Was von den anderen kannst du denn empfehlen? Nur Amis?
Das ist schwierig und hängt wohl auch ein bisschen vom individuellen Geschmack ab.
Kingsley Amis hat mit Colonel Sun nur einen Nachfolge-Roman geschrieben, aber ich würde sagen, sowohl nach meiner Kenntnis, wie nach dem Urteil der meisten Reszensenten, ist es bislang der gelungenste Versuch, Flemings Bond fortzusetzen. Amis hatte sicher auch den Vorteil, dass er der erste Nachfolger war, Flemings Werk minutiös studiert hatte und direkt nach dessen Tod loslegen konnte. Amis war Literat und Fleming-Enthusiast und ging die Sache entsprechend perfektionistisch an. Und er hat nur einen Roman geschrieben, was im Hinblick auf seine Nachfolger ein Vorteil war (auch wenn es anders hätte kommen können). Colonel Sun lässt sich sehr gut im Anschluss an The Man with the Golden Gun lesen.
Sebastian Faulks und William Boyd haben dann Jahrzehnte später versucht, da anzuknüpfen und Abenteuer für den Original-007 in den späten 1960er-Jahren zu ersinnen. Doch sowohl Devil May Care wie Solo kann ich nicht empfehlen. Auch wenn hier realpolitische Konflikte dieser Zeit effektvoll eingebaut werden, scheitern beide Romane auf ganzer Linie. Boyd hat am Ende einen historischen Thriller geschrieben, aus dem man sich Bond eigentlich auch problemlos herausdenken könnte. Es ist eigentlich kein 007-Roman. Und Faulks reizt die Flemingschen Skurilitäten derart übertrieben und reizlos aus, dass es sich am Ende lächerlich ausnimmt und fast wie eine Parodie wirkt.
Der Vierte im Bunde ist hier Anthony Horowitz, der dann den Auftrag erhielt, mit Trigger Mortis, Forever and a Day und With A Mind To Kill drei Romane auf Basis von unrealisierten Material Flemings aus der vor der Eon-Reihe geplanten 007-TV-Serie zu schreiben, die sich an unterschiedliche Stellen der Fleming-Chronologie einfügen. Zur Qualität kann ich nichts sagen, da ich diese Bücher nie gelesen habe. Schon diese Idee der Resteverwertung und Flickschusterei erschien mir unsinnig. Als ob jedes Spurenelement Flemings eine geniale Idee wäre und umgesetzt werden müsste. Aber das ist wohl ein persönliches Ding. Vielleicht können andere User eine Empfehlung abgeben, ob die Romane sich lohnen.
Die zweite Schiene waren dann die Autoren, die den Roman-Bond in die jeweilige Gegenwart gebracht haben. John Gardner hat da 14 Bücher und die Romanfassungen von Licence To Kill und GoldenEye geschrieben. Von den Gardner-Büchern kann ich keines so richtig empfehlen, aber ab dem sechsten Roman hat er doch stärker abgebaut, zwischen so sperrigen Werken wie The Man From Barbarossa und Cold und völligen Tiefschlägen wie Brokenclaw und Never Send Flowers mäandernd. Gardners Stil fand ich immer seltsam kraftlos und effekthascherisch, was schon eine merkwürdige Kombination ist. Allein dass Bond mit den Töchtern von Blofeld und Leiter ins Bett geht, erscheint schon unwürdig. Den einzigen Roman, den ich von Gardner ganz beachtlich fand, war sein Erstling Licence Renewed.
Dann kam Raymond Benson mit 6 Romanen und den Romanfassungen zu Tomorrow Never Dies, The World Is Not Enough und Die Another Day. Benson hat sich wie auch schon Gardner recht filmische Sujets einfallen lassen, aber irgendwie bin ich auch mit ihm nie warm geworden. Da blieb lediglich High Time To Kill halbwegs in Erinnerung, aber auch nur, weil Benson hier die Union als neues Gangster-Syndikat einführte. Genrell blieben die Reaktionen auf Bensons Schaffen wie auch bei Gardner eher verhalten, weil kein richtig guter Roman dabei war. Bei Benson kam außerdem noch dazu, dass er Amerikaner ist, was die britische Öffentlichkeit und Fangemeinde seinerzeit von Beginn an recht reserviert werden ließ.
Hierzulande ist sicher auch ein Problem, dass Bensons Bücher bis auf die Romanfassungen der Filmdrehbücher nie systematisch übersetzt wurden. Bei Gardner hat immerhin der Cross Cult-Verlag mittlerweile eine Gesamtausgabe vorgelegt. 2011 hat dann mit Jeffery Deaver ein weiterer amerikanischer Schriftsteller 007 mt Carte Blanche nochmal in die literarische Gegenwart zu holen versucht. Auch wenn das Buch sicher nicht perfekt ist, schafft der Autor nach meinem Eindruck den souveränen Spagat, dass man den Roman sowohl als typischen Deaver-Thriller als auch als Bond-Story sehr gut lesen kann. Aber auch hier blieb es bei einem Versuch, obwohl die Nebenhandlungstränge eine weitere Fortführung ermöglicht hätten.
Also würde ich sagen: Colonel Sun von Amis und mit Abstrichen Licence Renewed (dt. Titel Kernschmelze) von Gardner und Carte Blanche von Deaver.