DER FILM: Keine Zeit zu sterben

  • Das hat für mich eher mit der Art wie man Action inszeniert zu tun, aber realisitscher werden sie dadurch nicht.


    So wie FYEO den maßlosen MR (im wörtlichen Sinne) "geerdet" hat (die Grundidee von FYEO ist ja durchaus vorstellbar, die von MR eher nicht), so haben CR ff. die Brosnan-Ära geerdet - doch, das würde ich in der Tat so sehen. Alles natürlich im Kontext des Franchise, Bond bleibt Bond, da erwarten wir keine John-Le-Carre-Geschichte. Wir haben in CR mit einem Geschäftsmann zu tun, der Gelder von Kriminellen verliert und wiederbeschaffen muss. In QOS geht es um Wasserrechte. Das sind doch zweifellos ganz andere Storys als DAD oder TND. Oder die Bond-typische Rettung in letzter Sekunde: zum Glück hat James die Atombombe drei Sekunden vor Ultimo deaktivieren können, sonst... so einen Nonsens (der in früheren Filmen viel Spaß gemacht hat) will ich eigentlich nicht wieder sehen.


    Realistischer, weil Bond blutet? Ja, auch das. Oder weil Kämpfe wie gegen Slate oder Obanno uns zeigen, wie es ist, einen Mann im Nahkampf tatsächlich zu töten, mit allem, was dazu gehört. Von dem Ansatz entfernt sich schon SF ein Stück - was ich bedaure.

  • auch in CR und QOS gerade aufgrund der sehr spektakulären Actionszenen nicht


    Da ist schon was dran. Die Actionszenen werden tendenziell immer unglaubwürdiger im Sinne von "das überlebt niemand - niemals". Das ist mir insbesondere bei NTTD aufgefallen. Wobei das hier wohl den Filmtitel referenzieren will/soll. Einzeig bei Felix Leiter reicht ein kleines, ungezieltes Schüsschen, um ihn zur Strecke zu bringen. Gleichzeitig mit der Zunahme des Spektakels werden die Actionszenen aber irgendwie auch langweiliger. Man kann ihnen praktisch nicht mehr folgen, sie machen irgendwie keinen Spass mehr.

  • Ich sehe einen scharfen Unterschied zwischen den ersten drei Craig-Bonds und den letzten beiden.
    Und ich vermute, dass unsere Differenzen in der Bewertung daher stammen, dass einige sich auf die Gestaltung der Filme insgesamt beziehen, wogegen andere (unter diesen auch ich) die Charakterzeichnung des James Bond ins Auge fassen und für maßgeblich halten.
    Noch einmal:
    CR06, QoS (als Appendix des Ersten) und SF bleiben bei einer Figur, die
    so schon bekannt und beliebt war, erweitert um innere Ansichten, die
    zwar vorher wenig zur Sprache kamen, aber dennoch plausibel waren.


    Die "Überdosis", von der ich ab Spectre rede, ist nicht einfach ein
    "Zuviel" dessen, was in den ersten drei Filmen thematisiert wurde,
    sondern eine ganz andere Substanz!

    Ich möchte diese Wandlung mal am Beispiel der letzten Worte Bonds im jeweiligen Film aufzeigen.


    Die letzten Worte Bonds in


    CR: "Bond, James Bond"
    QoS: "Ich war nie weg!"
    SF: "Mit Vergnügen, M ... mit Vergnügen!"
    und dann
    SP: Q: "Ich dachte, sie wären weg!" Bond: "War ich auch! Ich brauch nur noch eine Kleinigkeit!"
    NTTD: "You have all the time in the world." (Nicht: "We"!)


    Es ist eindeutig zu sehen, dass die ersten drei Filme mit Identitäts-Findung (CR), Treue-Eid (QoS) und Enthusiasmus (SF) enden, während die letzten beiden schließen mit einem Abschied (SP) und - man könnte sagen - einem Vermächtnis (NTTD)!


    Hinter den ersten drei Craig-Bonds kann ich voll und ganz stehen, als Geschichten um jenen Mann, den ich aus den gut 20 vorherigen Filmen und den Büchern kenne.
    Die letzten beiden zeigen mir einen ganz anderen Mann, einen Mann, der mit seinem alten Leben abschließen will (SP) und der dann mit seinem ganzen Leben abschließt (NTTD)!


    So zeigt sich m. E. eine ganz eindeutige und scharfe Zäsur innerhalb von Craigs fünf Filmen, die ab SP jene Konstanz vermissen lässt, die vorher stets gegeben war!

  • Ich habe die letzten Tage immer nur fleißig mitgelesen, da kam ja einiges zusammen.


    ABER, nur kurz:
    Weshalb nun immer Spectre niedergemacht wird, und zwar von beiden Lagern, die, die NTTD enttäuschend und die, die NTTD gut finden.


