Red Dawn (1984)
„At times, I´m an extreme patriot.“ sagte Regisseur John Milius in einem Gespräch zu diesem Film. Man sieht es. Mit welcher Plattheit aufrechte Amerikaner und böse Russen/Kubaner einander gegenübergestellt werden, ist wirklich unglaublich. Man könnte sagen, das ist so schlecht, daß es wieder gut ist. Zur Orientierung: In einer amerikanischen Kleinstadt fallen unerwartet russische und kubanische Truppen ein; der dritte Weltkrieg bricht los, und die Sowjetunion versucht, die USA einzunehmen. Ein Haufen Teenager, die in der Stadt leben, nimmt unter Führung von Jed Eckert (Patrick Swayze) den Kampf gegen die Besatzer auf, der am Ende auch erfolgreich ist.
Wie gesagt geht es oft recht platt in der Darstellung der bösen Sowjets zu. So werden wir Zeuge einer Bücherverbrennung; die Stadtbewohner müssen sowjetischen Paraden beiwohnen und Fähnchen schwenken; die Stadt kommt recht bald herunter; viele Bewohner landen in einem Umerziehungslager. Es gibt aber auch durchaus subtile Momente. So sieht man in einer Szene, daß das lokale Kino gratis den Eisenstein-Klassiker „Aleksandr Nevskij“ zeigt. Das ist mir erst nach 35 Jahren zum ersten Mal aufgefallen! Im Büro des kubanischen Kommandeurs, Colonel Bella, hängt ein Porträt von Leonid Brezhnev.
Durchaus clever gehen die Produzenten auch an anderer Stelle vor. Die Handlung beginnt in der lokalen High School, wo gerade Geschichte unterrichtet wird, und der Lehrer (Frank McRae, Sharky in „Licence to kill“), behandelt gerade die mongolische Invasion Europas. Er sagt: „The killing went on until the young son of the Khan asked the last creature alive be allowed to go free.“ Das spiegelt sich am Ende des Films wider, wenn Jed und sein Bruder Matt (Charlie Sheen) an Colonel Bella vorbeiziehen und Bella die beiden verschont; das Töten ist vorbei. Ähnliches findet sich später, als Jed und Matt mit Robert jagen gehen und Robert sein erstes Wild erlegt; er trinkt vom Blut des Wildtieres und wird damit zu einem „echten Jäger“. Matt kommentiert das mit den Worten „Once you do that, there will be something different with you.“ Und das ist auch so: Robert wird zum unnachgiebigen Killer. In dem vorher erwähnten Umerziehungslager treffen Matt und Jed ihren Vater (Harry Dean Stanton, „Alien“) an. Der spricht mit ihnen über die Zeit, als sie Kinder waren und er sie oft zu den Schaukeln im Park mitgenommen hat. In dem Park lässt Jed sich mit seinem verletzten Bruder auf einer Bank nieder, und zwar in der Nähe dieser Schaukeln. Dort sterben die beiden vermutlich auch.
Plumper ist es wieder an anderer Stelle, als zwei russische Soldaten mit einem kubanischen Kameraden den Arapaho National Forest ansteuern. Dort hängt eine Informationstafel zum Waldbestand und zu Campingregeln. Einer der russischen Soldaten „übersetzt“ den Text für seine Kameraden, und plötzlich hören wir, daß es sich bei dem Ort um das Arapaho National Battlefield handelt, wo ein Indianeraufstand von imperialistischen Truppen und von Cowboys unter der Führung von Präsident Roosevelt blutig niedergeschlagen wurde. Solch üble Propaganda muss damals in den US-Kinos ziemlich gewirkt haben: Ein Sowjetsoldat begeht auf amerikanischem Boden groteske Geschichtsfälschung!
In dieser Sequenz zeigt sich, was man auch in anderen Szenen des Films gut mitbekommt: Das Russisch, das von verschiedenen Charakteren gesprochen wird, ist gut und so gut wie immer korrekt. Colonel Bella spricht sogar Russisch mit spanischem Akzent!
Die Fahrt in den Nationalpark endet für die drei Soldaten tödlich. Sie entdecken Jed, Matt und die anderen Teenager, werden von ihnen aber getötet. Darauf richten die Russen als Vergeltung mehrere Amerikaner hin. Einer der Teenager sieht das auf seiner Patrouille. Dies ist ein Wendepunkt im Film, denn da beschließt die Gruppe, aktiven Widerstand gegen die Invasoren zu leisten. Sie bekämpfen die Russen und Kubaner mit Hinterhaltaktionen und taufen sich „Wolverines“.
