Beiträge von Feirefiz


    Diesem Wunsch kann ich mich nur uneingeschränkt anschließen, ollistone! Treffend auf den Punkt gebracht, Feirefiz! :prost:
    Es fällt mir sehr schwer, mir das Franchise ohne diese beiden, von der breiten Allgemeinheit meist erstaunlich negierten Werke vorzustellen. Ein ganz wichtiger Aspekt würde nämlich fehlen: Der Beweis, das plakative Traditionen und Ur-Ingredienzien mit der Moderne souverän harmonieren können. Klar sprechen viele Filmkritiker des 21. Jahrhunderts diese Eigenschaft meist CR und SF zu. Aber die Craig-Bonds - so sehr ich sie auch liebe - sind weit davon entfernt, von sovielen klassischen Attributen und einer Eon-traditionellen Oldschool-Atmosphäre beseelt zu werden, als das TLD Mitte der 80er - einer Hochzeit der Postmoderne - gelingt.
    Als jemand, der mit dem Film seinen regulären Kino-Einstieg erlebte, finde ich es immer sehr interessant, wie massiv eine große, breite Fraktion der 'Generation Bronsan' GE eben genau jene 'Perfect-Modern-Classic-Mix'-Qualiäten auf sakralste Art und Weise zuschreibt, die ich vielmehr stets in Dalton's Debüt manifestiert sehe. Vermutlich ein heftiges Indiz dafür, wie sehr doch das Lebensalter eine Rolle spielt, in dem man die Filme kennenlernt.


    Danke, Freunde! :friends:


    Und schön, mal wieder von Dir zu lesen, Dr. moVe, und dann gleich mit einem Beitrag, der mir größtenteils ganz aus der Seele spricht. Habe mir TLD erst vor wenigen Tagen mal wieder angesehen und war einmal mehr begeistert, wie klassisch und frisch zugleich dieser kleine Jubiläums-Film (25 Jahre EON-Bond) auf mich wirkt – und wie harmonisch dabei, wo die Brosnans häufig tonal auseinanderzufallen drohen. Selbst die Schlussszene hat mich – ähnlich wie bei LTK oder auch schon bei FYEO – nie gestört. Der relative Ernst dieser 80er-Beiträge wird hier mit einem Augenzwinkern aufgelöst – im Falle von LTK wortwörtlich, auch wenn das den Toleranzrahmen selbst vieler dem Film gewogener Fans zu sprengen scheint -, ohne dass damit die allgemeine Stimmung und Stimmigkeit der Filme für mich negiert würde oder auch nur Schaden nähme.


    Die generationenspezifische Wahrnehmung ist sicher ein wichtiger Punkt – und umso verheerender ist das EON-Missmanagement in den vergangenen ca. 10 Jahren. Denn während bis in die frühen 00er-Jahre ein Großteil der Neu-Fans sich für den kompletten Kanon interessierten, glaube ich nicht, dass sich die Mehrheit der Fans ab Jahrgang ca. 1990 noch für Connery und Moore, geschweige denn für Lazenby und Dalton begeistern kann. Das sind olle Kamellen oder gar Opas Kino, und das hat nichts mit Ignoranz zu tun. Als ich z. B. GF erstmal sah, trennten mich von der Filmpremiere weniger Jahre als heute von GE. Der Abstand des jungen Erstguckers zu DN ist heute so groß, wie er zu meiner Erstbegegnung mit Bond (80er) zur Stummfilmzeit war. Insofern muss man sich nicht wundern, dass sich Teens und Twens heute nur noch gelegentlich für die goldene Zeit des Franchise gewinnen lassen. Man kann vielmehr dankbar sein, wenn sich der Fan-Nachwuchs heute nicht nur für Craig, sondern auch noch für die – ja eher schlecht alternde – Brosnan-Ära begeistern kann.


