Beiträge von kananga

    Für mich ein zweigeteilter Film, so zirka. Der erste Teil ist allerfeinster Moore-Bond, märchenhaft, humorvoll, fantastisch, aristokratisch. Bei Moore und seinem alten Freund, meinem alten Liebling Patrick MacNee weiß man ja, wie gut die beiden harmonieren, vor allem, wenn Roger so taktvoll ist und dem Melonenträger wenn schon sonst nichts, so wenigstens den Schirm abnimmt. Christopher Walken gibt einen eindrucksvollen, wenn auch etwas zu sehr auf Fröbe ausgerichteten Bösewicht. Komponist John Barry läuft, wie ich finde in seinen letzten drei Filmen überhaupt, zur absoluten Hochform auf. Ein späteres Indiana-Jones Girl Elsa Schneider kann man blutjung als Jenny Flex bewundern. Die Actionsszenen sind einfallsreich, dicht, erinnerungswert. Der Vorspann, die Eiffelturmszene, die Verfolgungsjagd "Folgen Sie dem Fallschirm" und die berühmte Unterwassersaugerszene ragen hervor. Es gefällt mir auch, wie elegant/charmant und bonmotsprühend Roger, der für das was er gut kann, keinesfalls zu alt ist, Grace Jones ("Sie wollten sich doch persönlich um mich kümmern") bzw. die russische Kollegin verführt: Tschajkowski/ "warum hättest Du mir sonst rote Rosen geschenkt"/ Entspannung kann so wundervoll sein/"Es ist nicht der richtige Zeitpunkt, über Politik zu diskutieren.
    Leider gibt es dann für mich einen Bruch, Tanya Roberts muss nicht wirklich das essen, was Roger ihr vorsetzt, solange sie in einem Land lebt, indem man zumindest für ihr Geld auch nichtamerikanische Küche vom Feinsten genießen kann. Wenn Moore in der synchro mit der soften Familienvater Stimme von "Alfvater" Niels Clausnitzer bekennt, das Kochen eines seiner Hobbies sei, und dann irgendwo noch eine Katze herumschleicht, denkt man wirklich,jetzt kommt der Mietzvertilger vom Planeten Melmac herein und holt sich gleich sein Abendessen.
    Und wer auf den Gedanken gekommen ist, dass in einem in Amerika spielend Bond dümmliche Sheriffs partout ihre Autos zerdeppern müssen, dem wurde wohl wirklich einmal von einem Nepomuk Pepper "Stinkefinger auf die Motorhaube" zugebrüllt. Alles in allem ein netter, partiell überaus sehenswerter Durchschnittsbond. Denen, die meinen, dass Sir Roger sich hier für sein alter übermäßig verausgabt hat, kann man jedenfalls nur entgegnen: "Im Dienst muss man sogar bereit sein, sich selbst zu opfern".

    Du hast völlig recht, dass die innersowjetische Debatte in OP auf realistischen Grundlagen beruhte, geschätzter General Gogol;). Die Aussage

    Die Sowjets hatten ihre Aufmarschpläne für einen Einmarsch in Richtung Deutschland griffbereit in der Schublade liegen und haben diese immer wieder in diversen Planspielen durchexerziert – genau wie es die NATO-Mächte ihrerseits gemacht haben.


