James Bond Rewatched
# 07: Diamantenfieber (1971)
OT: Diamonds Are Forever; GB 1971; 120 Min.; R: Guy Hamilton; D: Sean Connery, Jill St. John, Charles Gray, Lana Wood, Jimmy Dean, Bruce Glover, Putter Smith, Bernard Lee, Lois Maxwell, Desmond Llewelyn.
Nach dem – aus der damaligen Sicht der Produzenten und Kritiker – (finanziell) fehlgeschlagenen Experiment "On Her Majesty’s Secret Service" und dem direkten Ausscheiden des Neulings George Lazenby, versuchten die Macher krampfhaft zu alten Erfolgmustern zurückzukehren. Dieses Erfolgsmuster hieß "Goldfinger". Also mussten Guy Hamilton, Ken Adam und vor allen Dingen Sean Connery wieder mit von der Partie sein. Mit einem einmaligen Angebot köderten United Artists und EON den Schotten noch einmal die Hauptrolle zu übernehmen. Finanziell sollte sich dieses Kalkül auszahlen. "Diamonds Are Forever" geriet zum erfolgreichen Kassenschlager, aber aus heutiger Sicht kann man das Werk – trotz allen Wohlwollens – wohl kaum als ein Musterbeispiel für Qualität innerhalb der EON-Serie ansehen. In Punkto Selbstreferenzialität, Zeitgeist-Assimilierung und tagesaktueller Kolportagestimmung nimmt "Diamonds Are Forever" aber eine Ausnahmestellung innerhalb des Franchises ein.
Abermals erleben wir keine durchgängig überzeugende Besetzung. Sean Connery kann zwar wieder mit deutlich erhöhter Spielfreude und mehr Ironie punkten, aber sein zunehmendes Alter und seine offensichtliche Unfitness machen sich nach 5 Jahre Pause schon stärker bemerkbar. In dem Charaktermimen Charles Gray als drittem Leinwand-Blofeld sollte er eigentlich einen würdigen Antagonisten finden, aber weit gefehlt. Grays Darstellung hätte zu einem echten Triumph werden können, hätte das Drehbuch seinen Part nur ernsthafter angelegt. Tiffany Case hat mit ihrem Romanvorbild kaum mehr etwas gemein und wird von Jill St.John nur unzureichend Profil gegeben, während Lana Wood als wunderbar naiv-erotisches Eye-Candy – auch dank dramatischem Ende – weit mehr überzeugen kann. Die Helfer in Gestalt von Norman Burton und Jimmy Dean präsentieren sich leider nur in ihrer Unterdurschnittlichkeit. Die Mi6-Stammmanschaft kann hingegen wieder mit pointierten Auftritten punkten und Bruce Glover und Putter Smith liefern als Killerduo Mr. Wint & Mr. Kidd ein echtes Kabinettsstückchen ab.
Die Rückkehr von Erfolgsregisseur Guy Hamilton gibt leider keineswegs zu Jubelstürmen Anlass. Seine Inszenierung ist lahm, in den filmischen Mitteln weitgehend einfallslos und in manchem Momenten geradezu schlampig. Es gereicht ihm letztlich zum Vorteil, dass die Pulphaftigkeit des Plots, die vielen skurrilen Einfälle und sarkastischen Momente, die zu einem gewissen Teil auf sein Konto gehen dürften, die mäßige Regieleistung über weite Strecken vergessen lassen. Als kleines inszenatorisches Highlight darf immerhin die nächtliche Ersteigung des Whyte-Domizils mit der anschließenden, atmosphärischen Konfrontation mit Blofeld gelten. Das Skript von Richard Maibaum und Tom Mankiewicz darf man guten Gewissens als die bisher schwächste Drehvorlage bezeichnen. Mag man noch vertreten können, dass der Romanplot erheblich aufgepeppt wurde, so rätselt man voller Unverständnis, wie man die spannenden Spectreville-Geschehnisse und die packende Zugjagd der Vorlage im Mittelteil des Films durch eine mäßige Autoverfolgungsjagd und eine banale Fabrikflucht ersetzen konnte. Neben Logiklöchern, einer unzureichenden Verwendung des Diamantenthemas als Projektionsfläche (im Vergleich zu "Goldfinger"), enttäuscht vor allem das Bohrinselfinale. Hier tragen aber die Produzenten eine erhebliche Mitschuld. Ihr Drängen, den Film – nach dem enttäuschenden Ergebnis des Vorgängers – um jeden Preis unter 120 Minuten zu halten, erweist in qualitativer Hinsicht als Bumerang. Es wurden Zusammenhänge verkompliziert, die mit den geschnittenen Szenen leicht verständlich gewesen wären. Zudem hätte die im Drehbuch eigentlich angedachte Nachklappkonfrontation Bonds mit Blofeld, die nie gedreht wurde (aber das Kapitel Blofeld würdig abgeschlossen hätte), den Film in der Endabrechnung sichtlich aufgewertet.
Abermals erfreuen John Barrys gelungene Kompositionen das Ohr des Zuschauers. Dieser Soundtrack gehört abermals zu seinen gelungensten Arbeiten. Bei diesem, ihrem zweiten Titelsong trumpft Shirley Bassey wiederum mit souveräner, gesanglicher Klasse auf und kann sogar beinahe an ihren Kultohrwurm aus dem Jahre 1964 heranreichen. In Maurice Binders Titeldesign verbinden sich Frauen und Diamanten zu einer schönen optischen Fabel, die sich unter die Riege der besseren Schöpfungen des Designers einreihen kann. Die Dekors von Ken Adam erreichen zwar nicht die monumentale Größe seiner Kreationen für die Gilbert-Bondstreifen, präsentieren sich aber in subtil-kreativer Verspieltheit. Sah man jemals ein edleres Schlafzimmer als in Bonds Las Vegas-Suite oder eine schönere, nach modernen Formen konstruierte Kommandozentrale als die von Blofeld im Whyte-House? Auch im "Kleinen" kann Adam Großes schaffen. Die Locations sind mit London, Amsterdam, Las Vegas und der Bohrinsel vortrefflich ausgewählt. Kein anderer Bondstreifen mit dem Schauplatz USA konnte das Amerika-Feeling so konsequent beschwören wie dieser. Hinter der Kamera finden wir Routinier Ted Moore wieder. Seine Cinematographie fängt die schillernde Glitzerwelt von Las Vegas in den frühen Siebzigern in kräftigen, bunten Farbtönen ein. Ein echter Genuss für das Auge. In dynamischer Hinsicht kommt die Kameraführung aber nicht an Michael Reeds Virtuosität heran, was aber in Hamiltons müder Regie mitbegründet sein mag. Kleine Highlights kann man lediglich mit der Vortitelsequenz, dem Aufzugskampf und dem letzten Einsatz des Killerpärchens benennen.
Gesamtwirkung: Pulp, Slapstick und Selbstreferenzialität sind die Schlagworte, die uns in Guy Hamiltons zweiter, schundig-schöner Regiearbeit, entgegengeworfen werden. Von der Vorlage bleiben nur Bruchstücke, von Hamiltons einstiger inszenatorischer Größe ebenso. Die gelungene Kameraarbeit, der eingängige Score und das vortreffliche Production Design, werden leider durch eine hausbackene Regie, ein unter seinen Möglichkeiten bleibendes Ensemble und ein höchst mittelprächtiges Drehbuch nicht im gebotenen Maße unterstützt. Ohne Frage ein großer, amüsanter Unterhaltungsfilm, aber ein qualitativ-überzeugender Bondstreifen sieht freilich anders aus.
Meine Wertung: 2,5 von 5 Punkten