    Es gibt also kaum Filme, auf denen Bond auch als Massenphänomen zukünftig beim Massenpublikum wird aufbauen können. Umso unverständlicher, dass sich Barbara und Co. nach dem Triumph von CR nicht mehr reingehängt haben, die Zukunft der Reihe zu sichern – und dies geht in erster Linie nur über einen halbwegs regelmäßigen Filmausstoß. Das zumindest hat die Ära Brosnan ohne Wenn und Aber geleistet, und ohne diesen Einsatz hätte es eine Craig-Ära vielleicht nie gegeben. Sicher war in den letzten fünfzehn Jahren auch viel Pech dabei (Autorenstreik, rechtliche Probleme, Corona), aber dass das Herzblut bei Produzententeam und Hauptdarsteller nach QOS spürbar versiegt ist, haben wir ja oft und oft beklagt …

    Frank McRae, uns v. a. bekannt als Sharkey aus LTK, ist bereits letzte Woche im Alter von 80 Jahren verstorben.

    Zu LTK habe ich mir hier ja schon die Finger wundgetippt. Egal, von vorn: Trotz der Gewalt und Bonds Solofeldzug – der sich aber auch für mich fast wie eine reguläre Mission anfühlt – versprüht der Film für mich ohne jeden Abstrich Bond-Feeling pur. Den Stilbruch, den viele beklagen, kann ich argumentativ z. T. nachvollziehen, nicht aber emotional. Das ist von A bis Z lupenreiner Bond, ebenso wie etwa OHMSS auch, wo Bond gleich zweifach kündigen will und später gegen M’s eindeutige Weisung Blofelds Festung stürmt. Und auch da, wo LTK von der Formel ausdrücklich abweicht, gefällt mir die jeweilige Umsetzung. Nehmen wir Bonds Kündigung: Sein kurzer Kampf mit sich, Ms fortwährender Schutz und diskreter Beistand – das ziehe ich etwa Craig-Bonds schnoddriger „Scheißegal“-Reaktion auf seine Suspendierung in SP um Längen vor.


    Sind die Dalton-Filme für viele offenbar nichts Halbes und nichts Ganzes, vereinen sie für mich in dem Versuch, der Formel zu genügen und zugleich Bond als Person fassbarer zu machen, Tradition und Moderne gerecht zu werden, das Beste beider Welten. Auch wenn das seit gut 30 Jahren ein eher exklusiver Zugang zu Dalton und besonders zu LTK sein mag …

    irgendwo langfahren, oder stehenbleiben, aufs Meer gucken, eine schöne Luftaufnahme, ein Schwenk über die Küste, eine Totale, so viel Zeit nehmen sich die Filme heute leider nicht mehr.

    Und trotzdem werden sie immer länger ... Dass die Handlungen dadurch zuletzt gewonnen hätten, kann man aber auch nicht behaupten.

    Ich gebe aber auch zu, dass ich mich nach 7 Moore Bonds am Stück immer wahnsinnig auf Dalton in TLD freue!

    So ging es mir bei meinem einzigen streng chronologischen Marathon auch, und deshalb habe ich mich diesmal für den Shuffle entschieden. So kam (fast) jeder Film und jeder Darsteller zu Ehren und traf stets auf einen denkbar geneigten Zuschauer. ;)

    Dafür gehöre ich aber auch wie du zu den anscheinend nur ganz wenigen MR Fans hier im Forum :thumbup:

    Unter den verbliebenen aktiven Foristen dürfte die Moore-Fraktion inzwischen sogar die Mehrheit stellen. Und nachdem Du, lieber Whisper – ein herzliches Willkommen auch von mir –, hier zum Einstand Roger-Festspiele eröffnet hast, will auch ich in den Chor einstimmen.


