Wenn man nach einem richtig nervigen Arbeitstag nachhause kommt, legt man dann wirklich Metropolis oder Apocalypse Now in den Player? Oder wenn Kumpels mit einem Sixpack Bier vorbeikommen, guckt man dann Schindlers Liste?
Die Rewatchability-Faktor ist sicher ein Aspekt der bei keiner Bewertung außer Acht gelassen werden sollte. Allerdings ist ein reiner Fokus darauf sicher auch nicht der Film-Weisheits letzter Schluß, sonst würden unsere Bondranglisten sicher auch allesamt recht anders aussehen.
Ich schätze meist ist es eher eine Mischung aus Rewatchability-Faktor, persönlicher Bedeutung, sowie filmischer und inhaltlicher Qualität, die in ihrer Summe Filme in die Favoriten-Hemisphäre heben. Ich habe z.B. schon oft Unverständnis dafür geerntet, das ein Film wie Schindler's Liste zu meinen Lieblingsfilmen zählt. Jedoch gerade der, im Verhältnis zur quasi Unerträglichkeit der schmerzlichen Thematik, erstaunlich überdurchschnittlich hohe Rewatchabilty-Faktor des Films (der Inhalt schreit eigentlich nach einer "Einmal und nie wieder"-Begutachtung, dennoch habe ich Spielberg's Streifen in den vergangen 28 Jahren sicher über ein Dutzend mal gesehen und es niemals bereut im Gegenteil! Und ja, 12 mal ist in Filmfankreisen für einen Lieblingsfilm sicher äußerst wenig - bei meiner ewigen Nr. 1 Back to the Future habe ich z.B. bei 180 aufgehört zu zählen, aber wie gesagt: Man muß es hier im Verhältnis zum abgrundtief düsteren Thema werten) ist die entscheidende Eigenart dieses Werks, die dann in Verbindung mit den anderen genannten (inzenatorische und erzählerische Brillianz, Bedeutung und emotionale Intensität) den Film in eine persönliche Top-5 zementieren darf. Aber auch wenn ich den Film öfter sehen kann als andere Geschichts- und Zivilisationsdramen, ist das wesentliche natürlich jedoch, das mich dieses Werk bis heute wie kein anderes bewegt und dieser Umstand stuft die Bedeutung des Rewatchabilty-Faktors dann doch auf ein Maß herunter, das ihn recht unwesentlich macht. So ähnlich verhält es sich übrigens - wenn auch auf oberflächlichere Art - mit Dances with Wolves, den ich inspiriert durch unsere Thread-Diskussion vor 2 Tagen noch mal in der von mir bevorzugten Langfassung gebeamert habe, um festzustellen das der Film nichts von seiner Anziehungskraft für mich eingebüßt hat. Im Gegenteil: Er wirkte mich auch aktueller und (nicht zuletzt durch seinen heutzutage mehr als damals hervorstechenden enormen Handmade-Charme) erfrischender denn je - was angesichts den Vorwürfen den einige 'hippe' Plattformen in den USA und UK (z.B. kürzlich ein Redakteur des 'Far Out Magazine') dem Film in letzter Zeit machen (er sei äußerst schlecht gealtert und geradezu peinlich aus heutiger Sicht) auf mich nicht nur grotesk wirkt, sondern bei mir ernsthaft die Frage weckt, ob die heutige vorherrschende Wahrnehmung für das Medium Film nicht ziemlich dekadent und gleichzeitig beschränkt geworden ist.
Dennoch bin ich natürlich immer wieder überrascht, welche Filme besonders oft in meinem Player landen, da es eher selten Filme sind, die ich als 'besten' ihres Jahrgangs oder gar als 'Lieblingsfilm' bezeichnen würde. Ich habe mich daher nun mal an einer betont ehrlichen Rewatchabilty-Jahrgangsliste versucht, die ich allerdings erst Ende der 50er beginnen muß, da es in den Jahren davor zu wenig Filme gibt bei denen ich zu Wiederholungstätern werde (einzige Ausnahme: Casablanca).
