Hier mal ein Thread zu den Filmmusiken allgemein, nach der Diskussion darüber im Bondfilm-Anschauthread.
Ich starte mal mit meiner Bewertung der Soundtracks.
Dr. No (5/10)
Highlight ist natürlich das Bondtheme in seiner Ur-Version. Ich mag auch "Dr. Nos Fantasy", auch wenn es im Film nicht zu hören ist. Ansonsten recht solide und mit viel Lokalkolorit.
From Russia With Love (8/10)
John Barry erstmals in voller Pracht. Wie eine Reviermarke im Streit um die Urheberschaft des Bondthemes erschafft er gleich noch ein eigenes Theme für 007, dass dann nochmal in TB, YOLT, DAF und MR auftauchte. Ich mag es sehr, und hätte mir gewünscht, dass es ein Leben nach Barry gehabt hätte, aber sowas scheitert vermutlich an den Rechten. Und mittlerweile ist ja auch der Sinn für Abenteuer und Leichtigkeit verschwunden, den das Theme vermittelt. Die Version in FRWL gefällt mir allerdings am besten. Irgendwo hab ich mal gelesen, dass Barry den Grundrhythmus an das Schreiben auf einer Schreibmaschine angelehnt hat, passend zur Lector im Film. Ich mag auch sehr Barry's Untermalung des fahrenden Zuges.
Der Titelsong ist solide. Sicherlich etwas schmalzig, aber ich mag ihn.
Goldfinger (8/10)
Sicher eine von Barry's besten Leistungen und stilprägend für das Genre, allerdings finde ich ihn wie schon erwähnt in seiner auftrumpfenden Art manchmal etwas anstrengend. Richtig gut gefällt mir dagegen die instrumentale Version des Titelsongs. Die coolste Musik überhaupt in einem Bondfilm.
Den Song würde ich als den vielleicht besten Filmsong aller Zeiten nennen. Ich höre ihn sehr gern, ein kleines Drama in fast 3 Minuten.
Thunderball (6/10)
Wie bei dem gesamten Film finde ich irgendwie keinen rechten Zugang dazu. Mr. Kiss Kiss Bang Bang und seine instrumentalen Versionen mochte ich noch nie so richtig. Und ich finde auch die Untermalung der Unterwasserszenen ziemlich repetitiv und zur gefühlten Langatmigkeit der Szenen beitragend. Es ist einfach die übliche Harfe, die man in so vielen Filmen immer unter Wasser hört.
Der Song ist im Prinzip die männliche Version zu Goldfinger. Kraftstrotzend und Testosteron-geschwängert, so wie Bond einmal war.
You Only Live Twice (10/10)
Barry's erstes Meisterwerk im Franchise. Dieses Schwärmerisch-Melancholische finde ich vergleichbar mit dem Nachfolger OHMSS, wenn vom Ansatz auch ganz anders. Die Musiken von YOLT und OHMSS sind für mich daher wie zwei Seiten einer Medaille. Hier gibts erstmalig keine Stellen, die ich nicht mag. Grandios der düstere Space March, wunderschön die instrumentalen Versionen des Songs und natürlich The Wedding, einer meiner absoluten Lieblings-Tracks überhaupt. Ohne die Musik wäre der Film vermutlich nur halb so gut.
Der Titelsong steht bei mir zur Zeit auf Platz 1 der Liste. Das Träumerisch-Märchenhafte, das hier perfekt zum Ausdruck kommt, ist für mich eine (verlorengegangene) Essenz der Filme.
On Her Majesty's Secret Service (10/10)
Hier hat Barry sein absolutes Meisterstück abgeliefert, dessen Qualitäten weit über die Franchise-Konventionen hinaus gehen. Für das Bondtheme nutzte er einen Moog Synthesizer, den ersten kommerziellen Synthesizer, den 1970 nicht mal 30 Musiker besaßen. OHMSS war der vierte Film, der den Moog repräsentativ einsetzte, nach 'Der illustrierte Mann'. In den 70ern setzte sich der Sound durch, noch 1977 wurde er eingesetzt, um mit Donna Summers "I Feel Love" einen futuristischen Sound zu kreieren. Barry war hier nicht nur modern, sondern der Zeit sogar etwas voraus. Sehr schön ist auch, dass er für jeden Darsteller eine eigene Instrumentierung des Bondthemes etablieren wollte. Es wäre interessant gewesen, was er für Moore in LALD eingesetzt hätte. (Interessanterweise hat er auch für das Theme zu The Persuaders einen Moog benutzt.)