    Seit Weltlage und Politik uns eine gewisse Häuslichkeit ans Herz legen, habe ich in willkürlicher Reihenfolge alle Bonds bis einschließlich SF im Player gehabt, und wenn dieser Shuffle einen Gewinner hatte, dann war es Roger, dessen Lässigkeit und Selbstverständlichkeit in der Rolle mir ausnehmend gut gefallen haben. Klamaukig fand ich ihn im negativen Sinn (denn gegen ein bisschen Quatsch ist ja nichts einzuwenden) nur sehr selten – etwa in der ersten Briefing-Szene in TMWTGG, wo er etwas zu sehr auf Pointe spielte –, und die ernsten Szenen meistert er durchgehend sehr gut, gerade weil er seine Grenzen kennt. Wo Brosnan gerne etwas zu groß aufspielt und es zu Brüchen zwischen einzelnen Szenen kommt, kauft man Moores Bond das kurze Aufflackern seines Gefühlslebens auch ab, wenn der Ton sonst ein leichterer ist. An Connery und Dalton kommt Moore zwar nicht bei mir heran, aber mit den übrigen Bonds balgt er sich nun um die Plätze, und im Moment sähe es für mein einstiges Dauerschlusslicht gar nicht schlecht für einen Treppchenplatz aus. Mag sein, dass ich mich auch ein wenig zu der guten alten Bond-Zeit zurücksehne angesichts der Tristesse nicht erst seit den Querelen um NTTD. Und sehr gefällt mir auch Moores Loyalität und Dankbarkeit in Bezug auf das Franchise, inklusive einer sympathisch geerdeten Haltung zu sich selbst – leider keine Selbstverständlichkeit, wie wir haben lernen müssen. Nachdem ich im letzten Jahr Moores etwas hingeschludertes, aber recht kurzweiliges Anekdotenbuch „Last Man Standing“ gelesen habe, freue ich mich nun auf seine Memoiren, die ich mir jüngst antiquarisch besorgt habe.


    Da ich nicht in jedem Einzelthread einen Kurzbeitrag hinterlassen will, hier nun ein paar kurze Impressionen zu den einzelnen 007 Streichen von 003:


    001. LALD: Wie souverän Moores Debüt ist, merkt man schon daran, dass er keiner Einführung bedarf. Hatte die PTS von OHMSS nur ein Thema, nämlich die Präsentation des neuen Bond, taucht Moore erst nach dem Vorspann auf (baut natürlich auch Spannung auf den Neuen auf) und zeigt ihn denkbar entspannt in seiner eigenen Wohnung. Moore ist in der Rolle von Anfang an – im Wortsinne – ganz zu Hause. Sein Auftritt später in Harlem könnte kaum stilvoller und zeitgemäßer sein, während sich der etwas aus dem Leim gegangene DAF-Connery in Las Vegas noch als vermeintlicher Exzentriker mit leichtem Spott konfrontiert sah. Kananga ist nicht der stärkste Bösewicht, sein Henchmen-Gespann gleicht das aber locker aus. Der Genuss der Bootsjagd steht und fällt mit der Beurteilung Peppers. Ich kann mit diesem Humor absolut nichts anfangen, und so wird eine an sich sehr gute Action-Sequenz etwas abgewertet. Das Finale inkl. Kanangas Abflug mochte ich immer, passt irgendwie zum Gesamteindruck. Auch wenn ich die erste Hälfte stärker finde, hat der Film diesmal bis zum Schluss ohne nennenswerte Längen unterhalten. Sauberer Einstand.


