Posts by Scarpine

    Für jemanden, der erst 1998 mit dem Thema "James Bond" in Berührung kam, sind das ausgesprochen spannende, hochinteressante Einblicke in das Bond- bzw- Filmfansein vor allem der späten Siebziger und Achtziger Jahre, lieber photographer. Herzlichen Dank dafür!


    Und auch ich möchte mich den guten Wünschen von Django anschließen und hoffe ebenso, dass sich dein Gesundheitszustand bald wieder bessert.

    5) Filme außerhalb der Cubby-Zeitlinie '62 - '02

    Eine sehr spannende Gruppe, vor allem da "Sag niemals nie" vor vier Craig-Bondfilmen rangiert. Auch nicht gerade eine mehrheitsfähige Einschätzung. ;)

    Die Einteilung in Ären ist tatsächlich nicht schlecht, auch wenn mich interessiert hätte, ob TLD sein Gesamt-Standing nach der Ernüchterung zuletzt wieder etwas verbessern konnte. ;)

    In der Gesamtrangliste hat der Film auf jeden Fall ein paar Plätze gut gemacht und klopft langsam wieder an die Top Ten an. Allerdings sind "On Her Majesty’s Secret Service", "Casino Royale" und einige Connery- und Moore-Streifen immer noch deutlich vor ihm. Moore ist generell der große Gewinner aktuell. Von allen Darstellern hat er insgesamt die bunteste, abwechslungsreichste und harmonischste Ära. Deswegen befinden sich aktuell auch drei Moore-Werke unter den ersten Zehn. Das gab es bei mir vorher noch nie.

    Eigentlich ist so eine Aufteilung in Blöcken (abgesehen von der schrägen 'Nelson bis Dalton'-Gruppe) die deutlich fairere [...] Deine Platzierungen gefallen mir sehr gut und die meisten davon entsprachen auch irgendwann in den vergangenen Jahren den meinen. Das Du mit NSNA auf Platz 2 hinter GF den gewaltigsten Stein im Brett bei mir hast, brauche ja eigentlich nicht erwähnen. :) Aber überhaupt finde ich Deine Connery-Liste am erfrischensten.

    Dankeschön. :) Ja, diese Gruppe ist in der Tat etwas zusammengewürfelt, aber es sind nunmal alles Einzeldarsteller ohne Ära. Da machte es Sinn, diese zusammenzufassen, auch wenn die beiden "Casino Royale"-Verfilmungen natürlich gegenüber Franchise-Werken kein Land sehen können. Aber ich finde auch, dass zumindest jede Darsteller-Ära ihre ganz eigenen Herausforderungen hatte und für sich steht. Von daher macht die Blockbewertung sehr viel mehr Sinn. Mit der reinen Bestenliste tue ich mich von mal zu mal schwerer.


    Connerys Filme haben sich bei meiner Sichtung von einer unerwarteten Seite gezeigt. "Goldfinger" und "Never Say Never Again" haben mir soviel Freude bereitet wie nie. Beim Jahrgang '64 ist das Zusammenspiel mit Fröbe ein einziger Triumph. Ein perfekter Schurke ohne den ganzen Schnickschnack heutiger Tage. Kein Mutterkomplex, keine Gebissprothesen, Masken oder eine merkwürdig gestelzte Sprechweise. Deswegen hat mir der 1983er Kracher auch so gut gefallen. Brandauer ist der einzige andere Connery-Villain, der mit dem Schotten noch einmal eine vergleichbare Chemie entwickelt, wie sie einst mit Fröbe gelang. Und Largo & Fatima sind noch dazu ein exquisites Antagonisten-Duo. 8)

    Natürlich ist da stets immer eine gewisse Mutmaßung im Raum, aber der Querschnitt aus all den unzähligen Rankings, auf die man in den weiten des Netzes in den vergangenen 2 Jahren blicke konnte, führt einen meines Erachtens zu dem Fazit, das Deine Craig-Platzierungen, denen des breiten Publikums und der Kritiker entspricht.


