Fury - Herz aus Stahl von David Ayer

  • Herz aus Stahl (2014)


    "Fury" (original title)


    16 | 134 min | Action, Drama, War | 1 January 2015 (Germany)


    Director: David Ayer


    Writer: David Ayer


    Stars: Brad Pitt, Shia LaBeouf, Logan Lerman. Michael Pena



    Kritik


    David Ayer öffnet die Luken seines Sherman Panzers und lässt den ganzen Staub, Dreck und die Abgründigkeit des World War 2 ungefiltert und ohne Moral ins Wohnzimmer. Dabei wird wenig reflektiert aber es wird getan was getan werden muss. Regisseur Ayer legt in seinem Kriegsdrama viel Wert auf den technischen Aspekt und die Mechanik. So wie die Tonnen schwere Panzerkette ins Rädchen greifen muss, so müssen auch die Jungs im rollenden Stahlsarg präzise abgestimmte Rädchen im Uhrwerk von Wardaddy ( Brad Pitt ) sein um dem Gegner in Nazideutschland einzuheizen.


    Perfektes Timing


    Regisseur Ayer (Training Day, Sabotage) versucht erst gar nicht sich mit falschen Federn zu schmücken um etwas zu sein zu was er nicht ist. Fury ist genauso dreckig, staubig, roh, jenseits von Moral und so weit davon entfernt zwei Seiten der Medaille zeigen zu wollen wie Merkel davon frauliche Attribute zu besitzen. Und genau das tut dem Heimkino gut. Ayer serviert einen dreckigen Bastard. Weg vom Hochglanz Kriegsdrama, hin zum Ayer Style. Der Mittelfinger an alle sauberen Uniformen-Filmchen und Wackelkamera Filmemacher. Ayer bleibt seiner straighten Handschrift treu und platziert, wie in den meisten seiner anderen Werke ein starkes Alphamännchen in sein Gehege unmittelbar neben einen Grünschnabel, sowie ein stimmiges Assemble an interessanten Charakteren im übrigen Team. Wer an Training Day oder Sabotage denkt erkennt das Muster. Ayer schafft es sogar Shia LaBeouf nicht sucken zu lassen. Die Grünschnabel Etablierung neben der Big Balls Figur ist insofern für den Zuschauer wichtig um in den Film zu finden. Der Grünschnabel ist genau wie der Zuschauer vor allem erst mal eins, unwissend. Eine Identifikationsfigur die stets anfänglich Moralisch handelt aber durch den Mann mit den dicken Eiern, nach und nach in sein Wertesystem geführt wird.


    Im Grunde zeigt Fury auch keine besonders wichtige Schlacht im zweiten Weltkrieg sondern einen Ausschnitt daraus. Irgendwo in Nazi Deutschland. Irgendwann Ende 1945. Das Team um Wardaddy ( Brad Pitt ) Bible ( Shia LaBeouf ) Gordo ( Michael Pena ) Rattenarsch ( Jon Bernthal ) und Maschine ( Logan Lerman ) kämpft mit, oder auch ohne andere Panzerteams, meist im Inneren ihres rollenden Wittwenmachers gegen Adolfs Jünger. Dabei wird schnell die Liebe zum Timing von Ayer sichtbar. So ist die Vorrausetzung für einen erfolgreichen Schuss in des Gegners Pelz immer das perfekte Timing der Männer im Inneren. Präzise wie ein Uhrwerk indem ein Rädchen ins andere greift, muss alles aufeinander abgestimmt sein. Ayer wird nicht müde dies zu zelebrieren. Sieht gut aus, macht Laune beim Zusehen, zeigt zerplatzende Köpfe und hält die Spannung hoch. Gerade beim Mexican Standoff Duell mit dem deutlich besser gepanzerten Tiger der Nazis wird das perfekte Timing welches unbedingt von Nöten ist, grandios visualisiert.