    halte ich jedoch für tendenziös. Ein konventioneller Angriff der NATO durch Kontinentaleuropa auf den Ostblock stand schon aufgrund des gewaltigen konventionellen Übergewichtes, das der Warschauer Pakt seit Anbeginn über die NATO hatte, nie zu Debatte. Einzig die westlichen, in der BRD stationierten nuklearen amerikanischen Kurz- und Mittelstreckenraketen sicherten das freie Europa vor einem sowjetischen Überfall. Dieser Trumpf drohte aber Ende der 70er Jahre aufgrund der sowjetischen Nachrüstung zu schwinden. Diese Situation zwang die beiden, aus unterschiedlichen Gründen gegenüber der Sowjetunion eigentlich auf Appeasment eingestellten Carter und Schmidt zu dem berühmten NATO-Doppelbeschluss: Drohung mit weiteren westlichen nuklearen Rüstungen, wenn die Sowjets die ihrigen nicht einstellen einerseits, ein umfassendes Angebot zur beiderseitigen Rüstungsbegrenzung und Kontrolle andererseits. Gegen diese eigentlich sehr maßvolle Politik erhob sich nun vor allem auch SPD intern ein Sturm der Entrüstung, v.a. Bahr und Wehner bezogen gegen Schmidt Stellung. Die Friedensbewegung war, wie sich später heraustellte, von Markus Wolf und der STASI zumindest tlw. ferngesteuret. Im sogenannten Krefelder Apell von 1980 wurde die BRD als Wegbereiter eines neuen Wettrüstens beschimpft und gefordert, jedwede Stationierung von amerikanischen Pershing-Raketen in der BRD zu unterbinden , während die die ganze Krise erst heraufbeschwörenden sowjetischen SS-20 garnicht einmal erwähnt wurden! Sehr "honorige Intellektuelle" ließen sich vor den Karren dieser Friedensbewegung spannen. Zudem starb ja Ende 1982 Breschnjew, es war also eine Übergangsära in der UdSSR, deren Flügelkämpfe in OP sehr erstaunlich treffend widergegeben worden sein dürften.

    noch ein zusätzlicher Punkt aus historischer Sicht: die afghanisch-britische Geschichte ist ja kein unbeschriebenes Blatt. Die Briten bezogen dort in einigen Kolonialkriegen reichlich Prügel, andererseits gab es einige Stämme, die als traditionell probritisch gesehen wurden.

    Geschätzter Mr. Fogg, Du weißt ja, wir unterscheiden uns in unseren Sichtweisen nur in Nuancen. Aber ich finde es generell interessant, wie weit Bond ein Zeitgeistphänomen und eine Figur der Popkultur wurde, die von vielen verschiedenen Seiten vereinnahmbar ist.

    es kommt meines Erachtens nicht von ungefähr, dass man westlicherseits gerade die Armee mit Misstrauen betrachtete, Sowjetgeneräle galten jahrzehntelang als besondere Hardliner und Entspannungsgegner, das geht letztlich auf Stalins Säuberungen zurück. Bereits 1956 etwa rieten Generale Chrustschow, im Rahmen der Niederschlagung des Ungarnaufstandes gleich das gerade erst verlassene neutrale Österreicch wieder zu besetzen. Nicht zuletzt gab es dann auch einen Armeeputsch gegen Gorbatschow. lg

    Also tumb war die sogenannte Reagan-Doktrin (ein Aufsatz eines Beobachters formulierte eine solche aufgrund der Rede des Präsidnenten an die Nation) sicher nicht, sondern im Grunde nichts als eine Wiederaufnahme der Truman-Doktrin, die nur erklärbar ist aufgrund der Besorgnisse im westlichen Lager nach den Entwicklungen der Ära Carter. Es ist längst hinreichend belegt, u.A. durch sowjetische Quellen, dass die prekäre Situation der Sowjetunion unter Gorbatschow nicht zuletzt auf Reagans unbekümmert-optimistischen Antikommunismus zurückzuführen ist. Im Rahmen der Politik Reagans wurden ja, was oft vergessen wird, auch einige Rechtsdiktaturen gestürzt bzw. fallengelassen, was vor allem auch dem Außenminister Reagans zu verdanken ist.


    Die Problematik der antikommunistischen Politik Reagans erklärt sich vielmehr m.E. darin, dass den unterschiedlichen Geheimdiensten und auch gewissen zweifelhaften Privatiers ziemlich unbeaufsichtigt freie Hand gelassen wurde, was auch sehr zwielichtige Projekte gedeihen ließ. Verantwortlich dafür war sicher auch Reagans unbekümmerte Art und sein Desinteresse an Detailarbeit und genauem Aktenstudium. Andererseits darf man ja nicht vergessen, dass das außenpolitische Engagement seit Wilson Domäne der Demokraten war, (die berühmten Neokonservativen sind ja auch eine ursprünglich demokratische Bewegung),siehe auch der zweite Roosevelt/Hitler. Reagans eigene Partei, die Republikaner, dachten im eigentlichen immer isolationistisch, eine Haltung, die gerade im post-Vietnam Zeitalter dazu führte, dass die Rechte des Präsidenten, etwa Soldaten offiziell und eigenmächtig zu versenden, drastisch eingeschränkt worden waren. Deshalb konnte Reagan nicht auf den Kongress bzw. auch nicht auf seine eigene Partei bauen, andererseits aber derartige Aktionen auch nicht mehr aufgrund seiner präsidialen Amtsgewalt legal anordnen.