    Ich weiß gar nicht, ob ich hier schuldig im Sinne der Anklage bin. Es ist mehr ein Ergebnis des Marathons. Bekanntermaßen hat "Quantum Of Solace" bei mir eher einen guten Stand, "Skyfall" eher weniger. Das steht folglich schon einmal konträr zur allgemeinen Wahrnehmung. Beim Marathon wollte Craigs Zweiter aber diesmal einfach nicht zünden, während ich seine dritte Mission als atmosphärisch dicht und schwer unterhaltsam empfand. "Spectre", den ich alles in allem gar nicht mehr so schlecht finde, fällt an das Ende der Liste, weil die Konkurrenten einfach besser sind. "Casino Royale" hat bei mir natürlich generell einen Stein im Brett. Es ist der harmonischste Film der Craig-Ära, der, wie aus einem Guss gefertigt, den Spagat zwischen Fleming-Roman und Modernität meisterhaft bewältigt. Da fallen kleinere Schwächen kaum ins Gewicht. Zumal der Streifen als mein erster Kino-Bond immer einen magisch-nostalgischen Bonus haben wird.


    Aber - auch das ein Ergebnis der Sichtungsreihe - bei einer vollständigen Bestenliste käme der Film nicht einmal unter die besten Fünf, was zeigt dass die Craig-Ära insgesamt bei mir an Boden verliert. Vermutlich wächst bei einer nunmehr abgeschlossenen Ära die Distanz. Das war bei Brosnans Dekade ja in vergleichender Weise zu beobachten. "No Time To Die" ist dann - und da bin ich wohl der Allgemeinheit verpflichtet - für mich der Film in der Mitte, der - obschon keinesfalls perfekt - die Ära nach dem gegenüber den Vorgängern qualitativ merklich abfallenden "Spectre" wieder konsolidiert und zufriedenstellend abrundet. Insgesamt war der neuerliche Bond-Marathon eine schöne Erfahrung, der die in die Jahre gekommene Begeisterung für das Franchise wieder neu belebt hat. Was kommt als Nächstes? Nolan auf dem Regiestuhl? Taylor-Johnson als 007? Time will tell. ;)

    Die persönliche Bestenliste - Update -- 2023


    Nach neuerlichem Bondmarathon (Frühling/Sommer) sieht es aktuell folgendermaßen aus:


    Connery-Ära


    01. Goldfinger

    02. Never Say Never Again

    03. Thunderball

    04. From Russia With Love

    05. You Only Live Twice

    06. Doctor No

    07. Diamonds Are Forever


    Nelson, Niven, Lazenby & Dalton


    01. On Her Majesty’s Secret Service

    02. Licence To Kill

    03. The Living Daylights

    04. Casino Royale'54

    05. Casino Royale'67


    Moore-Ära


    01. The Spy Who Loved Me

    02. For Your Eyes Only

    03. The Man With The Golden Gun

    04. Live And Let Die

    05. Moonraker

    06. Octopussy

    07. A View To A Kill


    Brosnan-Ära


    01. The World Is Not Enough

    02. GoldenEye

    03. Tomorrow Never Dies

    04. Die Another Day


    Craig-Ära


    01. Casino Royale'06

    02. Skyfall

    03. No Time To Die

    04. Quantum Of Solace

    05. Spectre

    Julian Sands ist tot. Wie diese Woche bekannt wurde, ist der 65 Jahre alte Schauspieler bereits im Januar bei einer Bergtour in der Region Los Angeles ums Leben gekommen. Obwohl der britische Mime häufig als Mann aus der zweiten Reihe galt und vorrangig in Nebenrollen brillierte, zählte er gewiss zu profiliertesten Darstellern seiner Generation. In den 1980er Jahren wurde er durch die Filme "Zimmer mit Aussicht", "Gothic" und "Warlock" einem breiten Publikum bekannt. Später übernahm Sands Rollen in "Naked Lunch", "Leaving Las Vegas", "Das Phantom der Oper", "Die Nibelungen", "Ocean’s 13" und "Verblendung". Ferner trat der Engländer in Serien wie "Smallville", "Castle", "Dexter", "Crossbones" und "The Blacklist" als Gast in Erscheinung.


    Ich hätte ihn mir auch sehr gut in einem Franchise-Beitrag vorstellen können. Aufgrund seiner hintergründigen, charismatischen Art hätten vor allem pointierte Parts in der Tradition von düsteren Figuren wie Locque, Scarpine oder Necros bzw. undurchsichtigen Charakteren wie Columbo, Zukovsky oder Mr. White zu Sands gepasst. Als Hauptschurke war der Schauspieler leider spätestens mit dem Beginn der Craig-Ära unwahrscheinlich geworden, nachdem er in der fünften Staffel der Echtzeit-Serie "24" bereits den Hauptantagonisten verkörpert hatte. Dennoch ein immer wieder gern gesehener Mime, der es mit seiner Präsenz stets vermochte, durchschnittliche Werke aufzuwerten. So gehörte Julian Sands zu den besten Interpreten unseres Nationalschurken Hagen von Tronje in Uli Edels eher mittelprächtiger Adaption des Sagenstoffes.


