Mission: Impossible

  • Deine aufgeführten Punkte kann ich alle nachvollziehen, Martin. Allerdings hat meine Begeisterung für die Reihe über die Jahre zunehmend nachgelassen, da ich zu der Fraktion gehöre die es schade finden, das man mit der Dauerverpflichtung von Christopher McQuarrie, den bis dahin spektral beschrittenen Pfad des steig wechselnden Regie-Postens verlassen hat und wir uns hier nun in einer hauptsächlich auf die reine, formale Action-Funktionalität fokussierten, lang-gestreckten 'John Glen-artigen' Ära innerhalb dieser Filmserie befinden. Das ist auch der Grund warum ich mich hier nach dem zweifachen Kinobesuch von Dead Reckoning Part One, nicht direkt zu Wort meldete, denn selten ließ mich ein Beitrag einer von mir eigentlich sehr geschätzten Reihe so ratlos zurück wie dieser. Vorallem weil das allgemeine Lob der Fachpresse und der Genrefans ja kaum frenetischer und enthusiastischer hätte ausfallen können. Ich wollte hier nicht als Partycrasher unangenehm auffallen.


    Nun ist der Film ja inzwischen für den Heimkino-Markt freigegeben, womit ich nun weniger Hemmungen habe meine Mecker-Meinung öffentlich kund zu tun. Zumal man zu so einem Zeitpunkt auch weniger Skrupel hat munter rumzuspoilern. Es mag penibel und puristisch wirken, aber das gravierenste Element, das ich dem Werk von an Anfang übel genommen habe, ist der Aspekt eines halben Produktes, das mich auch ebenso an Harry-Potter-7.1 und Tribute von Panem-3.1 störte. Formal liegt das schon an der Art und Weise wie man diesen Aspekt in den Film-Titel einwebt. Sicher, als Back to the Future-Fanatiker bewegt man sich bei so einer Art von Kritik an Kinomehrteilern mit Cliffhangern zwischen den Sequels auf äußerst dünnem Eis. Aber Back to the Future wurde nunmal nicht mit einem krampfigen BTTF 2.1 und 2.2 fortgeführt (obwohl man das aufgrund der zusammenhängenden Handlung und wegen dem Aspekt der durchgängen Nonstop-Produktion ja durchaus auch hätte machen können), sondern ganz 'übersichtlich' mit einem simplen 'Teil 2' und 'Teil 3'. Im Falle der ebenfalls in einem Stück abgedrehten Matrix-Doppelsequels und der auf 3 Filme gestreckten Hobbit-Buchverfilmung war man sogar so 'stilvoll' den jeweilgen Werksbeiträgen ganz eigene Namen zu geben - ohne Nummerierung. Schon als vor ca. anderthalb Jahren die ersten Trailer zu 'Dead Reckoning TEIL EINS' in unseren Kino flimmerten, empfand ich dieses PART ONE als ziemlich nervig und recht primitiv, da so eine Art von Umgang mit einem filmischen Erzeugnis für mich im Kino nichts verloren hat, sondern sich auf den TV- und Streaming-Markt beschränken sollte. Im Falle von Dune war man wenigstens so deszent, die Bezeichnung 'Part One' (was mich hier ebenso stört), nicht als offiziellen Filmtitel zu wählen, sondern dieses 2021er Werk nur innerhalb des Films so zu betiteln, was es imho nicht wirklich besser macht, aber vermarktungstechnisch cleverer war. Das die Verantwortlichen bei Paramount, dies im Falle von Dead Reckoning inzwischen selbst als startegischen 'Fehler' ansehen, bzw. jüngst als einen möglichen Erklärungsgrund dafür aufführten, das der neue MI-Streich an der Kinokasse hinter den Erwartungen zurück geblieben ist, verwundert mich daher nicht wirklich. Grotesk mutet allerdings nun wiederum die angebliche Überlegung an, man wolle dem achten Franchisebeitrag nun einen anderen Titel geben - also nicht Dead Reckoning TEIL ZWEI - womit man sich dann offenbar, mit dieser verwirrenden Verschlimmbesserung der Situtation, mehr Zuschauerinteresse erhofft. Bei allem verständlichen Lästern über die letzten drei 007-Dekaden: So dermaßen discounter-artig verkaspert war Eon noch nie. Wobei man natürlich nicht unerwähnt lassen darf, das die Ethan Hunt-Saga nicht die einzige Reihe ist, die die Zuschauer dieses Jahr mit einem 'halben' Plot zurückläßt. Allerdings hatten sowohl Universal bei ihrem Beitrag zu ihrer Fast-Reihe als auch Sony mit ihrer Spiderverse-Serie offensichtlich Skrupel so einen billigen Zahlen-Mist in ihre jeweiligen Blockbuster-Filmtitel einzufügen.


