielleicht bin ich da auch überkritisch.


    Und da ist Cruise und sein Team innovativer, spielfreudiger, mit echten Emotionen dabei.

    Das würde ich auch nicht bestreiten wollen. Da wäre ich voll bei dir. Nur ein Fanatiker wie Cruise, der für die Sache "brennt", würde solche Stunt-Geschichten persönlich durchziehen. Von daher kann man ihm vieles nachsagen, aber niemals fehlendes Engagement für die Sache. Cruise und sein Team versuchen es jedes Mal noch besser hinzubekommen. Dieser Willen ist klar erkennbar, während man bei den Broccolis häufig eher so eine "Dienst nach Vorschrift"-Einstellung bemerken kann. Das hat Martin ja auch zurecht kritisiert.

    Ich finde Ferguson auch etwas überhypt, wobei das sicherlich auch stark von den persönlichen, geschmacklichen Präferenzen abhängt. Die Figur gewinnt sehr dadurch, dass sie ambivalent und undurchsichtig ist und letztlich auch etwas getriebenes hat. Wobei ich aber auch sagen muss, dass das in 'Fallout' nicht mehr so gut rüberkam.

    Volle Zustimmung, auch zu den anderen Damen. Mir ging es beim Vergleich wirklich nur um die reine Ausstrahlung und nicht um die Qualität des Spiels; da schneidet Newton natürlich schlechter ab. Ja, diese "Dieselbe Schmonzetten nochmal"-Nummer hat mich auch gestört. Da behauptet Fallout in Bezug auf Ilsa und Lane auch so einiges, was das Storytelling zuvor gar nicht hergegeben hat. Dass Ilsa auf einmal die zweitwichtigste Frau nach seiner Ex sein soll, fand ich wenig plausibel. Da war doch sogar die Affäre mit Nyah intensiver und glaubhafter on screen entwickelt. Das gilt auch für Lane, der auf einmal Hunts Nemesis und Alptraumgestalt sein soll, obwohl er seit zwei Jahren in Haft sitzt und verhältnismäßig einfach aus dem Spiel genommen wurde. Da hatte Hunt mit Ambrose, Davian und Cobalt mehr nervenaufreibenden Stress; vor allem im Schlussakkord. Da wäre es glaubhafter, wenn Hunt noch Schreckensvisionen von Davian hätte, wie der seine Frau bedroht und erschießt. Auch wenn es prinzipiell schön ist, dass man erzählerische Linien weiterführt und abschließt, funktioniert das für mich mit Ilsa (plötzlich große Liebe) und Lane (plötzlich Hunts "Joker") irgendwie nicht so gut, während die Involvierung von Julia voll und ganz geglückt ist.


    Die Actionszenen sind vielleicht zu lang und zu inkonsequent zusammengeschnitten. Ich muss da gestehen, dass ich mich an solchen Szenen nicht wirklich satt sehen kann und da vielleicht nicht kritisch genug bin.

    Das unterscheidet uns wohl, Martin. Ich genieße auch gerne knallige Action, sehe mich aber daran satt, wenn sie gefühlt zu lange dauert. Film ist nunmal keine Echtzeit, sondern raffendes, komprimiertes Erzählen. Ich finde Action reizvoller, wenn sie gut geschnitten ist. Letztendlich ist es toll, dass Cruise diesen Einsatz zeigt, aber er verdient deswegen nicht mehr Lob als jeder Stuntman, der dies tut. Es ist zwar bewundernswert, dass er als Star diese körperliche Beanspruchung und Gefahr auf sich nimmt, aber Film ist nun einmal Illusion und nicht 'echt'. Ein Schauspieler stellt etwas dar, er muss diese Dinge deswegen nicht zwingend selbst tun. Mich würde es nicht groß stören, wenn Cruises Job Stuntleute übernehmen würden, wenn es gut getrickst ist. Leider hat man in der Bondserie auch öfter mal gezeigt, wie man es nicht machen sollte, wie bei Moores offensichtlichen Doubles in den Paris-Szenen von A View To A Kill oder bei Craigs komisch auf den Stuntman-Körper 'transplantierten' Kopf in der Istanbul-Jagd aus Skyfall. Bei den Cruise-Sequenzen hat man den Eindruck, dass sie das alles so lang und breit zeigen, weil er es selbst performt hat. Und da setzt mein Kritik an: Ein Film ist ein konzeptionell und visuell gestaltetes, künstlerisches Produkt. Fallout wirkt durch die Länge der Action-Sequenzen aber überlang und irgendwie bisweilen etwas zäh und substanzlos, was das Finale in emotional packender Hinsicht wieder ganz gut auffängt. Hier hätte ich mir mehr Gestaltungswillen und Rhythmus-Gefühl von McQuarrie bei den Action-Momenten gewünscht. Letztlich geht es ja darum, diese gewinnbringend in das filmische Gesamtwerk einfließen zu lassen und nicht ein Best-of der waghalsigsten Tom Cruise-Stunts in Echtzeit nacheinander abzuspulen. Was in Ghost Protocol und Rogue Nation noch sehr gut funktioniert, wirkt in Fallout in der Häufung und Ausgiebigkeit auf fast schon dekadente Art renommistisch. Ich hoffe, dass sie bei den nächsten Filmen die Action-Highlights wieder etwas passgenauer im Hinblick auf Story-Relevanz und Timing einflechten. Die Vergleiche zu den Craig-Bondfilmen würde ich ähnlich ziehen.


    Die Innovation von Actionszenen ist dabei eine Sache, die mir für Mission: Impossible immer etwas strenger gestellt zu sein scheint als für andere Filme. Das Entern eines Hubschraubers im Flug gab es auch schon in Bondfilmen, aber eben auch schon vor Bond. Mich erinnert das Finale wesentlich mehr an Das fliegende Auge oder Cliffhanger als an entsprechende Bondfilme. Grundsätzlich würde ich behaupten, dass in den letzten zehn oder zwanzig Jahren sehr, sehr wenige Actionfilme prinzipiell neue Actionsequenzen kreiert haben.

    Ich finde Innovation auch nicht so wichtig, weil man im Action-Sektor auch nicht mehr so viel 'Neues' liefern kann. Mich stört das nicht so sehr, mir ging es eher um die filmische Handhabung der Action (siehe oben). Durch den Marathon schätze ich die M:I-Filme auch noch sehr viel mehr und hatte beim Konsum sogar spontan ein paar Ideen für einen eigenen M:I-Film... :)

    Happy Birthday, Sir Sean! :luck:
    Neunzig Jahre - das ist wirklich ein stolzes Alter. Und unser Ur-Bond ist ja mittlerweile seit 17 Jahren im wohlverdienten Ruhestand. Golf, Bahamas, Zeit mit der Familie. Ich hoffe, es sind ihm noch einige schöne Jahre vergönnt! Craigs Bond kommt in seinem letzten Einsatz ja auch aus dem Ruhestand. Vielleicht ruft "Edward Fox" ja auch nochmal an... "Das hat mich aufrecht erhalten, Sir." :D

    Sehr gerne. :) Interessante Punkte. Ein paar Einwände hatte ich ja schon erwartet. :D


    1) Selbst bei Brad Bird erkenne ich jetzt keine eigene Handschrift, sorry.

    Deswegen habe ich ihn ja auch dazwischen eingeordnet. Er hat keinen dominanten Stil, aber seine Inszenierung ist filmischer, visueller als die von Abrams oder McQuarrie.


    2) dass Rogue Nation visuell nicht so überzeugen kann, nun, ich weiß nicht.