    . Man darf aber nicht vergessen, dass der Satz "Der Feind meines Feindes ist mein Freund", auf den Du die sogenannte Reagan-Doktrin reduzierst, ein uraltes Dilemma der Realpolitik ist. Auch der glühende Antikommunist Churchill war während des Kampfes gegen die Hitler darauf aus, Stalin jede erdenkbare Hilfe angedeihen zu lassen usw. Eine Alternative dazu wäre der radikale Rückzug von jedweder Weltpolitik - für mich das Katastrophalste, was die USA gerade im Moment tun könnten. Leider sind sie ja irgendwie ohnehin schon auf dem Weg dahin. Das sage ich als jemand, der vieles, was unter Reagan und vor allem unter Bush jun. geschah, sehr kritisch sieht.


    Aber abgesehen von den politischen Fragen frage ich mich persönlich, warum die im Bonduniversum an der Peripherie nun einmal vorhandene antikommunistisch Unterströmung, die wie erläutert eindeutig am Bondschöpfer Fleming festzumachen ist, überhaupt nicht zum Vorschein kommen darf. Es gibt doch wie gesagt wirklich mehr als genug Unterhaltungs-Filme, die linksliberale u.Ä. Tendenzen erkennen lassen, und ich persönlich bewerte diese Filme auch nicht dannach, welche politische Message sie bringen, sondern einzig und allein dannach ob sie mich unterhalten. lg

    Was man als Schwarz-Weiß Malerei empfindet, ist aber häufig Sache des politischen Standpunktes. Es wird wohl auch Leute geben, die die Darstellung des Nationalsozialismus in Indiana-Jones für fürchterlich schwarzweißmalerisch halten .Ist es jetzt Aufgabe und Anspruch von Indiana Jones III, ein vielschichtiges Porträt des Dritten Reiches zu liefern und detailliert zu begründen, was an der NS-Ideologie verbrecherisch war/ist?


    Schwarzweißmalerei gibt es für mich zudem auch zbei einer Reihe von Unterhaltungsliteraten, die gleichzeitig auch den Anspruch stellen, politisch engagiert zu sein. Mich stört sie nicht, nicht die bisweilen fürchterliche böse Republikaner/gute Demokraten Schwarzweißmalerei von John Grisham, obwohl dieser Gesellschaftskritik sehr in den Mittelpunkt stellt und auch nicht die des deklarierten politisch Engagierten John LeCarre, der bezüglich allem, was rechts der politischen Mitte steht, ebenfalls extrem vorfabrizierte Meinungen hat. (Was mich bei LeCarre stört, ist, dass er m.A. neben einigen sehr lesenswerten eine Reihe fürchterlich schwatzhafter, langatmiger Romane verfasst hat, während Grisham wie Fleming oder Forsyth auf dem von ihm selbst gesteckten Level meist tadellos funktioniert) Nocheinmal: Bond will a priori Unterhaltung sein, die Weltpolitik ist die - aus verschiedenen Gründen nicht unwichtige- Randkulisse. Deshalb verstehe ich Deinen Kritkpunkt bezüglich TLD, fürchte ich, immer noch nicht ganz, geschätzter Genosse Gogol.