    002. TMWTGG: Diesen Film schätzte ich eigentlich meist etwas höher ein, als es allgemein üblich ist, doch war er einer der Verlierer des Shuffles, auch wenn Moore wieder souverän agiert, z. T. noch an Connery orientiert. Neben Längen im Mittelteil und einem besonders nervigen Pepper – störte mich hier noch mehr als in LALD, hatte ich andersrum in Erinnerung – lag das v. a. am Villain, den ich bisher für Moores vielleicht besten Gegenspieler hielt. Das liegt nicht an Christopher Lee, den ich sehr schätze, sondern an der Anlage der Figur, die mir zu sehr um Bonds Bewunderung und Anerkennung buhlt (machen die meisten Villains, aber hier ist es ja die Hauptmotivation für Sacaramangas Handeln und beinahe streberhaft) und so beim Zusammentreffen auf der Insel fast mit jedem Wort an Bedrohlichkeit einbüßt. Bonds Ablehnung, sich auch nur irgendwie mit Scaramanga gemein zu machen, ist klar verständlich, denn Letzterer ist als aus dem Hinterhalt Mordender – unabhängig vom moralischen Aspekt – einfach ein ziemlich armseliger Tropf (und auch bei seinen Inselduellen ist er als ortskundiger Ausrichter klar im Vorteil). Bonds schon angeekelte Verachtung, die im Original noch wesentlich deutlicher rüberkommt, ist absolut nachvollziehbar, und so ist Scaramanga mit all seinem verzweifelten Stilwillen kaum ein würdiger Gegner für Bond. Das Duell-Haus ist mir seit jeher etwas zu jahrmarktmäßig gewesen, hier hätte man, wenn man einen solchen Schauplatz unbedingt wollte, vielleicht mehr von „Die Lady von Shanghai“ klauen sollen, um Bonds Orientierungslosigkeit und Gefährdung zu steigern.


    003. TSWLM: Auch meiner Meinung nach Moores Bester. Einzige Abzüge: Von den drei Gilbert-Gigantomanien finde ich hier die Schlacht-Szenen vielleicht am wenigsten aufregend. Und der Lawrence-von-Arabien-Moment ist völlig überflüssig, das braucht ein Film, der selbst genug epischen Atem hat, nicht. Ansonsten reihen sich hier diverse grandiose Momente aneinander, Moore hat sich die Rolle endgültig zu eigen gemacht, das Bond-Girl ist zauberschön und im Vergleich zu ihren Vorgängerinnen ziemlich auf Augenhöhe mit Bond, der Beißer gerade zu Beginn noch wirklich bedrohlich – ich mag die Ägypten-Sequenz sehr, namentlich die Pyramiden-Szene –, es ist letztmals gelungen, ein ikonisches Auto zu kreieren, und die Musik ist mein liebster Bondscore, der nicht von Barry stammt. Ab hier hatte sich das FRanchise endgültig von Connery gelöst.


    004. MR: Hatte MR früher einmal ein Dauer-Abo für den letzten Platz meiner Bond-Charts, belegt er bei den Moore-Bonds nun sogar Platz 2. Optisch und akustisch ein Hochgenuss, Bond im All (früher absolutes No-Go) stört mich nicht mehr, und dass der Beißer zur komischen Figur wird, ist innerhalb eines solchen Märchenfilms auch egal. Das erste Drittel ist fast perfekt, die geradezu absurd plakative Schleichwerbung schon wieder witzig und Kind der Zeit (siehe z. B. auch Superman II), und der über-stoische Drax gefällt mir noch besser als der ganz ähnliche Stromberg. Auf seine Weise ist Lonsdale vielleicht sogar mein favorisierter Moore-Schurke im Moment.


    005. FYEO: Ein Film, den ich schätze und dessen Richtung prinzipiell die meine ist, der für mich als Ganzes aber einfach nicht so recht zündet. Auch wenn hier auf einen Darstellerwechsel dann doch verzichtet wurde, läutete dieser Film eine neue Zeit ein, und es war vielleicht besser, dass dies durch einen etablierten Darsteller geschah, der das Publikum mitnehmen konnte back to the roots. Aber irgendwie kommt die Story nicht in Gang, und der Film schleppt sich eher unmotiviert von Schauplatz zu Schauplatz. Bibi ist leider nicht nur überflüssig, sie lässt einen ohnehin schon schwachen Villain noch schwächer dastehen, was das überschaubare Bedrohungs-Szenario des Films noch weiter reduziert. So landet ein eigentlicher Top-Ten-Kandidat wieder nur unter „ferner liefen“.


