Hallo! Hier spricht Edgar Wallace...

  • Bedenklich natürlich für Rialto und den Zustand der EW Serie zu dieser Zeit, wenn man anfängt, die eigenen Epigonen zu kopieren....


    Na ja, gerade bei den Kriminalfilmen der 60er Jahre wurden ja häufig die immer gleichen Handlungsversatzstücke wiederverwendet. Ich glaube auch, dass das weniger an Rialto lag als vielmehr an Ladislas Fodor, der interessanterweise für beide Filme das Drehbuch schrieb. Da hat er sich quasi selbst kopiert.


    Noch ein Wort zu den Regisseuren: Vohrer hat zu Zeiten der Farb-Ära leider nie wieder das Niveau seiner SW-Arbeiten erreichen können. Er war ja auch dazu "verdammt" Fließbandarbeit zu leisten. 1963/64 drehten ja immerhin noch andere Regisseure mit. Ab 1966 war Vohrer allein auf weiter Flur. Reinl hätte ich mir nochmal für die Farb-Ära gewünscht. Er hätte aus dem einen oder anderen Farbfilm sicherlich einen besseren Streifen gemacht als Vohrer. Bedauerlich fand ich auch, dass man sich so früh von Jürgen Roland getrennt hat. Wieso man allerdings sowohl bei Rialto als auch bei CCC so oft auf Gottlieb zurückgriff, konnte ich nie verstehen, auch wenn ich ihm gewisse Fähigkeiten nicht absprechen will. Er konnte trotz schleppendem Tempo meist immer eine dichte Atmosphäre schaffen. Dagegen fand ich Helmuth Ashley häufig unterschätzt. Mit "Das Rätsel der roten Orchidee" hat er einen sehr guten Wallace-Film gedreht, wurde aber dann nicht wieder verplichtet, was ich sehr bedauerlich finde.



    Diese letzten Filme haben mich schließlich auch für das Italo Kino und insbesondere die Gialli begeistert und deswegen ist der Handlungsort Italien für mich da kein Negativpunkt mehr, weil der Film einfach um Meilen besser ist als der deutsche Output am Ende der Wallace Serie. Aber ich kann nachvollziehen, dass das für manche ein KO Kriterium ist.


    Der Film ist auch nicht schlecht, wenn man Gialli mag. Das Problem ist nur, dass alle Farbfilme inklusive "Das Geheimnis der grünen Stecknadel", auch wenn sie völlig frei nach Wallace konzipiert waren, immerhin mit den etablierten Trademarks der Wallace-Serie spielten und ein britisches Szenario hatten. Bei "Das Rätsel des silbernen Halbmonds" ist selbst das nicht mehr gegeben. Ein Wallace in Italien? Undenkbar! Da wäre es besser gewesen man hätte mit "Das Geheimnis der grünen Stecknadel" die Serie ausklingen lassen und den Nachfolger direkt als waschechten Giallo (was er ja auch war) beworben, anstatt ihm (nur der Gewinnmaximierung wegen) das Etikett "Edgar Wallace" aufzukleben.


    @ Rico Royale
    Exzellent recherchiert. Mein Kompliment. :thx:


  • Na ja, gerade bei den Kriminalfilmen der 60er Jahre wurden ja häufig die immer gleichen Handlungsversatzstücke wiederverwendet. Ich glaube auch, dass das weniger an Rialto lag als vielmehr an Ladislas Fodor, der interessanterweise für beide Filme das Drehbuch schrieb. Da hat er sich quasi selbst kopiert.