    @Fogg:
    Du schreibts ja, dass Bond am Ende von SF sagt: "mit Vergnügen, M...mit Vergnügen."
    Und genau SO tritt Bond dann auch in SP auf. Mit Abstand die befreiteste Bondperformance Craigs, ohne Zweifel, ohne Altlasten, einfach seinen Job machend.
    Lustig, dass das aber niemanden schert.
    Die Schwäche bei SP liegt einfach nur darin, dass man Spectre und Blofeld auf Teufel komm raus einführen wollte und das Blofeld der Adoptivbruder Bonds ist. Hätte man die Namen bei Quantum und Oberhauser belassen, wäre es im Nachhinein viel besser geworden.


    NTTD strickt da aber jetzt einfach zu viel heraus, vor allem, da Bond und Madeleine die große Liebe verspüren, so sind sie am Ende von SP einfach Bondlike abgedüst.


    Und ja, in SF ist Bond weniger Bond als in SP!
    Er reagiert bockig, weil M den Schussbefehl gab und mich nervt die Szene mit Bond, Silva und Severine einfach. Bond wartet einfach ab, bis Silva Sie abknallt (lief ja darauf hinaus). Aber genau dann, nach einem dummen und peinlichen Spruch Bonds zur Situation, kann Bond plötzlich ALLE um ihn herum überwältigen. Was für ein Schwachsinn...genau wie die Mathis/Müllcontainer Szene. Was denken sich die Drehbuchschreiber dabei? Solche Verhaltensweisen mag ich einfach nicht.

  • Die Schwäche bei SP liegt einfach nur darin, dass man Spectre und Blofeld auf Teufel komm raus einführen wollte und das Blofeld der Adoptivbruder Bonds ist.


    SP wäre gar nicht mal übel - über weite Strecken sogar deutlich besser als SF. Bond ist Bond, er hadert auch nicht mit sich oder seinem Schicksal. Aber die Sache mit dem Stiefbruder, dem "das war alles ich" und der Last, die dem nachfolgenden Film dadurch hiterlassen wurde, ist für mich schlimmer zu verkraften als Bonds (vermeintlicher) Tod in NTTD.

  • Das mit SP hast Du verflixt gut argumentiert! Ich halte es jetzt tatsächlich für möglich, dass die Sache mit Blofeld als Adoptiv-Bruder mir ganz schön die Sinne getrübt hat!
    Und mit den von Dir zitierten Verhaltensweisen in SF und QoS hast Du auch recht!


    Ich werde mir SP in den nächsten Tagen noch einmal zu Gemüte führen ... und versuchen, die Oberhauser/Blofeld-Sache zu subtrahieren! :)

  • Da bin ich ja auch mal wahnsinnig gespannt, wie sie das im nächsten Film lösen. Dass sie uns völlig kommentarlos einen neuen Bond präsentieren, als wäre nichts gewesen, kann ich mir kaum vorstellen.


    Aber man schreibt ja keinen Bond-Tod ins Drehbuch, ohne schon einen Plan für die Zukunft zu haben. Zwar fehlt mir bislang die Fantasie, wie das funktionieren könnte, aber vielleicht überrascht man uns ja.

  • Also ich vermute das sie genau das tun werden. Du kannst den "Tod" so oder so nicht wirklich thematisieren wenn sie die Figur weiterführen wollen. Und nach dem Raketenangriff so zu tun als ob Bond überlebt hätte und irgendwie wieder auftaucht, das wäre noch unglaubwürdiger und unpassender als es zu ignorieren. Aber genau wegen solcher zukünftigen "Probleme" war es unnötig hoch 10 Bond sterben zu lassen.


    Einen Plan über mehrere Filme hatten sie ja sehr selten, Bei Folgefilmen wurde immer eher situativ entschieden was man macht, in der Craig Ära war das ja auch nicht anders. Die Fragen werden eher sein "in welcher Zeit spielt Bond", vielleicht überlegt man sich auch einen Bond in der Vergangenheit spielen zu lassen. Halte ich aber eher für unwahrscheinlich, da die Filme bis jetzt immer in der Gegenwart angesiedelt waren. Und die nächste Frage wird sein, wird es wieder eine Art Reboot wo man wieder einen jüngeren 007 erlebt der sich noch beweisen muss oder sehen wir einen Veteranen.

    Schönes Gewehr, passt eigentlich mehr zu einer Frau. - Verstehen Sie etwas von Waffen Mr.Bond ? - Nein, aber etwas von Frauen.

  • Ist gar nicht nötig ... aber ohne Leiche ist und bleibt eine Menge Spielraum!