    Dann noch eine weitere Dreistigkeit die mich ärgert: Entgegen meiner Annahme handelt es sich bei diesem neuen Zweiteiler ja noch nicht Mal um ein Werk das straight hintereinander produziert wurde (wie bei besagtem BTTF-, Martix- und Hobbit-Sequels), sondern ein bisher nur in Ansätzen gefertigtes Endprodukt, dem der Streik nun ganz gewaltig auf die Füsse gefallen ist. Das ist allerdings eine Art von Risiko, das es stets einzukalkulieren gilt, denn schließlich können stets auch ganz andere Dinge eine Produktion gefährden - denn es ist nunmal niemand von uns unsterblich, geschweige denn der Zustand der Industrie bzw. der Markt stets in trockenen Tüchern.


    Nun zum eigentlichen Film: Das meiste was Du an Plus- und Negativpunkten aufgezählt hast Martin, sehe ich ähnlich wie Du. Vermutlich handelt es sich wirklich um die besten Actionszenen des Jahres (wobei ich dieses Jahr diesbezüglich wenig gesehen habe). Aber das sehe ich verwöhnt-unverschämter Weise bereits als gesetzte Marke des Franchise-Labels an. Zumal die Konkurrenz (die ja nicht nur aus Bond besteht), hier weitesgehend nur exzessive Pixel- und Greenscreen-Partys entgegenzusetzen hat, die bei der MI-Reihe zum Glück deutlich weniger offensichtlich sind. Als stärkste und innovativste Szene, empfinde ich den Kampf auf engsten Raum in dieser extrem engen Gasse in Venedig, die wirklich erstklassiges Stunt-, Schnitt- und Inszenierungshandwerk der obersten Liga darstellt. Den vielbeworbenen Motorradsprung empfand ich in mehrfacher Hinsicht als deutlich weniger sensationell als er beworben wurde. Zumal diese angebliche Superlativ-Szene recht verschenkt endet. Um ehrlich zu sein macht mir der tricktechnisch lächerlichere, 28 Jahre alte GE-Pretitle-Motorradsprung im Vergleich mehr Spaß, was vermutlich gerade eben daran liegt, das er insgesamt sakraler in seinem entsprechenden Film präsentiert wird und dadurch mit dem Moment "mehr macht".


    Dennoch: An der Action habe ich so gut wie nichts zu beanstanden. Positiv vielen mir daneben auch Hayley Atwell als 'Grace' und abermals Vanessa Kirby als 'White Widow' auf, die mit offensichlich viel Lust bei der Sache sind und deren Figuren sich beide hervorragend in den Film einfügen. Die Leistung von Cruise bewegt sich natürlich auch wieder auf dem gewohnt hoch-professionellen Niveau, und offenbart so gut wie keine Schwachstellen. Tja... leider hört meine Begeisterung nun allerdings schon auf. Ich empfand das Werk als enorm geschwätzig. Zum ersten Mal hatte ich bei einem MI-Teil ein deutliches Problem mit dem Timing und dem Erzählfluß. Viele rein dem Plotverständnis platzierte Erklärdialoge wirkten auf redundant und überflüssig in die Länge gezogen. Manchmal gar erstaunlich flach. Sicher bewegen wir uns hier auch in dieser Kategorie auf einem für Actionfilme höhren Qualitätslevel als die - nicht nur zeitgenössische - Genre-Durchschnittskost, aber alle vorherigen Teile der Reihe wirkten auf mich insgesamt rasanter und stimmiger. Jedenfalls hatte ich bei Dead Reckoning Teil Eins in keiner Minute das Gefühl ausserhalb der Actionnummern wirklich etwas 'meisterhaftes' serviert zu bekommen - weder erzählerisch, noch atmosphärisch, noch location-mäßig, noch filmhandwerklich. Umso mehr verwunderte mich die EXTREM astonomische Wertschätzung die dem Film in Fachkreisen bei den Reviews zu Teil wurde. Allerdings haute mich schon der Vorgänger Fallout nicht im selben Maß vom Hocker wie viele andere, von denen manche dieses Werk auf Augenhöhe mit den größten Klassikern der Filmgeschichte (wie z.B. Raiders of the Lost Ark usw.) wahrnehmen. Auch hier gilt für mich: Eine reine Parade von erstklassischen Actionszenen macht noch keinen zeitlosen Über-Klassiker. Mein Favorit der MI-Reihe bleibt bis auf weiteres Ghost Protocol, den ich als rundestes Gesamtpaket empfinde.