In der Phase des Films taucht auch der nächste Bekannte auf; Vladek Sheybal (Kronsteen in „From Russia with Love“) agiert als russischer Offizier Bratchenko. Ein weiterer relativ bekannter Schauspieler, der im Film vertreten ist, ist Powers Boothe („Sudden Death“). Er spielt den Luftwaffenoffizier und Kampfpiloten Andy Tanner, der im Kriegsgebiet abgeschossen wird. Er überlebt und schließt sich den Wolverines an.
Tanner verstirbt recht bald als erster der Wolverines, ebenso der Wolverine Aardvark. Dies führt zur Nutzung eines Felsens als sogenannter „Partisan Rock“, an dem die Wolverines die Namen derjenigen aufschreiben, die im Kampf fallen.
Die Russen ändern trotz der Probleme mit den Wolverines ihr generelles Vorgehen nicht. Nachdem die Wolverines ein Umerziehungslager befreit haben, werden zur Vergeltung erneut Gefangene erschossen. Dennoch schwant den Besatzern, daß sie irgendetwas tun müssen, um mit den Wolverines fertig zu werden. Hier betritt William Smith alias Strelnikov den Plan. William Smith trat besonders in den 80er Jahren in Film und Fernsehen oft als Bösling in Erscheinung. Strelnikov übernimmt die Jagd auf die Wolverines; zum Teil hat er Erfolg, da Daryl, einer der Wolverines, den Russen aus Angst um seinen Vater den Lagerort der Wolverines verrät. Die Russen können beim Überfall auf das Lager der Wolverines zurückgeschlagen werden, aber Daryl fliegt auf, und Robert erschießt ihn für seinen Verrat.
In einer späteren Situation lassen die Wolverines erneut Federn. Sie sammeln Nahrung auf, die scheinbar aus einem russischen Konvoi-LKW herausfällt, und suchen sich einen Platz, um sie zu essen. Dabei taucht ein MIL-MI 24 auf (russischer Kampfhubschrauber der mächtigen Sorte); zwei weitere MIL-Hubschrauber tauchen auf, und die Hubschrauberbesatzungen nehmen die Wolverines unter Feuer. Toni (Jennifer Grey) wird dabei schwer verletzt; ihr wird klar, daß sie sterben muss, und sie bittet Jed um eine Handgranate, mit der sie wenigstens noch einen Feind mitnehmen kann. Robert wird isoliert und stellt sich alleine einem MIL. Es gelingt ihm zunächst, mit einer Panzerfaust Schaden am MIL zu verursachen (und es fällt auch ein Russe aus dem Hubschrauber), aber am Ende wird er vom MG-Feuer des Hubschraubers niedergemäht.
So bleiben neben Jed und Matt lediglich Danny und Erica. Sie beschließen, sich zu trennen. Während Jed und Matt noch einen Angriff in ihrer Heimatstadt vornehmen wollen, machen sich Danny und Erica auf ins „Freie Amerika“. Jed und Matt schaffen eine Menge Verwirrung und Schaden, aber Strelnikov ist in der Lage, Matt anzuschießen. Er stirbt letztlich in einem Duell mit Jed, der dabei aber auch schwer verletzt wird. Wie zuvor beschrieben schleppt Jed seinen Bruder in den Park in die Nähe der vom Vater erwähnten Schaukeln, wo beide dann höchstwahrscheinlich sterben.
Basil Poledouris untermalt den Film mit heroischer Musik, die auch einen hohen Wiedererkennungswert hat. Teile der Schlussmusik könnte man im Fußballstadion für den Moment heranziehen, wenn das eigene Team ein Tor geschossen hat. Die Filmmusik gehört auch zu den wenigen Soundtracks, die ich mir überhaupt gekauft habe.
Red Dawn bleibt unterm Strich ein streitbarer Film. Während er aber damals zu Protesten in und vor Kinos geführt hat und deswegen sogar aus dem Programm genommen wurde, würde er heute nicht mehr dieses Protestpotential wecken. Im Gegenteil: Ich vermute, auch aufgrund des verfehlten Remakes von 2012 hat er sein Image sogar verbessert.