    R.I.P

    Bei mir ist eigentlich auch die identische Entwicklung eingetreten, dass mit der konstanten Verfügbarkeit im heimischen Portfolio, der Reiz, die Filme sehen zu wollen, mit der Zeit kontinuierlich abgenommen hat. Das war zu den reinen Kino-, TV- und VHS-Zeiten noch anders. Aber mit der Ultimate Edition auf DVD begann dann schleichend dieser Prozess der Übersättigung, zumal das Fernsehen die Bondstreifen in dieser Dekade auch noch in Dauerschleife in fast allen Programmen sendete.


    Mit Daniel Craigs Anfangsjahren wurde das Feuer dann noch mal kräftig neu entfacht, begann aber in der vierjährigen Pause zwischen Ein Quantum Trost und Skyfall zunächst schrittweise, dann rasch zunehmend zu erkalten. Die letzten langen Pausen und beiden Filme setzten diese Prozess ungebremst fort. Zeitgleich hat die Serie aus ganz unterschiedlichen Gründen immer mehr an Reiz und Bedeutung für mich verloren und musste zunehmend anderen Fanobjekten und Interessen Platz machen.


    Auch der Umstand, dass produktive, das Fansein bestätigende und bereichernde Formate wie dieses Forum immer weniger Relevanz und Resonanz beanspruchen konnten, verstärkte und verfestigte die Entfremdung von dem einstigen persönlichen Popkultur-Primus 007 zusätzlich. Und der letzte Marathon 2019/20 war eine derart umfassende und intensive Erfahrung, dass danach die Luft einfach völlig raus war – eigentlich bis heute. Seit 2021 habe ich keinen der Serienbeiträge mehr erneut angesehen. Aber auch wenn der Ausschlag in meinem Fall besonders krass ausfällt, ist es doch erstaunlich, wie kollektiv das Fandom von dieser lähmenden Entwöhnung betroffen zu sein scheint...

    Merci, Dr. moVe! Ich hoffe, dass ich wieder die Zeit finde, etwas regelmäßiger am Ball zu bleiben.

    Les trois mousquetaires: D'Artagnan (Die drei Musketiere: D'Artagnan) - Frankreich 2023, Regie: Martin Bourboulon


    Es gibt gewiss viele völlig uninteressierte Leute, die schon allein beim vernehmen des Film-Titels die Augen verdrehen, da sie vom Thema filmisch übersättigt sind.

    Roger Ebert hatte die entscheidende Frage in diesem Kontext schon vor 30 Jahren gestellt: "Gibt es eigentlich einen triftigen Grund, noch eine Version von ‚Die drei Musketiere‘ zu drehen?"

    Besten Dank für die frischen Eindrücke aus dem Kino. Eigentlich wollte ich mir den Film am 02. Mai auch ansehen, war aber leider unter der Woche erkrankt und habe diesen Kultstreifen von 1980 bedauerlicherweise verpasst. Umso mehr bin ich erfreut, hier eine längere Rezension, die sich dem Leinwand-Rückkehrer "Flash Gordon" widmet, zu lesen. :thumbup:

    Über die angebliche Ähnlichkeit zu TMWTGG-Zeiten rätsele ich aber immer noch :D :D :D

    Naja, aber Haarschnitt und Garderobe wären schon recht passend gewesen. Und optisch ist Moore zwischen 1968 und 1974 kaum gealtert; vor allem im Vergleich mit dem kurzen Zeitraum 1974-1977, wo man das schon viel deutlichter merkt. Bei manchen Live And Let Die-PR-Bildern wirkt Moore noch sehr Simon Templar-mäßig. Und betrachtet man diverse (Promo-)Bilder zu The Man With The Golden Gun so sieht er da - je nach Lichtverhältnissen - auch kaum anders als in der fraglichen Zeit aus. Ein gutes Beispiel für dunkle, unvorteilhafte Lichtverhältnisse: Klick.


    Aber vielen Dank für die Aufklärung. Ich hätte es jetzt auch nicht sicher gewusst, aber die Zigarette hat mich auch zumindest irritiert. Allerdings wusste ich nicht mehr, wann Moore das Zigarettenrauchen aufgegeben hatte. Irgendwie hatte ich auch nicht mehr präsent, dass er in The Saint häufiger so elegante Dinner Jackets trug. Allerdings ist es auch ewig her, dass ich die Serie gesehen habe. Da wäre wohl eine Wiederauffrischung angebracht. :whistling:

    ... vermutlich ein Foto, das während des Drehs von Bonds "Einladung zum Abendessen" bei Hai Fat in Bangkok geschossen wurde.