    Das habe ich nicht gesagt. Visuell überzeugt der Film schon, mehr als z. B. Mission: Impossible III. Im Vergleich zu dem Vorgänger wirkt er aber schon etwas unaufgeregter. Es fehlen die großen, ikonischen Bilder. Da war Ghost Protocol stärker.


    3) warum hier oftmals ein Weltbedrohungsszenario als Spannungsaspekt genannt wird? Weiß ich auch nicht. [...] Und auch bei Bond ist das direkte Weltbedrohungsszenario äußerst selten.

    Das bezieht sich auf die häufiger hier im Forum geäußerte Meinung, dass es bei M:I bessere und eindringlichere Bedrohungsszenarien als bei Bond geben würde. Daher lag es nahe, diesen Aspekt näher zu beleuchten.


    4) das Finale von Rogue Nation zeigt doch genau, wieso das Finale von Spectre einfach nur schwach ist. Keine 08/15 Musik, es wird darauf verzichtet und alleine der Plan, exakt, hier hat man einen Plan, sticht deutlich positiv hervor. Der Schurke wird nicht einfach billig und zufällig gestellt. Gerade die Gegenüberstellung im Glaskasten, ist im Hinblick mit der Eröffnungssequenz einfach nur gelungen.

    Die Musik und der Glaskasten sind sehr gut. Mich stört der allgemeine Ablauf, wie es dazu kommt. Das geht zu glatt und schnell. Lane gibt Benji gezwungenermaßen den Code, Ethan und Ilsa ballern in einer Minute das ganze Syndikat weg und der Knochendoktor macht es auch keine Minute. Und da kommt schon der Glasbox-Moment. Da hätte man story- und spannungstechnisch mehr herauskitzeln können.


    5) Sean Harris ist für mich auch deutlich der beste Schurke der gesamten Reihe. Lediglich Seymour Hoffman kann ihm das streitig machen. Es reicht auch hier schon die Eröffnungssequenz von Rogue Nation um dies klarzumachen. Der Tod der armen, jungen und wohl unschuldigen IMF Mitarbeiterin, Ethan Hunt kann nur tatenlos zuschauen. Das ist schon mal ein Statement und da bedarf es noch nicht mal eine Bedrohung durch Atombomben. Durch die Gegenüberstellung IMF gegen Das Syndikat, gewinnt der Film auch. Endlich mal eine größere und wesentlich bedrohlichere (als das SPECTRE im gleichnamigen Film) Organisation mit der es Hunt nun zu tun hat.

    Aber was sieht man denn von dem Syndikat groß? Finster drein blickende Statisten, die umgelegt werden, wie in jedem anderen M:I-Film auch? Lane ist in dieser einen Szene gut. Danach wird er immer weniger bedrohlich. Dass er Ilsa - trotz ständiger Gegenbeweise - nicht fallenlässt, ist schon sehr schwach und an den Haaren herbeigezogen. Und in London ist von der Villain-Aura dann nicht mehr viel übrig, wenn Harris grummelig und mit nervös-linkischer Mimik im Rollkragenpulli wie ein IT-Entwickler vor seinem Laptop hockt, wo er doch der große Mann am Drücker sein sollte. In einer anderen Kritik an Harris hieß es mal ironisch, dass kein Filmschurke jemals das Wort "please" verwenden sollte. ;) Woanders hieß es mal, in Fallout wirke er wie ein "Tom Hardy für Arme". Das spricht nicht unbedingt dafür, dass die Zuschauer Harris als bedrohlichen Gegenspieler wahrnehmen... Vielleicht hätte ein anderer Schauspieler aus der Rolle mehr herausholen können? Auf der anderen Seite ist die Darstellung der Schurken in der M:I-Reihe allgemein ausbaufähig.


    6) Rebecca Fergusons Ilsa Faust empfinde ich, wohl auch viele andere, als die beste weibliche Actionheroine seit Ellen Ripley und Sarah Connor.

    Das bezieht sich auch nicht auf die Rolle, die zumindest in Rogue Nation gut geschrieben ist. Ferguson hat im Vergleich mit den genannten Damen einfach weniger Charisma. Das ist natürlich Geschmackssache. Für mich hat sie dieses typische Model-Face und eine dazu passende langweilige Ausstrahlung. So eine Art Veronica Ferres/Superweib-Look, der mir weniger liegt. ^^


    7) und doch, die Actionszenen in Fallout stehen deutlich über die Qualität der Actionszenen der vergangenen vier Bondfilme, aber auch über die anderer Konsorten. Warum? Nun, es ist natürlich von Vorteil, dass Cruise seine Stunts selber macht. Deshalb haben wir hier eine dynamische Aufbereitung der Action. Immer übersichtlich, ohne hektische Schnitte und ohne CGI Einsatz. Das bietet keine andere Actionreihe auch nur ansatzweise. [...] Aber die halsbrecherischen Stunts eines Tom Cruise, egal ob das Klettern auf Berge und Hochhäuser, das Klettern an Helikoptern und Flugzeugen oder ein HALO-Jump ohne CGI, bleiben die Stärken der M:I Reihe.

    Das mit den vier Bondfilmen habe ich auf die Qualität der Gesamtfilme bezogen. Über die Action könnte man streiten, ob die jene von vier ganzen Filmen aufwiegt (das waren ja auch echte Stuntleute, nur keine Promis). Ja, es sind tolle echte Stunts. Was mich stört, ist, dass das so ausufert. McQuarrie lässt die Kamera einfach mitlaufen, weil alles so 'aufregend' ist. Das ist aber nicht filmisch gestaltend. Das wirkt manchmal fast, als hätten sie alle Rohaufnahmen hintereinander gesetzt und gar nicht richtig geschnitten. Vor allem bei der Helikopterjagd ist das augenfällig. Meine Meinung ist: Würde man die Action in Fallout "bis auf die Knochen" schneiden, hätte man einen noch besseren Film.

    Aktuelle Rangliste


    Obwohl ich die Filme eigentlich alle recht nah beieinander sehe - was für den guten Standard der Reihe spricht - aber das Ranking schwer macht, würde dieses wohl wie folgt aussehen:


    01. Mission: Impossible
    02. Mission: Impossible - Rogue Nation
    03. Mission: Impossible - Ghost Protocol
    04. Mission: Impossible - Fallout
    05. Mission: Impossible III
    06. Mission: Impossible II


    This post will self-destruct in ten seconds. Good luck, Ethan! 8)

    Mission: Impossible – Fallout


    Der sechste M:I-Kinofilm wurde bei seinem Erscheinen 2018 als ein Action-Werk gefeiert, das neue Maßstäbe setze und laut manchen Kritikern besser wäre, als die letzten vier Bondfilme zusammen. Man braucht kein Hardcore-Fan des genannten Franchise zu sein, um festzustellen, dass hier in der Einschätzung maßlos übertrieben wurde. Denn das Rad erfindet Fallout wahrlich nicht neu; weder im Blockbuster-Sektor, noch innerhalb der M:I-Serie. Im Gegenteil: Der Streifen wirkt über weite Strecken wie eine Vermischung der Storylines der vorangegangen Teile Ghost Protocol und Rogue Nation. Wieder ein Atombomben-Plot von Anarchisten, wieder das Syndikat, Lane und Ilsa in einer undurchsichtigen Provokateur-Rolle, wieder ein CIA-Chef, der das IMF ausstechen will, wieder Motorrad-Verfolgungsjagden mit Faust und Hunt. Sicherlich fügt sich das Ganze meist stimmig zusammen, aber innovativ ist es nicht und man hat als Zuschauer mit zunehmenden Filmverlauf immer mehr Déjà-vu-Momente. Man kann nur hoffen, dass sich diese Wiederholungs- und Recycling-Tendenzen – garniert mit immer waghalsigeren Stunts – nicht in Mission: Impossible 7 und 8 so fortsetzen, wenn Drehbuch und Regie wieder in den Händen von Christopher McQuarrie liegen. Ansonsten ist Fallout aber rundherum temporeich und gewissenhaft inszeniert.