    Noch ein Wort zu den Regisseuren: Vohrer hat zu Zeiten der Farb-Ära leider nie wieder das Niveau seiner SW-Arbeiten erreichen können. Er war ja auch dazu "verdammt" Fließbandarbeit zu leisten. 1963/64 drehten ja immerhin noch andere Regisseure mit. Ab 1966 war Vohrer allein auf weiter Flur. Reinl hätte ich mir nochmal für die Farb-Ära gewünscht. Er hätte aus dem einen oder anderen Farbfilm sicherlich einen besseren Streifen gemacht als Vohrer. Bedauerlich fand ich auch, dass man sich so früh von Jürgen Roland getrennt hat. Wieso man allerdings sowohl bei Rialto als auch bei CCC so oft auf Gottlieb zurückgriff, konnte ich nie verstehen, auch wenn ich ihm gewisse Fähigkeiten nicht absprechen will. Er konnte trotz schleppendem Tempo meist immer eine dichte Atmosphäre schaffen. Dagegen fand ich Helmuth Ashley häufig unterschätzt. Mit "Das Rätsel der roten Orchidee" hat er einen sehr guten Wallace-Film gedreht, wurde aber dann nicht wieder verplichtet, was ich sehr bedauerlich finde.

    Die eigentliche Zäsur für den Fortgang der Serie war der Abschied von Gerhard Hummel als Constantin Produktionschef 63/64. Danach ging es zuerst langsam, dann steil bergab. Noch stärker äußerte sich dies bei Karl-May, wo aus heutiger Sicht eigentlich nur die Reinl Filme als gelungen durchgehen. Der Rest ist mäßig (Unter Geiern, Der Ölprinz) bis schauderhaft (Old Firehand). Filme wie DER BUCKLIGE VON SOHO oder BLACKWOOD CASTLE hätte Hummel nie und nimmer für den Verleih akzeptiert.


    Zu den Regiesseuren: Ich bin bekennender Reinl Anhänger und halte seine Wallace für gut (BANDE), sehr gut (FÄLSCHER) bis ausgezeichnet (die anderen drei). Auch sein BEW Beitrag DER WÜRGER VON SCHLOSS BLACKMOOR ist richtig stark. Kurioserweise finde ich die beiden FJ Gottlieb Filme für BEW aber pfiffiger und moderner. Bei Rialto kann aber keine seiner Arbeiten wirklich überzeugen, auch wenn der ABT ganz stimmungsvoll ist. Aber als Spannungskrimi ist das ein totaler Griff ins Klo....tolle Darsteller und schöne Bilder, aber sonst eine ziemliche Katastrophe. Über die GRUFT und insbesondere Eddi Arents Rolle hüllt man besser den Mantel des Schweigens....


    Hellmuth Ashley hat sich anscheinend mit den Verantwortlichen verkracht und wurde deswegen nicht mehr bedacht. Seinen Beitrag halte ich für einen der Schlusslichter in der Frühphase der Serie, aber ich wüsste nicht, wie man aus diesem Wallace-untypischen Stoff einen richtigen Reißer hätte machen sollen. Trotzdem ganz netter Film. Jürgen Roland hat einen exzellenten Film gemacht (KREIS) und einen richtig misslungenen (BOGENSCHÜTZE). EIne bessere Wahl als Gottlieb für die Nicht - Vohrer/Reinl Filme wäre er sicher allemal gewesen.

  • Das war wohl auch der Grund, weshalb Jürgen Roland (leider) nie wieder einen Wallace-Film drehen durfte.


    Das stimmt so nicht. Roland hat nach der Erkrankung von Josef von Báky noch "Die seltsame Gräfin" zu Ende gedreht. Dass man nicht mit dem Bogenschützen zufrieden war, kann also nicht der (alleinige) Grund für seine Wallace-Abstinenz gewesen sein.

  • @ Count Villain


    Stimmt. Roland als Interimsregisseur bei "Die seltsame Gräfin" hatte ich unterschlagen.


    @ JackStraw


    Schade. Ich mag das "Das Rätsel der roten Orchidee" ganz gerne. Sicherlich nicht unter den besten Sw-Filmen, aber für mich doch im guten bis gehobenen Mittelfeld. Die nicht wallace-typische Story empfinde ich sogar als Vorteil. Der Streifen ist ein echtes Unikat innerhalb der Sw-Ära. "Die Gruft mit dem Rätselschloss" finde ich eigentlich gar nicht so schlecht. Leider ist Arent hier in der Tat so überdreht, dass der Film darunter zu leiden hat. "Der schwarze Abt" zählt - auch hier Zustimmung - zu den schwächeren Wallace-Beiträgen.