1958 Vertigo - Regie: Sir Alfred Hitchcock
1959 Some Like It Hot- Regie: Billy Wilder
1960 The Time Machine - Regie: George Pal
1961 One, Two, Three - Regie: Billy Wilder
1962 Dr. No - Regie: Terence Young
1963 From Russia with Love - Regie: Terence Young
1964 Goldfinger - Regie: Guy Hamilton
1965 Thunderball - Regie: Terence Young
1966 Il buono, il brutto, il cattivo - Regie: Sergio Leone
1967 You Only Live Twice - Regie: Lewis Gilbert
1968 The Thomas Crown Affair - Regie: Norman Jewison
1969 On Her Majestys Secret Service - Regie: Peter Hunt
1970 The Private Life of Sherlock Holmes - Regie: Billy Wilder
1971 Diamonds Are Forever
1972 The Godfather
1973 Live and let Die - Regie: Guy Hamilton
1974 The Man with the Golden Gun - Regie: Guy Hamilton
1975 The Rocky Horror Picture Show - Regie: Jim Sharman
1976 The Pink Panther Strikes Again - Regie: Blake Edwards
1977 The Spy Who Loved Me - Regie: Lewis Gilbert
1978 Superman - Regie: Richard Donner
1979 Moonraker - Regie: Lewis Gilbert
1980 The Empire Strikes Back - Regie: Irvin Kershner
1981 For Your Eyes Only - Regie: John Glen
1982 Blade Runner - Regie: Ridley Scott
1983 Never Say Never Again - Regie: Irvin Kershner
1984 Dune - Regie: David Lynch
1985 Back to the Future - Regie: Robert Zemeckis
1986 Aliens - Regie: James Cameron
1987 The Living Daylights - Regie: John Glen
1988 アキラ (Akira) - Regie: Katsuhiro Otomo
1989 Licence to Kill - Regie: John Glen
1990 Goodfellas - Regie: Martin Scorsese
1991 Terminator 2: Judgment Day - Regie: James Cameron
1992 Batman Returns - Regie: Tim Burton
1993 True Romance - Regie: Tony Scott
1994 Star Trek: Generations - Regie: David Carson
1995 GoldenEye - Regie: Martin Campbell
1996 Star Trek: First Contact - Regie: Jonathan Frakes
1997 Tomorrow Never Dies - Regie: Roger Spottiswood
1998 Star Trek: Insurrection - Regie: Jonathan Frakes
1999 The World Is Not Enough - Regie: Michael Apted
2000 Mission: Impossible II - Regie: John Woo
2001 千と千尋の神隠し (Chihiros Reise ins Zauberland) - Regie: Hayao Miyazaki
2002 Star Trek: Nemesis - Regie: Stuart Baird
2003 Matrix Reloaded - Regie: Wachowski Brothers
2004 Harry Potter and the Prisoner of Azkaban - Regie: Alfonso Cuarón
2005 War of the Worlds - Regie: Steven Spielberg
2006 Casino Royale - Regie: Martin Campbell
2007 Darjeeling Limited - Regie: Wes Anderson
2008 Quantum of Solace - Regie: Marc Forster
2009 Star Trek - Regie: J. J. Abrams
2010 Inception - Regie: Christopher Nolan
2011 X-Men: First Class - Regie: Matthew Vaughn
2012 Skyfall - Regie: Sam Mendes
2013 Star Trek Into Darkness - Regie: J. J. Abrams
2014 Interstellar - Regie: Christopher Nolan
2015 Spectre - Regie: Sam Mendes
2016 Batman v Superman: Dawn of Justice - Regie: Zack Snyder
2017 Valerian and the City of a Thousand Planets - Regie: Luc Besson
2018 Mission: Impossible - Fallout - Regie: Christopher McQuarrie
2019 Once Upon a Time in Hollywood - Regie: Quentin Tarantino
2020 Tenet - Regie: Christopher Nolan
2021 Licorice Pizza - Regie: Paul Thomas Anderson
