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Zitat von Kronsteen
Vor dem Erscheinen des Films viel kritisiert, nach dem Erscheinen im gleichen Maße gelobt.
ZitatAlles anzeigenPhotographer schrieb:
Nach einem vierjährigen Dornröschenschlaf wurde die weltweite Bondfan-Gemeinde am 14. Oktober 2005 von einem neuen Prinzen wachgeküßt.
Nicht jedem gefiel dann (gleich) was er zu sehen bekam.
DANIEl CRAIG - angehender Star oder nicht?
Wenn man sich Craigs bisherigen Filmrollen listentechnisch ansieht, hat er bisher zwar keinen weltweiten Durchbruch gehabt, aber schon in einigen Blockbustern eine größere Hauptrolle gespielt - wenn auch noch nicht die (!) Hauptrolle. In Großbritannien ist er eine House-Hold-number (= anerkannte Größe auf seinem lokalen Markt, vielleicht mit Til Schweiger für Deutschland zu vergleichen).
Wo liegen Probleme, die gegen Craig sprechen?
In erster Linie wird Craig von zahlreichen Bondpuristen wegen seines Aussehens abgelehnt. Viele Abbildungen präsentieren ihn „unschmeichelhaft“ als wenig photogen, während er bei seinem gestrigen Presse-Auftritt „der lebendigen Bilder“ beweisen konnte, daß er schon telegen ist und vor der laufenden Kamera weitaus anders wirkt.
So etwas gibt es. Menschen wirken auf Fotos einfach „unschön“, was ihrem wirklichen Naturell nicht entspricht.
Als Erbe und Nachfolger des letzten Bond-Darstellers steht Craig nun eine gewaltige „künstliche“ und „psychologisch“ katastrophale Hürde bevor. Überzeugte Pierce Brosnan-Anhänger wissen, daß „ihr“ Star das Feld nicht freiwillig geräumt hat und wünschen sich weitere Filme mit diesem Interpreten, bis jener „freiwillig und mit dem Argument „aus alterstechnischen Gründen“ zurücktritt. Ein neuer Mann wird immer erst einmal abgelehnt.
Aber das ist immer ein Problem, und liegt in der menschlichen Natur wenn man als Zuschauer einen Interpreten besonders gut findet und präferiert. Den „Timothy Dalton“-Fans ging es seinerzeit nicht anders und Roger Moore hatte gegenüber eingeschworenen Connery-Fans aus den Sechzigern sogar bis zum Ende seiner Karriere einen schweren Stand gehabt.
Trotzdem hat Roger Moore mit seinem dritten Bondfilm spätestens auch eine neue Generation an Zuschauern gewonnen und sich als „ihr“ Star etabliert.
[Fans der „Roger Moore“-Generation sind beispielsweise die ältesten Teilnehmer an Jahren in diesem Forum]
Auch wenn es Craig vielleicht nie gelingen mag, echte „Brosnan-Fans“ zu überzeugen, so bedeutet dies nicht automatisch, daß sein(e) zukünftige(r)n 007-Film(e) automatisch an der Kinokasse ein Flop wird/werden.
Bei George Lazenby sah das 168/69 anders aus, weil sich während der Dreharbeiten zu „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ schon abzeichnete, daß Lazenby keinen Mehrjahresvertrag unterschreiben wollte und auch ansonsten duch „unglückliches“ und tölpelhaftes menschliches Benehmen gegenüber Schauspielkollegen und den Produzenten auffiel. Die Dreharbeiten entwickelten sich zu einem Tanz auf dem Vulkan, wobei es am Ende vom menschlichen Standpunkt aus nur Verlierer gab.
Obwohl der Film qualitativ zu den Meisterwerken der Serie gehört, verlor man durch diese „verunglückte Zusammenarbeit“ mit Peter Hunt einen großen kreativen Mitarbeiter der ersten Stunde und hätte sich Lazenby anders präsentiert - auch einen zukünftigen Star. Mit (s)einem vorzeitigen Ausstieg aus der Serie beraubte Lazenby sich seiner eigenen Chancen, wobei er dies schon vor Beendigung der Dreharbeiten zu seinem Erstlingswerk ankündigte. Das Merchandising und die Werbung für den Film waren dann auch so konfiguriert, daß der Name des Hauptdarstellers bewußt nicht mehr (auf Plakaten und anderswo) herausgestellt wurde, sondern nur noch die Filmfigur, so daß der Laie immerhin noch begriff, daß es sich um einen James Bond-Film handelte.