Das Maintheme unterstreicht sehr schön den ernsthafteren und dramatischen Ton. Mit der Musik zu The Incredibles hat Michael Giaccino ja eine gelungene Hommage daran kreiert. Erstmals gibt es auch einen eigenen Credits-Song, der perfekt zum Film passt. Auch hier denke ich, dass die Musik unglaublich viel zum Film beiträgt.
Diamonds Are Forever (8/10)
An sich eine sehr einfallsreiche Arbeit von Barry, die die spezielle Atmosphäre des Films wieder auf den Punkt trifft und unterstützt. Sein 'Circus, Circus'-Walzer ist mondän, das Theme für Wint und Kidd verspielt raffiniert. Sehr schön der Mix aus dem Titelsong und dem Bondtheme, wenn Bond zum Elrod-House geht. Und ich liiiieebe 'Slumber, inc', auch einer meiner absoluten Lieblingstracks ever.
Der Titelsong gefällt mir ebenfalls in seiner unterkühlten sexy Art.
Live & Let Die (8/10)
Erstmalig seit Monty Norman hört man einen anderen Komponisten als John Barry, und das trägt viel zu der gefühlten Frische des Films bei. In der Variabilität der Themen nicht auf der Höhe von Barry, aber dennoch sehr stimmig und atmosphärisch. Absolutes Highlight ist wie im Film selbst 'Boat Chase' mit der kleinen Anspielung auf den Hochzeitsmarsch (die mir im Film nie auffällt). Sehr gut ist auch, dass die Musik nicht die gesamte Bootsjagd zukleistert, wie das heute üblich wäre, sondern erst auf ihrem Höhepunkt eingesetzt wird.
Der Titelsong ist natürlich über alle Zweifel erhaben. Bond ging hier erstmalig in Richtung Pop, mit durchschlagendem Erfolg.
The Man With The Golden Gun (6,5/10)
Wie der Film an sich etwas schwächer. Aber doch auch mit einigen Highlights. Ich mag etwa die melancholische Musik, wenn Bond in das Hotelzimmer von Andrea einbricht. Die meisten Komponisten hätten hier ein Zuspeise-Thema gebracht, oder ganz plakativ eben das Bondtheme, aber Barry schattet hier bereits die Tragik der Figur vor. Toll auch 'In Search of Scaramangas Island'.
Der Titelsong ist nicht wirklich schlecht, hat aber wie der Film an sich für mich immer etwas leicht b-mäßiges.
The Spy Who Loved Me (8/10)
Das Highlight des Scores ist natürlich 'Bond '77', den ich einzeln mit 10/10 bewerten würde. Auch 'Ride to Atlantis' und 'The Tanker' sind ikonisch und kultig, und damit absolut passend zum Film. Sehr schön und romantisch auch das Instrumentalstück, das auf dem Nil zu hören ist. Obwohl der Film in meinen Top 3 ist, höre ich den Score allerdings weniger oft als andere. Vielleicht liegt es auch daran, dass die bisherige Titelauswahl auf dem Album etwas dünn ist. Hier würde ich mir wirklich mal einen Extended Score von La-La-Land wünschen, ist aber wohl nicht in Sicht.
Titelsong ist natürlich so ikonisch wie der Film.
Moonraker (10/10)
Barry is back, und wie. Unglaublich schwelgerisch, majestätisch, episch. Was Ken Adam architektonisch lieferte, bietet Barry musikalisch. Nicht nur perfekt zum Film passend, sondern in kreativer Hinsicht oft auch weit über das hinausgehend, was gefordert war, und was viele andere geliefert hätten. Ähnlich wie in DAF nutzt er auch hier einen Chor. Auch hier würde ich mir einen Extended Score sehr wünschen.
Den Titelsong mögen viele Fans ja eher weniger, inklusive Miss Bassey selber, aber ich mag diese schwärmerischen Balladen allgemein sehr. Was anderes kann ich mir hier gar nicht vorstellen.