  • Deine Probleme mit dem Film kann ich gut nachvollziehen, Dr. moVe. Über die Zweiteilung des Franchise' in eine sehr heterogene Phase mit verschiedenen Regisseuren und die sehr homogene McQuarrie-Phase habe ich mich letztens auch mit einem Freund unterhalten. Er hatte da ein interessantes Argument, und zwar, dass die Filmreihe nach all den Jahren und verschiedenen Stil-Experimenten da angekommen ist, wo ihre Ursprünge sind, und das war ja nun mal eine TV-Serie. Im ersten Film wurde Jim Phelps und das alte IMF zerschossen, dann gab es eine recht chaotische Phase der Selbstfindung, und nun ist die Filmreihe wieder einen gleichbleibenden Stil, ähnlich wie die Fernsehserie, und hat ein etabliertes Team, das man kennt. Das war übrigens ein Punkt, der mich an den ersten vier Filmen etwas gestört hat, dass da ständige neue Gesichter waren. Von Anfang an etablierte Team-Mitglieder, wie etwa in den Oceans-11-Filmen, hätte ich viel besser gefunden.


    Ich finde McQarrie recht solide. Aber da er die Filme ja auch noch selber schreibt, ist da schon eine gewisse Gleichförmigkeit eingekehrt. Manchmal ertappe ich mich auch dabei, dass ich verschiedene Elemente aus den letzten drei Filmen durcheinanderbringe. Was bei den ersten vier Filmen überhaupt nicht der Fall ist. Vermutlich ist McQuarrie als Regisseur am meisten kompatibel mit Cruise' Wünschen und Adrenalingeilheit.


    Das offene Ende fand ich auch etwas störend. Dieses Aufsplittern ist wohl seit dem Hobbit einfach in Mode. Das hat mich auch an Avatar 2 sehr gestört. Dieses Gefühl, dass man die ganze Handlung ausbremst und künstlich in die Länge zieht, um sich noch was für weitere Filme aufzuheben. Grundsätzlich finde ich es ja nicht schlecht, wenn man gewisse Elemente wieder aufgreift und es eine Art roten Faden gibt, aber darunter sollte die Dramaturgie und das Filmerlebnis nicht leiden, und das war bei Dead Reckoning und Avatar 2 schon der Fall. Dass man den kommenden Film jetzt nicht 'Dead Reckoning Teil 2' nennt, finde ich übrigens auch ziemlich bescheuert. Grundsätzlich hoffe ich ja - vor allem in Anbetracht des kulturellen Impacts von 'Barbenheimer' in diesem Jahr - dass das Kino mal wieder in Richtung eigenständige Filme geht, und weg von diesem TV-artigen Franchise-Auswalzen.

  • Grotesk mutet allerdings nun wiederum die angebliche Überlegung an, man wolle dem achten Franchisebeitrag nun einen anderen Titel geben - also nicht Dead Reckoning TEIL ZWEI - womit man sich dann offenbar, mit dieser verwirrenden Verschlimmbesserung der Situtation, mehr Zuschauerinteresse erhofft.

    Konsequenterweise hat man nun auch das 'Part One' bei 'Dead Reckoning weggelassen: Link. Das wirkt schon sehr chaotisch und aus marketingtechnischer Sicht etwas verzweifelt. Man kann nur hoffen, dass der nächste M:I nach dem enttäuschenden Einspielergebnis des letzten Streifens nicht in der Entwicklungshölle landet.

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