    Die genannten erzählerischen Linien und Anlehnungen machen es auch schwer, das Script von Christopher McQuarrie adäquat zu bewerten. Insgesamt hätte ich mir hier mehr Varianz und trickreiche Wendungen versprochen. Gerade als Kenner der Serie riecht man die Twists teilweise doch schon von weitem. Der Plan der Schurken und ihr stoischer Fanatismus erinnern sehr an das Vorgehen von Cobalt in Ghost Protocol. Ich muss gestehen, dass ich gerade Solomon Lane und Ilsa Faust nicht noch einmal gebraucht hätte. Beide Figuren finde ich persönlich recht ausdruckslos und ihre Rollen auserzählt. Gerade Lane wirkt in seiner abgerissenen Folterkluft doch eher bemitleidenswert und eigentlich hätte das Geheimnis um John Lark und die Apostel doch vollkommen ausgereicht und sie hätten eben Lanes Willen ausgeführt. Auf diese Weise hat der eigentliche Hauptgegner doch recht wenig Profil, weil man das Mysterium um Lark nicht weiter aufgebaut hat. Außerdem finde ich es ein wenig schade, dass man ständig Screentime auf Nebenschauplätzen verschwendet. Hunts Lane-Visionen und seine Zukunftsblicke nehmen langsam etwas überhand. Auch die reine Action, auch wenn sie teils großartig choreografiert ist, nimmt spürbar zu viel Raum ein. Fallout dauert mit seinen 147 Minuten unverhältnismäßig lange und wirkt in der Nachbetrachtung durch gefühlt 100 Minuten reine Verfolgungsjagden schon etwas hohl. Gerade in Paris reiht sich einfach nur noch eine Action-Sequenz an die andere, ohne dass die Story dabei wirklich vom Fleck kommt. Dennoch wieder ein solides bis gutes Drehbuch.


    Ich weiß, dass viele den Stunt-Einsatz von Tom Cruise feiern, aber bei einem Film zählen eben auch noch andere Qualitäten. In Sachen Rhythmus, Balance und Tempo hängt der sechste Streifen dann leider doch öfter mal durch. Die vielen real gefilmten Aktionen sind mitreißend, aber McQuarrie fängt das für meine Begriffe auch nicht immer so packend (v.a. vom Schnitt her) ein, wie es die gefährlichen Einsätze von Cruise und Co. verdient hätten. Die finale Helikopterjagd hat bei aller Klasse durch die verschneiten Kaschmir-Berge, die komisch blinkenden Cockpit-Konsolen, Larks unnatürliches Mündungsfeuer und die comicartigen Mehrfach-Überschläge auch einen gewissen Videospiel-Charakter. Lorne Balfes Score finde ich etwas eindimesionaler als den von Joe Kraemer. Zwar werden die Szenen passend untermalt, aber erinnerungswürdige Tracks sind nicht wirklich vorhanden. Frankreich, England, Norwegen und Neuseeland sind passende und kamerafüllende Schauplätze. Zu den Highlights zählen Hunts Flucht mit Lane im Wagen, die Suche nach den Bomben in Kaschmir und die Jagd durchs Gebirge. Die Besetzung ist gewohnt gut. Viele Neuzugänge sind ja auch nicht zu verzeichnen. Tom Cruise's Ethan Hunt wirkt weiser, reifer und findet auch in ausweglosen Situationen noch Lösungen. Vermutlich ist es die bislang beste Performance von Cruise in der Rolle. Ansonsten sind noch Ving Rhames und Simon Pegg erwähnenswert, die die zwei treuesten (Team-)Freunde von Hunt geworden sind. Alles in allem ist Fallout ein guter und größtenteils gelungener Serieneintrag.

    Mission: Impossible – Rogue Nation


    Mit Rogue Nation wird das Konzept des storytechnischen Aufeinanderaufbauens der M:I-Filme nahtlos fortgesetzt. Nach den Ereignissen von Ghost Protocol steht das ohnehin bereits verleugnete IMF endgültig vor dem Aus und wird auf Druck der CIA aufgelöst. Ausgerechnet jetzt, wo sich eine nie dagewesene Bedrohung aus der Deckung wagt: Das Syndikat, eine Gruppierung von Ex-Agenten und Söldnern, das international Anschläge verübt und die Welt in Anarchie stürzen will. Auf dem Regiestuhl nimmt Christopher McQuarrie (The Usual Suspects, Jack Reacher) Platz. Er sollte die Geschicke des Franchise für die nächsten mindestens vier Streifen lenken, wodurch der turnusmäßige Wechsel auf dieser Position durchbrochen wurde. McQuarrie ist ein typischer Vertreter jener Kategorie Filmemacher, die erst erfolgreiche Drehbuchautoren waren und dann erst später ins Regiefach wechselten. Sie interessieren sich naturgemäß mehr für die Story des Films als für die visuelle Gestaltung oder die Schauspielerführung. Von daher fällt auch bei McQuarrie sofort ins Auge, dass er nicht den filmischen Gestus eines Brad Bird oder eines Brian De Palma besitzt. Seine Inszenierung gibt sich - ähnlich wie die von J. J. Abrams - eher funktionaler und spart kraftvoll-kreative Einstellungen oder ikonische Bilder weitgehend aus. In der Folge wirkt Rogue Nation auch spürbar nüchterner als Ghost Protocol.


    Diesen Mangel an optischer Perfektion kompensiert der neue Mann durch eine temporeiche und schnörkellos-flüssige Inszenierung. Ebenso wie den Regieposten dominiert Christopher McQuarrie seit diesem Serieneintrag - seiner Ur-Profession geschuldet - auch den Drehbuchbereich. Das Script von McQuarrie und Drew Pearce zu Rogue Nation besticht durch eine bodenständigere Handlung, durch viel Detailliebe, einige clevere Wendungen und durch die sichtbar verbesserten Dialoge. Und doch gibt es auch ein paar unübersehbare Schwachpunkte. Zum einen fehlt es an einem echten Bedrohungsszenario. Am Ende geht es den Schurken nur um ein paar Milliarden auf dubiosen, verschleierten Geheimdienstkonten. Zudem fällt das Finale leider gegenüber den vorherigen Aktionen stark ab und wirkt fast wie eine Art Anti-Klimax. Es mag zwar spannungstechnisch ganz nett sein, einem Team-Mitglied mit dem Bomben-Tod zu drohen, aber der komplette Showdown in London läuft dann doch eine Spur zu glatt und ereignislos ab. Als größte Schwäche erweisen sich indes abermals die Antagonisten. Das Syndikat soll alles bisher dagewesene in den Schatten stellen, agiert dann aber nicht einmal annährend auf dem Niveau der bisherigen M:I-Gegenspieler. Auch die Spitzenleute um Solomon Lane und den Knochendoktor gehören im Gesamtbild zu den am wenigsten erinnerungswürdigen Villains des Franchise.