    Das war auch mein erster Gedanke. Das passt einfach perfekt. Auch wenn ich es in meinem Beitrag etwas eingeschränkt habe, wäre ich ebenso zu 99 % sicher, dass es so ist. Ich mag das Bild auch sehr, weil es Moores ganze, entspannt-lässige Art in Gestik und Mimik so wunderbar einfängt. :thumbup:

    Also im Hinblick auf Moores Alter, Haarschnitt und Kleidung würde ich auf die Dreharbeiten zu The Man With The Golden Gun tippen.


    Dieses Bild scheint zum gleichen Zeitpunkt entstanden zu sein. Andererseits passt die Kotelettenlänge nicht perfekt (Bild eventuell leicht aus Untersicht aufgenommen?), Dinner Jacket und Frisur dagegen schon. Eventuell auch eine Promo-Session für Live And Let Die bzw. für seine öffentliche Präsentation als neuer 007? Auf jeden Fall würde ich sagen: Moore zwischen 1972 und 1975. In The Spy Who Loved Me sah er definitiv schon einen Tick älter aus.

    Totale Transparenz - Zeitgenössische Filmkritik (2015) von Wolfgang M. Schmitt (Die Filmanalyse).


    Es ist immer wieder interessant, die Bondfilme einmal aus einer ganz anderen Perspektive und vor allem unter Berücksichtigung von ganz anderen Bewertungskriterien betrachtet zu sehen. Das kontroverse Fazit: Spectre beweist, dass die Bondfilme von Beitrag zu Beitrag besser werden. ^^

    M als letzter Souverän - Zeitgenössische Filmkritik (2012) von Wolfgang M. Schmitt (Die Filmanalyse).


    Interessante Beobachtungen - vor allem zu Judi Denchs Rolle als eiserne Lady aus der alten, analogen Welt.

    Unsere hiesige Lokalzeitung widmet sich mit Inkrafttreten des Lockdown Light diese Woche in der heutigen Ausgabe der Krise des Kultursektors und speziell dem Kinosterben.


    Aufhänger ist natürlich No Time To Die und die vierte Verschiebung des Films, die die Zuschauer, aber vor allem die Fans und die Kinobetreiber enttäuscht(e). Letztere kämpfen bekanntermaßen vielfach um ihre Existenz. Es wird wieder einmal die (allzu) ferne Rettung des Kinos herbeigeschrieben, die nur noch James Bond hinkriegen kann, nachdem Christopher Nolans Tenet in punkto Publikumsresonanz 'versagte'.


    Außerdem wird auf diverse Fan-Petitionen verwiesen, die den Film wahlweise auf einer Streaming-Plattform sehen oder gar per Spenden von den Studios zur Einmalveröffentlichung erwerben wollen. Im Text wird natürlich die unvermeidliche M-Phrase aus dem Trailer wiedergegeben - "Kommen Sie, Bond. Wo zum Teufel stecken Sie?".


    Aber nichts könnte die gebeutelte Fan-Seele mehr schmerzen, als die ebenso ernüchternde, wie plakative, wie passende Überschrift: Keine Zeit zu starten...

    Ich habe es auch gerade erst erfahren... ;(


    Mögest du in Frieden ruhen, Sir Thomas Sean Connery... :(


    Was soll man in einem solchen Moment groß schreiben? Seine Leistungen in der 007-Rolle sind Legende. Ein geschätzter Mitforist hat den grandiosen Schotten einmal als 'Aura-King' bezeichnet. Das war er. Buchstäblich. Die Filmgeschichte hat heute einen tiefen Einschnitt erlitten. Nicht, weil sie nicht schon viele exzellente Mimen gesehen und wieder verloren hätte, sondern weil nur wenige dieser Schauspieler mit einem überlebensgroßen Charisma ausgestattet waren. Connery war in seiner ganzen Breitenwirkung so wesentlich für das Kino der vergangenen sechs Dekaden. Er war unnachahmlich. Ein regelrechtes Phänomen. Auch als großartiger Akteur kann man sich das nicht erspielen. Man hat diese Gabe oder eben nicht. Sean Connery hat seine Filme dominiert, teils durch sein starkes darstellerisches Können, aber immer durch seine leinwandübergreifende Aura. Seine charmante Persönlichkeit entfaltete eine solch einnehmende Präsenz, dass sie die Kamera wie die Zuschauer gleichermaßen magnetisch anzuziehen schien. He was the man, the man with the Midas touch...


