Dafür gehöre ich aber auch wie du zu den anscheinend nur ganz wenigen MR Fans hier im Forum
Unter den verbliebenen aktiven Foristen dürfte die Moore-Fraktion inzwischen sogar die Mehrheit stellen. Und nachdem Du, lieber Whisper – ein herzliches Willkommen auch von mir –, hier zum Einstand Roger-Festspiele eröffnet hast, will auch ich in den Chor einstimmen.
Seit Weltlage und Politik uns eine gewisse Häuslichkeit ans Herz legen, habe ich in willkürlicher Reihenfolge alle Bonds bis einschließlich SF im Player gehabt, und wenn dieser Shuffle einen Gewinner hatte, dann war es Roger, dessen Lässigkeit und Selbstverständlichkeit in der Rolle mir ausnehmend gut gefallen haben. Klamaukig fand ich ihn im negativen Sinn (denn gegen ein bisschen Quatsch ist ja nichts einzuwenden) nur sehr selten – etwa in der ersten Briefing-Szene in TMWTGG, wo er etwas zu sehr auf Pointe spielte –, und die ernsten Szenen meistert er durchgehend sehr gut, gerade weil er seine Grenzen kennt. Wo Brosnan gerne etwas zu groß aufspielt und es zu Brüchen zwischen einzelnen Szenen kommt, kauft man Moores Bond das kurze Aufflackern seines Gefühlslebens auch ab, wenn der Ton sonst ein leichterer ist. An Connery und Dalton kommt Moore zwar nicht bei mir heran, aber mit den übrigen Bonds balgt er sich nun um die Plätze, und im Moment sähe es für mein einstiges Dauerschlusslicht gar nicht schlecht für einen Treppchenplatz aus. Mag sein, dass ich mich auch ein wenig zu der guten alten Bond-Zeit zurücksehne angesichts der Tristesse nicht erst seit den Querelen um NTTD. Und sehr gefällt mir auch Moores Loyalität und Dankbarkeit in Bezug auf das Franchise, inklusive einer sympathisch geerdeten Haltung zu sich selbst – leider keine Selbstverständlichkeit, wie wir haben lernen müssen. Nachdem ich im letzten Jahr Moores etwas hingeschludertes, aber recht kurzweiliges Anekdotenbuch „Last Man Standing“ gelesen habe, freue ich mich nun auf seine Memoiren, die ich mir jüngst antiquarisch besorgt habe.
Da ich nicht in jedem Einzelthread einen Kurzbeitrag hinterlassen will, hier nun ein paar kurze Impressionen zu den einzelnen 007 Streichen von 003:
001. LALD: Wie souverän Moores Debüt ist, merkt man schon daran, dass er keiner Einführung bedarf. Hatte die PTS von OHMSS nur ein Thema, nämlich die Präsentation des neuen Bond, taucht Moore erst nach dem Vorspann auf (baut natürlich auch Spannung auf den Neuen auf) und zeigt ihn denkbar entspannt in seiner eigenen Wohnung. Moore ist in der Rolle von Anfang an – im Wortsinne – ganz zu Hause. Sein Auftritt später in Harlem könnte kaum stilvoller und zeitgemäßer sein, während sich der etwas aus dem Leim gegangene DAF-Connery in Las Vegas noch als vermeintlicher Exzentriker mit leichtem Spott konfrontiert sah. Kananga ist nicht der stärkste Bösewicht, sein Henchmen-Gespann gleicht das aber locker aus. Der Genuss der Bootsjagd steht und fällt mit der Beurteilung Peppers. Ich kann mit diesem Humor absolut nichts anfangen, und so wird eine an sich sehr gute Action-Sequenz etwas abgewertet. Das Finale inkl. Kanangas Abflug mochte ich immer, passt irgendwie zum Gesamteindruck. Auch wenn ich die erste Hälfte stärker finde, hat der Film diesmal bis zum Schluss ohne nennenswerte Längen unterhalten. Sauberer Einstand.
002. TMWTGG: Diesen Film schätzte ich eigentlich meist etwas höher ein, als es allgemein üblich ist, doch war er einer der Verlierer des Shuffles, auch wenn Moore wieder souverän agiert, z. T. noch an Connery orientiert. Neben Längen im Mittelteil und einem besonders nervigen Pepper – störte mich hier noch mehr als in LALD, hatte ich andersrum in Erinnerung – lag das v. a. am Villain, den ich bisher für Moores vielleicht besten Gegenspieler hielt. Das liegt nicht an Christopher Lee, den ich sehr schätze, sondern an der Anlage der Figur, die mir zu sehr um Bonds Bewunderung und Anerkennung buhlt (machen die meisten Villains, aber hier ist es ja die Hauptmotivation für Sacaramangas Handeln und beinahe streberhaft) und so beim Zusammentreffen auf der Insel fast mit jedem Wort an Bedrohlichkeit einbüßt. Bonds Ablehnung, sich auch nur irgendwie mit Scaramanga gemein zu machen, ist klar verständlich, denn Letzterer ist als aus dem Hinterhalt Mordender – unabhängig vom moralischen Aspekt – einfach ein ziemlich armseliger Tropf (und auch bei seinen Inselduellen ist er als ortskundiger Ausrichter klar im Vorteil). Bonds schon angeekelte Verachtung, die im Original noch wesentlich deutlicher rüberkommt, ist absolut nachvollziehbar, und so ist Scaramanga mit all seinem verzweifelten Stilwillen kaum ein würdiger Gegner für Bond. Das Duell-Haus ist mir seit jeher etwas zu jahrmarktmäßig gewesen, hier hätte man, wenn man einen solchen Schauplatz unbedingt wollte, vielleicht mehr von „Die Lady von Shanghai“ klauen sollen, um Bonds Orientierungslosigkeit und Gefährdung zu steigern.