    Zu Harald Reinl muss ich anmerken, dass es mir hier genau andersherum ergeht. Zwar hat er keinen wirklich schlechten Film gedreht, aber ich finde seine späteren Filme nicht mehr so eindrucksvoll. "Der Frosch mit der Maske" und "Der Fälscher von London" sind sehr gut; "Die Bande des Schreckens" hat ein paar kleine Schwächen, aber dennoch ein Top-Film. "Zimmer 13" wäre einer der allerbesten Filme geworden, wenn man auch hier Arent gebremst hätte. Gerade in einem Film mit einem so ernsten Thema und tragischer Auflösung schaden seine Humoreinlagen (speziell mit seiner Puppe) ähnlich wie bei "Der Mann mit dem Glasauge" dem Ergebnis doch sehr. Zu "Der unheimliche Mönch" hatte ich mich weiter oben schon geäußert. So sind die beiden letzten Reinl-Filme zwar auch gute Wallace-Filme, aber die frühen Reinls gefallen mir besser.

  • Zur Problematik der Arent Rollen bei ZIMMER 13 und der GRUFT: Hier trennt sich die Spreu vom Weizen.....denn Reinl erkennt klar, wann die komischen Einlagen zu Lasten von Spannung und Dramatik gehen und wann sie zur Auflockerung gebracht werden können. Die GRUFT verliert sich dagegen irgendwo im Niemandsland aus Krimi und Klamaukfilm: Die Blödelein machen alle dramatisch dichten und wichtigen Szenen zunichte. In ZIMMER 13 dagegen wirken die tatsächlich wichtigen Szenen tatsächlich, weil Arent hier außen vor bleibt. Ich gebe dir Recht, dass die Sache mit der Puppe grenzwertig ist....dafür hat er als Kellner im High Low Club exzellente Momente. Kaum ein Wallace ist dermaßen temporeich und die Verknüpfung der beiden Handlungssteänge um den Zugraub und die Messermorde ist vollends gelungen und die Überraschung am Ende, dass es eigentlich doch keinen echten Zusammenhang gibt, verblüfft und schockiert zugleich. Ein echter Meisterkrimi und mMn einer der besten deutschen Filme der 60er (kein Scherz!!!).


    Zur ORCHIDEE: Schlecht finde ich diesen Film überhaupt nicht, aber richtige Begeisterung löst er bei mir auch nicht aus. Alles wirkt eine Idee weniger einfallsreich und spektakulär als bei den anderen Filmen dieser Phase. Wiederum ist Eddi Arents Rolle ein gewisses Problem, auch wenn er nicht penetrant stört. Die oft vergebrachte Kritik, dass man den Täter in der Eröfnungsszene an der Stimme erkennt, teile ich übrigens nicht: Erstens finde ich das eher mutig und zweitens ist es mir auch nicht aufgefallen. Obwohl die Stimme natürlich sehr markant ist!

  • In ZIMMER 13 dagegen wirken die tatsächlich wichtigen Szenen tatsächlich, weil Arent hier außen vor bleibt. Ich gebe dir Recht, dass die Sache mit der Puppe grenzwertig ist


    Mein Hauptproblem ist hier die Szene, wo Gray erkennt, wer hinter den Messermorden steckt (ein dramatischer und schockierender Moment auch für Zuschauer, der hier schon erkennt, wohin der Hase läuft) und Higgins dann sofort einen riesen Bahnhof wegen seiner dämlichen Puppe macht. Sorry, aber hier hatten Tremper und Reinl überhaupt kein Gefühl für das rechte Maß. Ansonsten gebe ich dir Recht, dass der Film von Story, Besetzung, Regie und Schauplätzen (die "dänischen" Filme der Serie wirken immer deutlich britischer) sehr gut gelungen ist.

  • GERADE diese Szene ist mMn klasse gemacht! Blacky ist so konsterniert, als er begreift, was hinter den Morden steckt, dass er im ersten Moment gar nicht auf Arents affektierte Reaktion eingehen kann. Eddi ruft irgendwas wegen der Puppe und Blacky sagt gar nichts zunächst. Dann kanzelt er ihn schnell ab, um zum Schloss zu fahren. Dieser Kontrast ist top und ohne Arent nicht dasselbe! Im positiven Sinn. Nebenbei bei weitem Fuchsbergers beste (und einzig relativ anspruchsvolle Rolle) bei EW.