    Wenn es einen 007-Himmel geben sollte, dann stoßen Sir Roger und Sir Sean auf der Grand Bahama-Wolke jetzt bestimmt zusammen an...

    Ich muss mich auch eher den verhaltenen Stimmen anschließen. Wie ich schon vor einigen Monaten vermutete, ist Tenet schon irgendwie ein Nachzügler des typischen Nolan-Blockbuster-Kinos im Allgemeinen und von Inception im Besonderen. Muss das schlecht sein: Keineswegs. Aber irgendwie entwickelt sich Nolans Stil auch nicht mehr weiter. Der Brite tritt auf der Stelle und beschreitet keine neuen Wege mehr, was sich schon daran zeigt, dass die Genre-Palette (Action, Science-Fiction, Thriller) des Filmemachers weiterhin erkennbar schmal bleibt. Da war Dunkirk als (Anti-)Kriegsfilm schon immerhin ein kleiner Ausreißer. Tenet besitzt ein faszinierende Ausgangsidee und Bilder sowie Choreografien, die man im Kino so noch nicht gesehen hat. Allerdings sind verschiedene Versatzstücke wie Zeitsprünge, Wahrnehmungsverzerrung und physikalisch unmögliche Dinge & Bewegungsläufe in Nolans Oeuvre nun auch schon wahrlich länger präsent, sodass vieles in der Summe auch nicht mehr so neuartig und aufregend wirkt. Einige Stimmen sind auch der Meinung, Nolan habe nun seinen Zenith überschritten und würde bereits anfangen, sich selbst zu kopieren.


    James Berardinelli hat in seiner oben zitierten Kritik geschrieben, dass es Nolans Verdienst sei, dem Action-Segment im Blockbuster-Kino durch Intelligenz eine besondere Dimension zu verleihen. Das mag zwar stimmen, aber - wenn man ehrlich ist - endet die Intelligenz in Tenet auch an der Stelle, an der die originelle Idee aus dem Sack ist. Danach suhlt sich Nolan nur noch in Twists, Explosionen, Action-Sequenzen und der durch die Idee ausgelösten Andersartigkeit bzw. Durchbrechung der linearen Erzählstruktur. Insofern lässt sich der im Film geäußerte Ratschlag "Versuchen Sie nicht, es zu verstehen, fühlen Sie es." auch ummünzen in folgende Ansage des Regisseurs: "Ich präsentiere ihnen eine ausgefallene Idee, danach dürfen sie sich nur noch von Schauwerten berieseln lassen." Von der intelligenten Machart bleibt am Ende nicht einmal mehr eine Pointe, sondern nur noch ein Action-Feuerwerk im 'Alles ist möglich'-Stil. Und das lässt - bei aller optischen Brillanz - die 150 Minuten doch im Rückblick einigermaßen zähflüssig und gehaltlos erscheinen. Der Nachhall, den eine vom Prinzip her ähnlich gelagerte Geschichte wie Inception noch auslöste, bleibt bei Tenet weitgehend aus, weil der Film im wesentlichen auf der technischen Ebene - eine wissenschaftliche Grundidee filmisch zu visualisieren - verharrt.


    Auch in Bezug auf den menschlichen Faktor macht Nolan eher wieder Rückschritte. Die Figuren bleiben konturlos und dienen eigentlich nur dem filmischen Fluss; sie besitzen kaum Eigenleben. John David Washington und Robert Pattinson sind an sich famose Helden, aber so richtig mitfiebern tut man mit ihnen nicht. Der Protagonist hat anders als Cobb in Inception auch keinen echten Konflikt, was seinem Handeln mehr Relevanz und Tiefe verleihen würde, als nur den Vorgaben des verworrenen, technokratischen Drehbuchs zu folgen. Auch der Subplot um Kenneth Branagh und Elisabeth Debicki gibt nicht viel mehr, weil man eine solche Figuren-Konstellation in dieser Ausprägung einfach schon hundertfach auf der Leinwand gesehen hat. Hier bleibt der Film so schemenhaft und sachlich wie die Ausgangsidee. Auch das Dialogniveau fällt gegenüber Nolans vorherigen Filmen schon erkennbar ab, was auch nicht gerade von Vorteil ist, wenn man schon keine philosophischen Fragen in irgendeiner Form an die initiative Idee anschließt. Ansonsten bekommt man alles, was man sonst von Christopher Nolan gewohnt ist (inklusive eines dröhnenden Scores von Ludwig Göransson), auf einem soliden bis guten Niveau serviert. Nach meinem Eindruck ist Tenet ein Werk, das in Nolans Schaffen einen Mittelfeldplatz belegen dürfte.