    Der Soundtrack von Joe Kraemer ist durchaus gelungen und kann vor allem bei den dramatischen Höhepunkten seine Wirkung entfalten. Die Titelsequenzen fallen ab jetzt – siehe auch Fallout – ausgiebiger, aber auch routinierter aus. In Malaysia, Österreich, Marokko und Großbritannien hat man abwechslungsreiche und eingängige Drehorte aufgetan. Zu den besten Momenten zählen die Vortitelsequenz, das ungewöhnliche Music Store-Briefing, der Einbruch in das Wasserkraftwerk mit der sich anschließenden Motorradjagd und der "Meet the IMF."-Augenblick, der eine gelungene Replik auf eine ähnliche Szene im ersten Teil darstellt. Das Ensemble wurde abermals sehr gut ausgewählt. Deutlich entspannter und lässiger gibt sich Tom Cruise, obwohl er als Ethan Hunt innerhalb der Handlung mehrmals geschlagen und ermattet zurückbleibt. IMF-Recken wie Ving Rhames und Jeremy Renner haben nicht ganz so eindrucksvolle Auftritte wie in vorherigen Einsätzen. Rebecca Ferguson verkörpert eine nicht uninteressante Figur, allerdings habe ich den Hype um sie nie so ganz nachvollziehen können. Von der Ausstrahlung her reicht sie für meine Begriffe nicht an Emmanuelle Béart, Thandie Newton oder Paula Patton heran. Merkwürdig blass bleibt Sean Harris, der – obwohl sein Part gar nicht schlecht geschrieben ist – eindimensional und mit eingeschränkter Mimik agiert. Trotz der genannten, leichten Defizite darf man Rogue Nation zu den besten M:I-Beiträgen zählen.

    Mission: Impossible – Ghost Protocol


    Waren die ersten drei Beiträge des Franchise mehr oder weniger Stand alone-Streifen, so ist der vierte Film derjenige, der die Phase der serielleren, inhaltlich wie personell kontinuierlicheren und stuntdominierteren M:I-Serieneinträge einleitet. Mit Brad Bird (The Incredibles, Ratatouille) gibt ein Spezialist für Animationswerke sein Realfilm-Debüt. Tatsächlich wirkt Ghost Protocol so, als habe der Regisseur nie etwas anderes gemacht. Augenfällig ist natürlich eine stärkere Spezialeffekt-Fokussierung und der deutlich herausgekehrte Over-The-Top-Ansatz. Den von vielen Fans immer wieder beschworenen Eindruck, es handele sich um den leichtesten und lustigsten Teil, kann ich eher nicht bestätigen. Sicherlich gibt es ein paar Schmankerl und Gags wie den russischen Kompagnon, aber das hält sich doch sehr im Rahmen, wenn man an die teils drastischen Tötungen der Good- und Bad-Guys (und Girls) und das Bombenattentat zu Beginn denkt. Eine besonders reizvolle Idee ist es sicherlich, dass das Team völlig auf sich allein gestellt ist und weitgehend ohne seine üblichen Hilfsmittel auskommen muss. Diese aus der Not geborene Improvisation hat einen erfrischenden, belebenden Effekt. Brad Birds Regie ist temporeich, kraftvoller und visueller als die Inszenierung seines Vorgängers, setzt jedoch auch bei weitem keine solch markanten Akzente wie die von Brian De Palma oder John Woo.


    Ab jetzt stehen – wie zuvor erwähnt – der M:I-Kult und die immer atemberaubenderen One-Man-Show-Stunts von Tom Cruise im Vordergrund. In Ghost Protocol erweist sich die M:I-Formel auch weitaus dynamischer und variabler als noch in Mission: Impossible III. Auch in den Feinheiten und liebevollen Details ist der vierte Teil sorgsamer konzipiert als sein Vorgänger. Das Script von Josh Appelbaum und André Nemec setzt gute, neue Schwerpunkte. Als besonders gelungen erweisen sich die politische Ausrangierung des IMF-Apparats und die Bedrohung durch einen hochintelligenten Wahnsinnigen, der ein postatomares Zeitalter einleiten will. Es gibt wieder einen gnadenlosen Wettlauf gegen die Zeit und Ethan muss abermals über sich hinauswachsen, um zu überleben und seine Unschuld zu beweisen. Auch die neuen Figuren Jane Carter und William Brandt fügen sich passend ein und haben ihre eigenen kleinen Konflikte gewährt bekommen. Überhaupt ist in diesem Streifen das Teamwork eines der besten der ganzen Serie. Noch spärlicher als in Mission: Impossible III ist dagegen bedauerlicherweise die Darstellung der Antagonisten ausgefallen, die allesamt recht konturlos sind und am Ende reine Funktionsrollen bleiben. Da mangelt es der Story etwas an Raffinesse und auch die ganz großen Wendungen bleiben mehr oder minder aus. Summa summarum eine ordentliche bis gute Drehvorlage.


    Michael Giacchinos Score empfinde ich im Gesamtbild als eingängiger und packender als seine Musik zum dritten Film. Das Titeldesign von Onur Senturk ist eines der besten der ganzen Serie. Ghost Protocol ist der Globetrotter unter den M:I-Streifen. Budapest, Moskau, Prag, Dubai, Mumbai, Kanada und die USA sind ebenso abwechslungsreiche wie glamourös abgelichtete Locations. Besondere Höhepunkte bieten der Einbruch in den Kreml, die Kletterpartie am Burj Khalifa und die spannungsgeladene Verfolgungsjagd durch den Sandsturm. Auch die Besetzung darf als gelungen und treffsicher bezeichnet werden. Als Ethan Hunt agiert Tom Cruise wieder abgeklärter und erfahrener und ist nicht mehr so massiv durch eine persönliche Agenda getrieben wie in Mission: Impossible III. Zu den stärksten Akteuren gehören Paula Patton und Jeremy Renner, die jeweils ihre Parts glaubhaft und engagiert verkörpern. In den Nebenrollen können sich Tom Wilkinson und der leider bereits verstorbene Mikael Nyqvist profilieren. Auch wenn der Schwede nur so wenig Screentime hat, wirkt er dann, wenn er auftritt, unnahbar und gefährlich, weil er mit der einzige Gegenspieler ist, dem es nicht um Geld geht, sondern der die Welt an den Abgrund treibt. Ingesamt zählt Ghost Protocol zu den gelungeneren Beiträgen aus der Riege der bisherigen M:I-Kinofilme.

    Mission: Impossible III


    Auch dem dritten M:I-Film merkt man sein Entstehungsjahr stark an. 2006 hatten sich die Direktiven im Bereich des Action-Kinos wieder merklich verschoben. Es wurde realistischer, ernster, dreckiger, härter. Das zeigt schon die Vortitelsequenz, die einen Schlüsselpunkt der Handlung vorwegnimmt. Ähnlich wie beim anderen Traditions-Franchise James Bond spürt man, wie stark die stilistische Prägung durch die Jason Bourne-Filme und vor allem die Echtzeitserie 24 seinerzeit war. Die Vereinbarkeit von Agentenberuf und Privatleben, eine fehlgeschlagene Rettungsmission in Berlin mit niederschmetterndem Ausgang, das physische wie psychische Saw-artige Folterspiel für Hunt am Gunpoint, die Gewaltanwendung gegen einen Verdächtigen im Flugzeug, die Befreiungsaktion auf der Brücke, das Anrennen gegen einen gnadenlosen Countdown. Auch der Umstand, dass Ethan Hunt als Ausbilder und alter Hase in den aktiven Dienst zurückkehrt, erscheint als eine klare Abgrenzung zu den ersten beiden Filmen. Lange liegen sie zurück, die Fehden gegen Job und Ambrose. J. J. Abrams (Alias, Lost) war damals ein kultiger Serien-Schöpfer und ist heute ein gefeierter Spezialist für jede Art von Action- oder Science-Fiction-Blockbuster. Er ist auch der erste M:I-Regisseur der gestalterisch hinter dem Streifen "verschwindet". Abrams' Inszenierung ist so konventionell und zurückhaltend, dass sich eigentlich auch prinzipiell jeder 08/15-Action-Regisseur für das Werk verantwortlich zeichnen könnte.