    Geschätzter Genosse Gogol, ich gebe Dir bei Deiner scharfsinnigen Analyse der gleichsam tiefenpsychologischen Analyse von LTK 100% recht. Für mich ist aber eben dieser konsequenter Rache auf eigene Faust Gedanke gerade mit dem von Dir treffend angesprochenen Misstrauen gegenüber den Behörden etwas, was in diser Dimension sehr unbondig und unbritisch, aber klassisch amerikanisch ist. Im Film OHMSS spielt da ein wenig die 68er Bewegung und der Zeitgeist hinein, aber das ist für mich nicht weiter störend, da Moneypenny dann ohnehin Wonne und Eierkuchen herstellt. Im Buch bei Fleming will er eben kündigen, weil er die ständige Jagd nach Blofield als überflüssig erachtet, schickt den Brief dann aber nicht ab. Auch bei GF ist diese Rache-Geschichte nicht so wichtig, und in YOLT (Buch) wird zwar Bond als am Boden zerstört über Tracys Tod gezeigt, findet dann aber Blofeld rein zufällig im Rahmen seiner Mission.
    Im Grunde hat Bond ein doch, wie ich meine, zu grundsätzlich hohen Respekt gegenüber den Hütern der staatlichen Ordnung, um so ein "Racheding" durchzuziehen. Abgesehen von der doch entschiedenen Abkehr von den Flemingschen Intentionen kommt noch meine persönlic-subjektiv begründete Abscheu (diese rebellisch-subversive Ader finde ich ja noch verständlich) vor den humorlosen Gewaltorgien, zu denen derartige Filme dann ausarten. Und ich denke schon, dass sowohl LTK und QOS zu brutal rüberkommen.
    Nochmals zum Kommunismusproblem: ich finde nicht, dass Bondfilme gänzlich unpolitisch sein müssen. Immerhin war Fleming selbst ein überzeugter Konservativer und Antikommunist, der selbst die stalinistische Schauprozesse beobachtete. Er entschärfte diese Thematik zwar später bereits selbst ein wenig, weil er beteuerte, dass er die Russen persönlich mochte u. dass er vor allem Unterhaltungsromane schreibe (vgl. die kurzen Tauwetter-Perioden unter Chrustschow). In den Filmen ist dann von Anbeginn sehr wenig von den Russen als eigentlichen "Bösewichten" zu spüren, sondern irgendwie steht fast eine behagliche kalte Kriegs-Folklore im Vordergrund (Gogol, Anja Amasova). Aber ich finde es durchaus reizvoll, wenn ein wenig auf politische Themen reagiert wird, und das auf einer dem Gedankengut des Bond-Schöpfers entsprechenden Weise. Schließlich wird sich ja auch niemand ärgern, wenn bei John leCarre-Filmen der Westen oder Amerika schlecht wegkommt.

    Es tut mir aufrichtig leid, wenn ich da Gefühlen von begeisterten QOS Fans nahegetreten bin, das war keineswegs meine Absicht:), (zumal man eine zugegeben etwas bösartige Kritik von mir schon bei amazon lesen kann, mein Pseudonym wird aber nicht verraten). Deshalb habe ich ja mir auch vorgenommen, bewusst KEINE Kritik dieses Film,s zu verfassen, mein Ausgangspunkt war meine überaus rühmende Kurzkritik von TLD. Ansonsten kann ich nur versichern, dass ich sowohl "Der Mann sieht rot" als auch "Rambo" kenne und nur grundsätzlich meinte, dass die Rachethematik für mich etwas Uramerikanisches ist bzw. habe ich dann berühmte Filme aufgezählt, die diese Problematik populär machten.

    also bei SF sah ich persönlich die geheimdienstkritischen Elemente in klassischer John LeCarre Manier ganz in den Vordergrund gespielt, denn Bardem unterminiert ja gleichssam radikal die Glaubwürdigkeit von Ms Plädoyer bzw. ergänzt es dahin, dass die größte Gefahr momentan durch die "eigenen Sünden" der Geheimdienste verursacht wird. Nur ist das nicht wirklich schlüssig, da Bardem so überdreht spielt und dabei die Glaubwürdigkeit seiner anklägerischen Positionen unterminiert.