For Your Eyes Only (8,5/10)
Objektiv urteilende Musiker würden den Score wohl nicht so hoch bewerten, da er auf jeden Fall ziemlich "dated" ist. Die beginnende Disco-Ära ist hier sehr präsent, aber es passt auch zum neuen Jahrzehnt und zu der frischer wirkenden Herangehensweise. Und es gibt auch eine abwechslungsreiche Vielfalt von Themen. Contis klassische Musik für den Eiskunstlauf gefällt mir, ebenso wie seine Interpretation des Bondthemes. Grandios finde ich 'Submarine'. Es ist zusammen mit TND der Nicht-Barry-Soundtrack, den ich am häufigsten höre.
Titelsong sehr schön und passend zur gesamten Musik.
Octopussy (7/10)
Einer der Barry-Scores, die ich weniger hoch ansiedele. Ähnlich wie im Film gefällt mir der Deutschland-Part wesentlich mehr als der Indien-Part. Highlights sind die instrumentalen Versionen des Songs und das Suspense-Thema, das vor allem im letzten Drittel zum Einsatz kommt.
Der Titelsong ist im Laufe der Jahre in meiner Gunst gestiegen. Ich fand ihn anfangs irgendwie belanglos und Fahrstuhl-mäßig, und gemessen an dem, was in den 80ern möglich gewesen wäre, verschenkt. Aber mittlerweile sehe ich ihn im Olymp der von mir geschätzten Balladen à la YOLT und MR. (Die Cover-Version von Pulp finde ich aber nach wie vor grandios.)
Never Say Never Again (2/10)
Hier gibt es eigentlich keine Passagen, die mir gefallen oder überhaupt groß in Erinnerung bleiben. Am ehesten vielleicht der Tango. Immerhin aber auch keine, die aktiv stören, wie etwa in GE. Natürlich ist der Vergleich schwierig, wegen der Rechte und so, andererseits versucht Legrand noch nicht mal ansatzweise, so etwas wie ein alternatives Bontheme zu kreieren, wie etwa Arnold mit 'You Know My Name' in CR. Insgesamt enorm verschenkt.
Der Song ist okay.
A View To A Kill (9/10)
Nicht ganz an den Top-Barry-Musiken wie YOLT, OHMSS, MR und TLD, aber ich höre ihn auch unheimlich gern. Etwas, worin Barry immer brillierte, sind auch hier die instrumentalen Versionen des Titelsongs. Ich kann gar nicht sagen, wie mir das in den letzten Jahren (Jahrzehnten) fehlte. Grandios etwas die Fanfaren-artige (und an Superman erinnernde) Version, wenn Bond Stacy die Feuerleiter hinunter trägt. Auch hier zeigt sich wieder Barry's Experimentierfreude, wenn er eine E-Gitarre in die Musik einbaut. Vermutlich trägt der Score einen nicht zu unterschätzenden Beitrag dazu, dass ich AVTAK trotz (und inklusive) all seiner plakativen Schwächen liebe.
Und ja, der Titelsong. Pop as Pop can be.
The Living Daylights (10/10)
Barry Abschied, und ein äußerst würdiger. Inklusive Campo-Auftritt als Dirigent in der Oper. Auch hier hat die Musik einen enormen Anteil daran, dass der Film irgendwie immer geht, und einen immer abholt. Wie um das 25. Jubiläum zu feiern, gibts hier gleich drei Songs. Den von a-ha, den ich als a-ha-Fan natürlich sehr mag, und zwei ebenfalls sehr atmosphärische von den Pretenders. Nicht nur ein eigenes Theme, sondern einen eigenen Song für den Henchman... Meine Güte, was waren das für Zeiten.
Licence To Kill (7/10)
Das Verspielte und Ironische ist erstmal vorbei, und das hört man auch deutlich. Die Musik von Michael Kamen ist immer sehr nah an der Handlung, und funktioniert daher nur bedingt außerhalb des Films. Trotzdem höre ich den Soundtrack doch in gewisser Regelmäßigkeit, und mag gewisse Passagen. Immerhin versteht es Kamen, anders als Serra oder Newman, das Bondthema an den richtigen Stellen entsprechend zu zelebrieren. Und er findet auch eine eigenständige Interpretation des Themas, die zum Film passt. Insgesamt okay. 'Dirty Love' ist irgendwie der typische 80er-Kneipenschlägerei-Song und ein bisschen cringe, aber ich liebe sowohl den Titelsong als auch den Credits-Song von Patty LaBelle. Der und die nächtlichen Luftaufnahmen von Miami sind Nostalgie pur.