    Mit Mission: Impossible III sind die Zeiten von De Palma-Thrill und Woo-Stil endgültig vorbei. Die Filmemacher treten endgültig hinter die Marke M:I und die Starpower von Tom Cruise zurück. Das muss per se nichts Schlechtes sein, aber im Vergleich zu den anderen Kollegen auf dem Regiestuhl bleibt J. J. Abrams' kinetischer Einstand als Regisseur doch vergleichsweise blass. Für meine Begriffe ist er sogar der stilistisch wie visuell am wenigsten prägende aller Franchise-Spielleiter. Man würde sich hier und da etwas mehr optischen Gestaltungswillen wünschen, aber Abrams vollbringt immerhin eine solide Leistung. Ansonten liefert das Werk durchweg auf allen Ebenen ordentliche Qualität, ohne dabei zu glänzen. Die klassischen M:I-Ingredienzien werden neu angerührt, aber nicht geschüttelt. Über das Drehbuch von J. J. Abrams, Alex Kurtzman und Roberto Orci kann man geteilter Meinung sein. Auf der einen Seite investiert die Story mehr Charakterentwicklung in Hunts Verhältnis zu den Frauen Julia und Lindsey, auf der anderen Seite bleibt die reine Handlung meist durschnittlich und wenig aufregend. Es mag zwar prinzipiell ein netter Clou sein, dass niemand so genau weiß, was die "Hasenpfote" nun eigentlich ist; aber dadurch hat man als Zuschauer auch nicht das Gefühl, dass es schlimm wäre, würde das IMF sie verlieren. Auch aus den neuen Team-Mitgliedern und dem Schurken hätte man durchaus mehr herauskitzeln können als die meist doch recht oberflächlichen Abläufe. Insgesamt jedoch ein solides Script.


    Der Soundtrack von Michael Giacchino ist durchaus passend, bietet jedoch wenig erinnerungswürdiges. Gleiches gilt für die Titelsequenz, die sicherlich die langweiligste und ambitionsloseste der Serie sein dürfte. Die USA, China, Deutschland und Italien sind atmosphärische Schauplätze, wobei die Berlin-Szenen allerdings auf überall sonst spielen könnten. Highlights sind die Vatikan-Sequenzen und die Jagden durch das urbane und periphere Shanghai. Das Schauspielerensemble ist ausgewogener als das des Vorgängers, aber auch nicht so eindrucksvoll wie das des ersten Teils. Tom Cruise steht buchstäblich ständig unter Strom und hetzt ehrgeizig durch die Gegend. Ich teile die Kritik, dass er in diesem Film mehr Cruise ist als Hunt. Irgendwie ist Ethan als Figur in Mission: Impossible III am wenigsten greifbar, was vielleicht auch an den zeitgleichen Real-Life-Parallelen liegt. Das Team ist leider auch noch nicht so sonderlich plastisch gezeichnet, sondern besteht weitgehend aus austauschbaren Gesichtern. Lediglich Ving Rhames ist launig und charismatisch wie immer. Auch die IMF-Chefetage gibt sich trotz Charakterköpfen wie Laurence Fishburne und Billy Crudup merkwürdig fahl. Richtig erinnerungswürdig agieren fast nur Keri Russell und der großartige, bedauerlicherweise viel zu früh verstorbene Philip Seymour Hoffman. Er war wohl einer der wichtigsten amerikanischen Darsteller seiner Generation. Leider hat der Charaktermime nicht annähernd so viel Screentime wie Dougray Scott, aber er macht kurioserweise mehr daraus. Hoffmans Davian genügen ein paar Szenen, um ihm mühelos den Spitzenplatz unter den M:I-Fieslingen zu sichern. Der dritte Streifen führt die Reihe würdig fort, ohne dabei großartig neue Akzente zu setzen oder zu brillieren.

    Mission: Impossible II


    Das Konzept von M:I hängt auch immer - mal mehr mal weniger stark - am aktuellen Zeitgeist des Blockbuster-Kinos bzw. des Action-Sektors. Bereits Mission: Impossible enstand im Dunstkreis der Jack Ryan-Filme von Phillip Noyce und dem James Bond-Neustart GoldenEye, dessen frühe Entwürfe aus der Feder von Michael France viele Gemeinsamkeiten mit dem Franchise-Erstling aufweisen. In Mission: Impossible II ist nun der Siegeszug von The Matrix bereits spürbar: Ausgiebige Martial Arts-Konfrontationen, obercoole tiefschwarze Lederkluft- und Sonnenbrillen-Optik und ermüdend eingesetzte Zeitlupen-Sequenzen. Wie der erste Film der Reihe wurde auch das Sequel stärker als die folgenden Streifen durch den Mann auf dem Regiestuhl geprägt. Kein geringerer als John Woo (Lashou shentan, Face/Off) gibt sich die Ehre. Im Allgemeinen können selbst eingefleischte M:I-Jünger diesem Beitrag wenig abgewinnen, während er in der breiten Wahrnehmung viel Häme hinnehmen muss(te). Auf der einen Seite kann ich diese Einstellung verstehen, auf der anderen Seite bewerte ich den Streifen mittlerweile deutlich milder. Im Kontext des Marathons empfand ich das Werk als gar nicht so schlecht und als veritables Bindeglied zwischen den Teilen I und III. Sicher gibt es unbestreitbare Schwächen und Woos Vorliebe für exzessive Zeitlupen-Folgen und Tauben-Einstellungen wurde schon ausgiebig kritisch hervorgehoben, aber im Ganzen macht der Film mit seiner dick aufgetragenen Saucool-Mentalität aber auch Spaß. Es ist eigentlich eine logisch Steigerung der etwas überheblichen IMF-Agenten-Gewitztheit.


    Man muss natürlich diese Art der Regieführung akzeptieren und mögen. Allein die Briefingszene in Utah ist an stylischem Gestus kaum mehr zu überbieten. Auch sonst sieht man unheilvoll-bedrückende Laborexperimente, pathetische Götterdämmerungsmonologe, ahnungslos spielende Kindergruppen, apokalyptische Nächte in Sevilla, schwül-faulige Sommerimpressionen in Sydney und plakativ zelebrierte amouröse Flamenco-Affären. Die Action-Szenen sind natürlich ein wenig arg übertrieben und comicartig geraten, aber auch das passt stimmig zum Gesamtpaket des Hongkong-Filmemachers John Woo. Die größte Stärke des Scripts von Robert Towne nach einer Story von Ronald D. Moore und Brannon Braga ist sicherlich der Killervirus, der gerade durch die offensiv sinnliche Inszenierung Woos eine überirdisch-unangenehme Dramatik erhält. Das ist einer der maßgeblichen Pluspunkte von Mission: Impossible II; er besitzt eines der besten Bedrohungsszenarios des Franchise. Ansonsten bietet das Drehbuch aber leider auf breiter Front Angriffsfläche. Es ist sehr banal und wie die Figuren größtenteils flach geraten, was angesichts der Ausgangsposition – die bewusst oder unbewusst an Alfred Hitchcocks Notorious angelehnt ist – als enorm bedauerlich zu bezeichnen ist. Eventuell erklären sich die vielen Brüche, Logiklücken und sprunghaften Szenen dadurch, dass der Regisseur auf Wunsch des Studios den Film von angeblich 195 auf 123 Minuten herunterkürzen musste. Ob die fehlende Stunde diese Defizite aufgefedert hätte, ist schwer zu sagen. Letzlich zählt ohnehin nur das fertige Werk.