    In LTK ist alles noch eine Spur plausibler und verständlicher dargestellt als in QOS, aber das ganze "Ich bin beleidigt und muss jetzt töten" Thema ist doch seit "Ein Mann sieht rot" und "Rambo" uvm. abgelatschtestes uramerikanisches Mainstreamkino. Es war für mich nicht nur gänzlich unbondig, sondern auch ziemlich unoriginell auf diese Schiene aufzuspringen, und hier findet man die vielzitierten Tiefenschichten von 007, nach denen zu fahnden ich generell eher für kompliziert bis überflüssig halte, bestimmt noch weniger als im "Bond mit Schmetterlingen im Bauch" Gebiet.

    also zu QOS kann ich nur sinngemäß meinen Gesinnungsgenossen in vielen Bondfragen, Mr. Phileas Fogg, zitieren: ich hoffe ehrlich, dass mir da noch eine große Bekehrung und Wandlung bevorsteht. Zum Thema LDL und politisches Statement: Auch bei OP gibt es ein solches, siehe General Orlovs Pläne, verbunden mit dem Seitenhieb auf die Friedensbewegung "im Westen würde man dann sofort eine einseitige Abrüstung fordern". Ich persönlich halte es vom historischen Standpunkt sehr interessant, dass die Filme bis TLD, wenn auch auf ohnehin sehr schonende und gemäßigte Weise, noch ein klein wenig die Stimmung des kalten Krieges widerspiegeln. Man hatte einfach Anfang der 80er Jahre im Westen noch ein letztes Mal Angst vor einer einseitigen sowjetischen Aggression, und ich denke, dass gerade Afghanistan da sehr symbolbehaftet war. Dass der heutige Betrachter damit was völlig anderes assoziiert, ist angesichts der geänderten Weltlage natürlich klar.

    Natürlich muss sich auch niemand dafür rechtfertigen, wenn er eine gewisse Bond-Interpretation ablehnt, doch generell kann ich nur ein weiteres Mal ein Credo wiederholen, das ich schon fast zu meiner Signatur machen könnte: Wohl dem, der Beides haben kann ...

    gut gesprochen, Kollege Feirefiz;)! Ich bin ja auch der Meinung, der Streit über unterschiedliche Rollenauffassungen darf nicht dazu führen, zu vergessen, dass wir alle Bondianer letztlich durch dasselbe Hobby/Spezialinteresse geeint sind und deshalb im selben, hoffentlich von Q mit einigen Extras versehenen Bondboot sitzen;).

    seine große Leistung wie die seiner Filme als Gesamtpakete ist es nach meinem Empfinden aber, dass in beiden Fällen hier eine Neuausrichtung der Bond-Figur perfekt in die inhaltlichen und formalen Standards eingebunden waren, dass sie sowohl für die Traditionalisten wie auch für die „Reformer“ bestens goutierbar sind – wenngleich mir bewusst ist, dass ich hier zumindest für LTK eine Mindermeinung vertrete.


    und gerade da sind wir eben anderer Meinung, aus von mir oben ausführlich ausargumentierten Gründen. Ich gebe aber natürlich zu, dass generell die Frage, wann ein Schauspieler an der Rolle gescheitert ist oder nicht auf absolut subjektiven Urteilen beruht, gerade Dalton kann man füglich an seinen selbst gesteckten Ansprüchen und Absichten messen, die Rolle back to the roots zu führen und muss feststellen, dass er dieses Ziel mit LTK verfehlt hat. Nur zur Klarstellung: die kommerzielle Verwertbarkeit hat für mich mit dieser Frage nichts zu tun,, selbstverständlich weiß ich, dass die Craig Filme CR oder SF sehr erfolgreich waren und halte trotzdem eher wenig von ihnen.