    Überhaupt ist Ayer bestrebt darin in allen Lagen auf das Timing besonderen Wert zu legen. Ist in den meisten Fällen meisterhaft umgesetzt, wirkt aber leider in manchen Szenen zu offensichtlich und durchschaubar. So sterben in den vielen Fällen, Soldaten nur dann, wenn es auch vom Timing her passt. Nicht im Kugelhagel sondern, wenn noch genau die Worte gesagt wurden die gesagt werden müssen um einen schönen Heldentod zu gewährleisten. Timing ist auch hier Trumpf. Ihm sei es vergeben denn so stirbt sichs auch besser und emotionaler. Wird den meisten Guckern eh egal sein und Ayer auch. Dennoch bricht Ayer dieses Muster auch gekonnt auf und lässt gekonnt in manchen Abschnitten das interessante unerwartet geschehen.


    Frisur und Medaillen


    Witziger Weise kann man ohne den dafür nötigen Input, anhand des Kinoplakates nicht erkennen in welchem Jahrzehnt der Film spielt. Wird beim Sehen natürlich klar, aber worauf der Rezensent hinaus will ist die Frisur des Pitt. Auf dem Kinoplakat ist, so wie im fertigen Film es oft der Fall ist, nur Brad Pitt lümmelnt über dem Panzerrohr, mit der Aufschrift Fury, gebeugt zu sehen mit einer Frisur, die zwar vermutlich in die Zeit passt aber mittlerweile schon die Zeit eingeholt hat. Der Undercut. Und den vermutlich neunzig Prozent der männlichen Kinobesucher selbst auf dem Schädel spazieren tragen. Somit klärt nun Ayer nicht nur darüber auf, dass es keine neue coole Idee von irgendwelchen Hipstern oder Bushidos war, sondern der Undercut ein alter Hut ist und lässt gleichzeitig Pitt in deren Augen auch noch stylisch cool aussehen. Von Frisuren der deutschen in dieser Zeit wäre hier indem Fall abzuraten.


    Bei den vielen tollen tollen Momenten, die sich im Film verbergen und entdeckt werden wollen, sowie den grandiosen Schlachten mit umherfliegenden Geschossen oder den starken Bildern gibts leider auch die Kehrseite der Medaille. Die Kehrseite der Medaille ist das die Medaille keine hat. Ayer ist ganz nah an seinen Soldaten und lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass Pflicht nichts mit Moral zu hat. Friss oder stirb, töte oder werde getötet. Nach diesem Prinzip handelt das Alphamännchen Wardaddy und das predigt er auch vehement aus seiner Panzerkanzel heraus an seine Jünger. Punkt um. Wer hier erwartet einen SS Offizier ins Bild huschen zu sehen, der mehr als wortlose Graue Masse ist oder mehr als Gehirnbrei an der Wand, sollte sich daran gewöhnen, dass es hier Ayer auch gar nicht darum geht zwei Seiten darzustellen oder sich im Film darüber Gedanken zu machen. Die Grundpfeiler von Fury sind Timing, Pflicht und Mechanik. Mechanik nicht nur als besonderes Merkmal des Panzers sondern auch im Handeln der Soldaten. Alles ist nur noch Mechanik und man funktioniert irgendwann nur noch. Auf dem Pfad des Todes balancierend rechts und links flankiert von Moral und Überlebenstrieb. Als einzige Alternative bleibt der Tod und der ist endgültig.


    Ayers Malkasten


    American Sniper von Altmeister Clint Eastwood trieft vor Patriotismus und dem ekelhaften Fetisch, skrupellos amerikanische Flaggen aus jedem erdenklichen Winkel und zu jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit zu zeigen. Eastwoods Film stinkt gegen Ayers Fury aber fürchterlich ab. Beide zeigen nur eine Seite der Medaille, nur tut Ayer dies ohne zu langweilen. Zudem versucht Ayer erst gar nicht eine Seite beleuchten zu wollen. Eastwood schon und scheitert daran kläglich. Fury schwächelt nur gegen Ende ein wenig als dann doch noch der stolze Amerikaner in Wardaddy durchkommt und es etwas konfus wird. Dies wirkt sich dennoch nicht allzu negativ auf dem Gesamteindruck aus, bekommt man doch einen echten Endkampf zu sehen, der etwas an Leonidas erinnert.