    006. OP: Ebenfalls einst Inhaber der Roten Laterne und auch danach bis zum vergangenen Sommer ein Problem-Bond für mich. Wird auch jetzt keiner meiner Lieblings-Filme, aber zumindest funktionierte er bei der letzten Sichtung erstmals als Ganzes bei mir, statt in zwei nicht zusammenpassende Teile auseinanderzufallen. Näheres dazu habe ich vor einiger Zeit im OP-Thread geschrieben, ich erspare uns allen die Wiederholung.


    007. AVTAK: Nicht der inspirierteste Bond, in der Kaschierung der Stunt-Leute sicher auch fahriger als nötig und möglich, aber ein schön entspannter Abschied, bei dem Moore gerade im ersten Drittel noch einmal all seine Stärken ausspielen kann. Ich war nie der größte Fan von Walkens Villain, diesmal machte mir Zorin aber ziemlich viel Spaß. Wie er zum Ende hin gut gelaunt seine eigenen Leute wegballert, das ist das unbeschwerte Psychopathentum, das ich mal wieder gern bei Bond sehen würde – jemand, dem das Bösesein so richtig Spaß macht. Der Schlusskampf an der Golden Gate Bridge entschädigt für einen gewissen Leerlauf in San Francisco. Wenn NTTD jemals auf die Leinwände kommt und wir Craig mit ebenso viel Spaß verabschieden, wie wir hier von Roger scheiden (viel spricht leider nicht dafür), dann wäre ich mehr als zufrieden.



    Well done, 003!

    Belastend finde ich die Pause auch nicht, nur ärgerlich, weil komplett vermeidbar. Wenn EON und Craig nicht mit solch pflichtschuldiger Unlust ans Werk gegangen wären ("There's no hurry", hätte ihr geschichtsvergessenes Motto sein können), wäre NTTD schon mit sicher großem Erfolg aus den Kinos raus gewesen, bevor die Welt bis auf Weiteres geschlossen wurde. Und jetzt könnten sie sich in aller Ruhe dem Neustart widmen. Tja ...

    Das war ja zu erwarten und ist wirschaftlich angesichts des Schicksals von Tenet, der unter normalen Umständen sicher das Dopelte eingespielt hätte, verständlich.



    Dennoch: Noch eine Verschiebung mehr, und wir haben einen neuen Abstandsrekord zwischen zwei Bond-Filmen.
    Das ist gleich doppelt schade, denn natürlich würde ich den Film langsam mal gerne sehen, auch wenn er in vielerlei Hinsicht ein Spectre II zu werden droht - aber angesichts meiner niedrigen Erwartungshaltung kann mich NTTD eigentlich nur positiv überraschen.


    Vor allem aber bedaure ich, dass sich so die nötige Neuorientierung des Franchsie inklusive Darstellerwechsel weiter nach hinten schiebt, Müsste natürlich nicht sein, da EON diese Zwangspause schon mit Storyentwicklung, Gesprächen etc. verbringen könnte: eigentlich kein großes Risiko, da nicht zu kostenintensiv - und dass Bond auf absehbare Zeit auch mit gegebenenfalls veränderten/angepassten Verwertungsstrategien (klassisch Kino, Streaming usw.) ein großes Publikum anziehen wird, sollte klar sein. Aber wahrscheinlich sitzen Barbara und Co. im Moment wie die Kaninchen vor der Schlange. Oder man scheut nach der Pandemie das Risiko eines Neustarts und besticht M. Craig mit einem weiteren LKW voller Geld zu einem sechsten Einsatz, mit entsprechenden Privilegien und Selbstverwirklichungszeit vor Drehbeginn. Dann brauchen wir mit mehr als zwei Bond-Filmen in den 2020er-Jahren wohl nicht zu rechnen ...

    Deshalb wollte Bond in OHMSS ja auch aussteigen, ebenso in CR, bei dem zusätzlich seine Unerfahrenheit zu seinen Gunsten genannt werden muss. In beiden Fällen musste Bond allerdings lernen, dass ihn seine Gegner nicht so einfach aussteigen bzw. die Geister des Berufslebens sich nicht so einfach abschütteln lassen - übrigens genauso wenig wie Bond es in OHMSS Blofeld durchgehen lässt, nach seinem letzten Coup als adeliger Privatier zu leben. Wenn man den Bond von Connery, Lazenby und Moore als eine Person betrachtet (da ungefähr die gleiche Generation und ein ziemlich konstantes Team vor und hinter der Kamera), hat er sich als deutlich lernfähiger erwiesen als der Barbara/Craig-Bond ...