GoldenEye (3/10)
Während die Musik von 1962 bis 1989 für mich eine gewisse Grund-Faszination ausstrahlt, zwar auch mit Höhen und Tiefen, aber doch einer gewissen Franchise-typischen Qualität, liefert GE erstmals eine Art emotionale Entkopplung. Sicherlich kann man Eric Serras Bemühen honorieren, nicht den typischen orchestral-klassischen Sound zu liefern, aber das haben Hamlisch und Conti doch wesentlich besser hinbekommen. Während die Untermalung der Pretitle-Sequenz noch ganz gut und atmosphärisch ist, läuft die Musik in späteren Szenen oft völlig konträr zu dem, was man sieht. Dabei finde ich Serra an sich noch nicht mal wirklich schlecht. Seine Musiken zu den Besson-Filmen sind toll. Hier wirkt es leider wie Ketchup zu Torte. Was mich mindestens ebenso stört, ist die Tatsache, dass sich Teile der Musik frappierend ähnlich zu der von 'Leon' anhören. Vor einer gewissen Form von Selbst-Plagitation sind selbst die Großen nicht gefeit, immerhin wurde selbst einem Nino Rota der Goldjunge für 'The Godfather' deswegen aberkannt, aber hier ist es doch schon sehr dreist.
Separat bewerten muss man wohl den Einsatz von John Altman zur Panzerjagd, den ich sehr schätze. Wohl nicht zufällig ist es der Teil des Films, der mir und anderen Zuschauern am besten gefällt. Ich hätte gern den ganzen Film von ihm vertont gesehen. Eine sehr solide 7/10.
Tomorrow Never Dies (8,5/10)
Nach dem Debakel von Serra konnte David Arnold natürlich mit fliegenden Fahnen debütieren. Vielleicht zelebriert er das Bondtheme ein bisschen zu sehr, allerdings hatten damals genau darauf sowohl Fans wie Normalzuschauer auch gewartet. Und natürlich ist es nicht die Meisterklasse von Barry, aber ich finde die Musik sowohl sehr gut zum Film und zu Bond allgemein passend, als auch separat sehr gut hörbar. Was Arnold wirklich gut versteht sind treibende, teilweise fast euphorisch wirkende Action-Untermalungen. Dementsprechend gern höre ich 'White Knight', 'Hamburg Break In' oder 'Backseat Driver'.
The World is not Enough (7,5/10)
Nicht ganz so gut wie TND. Manche Teile finde ich gut, allem voran die Untermalung der auch sonst tollen Vortitelsequenz, 'Ice Bandit' oder 'Pipeline', andere weniger, wie 'Kaviar Factory'. Erstmals seit TLD gibt es auch wieder einen in die Musik eingeflochtenen Titelsong, was die Musik ebenfalls aufwertet.
Die Another Day (6,5/10)
Ebenso wie im Vorgänger paaren sich gute Anteile (Icarus, Welcome to Cuba) mit weniger guten. Insgesamt finde ich die Untermalung der Actionszenen, anders als in den beiden Vorgängern, oft etwas zu lärmig.
Casino Royale (8,5/10)
Ab hier wird es etwas schwierig, da ich mich mit der Craig-Ära nicht mehr wirklich beschäftige. Von NTTD habe ich mir auch erstmals nicht mehr den Soundtrack gekauft, obwohl ich Hans Zimmer insgesamt sehr schätze. Aber CR ist schon die vielleicht beste Bondmusik von Arnold. Das Vesper-Thema fand ich immer sehr schön und passend. Auch die Einarbeitung von 'You Know My Name' ist super.
Quantum of Solace (8/10)
Arnolds (bisheriger) Schwanengesang, und kein schlechter. Ich mag die Abwechslung der Stimmungen, die zu den wechselnden Schauplätzen passen. Grandios ist 'Night at the Opera', mein Lieblings-Arnold-Track.
Skyfall (6/10)
Nicht der ganz große Wurf, aber hat durchaus auch seine Momente. Vor allem bei der Fahrt durch Schottland.
Spectre (4/10)
Hier fiel Newman offenbar nicht mehr so viel ein. Nur die Vortitelsequenz und eventuell noch 'The Eternal City' stechen heraus.