  • Ich finde im ABT wird der gute Blacky von allen Umstehenden komplett an die Wand gespielt....Borsche, Peters, Wüstenhagen, Regnier, Kinski. Die lassen ihm kaum Platz zum Atmen. ZIMMER 13 hat auch wesentlich mehr "Action"-Szenen (Verfolgungsjagd, Befreiung von Denise etc.), die liegen ihm natürlich eher, sodass die Figur auch insgesamt wesentlich besser zur Geltung kommt mMn. ABT ist ja fast ein reiner Dialogfilm....

  • Für eine Neuverfilmung von Edgar Wallace sehe ich eigentlich gar keine Chancen mehr. Im Kino schon gar nicht. Es mag zwar bitter klingen, aber die Zeit für Wallace-Adaptionen ist einfach vorbei.


    Wobei ich hier einschränken würde, dass zumindest ein nostalgischer, kammerspielartiger Fernsehkrimi mit einer Laufzeit von 45 Minuten (Fernsehepisoden-Länge) nach Vorlagen wie "Der schwarze Abt", "Das indische Tuch" oder "Bei den drei Eichen" noch denkbar und kostengünstig umsetzbar wäre. Darüber hinaus sehe ich jedoch keine anderen Möglichkeiten, da die Wallace-Stories für heutige (Krimi-)Verhältnisse einfach zu unspektakulär sind.


    Modernisiert könnte ich mir allein den Hexer in einer modernen Action-Thriller-Adaption (vielleicht als Trilogie) vorstellen, da dieser als geheimnisvoll-maskierter Rächer in bester Fantomas-Tradition auch im heutigen Kino neben den diversen maskierten Supherhelden in Hollywood funktionieren könnte. Bei einer solchen Umsetzung müsste man sich freilich stark von den literarischen Wurzeln lösen und das Ganze international produzieren. Hierzulande hat man den "Mann mit den 1000 Gesichtern" durch die "Wixxer"-Filme ja leider schon umfassend durch den Kakao gezogen und somit unwiederbinglich der Lächerlichkeit preisgegeben.

    "Enjoying our little party, Monsieur... Saint John Smythe?"

    Einmal editiert, zuletzt von Scarpine () aus folgendem Grund: Ergänzung im Sinne der in den Thread übertragenen Fragestellung.

  • Ich denke, dass man im Zuge der WIXXER Verfilmung zumindest mal mit dem Gedanken gespielt hat, einen neuen Wallace zu bringen und letztlich hat man bei Constantin eingesehen, dass eigentlich nur noch die Parodie sinnvoll zu vermarkten ist. Beim SCHUH DES MANITOU wars bestimmt ähnlich. Dazu kommt noch, dass Wallace noch viel mehr als Winnetou komplett von der Rialto Reihe geprägt ist....bei KM gab und gibt es eine stattliche Leserschaft neben den Filmen, aber in D IST Wallace eben das was die Rialto/Constantin draus gemacht hat.


    Nimms mir nicht übel, aber ich glaube fast nichts gilt heute als altmodischer als ein Fernsehspiel nach einem 100 Jahre alten Trivialroman.....diese Zeiten sind auch seit 50 Jahren passé. Genauso wenig realistisch wie ein neuer Kinofilm. Einerseits schade, aber letztlich geht es wohl vielen so wie mir, denen das typische Flair (London made in Hamburg/Berlin) der Filmklassiker so gefällt, aber die Vorlage und neue werkgetreue Adaptionen im Grunde nicht wirklich kümmern....

  • Nimms mir nicht übel, aber ich glaube fast nichts gilt heute als altmodischer als ein Fernsehspiel nach einem 100 Jahre alten Trivialroman.....


