Eines muss ich grundsätzlich zugestehen:
Wenn man schon meint, die Story der Bond-Figur zu einem Abschluss und damit zu einer Auflösung (in doppeltem Sinne) bringen zu müssen, dann gab es in all den Jahren 1962 bis 2012 eigentlich nur zwei mögliche Richtungen.
Ich denke, die beliebte Rolle des James Bond war in sich immer eine "Quadratur des Kreises": Ein sympathischer Kerl, der einen Beruf hat, für den man ein Arschloch sein muss!
Entweder also wird das Paradoxon gelöst, indem der Job gekündigt wird, Bond seine Gefühle entdeckt, Frau und Kind heranzieht und stirbt (quasi als Katharsis für alle begangenen Sünden) -
oder es stellt sich am Ende heraus, dass er immer die "Sau" war, die gebraucht wurde und daher für den MI6 so wertvoll war; ein egomanischer, gefühlskalter Killer, pragmatisch und zielorientiert.
Im letzteren Fall fällt mir sogleich Pierce Brosnans Darstellung des MI6-Agenten Andy Osnard in "Der Schneider von Panama" (John LeCarré) ein. Im Grunde ein James Bond ohne die ganzen "Schönheitskorrekturen, die das 007-Genre so beliebt gemacht hat.
In unserer Welt heute, in der der "Gutmensch", ohne Haken und Ösen, der alle gängigen Klischees erfüllt, lieb zu Tieren und Menschen ist, kein Fleisch isst, nicht trinkt oder raucht, etc. angestrebt und gehypt wird, musste die Entwicklung wohl in die Richtung gehen, die NTTD eingeschlagen hat. Der Tod dieser Figur ist dann wohl auch die beste Lösung, denn lebensfähig wäre er wohl kaum mit einer solchen Vergangenheit! Depressionen, Alpträume, psychologische Behandlungen und jede Menge Selbstzweifel wären andererseits die Folge gewesen. Das würde auch keiner sehen wollen, da stimme ich zu!
Bleibt die Frage: Hat sich das Publikum in all den Jahrzehnten einer Selbsttäuschung hingegeben? Oder könnte es sein, dass an dem ritterlichen Helden, der, um ritterlich bleiben zu können, einsam bleiben musste, etwas wahres und realistisches dran war?
Ich meine, dass die Frage schon von einer falschen Voraussetzung ausgeht:
Verschiedene Aufgaben erfordern verschiedene Voraussetzungen. Ein Mensch, dessen Eigenschaften ihn dazu befähigen, Dinge zu tun, für die eine emotionale Distanzierung Grundvoraussetzung ist, kann genau so ein guter Mensch sein, wie der gefühlsbetonte Typ, der immer auf sein "Bauchgefühl" hört und nach moralischen Grundsätzen handelt. Ein Soldat braucht andere Fähigkeiten als eine Kindergärtnerin.
Mit anderen Worten:
Ich kann damit leben, dass 007 ein Arschloch ist, es sein muss. Das heißt ja nicht, dass er nicht weiß, wie man sich benimmt. Und noch weniger muss das heißen, dass er nicht sinnlose Opfer vermeidet!
Man muss ihn also weder als einen "Andy Osnard" zeigen noch als einen "Willie Tanner!
Einfach nur den Agenten, mit dem Ian Fleming und das Franchise berühmt und groß geworden ist! Und kein Grund für Mutationen in die eine oder andere Richtung!