    Ich denke, dass die Bondfilme für die Entwicklung des Genre Actionfilm schon sehr prägend waren. Ja, Fleming ist in den literarischen Gebieten, auf die er sich bewusst beschränkte, m.E. absolut meisterhaft und auch für eine ganze Reihe von Unterhaltungsautoren wegweisend. Siehe Forsyth u.v.m.
    Ich meinte natürlich nciht, dass Dalton "stumpfsinnig" ist, im Gegenteil, ich halte ihn für einen außergewöhnlich talentierten Schauspieler . Vermutlich ist er sogar an der Rolle gescheitert, weil er am ehrgeizigsten war und am meisten erreichen wollte. Aber er hat dabei eben m.E. ganz wesentliche Dinge übersehen, siehe meine vorherigen Statements. P.S. auch die früheren Bonds waren demnach nicht britisch? Eine interessante Auffassung. lg

    Genosse Gogol: ich halte die Darstellung der Russen in TLD generell nicht sehr unterschiedlich von der in OP oder AVTAK. General Puschkin ist ja wie sein Vorgänger Gogol ein ausgesprochener Symphat und einzig Koskov stellt eine gerissene und zweideutige Figur da, wie Orlov in OP, der aber am Schluss von Sowjets und Briten gemeinsam liquidiert wird. Zudem beansprucht die Darstellung ja nicht, die allerdings etwas komplexe Ausgangssituation der sowjetischen Afghanistaninvasion darzustellen, wobei man schon auch die Befürchtungen des Westens in dieser Frage verstehen muss. Denn die ursprünglich eindeutig pazifistische und ganz auf Appeasment u.a. gegenüber den Sowjets eingestellte Regierung Carter wurde hier kräftig unter Zugzwang gesetzt, als das ohnehin schon von den USA geduldete prokommunistische Regime gestürzt wurde und eine offene sowjetische Annektion begann. (Siehe auch die gleichzeitigen Ereignisse, die zum NATO-Doppelbeschluss führten.) Hier wurde allgemein eine Welle neuer kommunistischer Aggression und eine Überschreitung der ansich systemerhaltenden, bewahrenden Breschnew-Doktrin befürchtet. Vgl. auch der Boykott der Olympischen Spiele 1980. Diese Ereignisse waren in weiten westlichen, antikommunistischen Kreisen noch kräftig in Erinnerung, während die Gorbimania auch noch nicht richtig ausgebrochen war.

    Geschätzter Mr. Fogg: zu Daltons Rollenverständnis ist zu sagen, dass ihm ja unglückseligerweise die Fleming-Bücher in die Hand fielen und er daraus den Schluss zog, Bond müsse "menschlicher" gemacht werden, da Fleming ihn als "ganz realen Menschen" darstelle. Schon das von Fleming im Eigentlichen erfundene Genre des Actionhelden ansich, das wiederum eigentlich herzlich wenig mit dem Geheimdienstwesen verbunden ist, hat aber für mich herzlich wenig mit Realität zu tun, ebensowenig die Punkte Bondschurke, Bondgirl usw. Es wurde ja im übrigen treffend gesagt, dass Bondromane zumindest auf der symbolischen Ebene wie moderne Märchen funktionieren. Es ging Fleming wie schon mehrmals beschrieben eben darum, "realistische" Details als Identifikationsmöglichkeit für seinen Leser einzustreuen, dies gelang meisterhaft durch einen reportagehaften Stil, der aber wohl filmisch nicht umsetzbar ist. Dieser partielle Flemingsche Realismus zeigt sich aber für mich viel glaubwürdiger und überzeugender bei den Reisebeschreibungen , sowie bei der Schilderung des nun einmal aristokraitsch angehauchten Bondlifestyles als bei irgendwelchen psychoanalytisch-tiefsinnigen Erkundungen des Bondschen Gefühlslebens, die von Fleming ja selbst nicht ernst genommen wurden . Fleming hat, mit einer Reihe von Aussagen, die man bequem nachlesen kann, diese Auffassung seines eigenen Werkes auch untermauert.


    Was Dalton fatalerweise mit seiner Rollenauffassung ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt erreichte, war keinesfalls das Vordringen zum Flemingschen Urbond sondern vielmehr, dass man nun seinerseits von mehr oder weniger durchschnittlichen amerikanischen Actionfilmen kopierte. Diese sind nun aber im Kern selbstverständlich ebensowenig "menschlich" oder "realistisch" wie Bondfilme, propagieren nur einen anderen Lifestyle und eine andere Dimension der Gewaltdarstellung. (wobei ich manchen dieser Amerikaner zu Gute halte, dass sie mit
    mehr Augenzwinkern und Selbstironie zu Werke gingen als gewisse
    007-Darsteller) Ein stumfpsinniger "Held schaut böse, beleidigt u. brutal u. ballert alles nieder was sich ihm in den Weg stellt" Racheplot wie etwa in LTK oder QOS ist für mich an Unbritishness nicht zu überbieten.