    Sean Connery ist tot.
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    Damit ist 2020 endgültig das schwärzeste Jahr der Bond-Historie - das Jahr, in dem 007 buchstäblich zu Grabe getragen wird ...


    Ruhe in Frieden, Sir Sean! Und vielen, vielen Dank für ungezählte Stunden größten Vergnügens!

    2020 ist wirklich ein Pestjahr!


    Nach der wahren Lady Diana (unser bisher schwerster Verlust in diesem Jahr) nun also auch Drax ... Ich habe Moonraker erst kürzlich wieder gesehen, der Film gewinnt bei mir seit Jahren stetig dazu, und gerade Michael Lonsdale ist ein großer Aktivposten von Jimmy Bonds Mondfahrt, inzwischen kratzt er bei mir sogar an Christopher Lees Thron als bester Antagonist der Moore-Ära. Trotz seines hohen Alters ein schmerzlicher Verlust!


    Eine Empfehlung mit ihm ist auch der unterschätzte Spielberg-Film "München", in dem er - ähnlich stoisch und ambivalent zugleich - den Vater eines anderen Bond-Villains, nämlich Mathieu Amalric, spielt. Daniel Craig ist übrigens auch dabei, wenngleich er keine gemeinsamen Szenen mit den beiden 007-Schurken hat. Die sind Hauptdarsteller Eric Bana vorbehalten, der zu der Zeit ebenfalls als Brosnan-Nachfolger gehandelt wurde.


    Ruhe in Frieden!

    Mit OP habe ich mich immer schwergetan, eine Zeitlang hatte er bei mir sogar die Rote Laterne inne, und auch nachdem er diese Position hat räumen dürfen, war er für mich einer von lediglich drei Bonds, die für mich grundsätzlich nicht funktionier(t)en – die beiden Teile aus Märchen-Indien und deutsch-deutscher Nüchternheit gepaart mit einem sogar einigermaßen politischen Plot bildeten für mich einfach kein überzeugendes Ganzes.


    Umso erfreuter war ich, diesen Widerspruch bei der letzten Sitzung erstmals nicht so zu empfinden, hat doch auch das letzte Drittel durch den Zirkushintergrund genug folkloristisch-wirklichkeitsfernes Flair. Dass bei der Darstellung der „Indigenen“ Indiens wie Deutschlands extrem tief in die Klischeekiste gegriffen wird , mag keine Stärke des Films sein, eint die beiden Teile aber weiter. Ob für Bond ein Schlangenbeschwörer oder seine deutsche Mitfahrgelegenheit exotischer ist – wer mag das entscheiden? Übrigens dürfte Bond in diesem Film mehr Deutsch sprechen als in allen anderen Filmen zusammen.


    Und vor allem hält Roger Moore das alles zusammen und trägt den Film auch über die Passagen, in denen der Film etwas zu zerfasern droht. Dachte ich in den ersten Minuten mal wieder: „Also hier ist er nun wirklich etwas zu alt“, war mir das schnell egal, und wie Bond sich durch die indischen Gassen prügelt und dem Schwertschlucker en passant die Klinge aus dem Mund zieht, war schon immer einer meiner Lieblings-Gags.