    Auf imdb.com ist Christopher Nolans neuer Film mit einem Anfangswert von 8.0 für seine Verhältnisse eher verhalten eingestiegen. Trotz vieler Lobeshymnen und guter Bewertungen wird Tenet zwischen den Zeilen auch immer mal wieder als ein zwar weitgehend gelungener, aber im direkten Vergleich doch schwächerer und geklonter Inception-Epigone bezeichnet.


    Kritikerspiegel:


    Christoph Petersen von filmstarts.de gibt Tenet die volle Punktzahl und sieht den Film auf einem Level mit Nolans wegweisendem Meisterwerk Inception. Zugleich zieht der Reszensent – wie überraschend viele Kollegen – Vergleiche zu James Bond: "Während man bei 007-Blockbustern aber oft das Gefühl bekommen kann, dass die Handlung und die zentralen Set-Pieces eigentlich unabhängig voneinander entwickelt und erst am Ende zusammengesteckt werden, folgen die Action und die unvergesslichen Bilder bei Christopher Nolan in aller Regel direkt aus der Prämisse." Und er gibt am Ende den Rat einer Figur aus dem Film direkt an den Zuschauer weiter: "Versuchen Sie nicht, es zu verstehen, fühlen Sie es."


    Für die Süddeutsche Zeitung betrachtet Josef Grübl Tenet als "eine simple James-Bond-Story, nur mit Zeitreisen, Entropie und Inversion.", deren originellester Einfall die Einbeziehung und Interpretation des antiken Sator-Quadrats sei.


    Sebastian Markt sieht für die ZEIT unter der Überschrift "Die Zukunft greift uns an!" in Tenet nicht nur den erhofften Blockbuster-Rettungsfilm für die Kinos, sondern erkennt auch in dem Umstand, dass dieser nun zu einem (post-)pandemischen Zeitpunkt mit ungewissem Ausgang des Covid-19-Verlaufs erscheint, eine weitere 'invertierte' Dimension des neuen Nolan-Werks, das dieses sonst auf diese spezielle Art und Weise wohl kaum entfaltet hätte: "(So) erleben wir fast schmerzlich eine weitere Dissonanz: den Gegensatz zwischen dem Leinwandbild eines Saals voller Menschen und der Realität des unter Distanzierungsregeln nur halbwegs gefüllten Kinos. Ein bis vor Kurzem gewöhnlicher Anblick wird zum irritierenden Bild einer in die Ferne gerückten Vergangenheit. Oder einer ungreifbaren Zukunft. […] Dieser Film lässt uns, in – wenn auch distanzierter – Gemeinschaft in einer Welt versinken, die von den Gesetzen der unsrigen entbunden ist."


    Auch sein Kollege Fabian Tietke von der taz sieht durch die Coronakrise vertiefte Bedeutungsebenen in Tenet: "Wenn die Protagonisten des Films schließlich selbst beginnen, durch die Zeit zu reisen, um Ereignisse zu verhindern, lässt sich konstatieren: there is glory in prevention." Und weiter: "Nolans „Tenet“ ist ein rundum gelungener Actionfilm […] (und) markiert die Rückkehr des großen Kinos – bleibt abzuwarten, für wie lange."


    James Berardinelli betont in seiner Besprechung ebenfalls die Nähe des Films zu den großen Agenten-Franchises und hebt Nolans besondere Blockbuster-Talente hervor: "Tenet offers a glimpse of what a James Bond movie might look like with Nolan at the helm. […] Tenet contains a number of top-notch action sequences, any of which could rival the centerpiece moments from a Bond or Mission: Impossible film. [...] A lot of directors understand how to mix a testosterone-and-adrenaline cocktail, but Nolan adds a third ingredient, intelligence, to his recipe." Und er schließt mit der Bewertung: "Although Tenet doesn’t represent Nolan at his best [...], it’s among the director’s most ambitious efforts and is a match for his most narratively complicated screenplays. […] However, under ordinary circumstances, it would have been among a select group of “must see” releases during the summer of 2020. As things have turned out, it may be the only one."