    Der letzte rundum gelungene u. erfreuliche Bondfilm rangiert für mich jedenfalls unter den Top 10. Dies liegt vor allem auch an der tadellosen Arbeit der Drehbuchautoren .. Es liegt darin, dass eine der besten Fleming-Kurzgeschichten erstaunlich werkgetreu in einen intelligenten, aktuellen Plot eingearbeitet wurde. Es liegt darin, dass dass zudem reichlich originelle Einfälle hinzugefügt wurden: Pipeline in den Westen, dass genug augenzwinkernde, humorvolle Action (Celloszene) vorhanden ist, die rasant und schnörkellos umgesetzt wurde. Eines der größten Vorzüge des immer noch unterschätzten Regisseurs John Glen, der hier nach FYEO seinen besten Bondfilm abliefert.
    Es liegt daran, dass reichlich Flair verströmt wird, wobei es kein bißchen stört, dass das Österreichbild sehr fantastisch ist: von der slowakischen Grenze kommt man niemals durch alpines (?) Gebiet nach Wien, das Riesenrad konnte bzw. kann wohl hoffentlich doch nicht einmal der damals bzw. der heutige amtierende Wiener Bürgermeister aus romantischen Gründen anhalten. Auch die Afganistan-Folklore ist als Zeitdokument nicht weiter störend, denn man kann Cubby Brocoli u.Co gewiss viel vorwerfen, aber ihnen nun auch vorzuhalten, den 11.9.2001 nicht vorausgesehen zu haben, wäre wohl etwas übertrieben. Zudem hat sich eben auch Fleming häufig aktuelle politsche Szenarien als Hintergrund seiner meist übersteigert-märchenhaften Actionplots bedient. Es liegt schließlich daran, dass reichlich Serienelemente beibehalten werden: zum letzten Mal hört man einen (prachtvoll gelungenen) Score des großen Bond-Meisters John Barry, Q, Felix Leiter, Martini geschüttelt nicht gerührt, Bond, James Bond untermalt mit der klassischen Melodie. Es liegt nicht zuletzt auch an der Darstellung Timothy Daltons, obgleich ich dessen grundsätzliches Rollenverständnis für falsch halte. Aber eingebettet in so viele klassische Elemente aus den alten Filmen und aus Flemings Büchern wirkt dies nicht weiter störend. Man nimmt dem kantigen Waliser den Durchschnittsbriten von der Straße ab, der Lederjacke und Pullover trägt, wie auch den gefährlichen Actionhelden mit knochentrockenem Humor und nicht zuletzt den romantischen Liebhaber, zudem sieht er dem Bond aus Flemings Büchern tatsächlich ähnlich. Von allen Annäherungen an einen "menschlichen, harten, realistischen Bond", ist dies die gelugenste - sowenig ich auch mit diesem Rollenverständnis und vor allem dem Dogmatismus, mit dem seine Verfechter beanspruchten, alleinbefugte Ausleger der orthodoxen Bondlehre zu sein, anfangen kann.

    ich habe in der heftigen Diskussion über die "Offizialität" dieses Bondes einiges gelernt. Für mich ist dieser letztlich ins Reich juristischer Haarspaltereien zu verweisende Thema absolut sekundär. Fakt ist, NSNA ist durchwegs professioneller Bond und genau wie TB ein Streifen, der immer dann, wenn eigentlich geschauspielert wird, köstliche Unterhaltung (vor allem auch in der Synchro) und darstellerische Glanzleistungen bietet. (Übrigens durchaus auch eine Parallele zu OP). Irgendwie sind die ganzen Bombenentführungs und versteckungsszenen für mich zu fade, aber das ist wirklich rein subjektiv. Ich finde es einfach herrlich, wie sich Sean Connery genußvoll-selbstironisch bei praktisch jeder Szene selbst auf die Schaufel nimmt, auch wenn anderen dazu nur Albernheit und Klamauk einfallen. Auch meinem Landsmann Brandauer, von dem ich nicht durchgehend gar soviel halte, gebührt hier verdienter Lorbeer. Für viele übrigens beginnt ja erst mit diesem Film, mit dem sich Connery selbst aus der Flaute spielte, die Zeit seiner eigentlichen schauspielerischen Meisterleistungen. Selbst Kim Basinger muss man ja immerhin doch zugute halten, dass sie sehr gut tanzen kann (war ja, wenn ich mich nicht irre, ihre ursprüngliche Profession).