Am auffälligsten ist natürlich, welchen Sprung in der Schüssel ich sowohl beim Bond- und Star Trek-Franchise habe, was man vorallem bei der Brosnan- und Star Trek: The Next Generation-Film-Ära bemerkt, wenn man weiß wie extrem schwach ich diese Epochen ihres jeweiligen Franchise insgesamt werte. Besonders schräg kommt das 1996 und 1997 zum Ausdruck, da man in unserer Forengeschichte sicher genug Beiträge von mir finden kann in denen ich sowohl über First Contact als auch TND kräftig ablästere. Noch dazu zählt zum 97er Jahrgang sowohl Boogie Nights, der einer meiner Lieblingsfilme ist, als auch The Fifth Element, der mein Favorit im Genre Space Opera darstellt und der imho Kinogigant Titanic, den ich damals im Kino viermal so oft besuchte wie TND. Alle diese Filme landeten über die Jahre oft in meinen Playern, aber ich muß einfach zugeben, das der von mir ziemlich ungeliebte TND ganz sicher die Nase vorn hat. Tja, Sigmund Freud analyse this, ach nein, sorry, falscher Film.
Batman v Superman: Dawn of Justice ist z.B. auch etwas, was ich nie und nimmer als 'gelungenen' oder 'guten' Film bezeichnen würde. Dennoch konnte man mich in den letzten Jahren oft beim Konsum dieses Schunds erwischen.
Aufjedenfall veranschaulicht meine Liste wohl ganz gut, das Rewatchabilty ein zweischneidiges Schwert sein kann.
Das Licorice Pizza es bei mir 2021 vor NTTD geschafft hat, ist zum einen recht simpel für mein Faible für Regisseur Paul Thomas Anderson und eine kindlich geprägte 70er-Jahre-Nostalgie zu erklären, aber auch das mich im Gegensatz zu vielen anderen Fans NTTD emotional packt (ohne mich über den Film zu ärgern) und ich mir daher diese spezielle Reise für besondere Abende aufhebe, wohin gegen Anderson's Film, trotz einem gewissen Arthaus-Hauch, einen höheren Vielguckfaktor in den letzten 10 Monaten für mich besaß. Erwartet hatte ich das im Vorfeld eher von Dune: Part One, da ich einen Narren an der Vorlage gefressen habe und ich auch hier den Regisseur sehr schätze, aber auch dieser Film ist vermutlich im Gesamtbild etwas zu anstrengend, als das man ihn sehr oft wiederholen könnte - und zudem nicht abgeschlossen und daher bisher inhaltlich unfertig.
Ein Wort noch zu Godfather Part I und II und Goodfellas: Das Argument mit den sozial- und verhaltensgestörten Familien-Clans ist sicher ein schwerwiegendes gegen die Sympahtie für diese Filme. Und tatsächlich verhindert genau dieser Punkt, das ich diese Werke in meine Top-10 aufnehmen würde - wenn da noch Platz wäre. Dennoch haut es mich jedesmal geradezu um, wenn ich beim zappen im TV in einem dieser Filme lande, und mit hundert-prozentiger Wahrscheinlichkeit drin hängen bleibe bzw. meine Hand reflexartig Richtung Blu-Ray-Regal greift um die entsprechende Disc einzulegen. Ich kann Euch dieses Phänomen in beiden Fällen selbst nicht genau erklären, und rede mir das in meiner Begründung in der Regel mit dem Argument der cineastischen Qualität schön, aber wahrscheinlich bin ich einfach nur ein bißchen pervers. Aber das trifft ja auf die meisten Zuschauer zu, wenn sie ehrlich wären: Warum wäre sonst sowas wie James Bond ein pop-kulturelles Phänomen geworden. 