James Bond Rewatched
# 03: Goldfinger (1964)
OT: Goldfinger; GB 1964; 109 Min.; R: Guy Hamilton; D: Sean Connery, Gert Fröbe, Honor Blackman, Shirley Eaton, Tania Mallet, Harold Sakata, Bernard Lee, Lois Maxwell, Desmond Llewelyn.
Man wundert sich jedes Mal aufs Neue, wenn man sich dieses Werk zu Gemüte führt, ob dessen gewaltiger Sogwirkung. "Goldfinger" ist einer der wenigen Bondfilme, die mit einer völlig herausstechenden, fast unwiderstehlichen Aura aufwarten können. Das liegt mit Sicherheit auch daran, dass Bonds drittes Leinwandabenteuer so viele Kult-Elemente aufweisen kann, wie sonst kaum ein anderer Film der Reihe. Um nur einige zu nennen: Vergoldete Girls, teutonischer Schurke mit mythischen Anleihen an König Midas, Fort Knox, Barrys wunderbarer Score, Bassey`s Jahrhundert-Song und der ultracoole Aston Martin DB5. Diese Kultmischung traf 1964 genau den Nerv der Zeit.
Getragen wird der ganze Streifen aber eigentlich von der menschlichen Faszination für ein glitzerndes Edelmetall: Gold. Hier projiziert auf nur eine einzige Figur: "He is the man, the man with the Midas touch." Der deutsche Charaktermime Gert Fröbe gibt sich als schurkisch-verschlagener Auric Goldfinger die Ehre. Fröbe verleiht dem verrückten Millionär gekonnt mit äußerst subtilen Mitteln Profil und erarbeitete sich eine solche Präsens, dass fortan alle Nachfolger als Hauptschurken an ihm gemessen werden sollten. In diesem Film ist der Bösewicht der Star, mehr als in jedem anderen Bondstreifen. Sean Connery kann trotzdem abermals groß aufspielen und liefert eine seiner besten Leistungen ab. Die Britin Honor Blackman zeichnet eine starke und selbstbewusste Leading Lady, auch wenn man bei ihrem Rollennamen eher einen Charakter vom Schlage ihrer Vorgängerinnen erwarten würde. Die Blondinen Shirley Eaton und Tania Mallett ergänzen mit erinnerungswürdigen Auftritten das Bondgirl-Trio, während Harold Sakata mit eindrucksvoller Körperpräsens einen der einprägsamstem Handlanger zeichnet.
Mit einem Budget von 3 Millionen $ zur Verfügung, nahm (Neu-)Regisseur Guy Hamilton auf dem Regiestuhl Platz und bekam ein von Richard Maibaum und Paul Dehn glänzend verfasstes Drehbuch als Vorlage. Die Adaption des Fleming-Romans ist den Autoren wirklich fabulös gelungen. Die Änderungen, Kürzungen und Neujustierungen führen in ihrer Gesamtheit zu einer Verbesserung der Filmtauglichkeit des Stoffes und zugleich zu einer Bereicherung seiner Ausdrucksstärke. Guy Hamiltons Regie gestaltet sich – wie die seines Vorgängers - zupackend und dynamisch und offenbart dennoch gleich zu Beginn eine ganz andere Herangehensweise an das Genre. Hamilton verschiebt den Fokus weg von Härte und Zynismus hin zu Ironie und Sarkasmus, die sich harmonisch mit den zunehmend phantastischer werdenden Handlungselementen verbinden.
Shirley Bassey`s Titelsong ist ein einsamer Triumph und atmet wie John Barrys atmosphärisch-intensiver Score zwar deutlich den Geist der 60er Jahre, besticht aber zugleich durch seine unsterbliche Zeitlosigkeit. Das von Robert Brownjohn letztmalig entworfene Titeldesign ist zwar in der Anlage überdeutlich an seine vorangegangene Arbeit für die Serie angelehnt, kann aber durch die Verwendung des Gold-Themas und eines "Golden-Girls" dem Zuschauer nochmals optische Attraktionen bescheren. Ken Adams Dekors sind abermals von bestechender Klasse und nichts dürfte die Vorstellung von Fort Knox in popkultureller Hinsicht wohl so sehr beeinflusst haben, wie sein schillernder Tresorraum in diesem Film. Die wechselnden Schauplätze zeigen sich in ihrer ganze Klasse. Von England, über die Schweiz bis hin zu den amerikanischen Handlungsorten, bekommt man sehr viel fürs Auge geboten, auch wenn die Einzeldrehorte (abgesehen von Miami) keine völlig nachhaltigen Eindrücke hinterlassen. Die Cinematographie von Ted Moore präsentiert sich in angenehmen Farben, bleibt jedoch nach den furiosen ersten 20 Minuten bis hin zum Finale eher blass. Wirkliche Höhepunkte kann man in dynamischer Hinsicht mit Goldfingers Kartenspiel, der Aston Martin-Verfolgungsjagd, dem Kampf um den Tresorraum und Goldfingers letztem Einsatz verzeichnen.
Gesamtwirkung: Der Agententhriller als phantastisches Phänomen. Sean Connerys drittes 007-Abenteuer zementiert endgültig die Blaupause für alle folgenden Bondstreifen. Sarkasmus, Ironie und eine abgehobene Leichtigkeit vollenden den bondschen Stil-Cocktail. In der Folge avancierte "Goldfinger", aufgrund seiner ikonischen Ingredienzien und seiner Coolheit, mit völliger Berechtigung zum Kultfilm. Mögen dem Zuschauer manche technischen Defizite und Pannen, die bei den frühen Bondfilmen noch vorhanden waren, auch hier ins Auge fallen, so werden sie doch von der einmalig-erhabenen, ja geradezu "goldenen" Aura dieses Werks hinweggefegt. Das erste Meisterstück der Reihe.
Meine Wertung: 5 von 5 Punkten