    Ayer hat einen Malkasten, beim Abspann ist Grau leer, rot, blau und alle dunkeln Farben für den Dreck auch. Er benutzt eigentlich die ganze Palette an Farben in seinem Film. Nur nicht für die Moral oder der Sichtweise, die bleibt grau, streng aus der Sicht der Amerikaner. Alle anderen Farben verbraucht er für seine wunderbaren Bilder.

  • Klasse Kritik wie immer!, das bereichert das Forum unheimlich und erleichtert einem bei von einem selbst noch nicht gesichteten Werken die Entscheidung, ob man sich dem Film hingeben sollte oder doch eher weniger. Weiter so und gute Nacht :thumbup:

  • Kann man - wie immer - auch anders sehen ;)


    Herz aus Stahl (2014) – David Ayer


    Es ist schon ein Kreuz mit dem „neuen amerikanischen Kriegsfilm“, hat sich eben jener doch auf die Fahne geschrieben die Schrecken des Krieges sowie deren Einflüsse auf die beteiligten Menschen in den Mittelpnunkt zu stellen, um sich somit als „echte Anti-Kriegsfilme“ deutlich von den verpönten Genrebeiträgen früherer Epochen abzugrenzen – nur um am Ende dann doch wieder das Hauptaugenmerk auf reisserische Kriegsaction zu legen. David Ayers filmischer Panzer ist ein Paradebeispiel für dieses Subgenre und – um bei dem Vergleich zu bleiben – filmisch leider auch eher ein schrottreifer Sherman als ein Tiger in Glanz und Gloria.


    Eigentlich wird schon in den ersten Minuten klar, dass der Film seine hehren Absichten sehr schnell zugunsten plakativer Action über Bord schmeisst, wenn nämlich der von Brad Pitt gespielte amerikanische Panzerkommandant im Stile eines chinesischen Martial Arts-Akrobaten von seinem Sherman auf einen berittenen deutschen Offizier hüpft und ihn mit dem Messer „vom hohen Ross holt“. Die Szene mit dem stimmungsvollen Nebel und Zwilicht und der Konfrontation zweier Feinde nach einer Schlacht ist unübersehbar eine dreiste Kopie der Anfangssequenz aus Sam Fullers Kriegsklassiker The Big Red One, nur eben ohne die inszenatorische Brillanz und den schockierenden Effekt des Originals auch nur annähernd zu erreichen. Ayer hält sich auch im Anschluss nicht lange mit Figuren- oder Storyeinführungen auf und lässt seinen Film einfach mal loslaufen – was leider ziemlich nach hinten losgeht, da gerade die erste Viertelstunde so richtig plump und orientierungslos wirkt. Der Film verzichtet ebenfalls auf eine durchgängige Story und orientiert sich in seiner Schilderung von einzelnen Kriegserlebnissen dramaturgisch eher an Filmen wie Platoon, Apocalypse Now oder eben dem bereits erwähnten The Big Red One – nur leider auch hier um Welten plumper und uninspirierter. Jede dieser handvoll Sequenzen ist ein Wiederkäuen altbekannter Genrestandards: der feindliche Kriegsgefangene, der den Zorn der gegnerischen Soldaten zu spüren bekommt, der Hinterhalt, der den jungen unerfahrenen Offizier das Leben kostet, die große Essensszene, in der sich die feindlichen Seiten begegnen und natürlich das Finale, in welchem sich die Protagonisten heldenhaft für den „gerechten Zweck“ opfern.