    Ich mag es ja, wenn Bond allein gegen alle agieren und sich, kaum dass er eine brenzlige Situation gemeistert hat, gleich der nächsten stellen muss. Unübertroffen ist das in OHMSS bei Bonds Flucht von Piz Gloria umgesetzt. IN OP haben wir gleich zwei solcher Szenen. Einmal Kamal Khans Graf-Zaroff-mäßige Menschenjagd, in der das Potenzial leider zugunsten nicht sonderlich guter Gags ziemlich verschenkt wird. Sieht gut aus und ist auch kurzweilig, spannend aber ist es nicht. Anders Bonds verzweifelte Versuche, rechtzeitig zur Bombenentschärfung zum Zirkus zu kommen, dabei immer umfassender verfolgt, je näher er der Bombe kommt und je knapper die Zeit wird: So eine lange Alle-gegen-Bond-Sequenz hätte ich gern mal wieder. Sehr schön auch die PTS, die mir diesmal viel Spaß gemacht hat. Die Handlungskonstruktion habe ich auch diesmal gar nicht erst nachzuvollziehen versucht und gab mich einfach dem Spektakel hin – auch dies hat dem Gesamteindruck sicher nicht geschadet.


    Ein Kandidat für die obere Hälfte wird OP trotz allem nicht werden. Ein etwas höheres Erzähltempo wäre schön gewesen, diverse maue Gags beeinträchtigen die Wirkung ganzer Szenen. Orlov finde ich nicht sehr erinnerungswürdig, Kamal Khan schon etwas mehr, aber Louis Jourdans Minimalismus sehe ich ohnehin gerne. Mit Titelheldin Octopussy ist es so eine Sache: Eigentlich wird sie als selbstbewusste Selfmade-Woman eingeführt, um in Bedrohungssituationen dann doch eher zaudernd dabeizustehen. Das erinnert schon ein bisschen an Tiffany und Goodnight, wenn das Extrem auch längst nicht so stark ist wie bei diesen Damen. Auch die Szene, in der Bond Octopussy verführt bzw. erobert, ist etwas gewollt, aber hier hilft es mir – bzw. den Bond-Darstellern –, dass ich die Frage, warum die Dame X, Y, Z denn nun in 007’s Arme sinkt, stets mit der Antwort zufrieden bin: „Weil es Bond ist.“


    Und damit darf ich OP erstmals in meinem erweiterten Mittelfeld begrüßen. Für manche sicher ein Sakrileg, in meiner seit Jahren ziemlich fest zementierten Bond-Rangliste aber ein Aufstieg, wir er lange nicht mehr vorgekommen ist.


    Jetzt müsste ich mich endlich wieder an GE trauen und gucken, welche Wunder dort meiner harren …

    Vielleicht trifft es "Wirkung" besser als "Verstehen":


    Ohne CR-Kenntnis funktioniert QOS als Actionfilm sicher auch; tatsächlich kommt dieser Film von allen Craig-Filmen einer klassischen Mission wohl noch am nächsten. Aber der ganze emotionale Kern – in den alten Filmen, wenn überhaupt, über Bonds Sorge um das Haupt-Bondgirl hinaus nur selten vorhanden – ist von CR abhängig, schon der Einstieg mit Mr. White, Bonds ambivalentes Verhältnis zu Mathis, v. a. aber Vesper. Klar kann man sich zusammenreimen, dass Bond einer Geheimorganisation nachspürt, die u. a. seine Geliebte auf dem Gewissen hat. Aber entfalten etwa Bonds Besäufnis im Flieger, seine Gespräche mit Mathis, dessen Tod oder die Schlussszene eine ähnliche Wirkung, wenn man den Vorgänger nicht gesehen hat? Müsste man mal mit zwei Bond-Novizen ausprobieren: einmal QOS solo, einmal im Anschluss an CR …

    Und egal, wie unermesslich viel das WWW hergibt: Ein Buch ist ein Buch und nicht zu ersetzen ;) !