    Die Musik von Hans Zimmer ist nicht so eingängig geraten wie der Score von Danny Elfman, aber die Titelsequenz mit dem düster-flammenden Todesfluch archaischer Götterwelten wurde passgenau kreiert. Mit Australien, den USA und Spanien hat man flirrend-mediterrane Locations aufgetan, die im - für die Jahrtausendwende so typischen - Sommerblockbuster-Look ansprechend eingefangen wurden. Völlig von der Rolle ist Tom Cruise, aber im positiven Sinne. Irgendwie ist er der richtige Mann für diese oberflächliche Werbeclip-Coolness und diese spezielle Art von Stunt-Schwachsinn. Und trotz aller Beliebigkeit der Story hat Ethan Hunt hier durch Nyah einen echten Konflikt innerhalb der Handlung. Thandie Newtons Rolle ist leider recht schwachbrüstig geschrieben, aber das fängt die Aktrice durch ihr Charisma ganz gut auf. Anthony Hopkins und Ving Rhames agieren kompetent wie immer, während John Polson wohl das blasseste IMF-Team-Mitglied der ganzen Reihe sein dürfte. In Nebenrollen können Brendan Gleeson und Rade Serbedzija ihr Talent leider nur in Nuancen zeigen. Besonders enttäuschend sind die Schurken, obwohl sie mit so fähigen Schauspielern wie Dougray Scott und Richard Roxburgh eigentlich perfekt besetzt sind. Besonders Scott bleibt sehr farblos, obwohl Ambrose auf dem Papier sicherlich der am besten gezeichnete und in die Story involvierte M:I-Antagonist der ganzen Serie ist. Insgesamt ist John Woos zweiter Teil sicherlich nicht der gelungenste Beitrag zur Reihe, aber dennoch bei weitem besser und unterhaltsamer als sein Ruf.

    Mission: Impossible


    Unter den bisherigen sechs Beiträgen der Reihe ist der erste Teil sicherlich derjenige, den man am ehesten als einen klassischen Agententhriller bezeichnen kann, da in den folgenden Filmen immer stärker große Action-Sequenzen und spektakuläre Stunt-Highlights in den Mittelpunkt rücken, während Spannungszenen und Plot-Twists eher in den Hintergrund treten. Mission: Impossible gerät unter der stilsicheren Regie von Brian De Palma (Scarface, The Untouchables) zu einem wendungsreichen und teils paranoiden Reißer in der Welt der modernen Spionage. Mehr als in jedem anderen Serieneintrag ist Ethan Hunt hier ein Gejagter verschiedener Seiten und Spielball in einer großen Scharade. Anders als in den Sequels ist er wirklich ganz auf sich gestellt und hat kein narrensicheres Team an seiner Seite. Was wird wirklich gespielt? Wem kann Hunt überhaupt trauen? Und vor allem: Wie überlebt er im Dunstkreis von CIA-Häschern, Auftragskillern, Waffenhändlern und Söldnern den nächsten Tag? Hier zeigen Drehbuch und Inszenierung effektvoll einen jungen Agenten im Ausnahmezustand. Am Anfang verwirrt, rachsüchtig, emotional und psychotisch, gelingt es Ethan dank seiner Ausbildung und seiner Erfahrung Schritt für Schritt das Netz aus Intrigen und Täuschung zu durchschauen und langsam, aber sicher, selbst als handelnder Akteur auf dem Parkett der alten Hasen aufzutrumpfen. Die abwechslungsreiche Story haben De Palma und sein Kameramann Stephen H. Burum visuell ansprechend und temporeich umgesetzt.


    Will man einen Schwachpunkt von Mission: Impossible ausmachen, so wäre es wohl am ehesten das Script von David Koepp und Robert Towne, das auf einer Story von David Koepp und Steven Zaillian basiert. Der Film ist mit seinen 110 Minuten Laufzeit der kürzeste aller M:I-Streifen und das macht sich schon ein wenig bemerkbar. Außer Ethan Hunt haben fast alle anderen Figuren von der Charakterzeichnung her recht wenig Fleisch auf den Rippen. Gerade am Anfang der Geschichte hätte es spürbar gut getan, das Team etwas ausgiebiger vorzustellen und arbeiten zu sehen; umso mehr hätte die folgende dramatische Zuspitzung der Ereignisse an emotionalem Impact gewonnen. Zudem verhalten sich die Charaktere nicht immer logisch und manche Handlungsübergänge erscheinen nur bedingt plausibel. Ferner hätte man die Auflösung des Rätsels etwas hinauszögern können, denn durch die vorzeitige Enthüllung verliert das Finale etwas an packender Zugkraft. Kompromittierende Agentenlisten sind immer wieder ein gern verwendeter Kniff, um eine Nachrichtendienst-Story ans Laufen zu bringen. Als Bedrohungsszenario – siehe auch Skyfall – finde ich sie eher weniger geeignet, weil es den Otto Normalverbraucher - anders als die Spione – reichlich wenig tangiert, wenn irgendwelche Undercover-Leute enttarnt werden. In Mission: Impossible funktioniert die NOC-Liste allerdings ziemlich gut, weil es ja im wesentlichen nicht um die gefährdeten Agenten, sondern um Hunts Reputation und Überleben geht. Dennoch insgesamt eine gute und weitgehend schlüssige Drehvorlage der Autoren. Es ist schon Kritik auf recht hohem Niveau.


    Große Pluspunkte sind die Musik von Danny Elfman und die Drehorte wie Prag, London und die USA. Besonders gelungen sind hier die Mission in der Prager Botschaft, das Treffen von Hunt und Kittridge im Akvarium-Restaurant, der Einbruch in das CIA-Hauptquartier in Langley und die packende Konfrontation im Eurotunnel. Kyle Coopers Titelsequenz ist nach fast 25 Jahren noch immer enorm dynamisch arrangiert und graphisch beeindruckend anzuschauen. Es ist immer noch einer der besten, wenn nicht der beste Titel des Franchise. Das Darsteller-Ensemble kann man durch die Bank nur loben. Tom Cruise als ebenso forscher wie professioneller Frischling ist hier noch nicht so ganz der abgeklärte IMF-Agent wie in den späteren Teilen, sondern zeigt auch noch überzeugend andere Seiten seiner Hauptfigur. Als etablierte Geheimdienst-Oldies können Jon Voight und Henry Czerny überzeugen. Charismatische Momente haben zudem Emmanuelle Béart, Jean Reno und Ving Rhames. Letzterer sollte sich im Laufe der Reihe zum besten Freund Ethan Hunts entwickeln. Besonders herausragend agiert Vanessa Redgrave, der man ihre undurchsichtige und mit allen Wassern gewaschene Figur voll und ganz abkauft. In kleineren Parts verdienen sich noch Kristin Scott Thomas, Ingeborga Dapkūnaitė und Andreas Wisniewksi eine Erwähnung. Aus heutiger Sicht können die Nachfolger mit größeren Schauwerten aufwarten, aber dafür erreicht keiner von diesen die spannende Thriller-Atmosphäre des Originalfilms.