003. TSWLM: Auch meiner Meinung nach Moores Bester. Einzige Abzüge: Von den drei Gilbert-Gigantomanien finde ich hier die Schlacht-Szenen vielleicht am wenigsten aufregend. Und der Lawrence-von-Arabien-Moment ist völlig überflüssig, das braucht ein Film, der selbst genug epischen Atem hat, nicht. Ansonsten reihen sich hier diverse grandiose Momente aneinander, Moore hat sich die Rolle endgültig zu eigen gemacht, das Bond-Girl ist zauberschön und im Vergleich zu ihren Vorgängerinnen ziemlich auf Augenhöhe mit Bond, der Beißer gerade zu Beginn noch wirklich bedrohlich – ich mag die Ägypten-Sequenz sehr, namentlich die Pyramiden-Szene –, es ist letztmals gelungen, ein ikonisches Auto zu kreieren, und die Musik ist mein liebster Bondscore, der nicht von Barry stammt. Ab hier hatte sich das FRanchise endgültig von Connery gelöst.
004. MR: Hatte MR früher einmal ein Dauer-Abo für den letzten Platz meiner Bond-Charts, belegt er bei den Moore-Bonds nun sogar Platz 2. Optisch und akustisch ein Hochgenuss, Bond im All (früher absolutes No-Go) stört mich nicht mehr, und dass der Beißer zur komischen Figur wird, ist innerhalb eines solchen Märchenfilms auch egal. Das erste Drittel ist fast perfekt, die geradezu absurd plakative Schleichwerbung schon wieder witzig und Kind der Zeit (siehe z. B. auch Superman II), und der über-stoische Drax gefällt mir noch besser als der ganz ähnliche Stromberg. Auf seine Weise ist Lonsdale vielleicht sogar mein favorisierter Moore-Schurke im Moment.
005. FYEO: Ein Film, den ich schätze und dessen Richtung prinzipiell die meine ist, der für mich als Ganzes aber einfach nicht so recht zündet. Auch wenn hier auf einen Darstellerwechsel dann doch verzichtet wurde, läutete dieser Film eine neue Zeit ein, und es war vielleicht besser, dass dies durch einen etablierten Darsteller geschah, der das Publikum mitnehmen konnte back to the roots. Aber irgendwie kommt die Story nicht in Gang, und der Film schleppt sich eher unmotiviert von Schauplatz zu Schauplatz. Bibi ist leider nicht nur überflüssig, sie lässt einen ohnehin schon schwachen Villain noch schwächer dastehen, was das überschaubare Bedrohungs-Szenario des Films noch weiter reduziert. So landet ein eigentlicher Top-Ten-Kandidat wieder nur unter „ferner liefen“.
006. OP: Ebenfalls einst Inhaber der Roten Laterne und auch danach bis zum vergangenen Sommer ein Problem-Bond für mich. Wird auch jetzt keiner meiner Lieblings-Filme, aber zumindest funktionierte er bei der letzten Sichtung erstmals als Ganzes bei mir, statt in zwei nicht zusammenpassende Teile auseinanderzufallen. Näheres dazu habe ich vor einiger Zeit im OP-Thread geschrieben, ich erspare uns allen die Wiederholung.
007. AVTAK: Nicht der inspirierteste Bond, in der Kaschierung der Stunt-Leute sicher auch fahriger als nötig und möglich, aber ein schön entspannter Abschied, bei dem Moore gerade im ersten Drittel noch einmal all seine Stärken ausspielen kann. Ich war nie der größte Fan von Walkens Villain, diesmal machte mir Zorin aber ziemlich viel Spaß. Wie er zum Ende hin gut gelaunt seine eigenen Leute wegballert, das ist das unbeschwerte Psychopathentum, das ich mal wieder gern bei Bond sehen würde – jemand, dem das Bösesein so richtig Spaß macht. Der Schlusskampf an der Golden Gate Bridge entschädigt für einen gewissen Leerlauf in San Francisco. Wenn NTTD jemals auf die Leinwände kommt und wir Craig mit ebenso viel Spaß verabschieden, wie wir hier von Roger scheiden (viel spricht leider nicht dafür), dann wäre ich mehr als zufrieden.
Well done, 003!