    Aber Fernsehfilme über 100 Jahre alte intrigierende Dynastien nimmt man bei den Öffentlich-Rechtlichen regelmäßig ins Programm. Zuletzt die Wagners im ZDF. Ob das so viel besser ist? Mit demselben hochwertigen Aufwand an Kulissen, Kostümen und Schauspieler könnte man doch auch mal einen Krimi versuchen, oder nicht? Ich sehe da jetzt nicht so einen großen Unterschied. Aber vielleicht geht auch einfach nur die Fantasie mit mir durch. :rolleyes:

  • @ Count Villain


    Ja, beim "Wagner-Clan" habe ich auch gedacht, dass man mit dem Setting, den Darstellern und dem Ambiente auch einen Wallace-Stoff im Fernsehen verfilmen könnte. Allerdings müsste man dann die Stoffe des Altmeisters doch sehr straffen und mit Spannungs- und Action-Momenten aufpeppen. Die Romane sind doch zumeist sehr dialoglastig, weil Wallace die Konflikte zwischen den handelnden Personen gern über ausufernde Dialoge zum Ausdruck bringt. Das erfreut zwar den literarischen Wallace-Fan, würde im Medium Film aber ziemlich langweilig wirken. Und bei einer Reduktion auf die zentralen Konflikte und Aktionen bleibt da bei den meisten Storys kaum genug Stoff für 90 Minuten übrig. Ich habe erst kürzlich den Roman "Überfallkommando" ("The Flying Squad") gelesen. Eine interessante Geschichte, die sich in der zweiten Hälfte jedoch ziemlich zieht. Da müsste man für einen TV-Film doch deutlich mehr Spannungszenen und Wendungen hinzufügen, um einen 90-Minüter daraus zu machen.


    Ich finde ja überhaupt, dass sich heute nur noch wenige Wallace-Romane für einen Verfilmung (20er Jahre-Setting hin oder her) eignen würden. Grundsätzlich stimme ich jedoch JackStraw zu, dass zum einen die Rialto-Reihe doch deutlich in den Köpfen der Menschen drin steckt (und man einen anderen Stil möglicherweise gar nicht akzeptiert) und zum anderen das Zuschauerinteresse für eine solche Neuauflage allgemein zu gering sein dürfte. Man muss auch sehen, dass es in den 60er Jahren neben Wallace im Kino und Durbridge im Fernsehen kaum etwas Bedeutendes im Krimisektor gab (bis 1968 mit "Der Kommissar" die Ära der großen Krimireihen im TV begann), während heute praktisch jeder zweite Fernsehfilm ein Krimi ist (plus die ganzen skandinavischen, britischen und amerikanischen Crime-Serien). Wen würde da noch ein neuer Wallace-Krimi vom Hocker hauen?

  • Aber Fernsehfilme über 100 Jahre alte intrigierende Dynastien nimmt man bei den Öffentlich-Rechtlichen regelmäßig ins Programm. Zuletzt die Wagners im ZDF. Ob das so viel besser ist? Mit demselben hochwertigen Aufwand an Kulissen, Kostümen und Schauspieler könnte man doch auch mal einen Krimi versuchen, oder nicht? Ich sehe da jetzt nicht so einen großen Unterschied. Aber vielleicht geht auch einfach nur die Fantasie mit mir durch. :rolleyes:

    Bei Fernsehspiel denke ich an das Halstuch o.ä.....Krupp & Wagner ist was ganz anderes, schon aus dem Grund, weil es bei diesen Serien vor allem um verklemmte deutsche Vergangenheitsbewältigung geht (wenn Iris Berben mitspielt, sollten schon von vornherein alle Alarmglocken läuten) und sowas ist nunmal mit etwas Sex und Pathos angereichert ein ordentliches Zugpferd. Solang man sich keine Illusionen macht, dass das irgendwie mit den realen Geschehnissen zu tun, waren die Sachen auch gar nicht so furchtbar schlecht. Mit dem Potential für einen Fernsehwallace nicht wirklich zu vergleichen mMn.

  • @ JackStraw


    Hier plichte ich dir grundsätzlich bei, allerdings könnte man manche Wallace-Geschichten auch historisch aufwerten bzw. interpretieren. Einige Romane und Kurzgeschichten beziehen sich z. B. lose auf den Ersten Weltkrieg; auch könnte man eine groß angelegte, gesellschaftliche Milieustudie der 20er Jahre daraus machen oder die Weltwirtschaftskrise einbeziehen, da sich auch einige Wallace-Stories um Börsenspekulation, Glücksspiel und das Wettwesen drehen.