    Der Mission: Impossible-Marathon


    Ich muss gestehen, bei M:I geschah bei mir in der Vergangenheit so einiges unter schlechten bzw. falschen Vorzeichen. Als ich die Agententhriller-Reihe, die auf der legendären gleichnamigen Fernsehserie (deutsch: Kobra, übernehmen Sie) basiert, kennenlernte, konnte sie bei mir keinen großen Eindruck hinterlassen und war auf breiter Ebene sogar eine herbe Enttäuschung. Das lag unter anderem daran, dass der vielgerühmte Erstlingsfilm aus dem Jahr 1996 bei mir überhaupt nicht zünden wollte. Warum das genau der Fall war, kann ich mittlerweile auch nicht mehr wirklich sagen. Vielleicht packte mich der Plot nicht, vielleicht hatte ich bei einem Spionage-Thriller von Brian De Palma einfach mehr erwartet. Vermutlich treffen am Ende beide Punkte zu. Dann kam der kontroverse zweite Teil zum Jahrtausendwechsel, der trotz bombastischer Einspielergebnisse der allgemeinen Auffassung nach mehr zu einer Perle des Edeltrash-Kinos avancierte. Seinerzeit ein kultiger non-stop Action-Kracher, später gerade noch ein 08/15-Blockbuster des schlechten Geschmacks. Hinzu kam auch noch, dass Tom Cruise, dessen Aktivitäten abseits der Schauspielerei mich nie groß interessiert und gegen ihn eingenommen haben, der jedoch in meiner Wahrnehmung nie über eine öde Sunnyboy-Leinwandpräsenz und eine gewisse darstellerische Limitiertheit hinauskam, mir als ein wenig reizvoller Held erschien.


    Auch der sechs Jahre später nachgeschobene dritte Beitrag, den damals ein - meiner Meinung nach - hoffnungslos überhypeder Filmemacher verantwortete, konnte das Ruder nicht herumreissen und mich für die Serie nachhaltig begeistern. Es war eher wieder so eine stereotype Standard-Action-Film-Angelegenheit. Damit war für mich die Sache eigentlich erledigt. Aber in 15 Jahren ändern sich eben die Sehgewohnheiten. Daher lernte ich in der Zwischenzeit einige andere Cruise-Performances, die er unter so versierten wie unterschiedlichen Regisseuren wie Stanley Kubrick, Paul Thomas Anderson oder Michael Mann erbrachte, kennen und diese überzeugten mich von seiner mimischen Wandelbarkeit. Ferner ist es der zweiten wohl gelungeneren Trilogie, die in den Jahren 2011, 2015 und 2018 entstand, zu verdanken, dass die Gesamtserie wieder an kinetischer Relevanz gewann und die erste, wechselhaftere Trilogie dadurch gewissermaßen nobilitiert wurde. Daher möchte ich nun den Versuch unternehmen, die Reihe mit Ethan Hunt als wichtigsten cineastischen Konkurrenten von James Bond noch einmal chronologisch ganz neu zu sichten und einzuordnen. Gleich vorneweg: Es hat sich bei diesem Marathon nochmal ein differenzierteres und abweichenderes Bild ergeben als ich es bisher in diesen einleitenden Zeilen gezeichnet habe. So sehe ich die verschiedenen Beiträge mit deutlich weniger großen qualitativen Abständen zueinander und auch das Ranking hat sich verschoben. Bisweilen werde ich auch einige konträre Standpunkte als die echten Fans der Reihe hier im Forum vertreten. Passenderweise hat Martin als großer M:I-Enthusiast auf seinem Blog bereits zeitnah einen vergleichenden Rückblick unternommen. Die Lunte brennt…

    Sehr spannende Ausführungen, lieber Martin! :)


    Besonders dein Blog-Eintrag zu Hitchcocks geplantem letzten Film hat mir sehr viel Freude bereitet. Mit Plakat-Motiven und Location-Fotos entsteht sofort ein visuelles Bild vor dem geistigen Auge, wie dieses finale Werk des Altmeisters wohl ausgesehen haben könnte. Ich bin durch Saboteur auch wieder auf den Geschmack gekommen und richtig "gehitcht", weshalb ich auch weitere Sichtungen für die nächsten Wochen plane. Mit neuem Filmfutter wie unter anderem ja auch No Time To Die ist es nun mal immer noch ein bisschen hin. Und die pandemischen Entwicklungen bleiben auch dynamisch und unvorhersehbar...


    Zunächst stehen jedoch noch die Reviews zu ein paar anderen Filmen an, die ich in den vergangenen Wochen erneut gesehen habe. Auch hier hatten wir wohl den gleichen Gedanken... ;)

    Saboteur
    Ausführlicher siehe hier.


    Soleil rouge
    Diesen Streifen von Bond-Regisseur Terence Young hatte ich insgesamt besser in Erinnerung. Leider doch im Gesamtbild ein sehr durschnittliches Werk. Dabei bietet der Clash of Cultures im Wilden Westen eigentlich doch eine breite und reizvolle Projektionsfläche für einen erlesenen Frontier-Reigen. Leider haben die Autoren und die Inszenierung hier wenig Ambitionen über bloße Schauwerte, Klischees und Gags hinauszugehen. Man fragt sich unweigerlich, was wohl andere große Western-Regisseure wie John Ford, Fred Zinnemann oder Sergio Leone aus diesem Stoff gemacht hätten. Ein Samurai in den unzivilisierten USA des Jahres 1870 auf einem selbstmörderischen Rachefeldzug. Der 'Gott' des japanischen Kinos Toshiro Mifune (Shichinin no samurai, Yôjinbô) als Protagonist; Charles Bronson (C'era una volta il West, Death Wish) als sein Rivale mit Heimvorteil. Gemeinsam jagen sie den aalglatten Edelschurken Alain Delon (Il gattopardo, Le samouraï) und seine verschlagene Gangsterbraut Ursula Andress (What's New Pussycat, The Blue Max). Dazu gesellen sich so versierte Darsteller wie Capucine (Song Without End, North To Alaska) und Anthony Dawson (Dial M For Murder, Doctor No) in den Nebenrollen. Die ersten 15 Minuten und das knappe Finale sind durchaus gelungen, aber alles dazwischen gestaltet sich leider weitgehend dröge, langatmig und vorhersehbar; und das ist nun einmal leider der Großteil des Films. Eigentlich schade. Ein Streifen mit diesem Personal vor und hinter der Kamera und dieser eigenwilligen Story-Mischung hätte eigentlich ein Highlight des Genres werden können. Heraus kamen immerhin knapp zwei Stunden solide Unterhaltung.