    Eine sympathische Ansicht, die ich emotional teile. Nur gehören wir wohl der letzten Generation an, die das mehrheitlich unterschreiben würde. Nach der Erfindung des Buchdrucks werden sicher auch einige Feudalherren und Mönche das Aussterben der Handschriften mit Wehmut betrachtet haben ... ;)



    Zur Causa Oberhauser: Am einfachsten wäre es für NTTD gewesen, den Weg von DAF zu gehen und den Vorgänger einfach faktisch zu ignorieren. Blofeld versauert unerwähnt im Knast, Madeleine verschwindet wie alle Bond-Girls vor ihr – mit Ausnahme der Erinnerung an Tracy und Vesper, die aber auch wesentlich prominentere Bestandteile ihrer Filme sind. Dass Bond gekündigt hat, dürfte den wenigsten wirklich klar geworden sein, zur Not hätte ein Satz wie „Da sind Sie ja wieder“ von Moneypenny oder M alle Irritationen en passant aus der Welt geräumt. Noch verführerischer wäre vielleicht eine PTS à la FYEO: Oberhauser bricht aus und wird von Bond in Minutenfrist entsorgt, um sich nach einem hübschen Titellied in eine famose 2-Stunden-Mission zu werfen, die mit Quantum, SPECTRE, Vesper und Bonds Leben vor dem Ausklang des Titelliedes nichts zu tun hat.


    Das passt aber nicht zum epischen Anspruch der Beteiligten, sodass es nun leider so aussieht, als ob NTTD den ganzen SP-Murks als schwere Hypothek mit sich schleppt. Sich davon freizuschwimmen und Eigenständigkeit zu gewinnen, wird für den Film sicher schwer. SP-Fans mögen das nicht so schlimm finden, aber dass QOS ohne Vorkenntnisse kaum zu verstehen ist, werden nur die wenigsten CR-Fans für einen Aktivposten von Craig II halten.


    Aber da ich mit meinen Prognosen meist danebenliege – so hätte ich nie gedacht, dass EON Blofeld und SPECTRE reaktiviert –, hoffe ich auch beim Ergebnis von NTTD eines Anderen, in diesem Falle: Besseren, belehrt zu werden. Die (anders als bei SP) eher niedrige Erwartungshaltung kann dem Film nur helfen.

    Lieber Martin,


    Gratulation und ganz herzlichen Dank für Deinen erfolgreichen Marathon, der nicht nur mir über Monate ein immer wieder neues Leservergnügen auf von Anfang bis Ende höchstem Niveau beschert hat und stets zu überzeugen wusste, ganz egal ob man selbst bei den einzelnen Filmen oder Teilaspekten zu ähnlichen oder ganz anderen Bewertungen und Fazits gelangt. Es soll kein vergiftetes Lob sein, aber Blogs wie Deiner sind ein Grund dafür, dass Bücher zu popkulturellen Themen es inzwischen noch schwerer haben als in früheren, analogen Zeiten. Chapeau!


    :thx: :prost:


    Mal abwarten, vielleicht ist das mit OHMSS 2.0 nicht weit hergeholt. .

    Das "Problem" ist nur, dass es OHMSS 2.0 schon gibt. Er heißt CR. Gewissermaßen ist auch SF, an dessen Ende Bond weinend eine wichtige weibliche Bezugsperson in seinen Armen hält, die er nicht hat retten können, eine OHMSS-Variation. Das ist bei Craig ja inzwischen fast ebenso Klischee wie früher das obligatorische finale Vernaschen des Bond-Girls ... Aber vielleicht hat Bond ja in NTTD Glück und der Titel des Films ist für zumindest eine der Damen in seinem Umfeld Programm.

    SF und erst recht SP, bei dem Craigs Einfluss wohl für manches zumindest mitverantwortlich ist, hätte es in der Form dann ja nie gegeben. Ein neuer Bond wäre auf der Handlungsebene gewiss auch nicht direkt mit der Frage nach seinem baldigen Ruhestand konfrontiert worden, und in seinem Debüt hätte man kaum M zu Grabe getragen. Dass Judi Dench nach einem weiteren Darstellerwechsel weiterhin M geblieben wäre, ist auch nicht selbstverständlich, und da zu dem Zeitpunkt Q und Moneypenny noch Leerstellen waren, hätte man das MI6-Team komplett neu aufstellen können. Aber hätte, hätte, hätte, wäre, wäre, wäre ...