    Die Hauptprobleme für neue Wallace-Filme sind meines Erachtens folgende:


    - die generelle Übersättigung des Zuschauers durch Krimikost im TV
    - die finanziellen Unkosten bei einem 20er Jahre-Setting
    - der lange Schatten der Rialto-Reihe
    - das Fehlen einer bekannten Detektivfigur ala Holmes, Poirot oder Miss Marple
    - die gesellschaftlichen Strukturen und das Frauenbild (nur ganz, ganz wenige Frauen in Wallace` Werk haben eine aktive Rolle; heute erwartet man aber auch bei historischen Stoffen durchweg starke und selbstbewusste Heldinnen)

  • Wie jeder "Normalo" - d.h. kein ausgesprochener Fan - bei KM automatisch an Winnetou denkt, so ist das bei EW ein fantasievoll maskierter Mörder in einem englischen Schloss bei nebliger Nacht....die Themen die du ansprichst klingen alle sehr interessant. Die Frage ist, ob man vlt dann nicht besser auf die Vermarktung als Wallace verzichtet. Oder man nutzt den bekannten Namen und riskiert schlechte Mundpropaganda zu anfangs von Besuchern, die eben einen "typischen" Wallace erwarten.


    Grundsätzlich bin ich auch bei dir, dass man hier abseits der ausgetretenen Pfade nach guten Stoffen suchen sollte und keinesfalls eine Art Neuauflage der Rialto Serie in Angriff nehmen. Deswegen war ich auch von der Mabuse Neuverfilmung angetan und halte sie für die aussichtsreichste aus der Mottenkiste der 60er Jahre Unterhaltungsfilme, weil die Figur sowohl stofflich als auch in der Epoche, in der man den Film dann ansiedelt, quasi ungebunden und zeitlos ist. Das ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil ggü. KM (hier besonders) und EW (teilweise).

  • Die Frage ist, ob man vlt dann nicht besser auf die Vermarktung als Wallace verzichtet.


    Das halte ich durchaus für eine gangbare Alternative. Es reicht ja, wenn irgendwo in den Credits steht "nach einem Roman von Edgar Wallace", ohne dass großartig weiter darauf eingegangen wird. Und wer weiß, vielleicht ergibt sich dann ja ganz ohne plakative Anbiederung an die erste Serie ganz von selbst eine zweite Serie?

  • Die Woche habe ich mir mal zwei Wallace-Streifen angesehen, sozusagen angefixt durch den Thread hier. Die toten Augen von London und Der rote Kreis. Letzterer ist eine der wenigen Wallace-Verfilmungen, an die ich noch Erinnerungen hatte, vor allem das Ende mit dem Dialog: "Und was machen Sie, wenn der Strick reißt?" - "Dann nehmen wir einfach einen neuen." Mit den Winnetou-Filmen verbinde ich mehr Kindheitserinnerungen, vielleicht weil die im Kino liefen. Insgesamt fand ich den roten Kreis eine Spur besser, sowohl von der Atmosphäre als auch von den Darstellern her. Klaus-Jürgen Wussow hab ich immer sehr gern gesehen, auch Fritz Rasp. Auch der Überraschungseffekt am Ende hat hier besser funktioniert.


    Grundsätzlich könnte ich mir eine Neuauflage vorstellen, optisch vielleicht so ähnlich wie Sin City. Die überspitze, leicht plakative Schwarz-Weiß- Atmosphäre würde dazu passen. Vielleicht sogar in 3D, dass sich gerade im Grusel/Horrorbereich für Effekte anbietet. Man müsste vielleicht den Sex&Crime-Faktor erhöhen und eine intelligente Selbstironie reinbringen (keinen Brachialhumor á la Schuh des Manitu) Wobei sowas wahrscheinlich am ehesten an den den heutigen Produzenten scheitern würde, denen der eskapistische, rein unterhaltende Ansatz eines Horst Wendlandt völlig fremd geworden ist. Und natürlich an den Förderanstalten, bei denen die Stoffe durchgereicht werden müssen.