    Genauso einfallslos wie die Dramaturgie ist leider auch Ayers Inszenierung, der es nie gelingt dem Film sowas wie einen roten Faden zu verleihen. Klar, so aufdringlich wie „die Schrecken des Krieges“ betont werden (in erster Linie durch reisserische Metzelszenen) bleibt auch dem letzten nicht verborgen, dass man deren Auswirkungen auf die Protagonisten zeigen will. Das könnte man als roten Faden dann schon durchgehen lassen, aber auch hier ist das Ganze wieder plump (man verzeihe mir den inflationären Gebrauch des Wortes, aber es trifft die Sache halt perfekt) und ungeschickt in Szene gesetzt. Offenbar wollte man sich besonders „ambitioniert“ geben, indem man die GIs so ambivalent wie nur irgendmöglich zeichnet. Da werden Kriegsverbrechen begangen und sich generell benommen wie die Axt im Walde, was aber dadurch wieder konterkariert wird, dass man letztlich erstens jedem dieser „Missetäter“ dann doch wieder eine oder mehrere charakterlich erlösende Eigenschaften und Szenen zugesteht und zweitens das ganze durch „den Kampf für die gerechte Sache“ zu legitimieren meint. Plump, wirklich nur plump. Wenn beispielsweise die Erschiessung von Pferden melodramatisch als Kriegstrauma verkauft wird, nachdem sich die Herren Bernthal und Pena wie die Obera.rschlöcher aufgespielt haben. Oder die platte Etablierung der SS als „das ultimativ Böse“ in zwei Szenen, nur damit im großen Finale dann der Kampf „Gut gegen Böse“ in der Konstellation unseres kleinen Panzertrupps gegen eine ganze SS-Kompanie effekthascherisch zelebriert werden kann. Den so oft propagierten Realismus des „neuen amerikanischen Kriegsfilms“ kann man gerade bei solchen Szenen dann auch getrost vergessen, das Finale ist in seiner übertriebenen und fast schon comichaften Ausprägung auch nix anderes als der Endkampf in Rambo III, wobei man fairerweise festhalten muss, dass der gute Johnny ja zumindest noch über einen fahrbaren Panzer verfügte.


    Vom Drehbuch im Stich gelassen sehen folgerichtig auch die Darsteller nicht allzu gut aus (wobei das für einen sicher nicht gilt, doch dazu gleich mehr), zu glänzen vermag keiner, unangenehm auffällig sind hingegen schon einige. Speziell Jon Bernthal übertreibt seine Rolle als Ober-Kotzbrocken in oft nervigem Ausmaß. Klar, das liegt natürlich auch an seiner Rolle und wie sie konzipiert ist, aber man kann sowas auch anders spielen als immer nur den grummeligen Klischeeproleten, Nuancen findet man in seiner Darstellung jedenfalls keine. Und man kann über Brad Pitt ja sagen was man will (wie er in den Ruf ein besonders guter Darsteller zu sein gekommen ist werde ich zB nie verstehen), aber immerhin hat er in jedem seiner Film die Haare schön. So auch hier, da kann es noch so krachen und rumsen, die gegelte Locke sitzt und die hipp ausrasierte Frisur macht was her. Spass beiseite: Pitts Auftritt ist einfach schwach, schwach weil es ihm erstens hier nie gelingt aus seinem positiven Strahlemannimage auszubrechen, egal wie mies und übelgelaunt er sich vor allem in der ersten Filmhälfte auch gibt und zweitens, weil sein Versuch hier eine Art „Lee Marvin Gedächtnisvorstellung“ zum Besten zu geben in ihrer penetranten Grimmigkeit jederzeit aufgesetzt wirkt und bereits nach kurzer Zeit nur noch langweilt.


    Herz aus Stahl ist ein unterdurchschnittlicher, überflüssiger The Big Red One-meets- Im Westen nichts Neues-Mischmasch im Gewand einer überlangen Band of Brothers-Episode, der lediglich in ein paar lichten Momenten mal kurz zu überzeugen weiss, über den Großteil der Laufzeit aber durch seinen plumpen Umgang mit Story, Figuren und Thematik einfach nur enttäuscht. Handwerklich ist der Film weitgehend im grünen Bereich (im wahrsten Sinne des Wortes, denn es wird erwartungsgemäß mal wieder auf den seit Private Ryan für Kriegsfilme scheinbar in Stein gemeiselten entsättigten Grün-Braun-Look gesetzt – wie langweilig), aber die Limitationen von Regie und Dramaturgie sind nur allzu offensichtlich. Was das Ganze noch ärgerlicher macht ist die Scheinheiligkeit, mit der solche Filme propagiert werden: Figuren und Schrecken des Krieges am Allerwertesten: letztenendes ist das ganze nur eine reisserische Metzelschau mit pseudoambivalenten Figuren und hippem Strahlemann auffem Panzer. Mit solchen Filmen gewinnt man jedenfalls keinen Krieg.
    Wertung: 4 / 10

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