    Noch ein Wort zum Thema Klamauk: ich finde es interessant, wie viele Kritiker hier Connery mit diesem Thema in Verbindung bringen. Da haben sich die Zeiten sehr geändert, denn für etwa einen Dr. Tesche war Klamauk ein synonym für Moore-Bonds, ihn mit Connery in Verbindung zu bringen, wäre jedoch Majestätsbeleidigung gewesen.

    wieder einmal eine sehr interessante Debatte:). Ich würde behaupten, dass Fleming einerseits auf gesellschaftliche Phänomene seiner Zeit mit geradezu seismographischer Sensibilität reagierte, dass er aber andererseits, genau wie 007 nicht dazu neigte seinen Positionen tiefschürfend auf den Grund zu gehen und sie selbstkritisch zu reflektieren, während er andererseits ganz bewusst kein ernsthafter gesellschaftskritischer Autor sein wollte. Jedoch war sein geistiger Reflex immer ein konservativer.


    In der Geschlechterfrage lässt sich das wohl exemplarisch verfolgen. Der Mann als Opfer, das ist ein Thema, das bei Fleming an der Peripherie mehrmals auftaucht. Dahinter steckt wohl nicht nur die Angst vor mütterlicher Kontrolle, sondern auch ebenso sehr die Angst, dass der Mann in einer Welt der realen Polygamie oder Polyandrie vielmehr der Unterlegene sein konnte (eine Erfahrung die Fleming, selbst vornehm gesprochen alles andere als ein Unschuldslamm, ja auch mit der "ehrenwerten Lady" Ann machte). In bzw. kurz nach Fleming letzen Lebensjahren formierte sich zum einen die zumindest im Großbritannien seiner Gesellschaftsschicht damals schon erstaunlich etablierte und traditionsreiche feministische Bewegung mit bis dato unbekannter Radikalität, traten aber auch, gewissermaßen als Modernisierungsverlierer bereits die ersten Maskulisten auf. Nun war aber Fleming sicher alles andere als ein "Maskulist", wie auch eine Thematisierung einer männlichen Opferproblematik ja in das Bild eines echten Machos auch überhaupt nicht passt. Fleming hielt ja auch nichts für verächtlicher und bemitleidenswerter als einen treusorgenden Ehemann, der brav zur Arbeit trottet, während sich die Ehegattin mit Golflehrern u.Ä. vergnügt. Hier hat sich Fleming also eine heile Welt zusammengesponnen, wo der Mann immer das Heft in der Hand behalten konnte.In dieser Welt ist aber Bond ganz sicher nicht Flemings Alter ego, sondern seine Idealvorstellung von sich selbst. Ist diese Welt frauenfeindlich? In gewisser Hinsicht schon, aber andererseits wird die Ernsthaftigkeit und Probelmatik dieser Frage auch erstaunlich verharmlost, wie ja auch trotz Flemings gewiss ehrlich gemeintem Antikommunismus die "kommunistische Bedrohung" als solche nie wirklich problematisiert wird, sondern die Kommunisten als Superschurken letztlich erstaunlich austauschbar sind.


    Jedenfalls hat Fleming im Grunde ganz stark die männliche Brille aufgesetzt und sicher auch vornehmlich für Männer geschrieben. Es ist aber durchaus möglich, dass er auch mitunter, etwa im Falle Tracy, bewusst etwas für Frauen akzeptable Romantik eingeflochten hat, um neue Leserschichten zu gewinnen.