  • Schöne Besprechung, Martin. "Der rote Kreis" besitzt meines Erachtens auch die überraschendste Auflösung der ganzen Rialto-Reihe. "Die toten Augen von London" würde ich da auch einen Tick schwächer sehen, wobei Dieter Borsche hier allerdings eine wirklich unheimliche Performance abliefert. Ihn hätte ich mir auch sehr gut als Blofeld vorstellen können.


    Was eine Neuverfilmung angeht, würde ich gerade die Schwarz-Weiß-Ästhetik als Hindernis ansehen. Schon in den 60er Jahren war Schwarz-Weiß zumindest im Kino schon altmodisch und wurde eigentlich nur noch aus stilistischen Gründen (Thriller, Film-Noir) eingesetzt. Mit einer modernen Schwarz-Weiß-Bildsprache ala "Sin City" würde man den Vergleich mit der Klassiker-Serie (den man eigentlich nur verlieren kann) direkt herausfordern. Ich glaube, man müsste einen gänzlich modernen (filmischen) Ansatz wählen, auch wenn die Storys in den 20er Jahren (der Originalzeit der Romane) spielen sollten. Wallace hat auch in Farbe von 1966 bis 1972 sehr gut funktioniert. Dass die Serie irgendwann einging, lag an der zunehmenden inhaltlichen und inszenatorischen Einförmigkeit und an den gravierenden gesellschaftlichen und filmgeschichtlichen Veränderungen. Einen neuen Wallace-Film würde ich mir als temporeichen Thriller vorstellen, der die 20er Jahre farblich und atmosphärisch einzufangen weis. Aber das ist nur eine Wunschvorstellung. Niemand würde das finanzieren und an einen Publikumserfolg glaube ich - ehrlich gesagt - auch nicht. Außerdem hast du vollkommen recht, Martin. Wer sollte das produzieren? Deutsche Produzenten wagen sich doch an nichts anderes außer Dramen (am besten mit deutscher Vergangenheitsbewältigung) oder Komödien.


    Der kommerzielle Kinofilm der 60er Jahre ala Wallace, May, Mabuse und Co. ist heute in Deutschland quasi tot. Auf der anderen Seite kann ich die Produzenten aber auch verstehen: Das Risiko ist hoch und die Fallhöhe immens. Ein solcher Film müsste sich an der deutschen Kinokasse gegen die ganzen Hollywood-Blockbuster, Animationsfilme und deutsche Erfolgs-Komödien von Herbig, Schweighöfer und Schweiger durchsetzen. Und das ist schon sehr, sehr unwahrscheinlich, da selbst manche amerikanischen Großproduktionen an der hiesigen Kinokasse kräftig durchfallen. Der Erfolg auf dem deutschen Kinomarkt ist zumindest für deutsche Kinofilme fast nur noch für beliebte Komödien der oben genannten Herrschaften vernünftig kalkulierbar. Wendlandt konnte dagegen vor 50 Jahren ziemlich sicher sein, dass in einen Karl May-Film rund drei Millionen Zuschauer gehen würden. Eine solche Sicherheit hat man heute eigentlich nur noch für Mega-Franchises wie "Star Wars", "Star Trek", "Fluch der Karibik" oder eben die Bondfilme.

  • Für das Kino wäre eine Wallace-Neuauflage ein großes Wagnis, das stimmt. War auch nur ein rein theoretischer Gedanke. Für's Fernsehen wär das wahrscheinlich eher was. Zumal die Zwanziger Jahre eh im kommen sind, durch Serien wie Boardwalk Empire und das Erste-Weltkrieg-Revival dieses Jahr. X-Filme plant beispielsweise auch eine TV-Serie namens "Babylon Berlin" über das Berlin der Zwanziger. Wobei da wahrscheinlich auch wieder die historische Selbstkasteiung im Vordergrund steht. Laut imdb gab es übrigens schon 2002 einige TV-Remakes einiger Wallace-Stoffe, mit Eddie Arent als Sir John. Lief offenbar mal auf Super RTL.

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