    Double Team
    Ein sinnentleerter und völlig ausgeflippter Action-Burner wie ihn eigentlich nur die schrill-bunten Neunziger Jahre hervorbringen konnten. Mit B-Movie-Ikone Jean-Claude Van Damme, dem man eine quälende Viertelstunde bei stumpfen, aberwitzigen Muskelaufbau-Training im schweißtriefenden Video-Clip-Flair zusehen darf. Die Handlung ist natürlich ebenso ein ausgelutschtes Abziehbild wie der gebräunte Action-Adonis nur ein jegliches Charisma vermissender Epigone großer Hollywood-Helden sein kann. Zum Glück nimmt sich die ganze Geschichte nicht überernst. Im optischen Design teils abgefahren und abgedreht, haben die Kolonie-Überwachungstechnologie und Yaz' völlig schrilles Geschäftsumfeld mehr als einen hypermodernen Hauch von Luc Bessons The Fifth Element, der ja im gleichen Jahr herauskam. Es ist diese ganz spezielle Art von obercoolem Science-Fiction-Popcorn-Look im bunten Comic-Bonbon, den man in den Jahren 1996-1998 häufiger antraf und der dann in The Matrix perfektioniert werden sollte. Trotzdem hat das Werk des Hongkong-Filmemachers Hark Tsui auch noch ein paar Schmankerl auf Lager. Zum einen ist die Idee eines ultrageheimen Renter-Refugiums für todgeglaubte, ausrangierte Top-Agenten auf einer entlegenen Insel mit ebenso erfrischendem wie kuriosem Potenzial ausgestattet und zum anderen beinhaltet Van Dammes spektakuläre Flucht von dem Gefängnisheiligtum eine derart huldvoll-unverschämte Hommage an The Living Daylights, die einem Bondfan das breite Grinsen ins Gesicht zaubern muss.
    Da sieht man doch immer wieder, was für ein prägende Rolle das Franchise für den Action-Sektor über einen sehr langen Zeitraum hatte. Dennis Rodman ist als Buddy-Sidekick dann auch ein extrovertierter, in alle Farbtöpfe greifender, dauerquatschender Eddie Murphy- oder Chris Tucker-Verschnitt und somit auch eine merkwürdige Parallele zum Luc Besson-Hollywood-A-Trasher mit Bruce Willis. Der Bösewicht, der natürlich nicht weniger als der "gefährlichste Typ aller Zeiten" ist, wurde mit Mickey Rourke passgenau besetzt. Leider ist der Betonschädel - fast ebenso eindrucksvoll muskelbepackt wie Van Damme - aber im Film kaum zu sehen und beglückt den Zuschauer daneben nur mit billigen Sätzen und eingefrorener Mimik. Amüsant ist dagegen das Wiedersehen mit Paul Freeman, des nonchalantesten und besten Indiana Jones-Widersachers. Ansonsten geizt Double Team nicht mit Explosionen, knalligen Stunts und übertriebenen Härten. Dabei wird der Film leider auch mal richtig geschmacklos, wenn Quinn und Stavros eine schreiende Säuglingsstation fast in Schutt und Asche legen. Wie überhaupt auch dieses bedeutungsschwangere Mein Kind-dein Kind-"Mein Baby!"-Schema reichlich naiv, pseudotiefgründig und lächerlich als 'Spannungsmacher' vorgeschoben wird. Als Zeitdokument ist der No-Brainer sicherlich ein Prachtstreifen, aber ansonsten – trotz rund 100 Minuten temporeichem Entertainment – nicht mehr wie eine Sichtung wert. - "Denn Angriff ist die beste Verteidigung, meine Brüder."

    Saboteur


    "When you think about it, Mr. Kane, the competence of totalitarian nations is much higher than ours. They get things done."


    Bei Saboteur handelt es sich um einen der frühen Filme von Sir Alfred Hitchcock aus seiner amerikanischen Periode. Man kann das Werk sicherlich als einen jener Propaganda-Streifen begreifen, die die amerikanische Bevölkerung vor der faschistischen Gefahr im Inland und Ausland sensibilisieren und mobilisieren sollten. Aber Saboteur ist diesbezüglich doch eigentlich wenig ideologisch eingestellt, sondern mehr eine allgemeine Parabel über faschistoiden Größenwahn und in all seinen Ingredienzien ein typischer Hitchcock-Film. Von Deutschen oder Nazis ist innerhalb der Handlung nie die Rede. Vielmehr geht es um Landesverräter und die Gefährdung der inneren Sicherheit. Machthungrige Sympathisanten und Profiteure, die durch Sabotage-Akte auf wichtige amerikanische Militär- und Industrieziele den ursurpatorischen Entwicklungen in Europa weiter Vorschub leisten und in der Folge einen eigenen totalitären, rechten Terrorstaat auf dem amerikanischen Kontinent errichten wollen. Auch wenn Saboteur unterschwellig dieses große moralische Anliegen hat, ist das Werk doch zugleich ein lupenreiner Thriller, indem ein Paar verzweifelt versucht, ihre eigene kleine Welt und das junge gemeinsame Glück gegen böse Mächte zu verteidigen.


    Saboteur erweist sich in seiner filmischen Struktur fast durchweg als Vorläufer von North By Northwest. Ein Briefumschlag, der eine fatale Kettenreaktion in Gang setzt, die zwei Liebenden, die sich erst zusammenraufen müssen, das Unterwandern einer kriminellen Vereinigung, der Bösewicht ein Gentleman der feinen Gesellschaft, das Motiv des unschuldig Verfolgten, eine Reise quer durch die USA von der Westküste an die Ostküste, ein packendes Finale auf einer bildlichen wie baulichen Ikone der uramerikanischen Identität. Von den ständigen Steigerungen von North By Northwest ist Saboteur natürlich aufgrund seiner Entstehungszeit noch eine ganze Ecke entfernt. Dennoch bietet der Streifen jede Menge Atmosphäre und Spannung und gibt mit seinen 109 Minuten Laufzeit reichlich Raum, die Protagonisten kennenzulernen. Hitchcock selbst bekannte später kritisch, dass es dem Film ein wenig an Zielgerichtetheit und Tempo mangele. Dem kann man durchaus zustimmen. Auch wenn es sehr reizvoll ist, Barry Kanes Flucht und die Gefahr ständiger Entdeckung auf den Beifahrersitz eines gesprächigen Lastwagenfahrers, in die Hütte eines Blinden, in den Schaustellerwagen einer Zirkustruppe oder in eine Geisterstadt in der Wüste zu folgen, ziehen sich diese Sequenzen doch partiell zu sehr, wodurch die Geschichte immer mal wieder an Stringenz einbüßt. Dennoch überwiegt insgesamt das Positive und dem Master of Suspense gelingen mit so einfachen Dingen wie einem Brief, einem Feuerlöscher, blinkenden Handschellen oder einem Ballsaal bedrückende Szenen voller inszenatorischer Dichte und packendem Nervenkitzel.


    Tatsächlich liegen die Längen auch ein wenig an den beiden Hauptdarstellern. Hitchcock wollte ursprünglich Gary Cooper und Barbara Stanwyck, aber Robert Cummings und Priscilla Lane wurden ihm von Universal vorgeschrieben. Auf der einen Seite wirken Cummings und Lane schon ein wenig farblos, andererseits stellen sie solche Alltagstypen dar, dass der Zuschauer glaubhaft mit ihnen mitfiebern kann. Man nimmt den beiden Darstellern ab, brave Zivilisten zu sein, die per Zufall in diese Situation geraten und an ihr wachsen. Bei den Nebendarstellern können erwartungsgemäß die Gegenspieler Eindruck hinterlassen, auch wenn eigentlich keiner der Antagonisten so richtig heraussticht, sondern sie eher als ein verschworenes und beinahe unüberwindbares Kollektiv erscheinen. Mit treu ergebener Diabolik winden sich Alan Baxter und Ian Wolfe durch ihre Szenen. Als schmierigen Strippenzieher hat man Otto Kruger wirklich treffsicher besetzt, auch wenn Hitchcock hier auch ursprünglich vorschwebte – wegen der Schockwirkung – keinen auf Schurken abonierten Akteur zu nehmen, sondern einen seinerzeit populären amerikanischen Schauspieler mit Saubermann-Image wie Harry Carey. Der vierte Mann im Bunde ist Norman Lloyd, der als linkisch-verschlagener Dunkelmann, den der Held wiedertreffen muss, trotz überschaubarer Präsenz die maßgebliche Triebfeder innerhalb der Story ist. Summa summarum ist Saboteur ein gelungener Thriller und einer der besseren Filme des Altmeisters.