    Das sehe ich auch so. Und nachdem sich Blofeld als Bonds Adoptivbruder und SPECTRE als Orginasation hinter Quantum und Silva herausgestellt hat, traue ich denen ehrlich gesagt alles zu :whistling: . Allerdings: So oder so ist der Craigsche "Familienbond" tot. Wie die Macher da wieder rauskommen wollen... ich denke nicht, dass sie da einen Plan haben. Grundsätzlich fallen mir da drei Möglichkeiten ein, von denen ich keine jetzt wirklich prickelnd finde:
    1. Es geht mit einem neuen Darsteller einfach weiter wie zuvor. Ggf. könnte der Film suggerieren, direkt an DAD (oder gar einen früherer Film) anzuschliessen. Sowie es in FYEO Ansätze gab, dass er direkt an OHMSS anschliesst und die Filme zwischen DAF und MR gar nie stattgefunden hätten.
    2. Bond hat NTTD doch irgendwie überlebt, kann von den Nano-Bots "geheilt" werden. Q schafft doch alles. Dann wäre aber seine Familie im Weg für eine sinnvolle Fortführung der Bond-Saga. Dann müsste diese also zuerst von irgendeinem Bösewicht zuerst exekutiert werden. Bond würde rächen und hätte fortan noch einen grösseren psychischen Knacks als in der gesamten Craig-Ära zusammen :wacko:
    3. Es gibt wieder ein Reboot. Aber nach CR '06 ist das Thema doch ausgelutscht :|

  • Sowie es in FYEO Ansätze gab, dass er direkt an OHMSS anschliesst und die Filme zwischen DAF und MR gar nie stattgefunden hätten.


    In wie weit? Das sehe ich aber nicht. Du schreibst ja selber, Bond spielt immer in der Jetzt-Zeit, also ist es natürlich abwegig 12 Jahre zu streichen. Der Besuch an Tracys Grab war lediglich eine Hommage und ein Wink "Back to the basics", weg vom Sci-Fi Abenteuer Moonraker.



    2. Bond hat NTTD doch irgendwie überlebt, kann von den Nano-Bots "geheilt" werden. Q schafft doch alles. Dann wäre aber seine Familie im Weg für eine sinnvolle Fortführung der Bond-Saga. Dann müsste diese also zuerst von irgendeinem Bösewicht zuerst exekutiert werden. Bond würde rächen und hätte fortan noch einen grösseren psychischen Knacks als in der gesamten Craig-Ära zusammen :wacko:


    Also aus der Asche wieder einen Menschen zusammen gepuzzled :) Wahrscheinlich noch mit Gesichts-Transplantation...ups, da haben wir ja den jungen Sean Connery.



    Ich wäre für einfach weiter- oder neu machen. Einfach einen Bond, der bereits erfahren ist und seine Mission von M erhält. Fertig, kein Schnickschnack.

  • In wie weit? Das sehe ich aber nicht. Du schreibst ja selber, Bond spielt immer in der Jetzt-Zeit, also ist es natürlich abwegig 12 Jahre zu streichen. Der Besuch an Tracys Grab war lediglich eine Hommage und ein Wink "Back to the basics", weg vom Sci-Fi Abenteuer Moonraker.


    Darum schrieb ich ja "Ansätze" ;) . Oder wie Du es nennst "Wink". Es war ja auch nicht mit dem Holzhammer (wie in heutigen Bond-Filmen) - eher "subtil". Die Szene an Tracys Grab (so was gab sonst nie wieder und auch nicht zuvor), die endgültige (leider nicht endgültig genug, wie man 34 Jahre später erfahren soll) "Versenkung" Blofeld, die erste wirkliche Erdung seit 1969. Als das waren direkte Aufnahmen von Handlungssträngen aus OHMSS, auch wenn man natürlich 12 Jahre nicht einfach ausradieren kann. Aber das schöne daran: Jeder kann für sich das interpretieren, wie er will und jede Interpretation ist soweit "gut" :prost:

    Zitat


    Einfach einen Bond, der bereits erfahren ist und seine Mission von M erhält. Fertig, kein Schnickschnack.


    Ja, dafür bin ich auch. Aber ich glaube nach rund 20 Jahren leider nicht mehr wirklich daran :(

  • Eure Diskussionen haben mich verleitet, dass auch ich meine Gedanken zur Ära Craig mal sammle (sozusagen als Therapieanfang).
    Nachzulesen hier(würde mich freuen).


    Ein Wort hier nur noch zur kompletten tabula rasa, der auch Blofeld und Leiter zum Opfer fallen:
    Was hätte dagegen gesprochen, Leiter anstelle von Nomi im Finale überleben zu lassen, um Bond dann das Versprechen zu geben, sich um Madeline und Mathide zu kümmern? Das hätte m.E. nach eher die tiefe Freundschaft zwischen beiden gezeigt und das Ende ein Mü versöhnlicher gestaltet.

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