Ich bin nun aber eh kein sonderlicher Fleming-Purist, der so viele Fleming-Elemente verwurstet haben möchte, wie nur irgendwie möglich. Für mich ist die klassische Bondfilm-Atmosphäre wichtiger.
Das sehe ich ähnlich. Man muss nicht zwanghaft alles von Flemings literarischem Werk verarbeiten, aber einzelne, gelungene Elemente oder Charaktere dürfen gerne adaptiert werden, wenn sie in die Story des neuen Films passen. Ein Charakter wie Gala Brand beispielsweise lässt sich beinahe in jedes Bondszenario integrieren. In "Die Another Day" wäre sie ja schon fast zu Film-Ehren gekommen. Zum Glück haben sich die Macher aber letztlich doch dagegen entschieden, da man ihren Charakter für die Filmhandlung am Ende zu sehr hätte verändern müssen. An die Spangs - so gerne ich sie auch sehen würde - glaube ich erst, wenn sie wahrhaftig auf der Kinoleinwand erscheinen. Ich glaube, für EON sind sie schlicht zu unspektakulär und können zumindest in ihrer literarischen Form zu keinen "großen" Bondvillians werden. Dazu kommt, dass man Doppelvillains im Franchise nur sporadisch antrifft. Einzelschurken haben hier die besseren Karten, weil sie ja auch in Hinblick auf Screentime besser punkten können. Und bei dem großen Coup, den Mendes & Logan für die nächsten zwei Filme zu planen scheinen, tippe ich auf einen großen Einzelschurken, der entweder eigenständig oder der Anführer von Quantum oder Ernst Stavro Blofeld ist.
Womit wir wieder beim SPECTRE-Boss wären. Vor dem Sommer wäre ich absolut deiner Meinung gewesen, Kronsteen, aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. In früheren Jahren waren die Blofeld-Gerüchte immer substanzlos, was sich jetzt geändert hat. Ich habe es bereits im Bösewicht-Thread geschrieben: Nach Silva suchen die Macher sicherlich nach einer Steigerung in Sachen Schurken-Aura, es scheint eine Handlung über zwei Filme zu geben, Mendes & Logan sind beide Fleming-Verehrer, Logan ist Blofeld-Fan und dann haben die Produzenten ausgerechnet jetzt die McClory-Rechte erworben. Der Zeitpunkt ist schon sehr verdächtig. Ich bin auch noch nicht vollends überzeugt, aber wenn Blofeld zurückkommt, hoffe ich auf eine wegweisende, moderne und gleichzeitig den Originalcharakter nicht vollständig verleugnende Interpretation. Etwas, was Martin ja zurecht als Geniestreich bezeichnet hat. Und auch ich traue, wenn ich ehrlich bin, Mendes und Logan diesen Geniestreich nicht zu. Eine halbgare Blofeld-Interpretation wäre meines Erachtens eine Katastrophe, weswegen ich auch immer noch hoffe, dass man die Finger von ihm lässt und einen neuen Villain (vielleicht als Erzschurken) auftreten lässt.
Aus dem Fleming-Fundus könnte man noch einiges herausholen, aber bitte nicht krampfhaft. Es muss schon in die neue Story passen. Einige Szenen und Elemente, die mir spontan einfallen:
- Die erwähnte Gala Brand (MR) - eine von Flemings besten Bondgirls
- Vivienne Michel (TSWLM) - vielleicht Flemings vielschichtigstes Girl, müsste freilich für eine moderne Handlung etwas anders gezeichnet werden (inwieweit Flemings Nutzungsklausel hier greift, ist mir nicht bekannt)
- Mr. Sanguinetti (TSWLM) - Mann im Hintergrund (gleiche Nutzungserlaubnisfrage wie bei Vivienne Michel)
- General Grubozaboyschikov (FRWL) - SMERSH-Chef
- Mary Ann Russell (From a View to a Kill) - könnte eine Mi6-Kollegin darstellen
- Maria Freudenstein (The Property of a Lady) - würde sich gut als mysteriöse Gangsterin ala Octopussy oder als Doppelagentin anbieten
- Schatzsuche als Tarnung für eine Geheimoperation (TB)
- Jack und Seraffimo Spang (DAF) - letzte verbliebene Hauptschurken des Kanons - Mafiabrüder im Largo-Stil
- Spectreville/die Zugverfolgungsjagd (DAF) - spannend und temporeich, zumal Bond und das Girl hier völlig auf sich allein gestellt sind und ohne Hilfsmittel auskommen müssen
- Die Schlammbadszene (DAF) - mal was anderes und in ihrer Bizarrheit typisch Fleming
- Der Todesgarten (YOLT) - sicherlich das von den Fans am meisten herbeigesehnte Fleming-Handlungselement
- Bonds erstes Treffen mit Scaramanga (TMWTGG) - in einem exotischen Etablissement - Scaramanga erschießt die Lieblingsvögel der Bardame - könnte man als atmosphärische Einführung eines Handlangers ala Dimitrios verwenden (außerdem gibt es einen netten Gag mit Goodnight, den man auf die neue Moneypenny übertragen könnte – sie reagiert empört als sie die Adresse des Etablissements bekommt)
- Die Klubszene (MR) - Bond zusammen mit M gegen den Villain (Drax) am Spieltisch - das wäre die Chance einen Villain "Goldfinger"-mäßig zu etablieren und auf diese Weise könnte man auch Bond und M(allory) effektvoll und süffisant zusammen agieren lassen (mein persönlicher Favorit für eine Verwendung bei den nächsten Filmen)
Außerdem können die Produzenten nun auch auf die Ideen der vielen "Thunderball"-Skriptversionen zurückgreifen. Auf das filmische Potenzial von "James Bond of the Secret Service" (1976) wurde hier im Forum schon mehrfach eingegangen.
Insofern hoffe ich auf eine spannende und gerüchtereiche Vorproduktion von "Bond 24"!