Bei Timothy Dalton verhielt sich dies anders.
Sein Einstiegsfilm hatte ein äußerst veritables Einspielergebnis außerhalb der USA erzielt, während man mit „Licence to kill“ sich für den Massengeschmack zu weit von der klassischen „Bondformel für die Filme“ entfernt hatte. Durch eine eingeschränkte Altersfreigabe und ungewohnte Brutalität im Mafia-Stil war ein Teil der Hauptzielgruppe von diesem Film ausgeschlossen, was sich am Einspielergebnis des Filmes stark bemerkbar machte.
Trotzdem war 1990 ein weiterer Film mit Timothy Dalton in Planung, wie die Vorankündigungsplakate in Cannes beweisen, bevor ein Deal mit dem damaligen neuen Mehrheits-Anteilseigner Paretti bei MGM zu stande kam. Die Finanzierungen für diesen Deal hatte sich Paretti durch vergünstige Angebotskonditionen bei Fernsehensendern im Vorfeld erkauft. Die Bondfilme wurden ab dem Zeitpunkt unter Wert verkauft, und als Albert R. Broccoli davon erfuhr, war es für ihn kein Thema dagegen gerichtlich vorzugehen.
Da er somit gegen den Verleiher gerichtlich vorgehen mußte, beinhaltete dies auch den Stop und das Einstellen jegliche Drehoptionen für den anstehenden dritten Dalton-Bond. Diese Pattsituation bestand dann bis 1994, bevor Paretti von sich aus bei MGM wieder verabschiedete.
Da Timothy Dalton von der amerikanischen Presse gerade bei „LTK“ sehr angegriffen worden war und die Zuschauerzahlen in diesem Land für einen Bondfilm sehr schlecht lagen, hatte man bei MGM große Sorge, daß dies nach einer Pause von sechs Jahren für einen weiteren Timothy Dalton-Bond nicht gerade einen Anstieg ergeben würde.
In dieser Zeit hatte Timothy Dalton außerhalb der Bondserie auch keinen anderen Film gedreht, der in den USA zu einem Blockbuster geworden wäre, was seine „Beliebtheit“ beim amerikanischen Publikum nicht gerade anwachsen lassen hat.
Man darf davon ausgehen, daß das Ganze 1994 mit einem Gentlemen-Agreement geendet hat. Dalton wollte nach dieser langen Pause keinen weiteren Film mehr drehen und traf eine gütliche Einigung mit den Produzenten. Obwohl Produzenten und damaliger Hauptdarsteller somit unterschiedliche Wege einschlugen, hat man auf privater und menschlicher Ebene bis heute in sehr gutes Auskommen miteinander und ist weiterhin befreundet.
Man darf davon ausgehen, daß unter der Prämisse, daß 1991 ein weiteres Bondabenteuer in die Kinos gekommen wäre, dieses nicht im Stile von „Licence to kill“ gewesen wäre, sondern daß man schon wieder zur ursprünglichen Formel zurückgefunden hätte.
Hält man sich als Bondfan mal vor Augen, daß Roger Moores Zweitlings-Bond „The man with the golden gun“ an der Kinokasse auch „relativ“ (- immer im Zusammenhang zu den anderen Bondfilm zu sehen, und nicht mit Filmen allgemein; in dem Sinne war nämlich bis heute kein (!) Bondfilm ein Flop) gefloppt war und es wäre danach eine Pause von sechs Jahren gewesen, wüßte auch keiner, ob der Verleih das Risiko einer Weiterverpflichtung eingegangen wäre.
Selbst nach Connery würde kein Hahn krähen, wenn er nach „From Russia with love“ aufgehört hätte.
Den Nachtragsbonus, den Brosnan schon mit Beginn von „GoldenEye“ automatisch hatte, war einfach der Tatbestand, daß dem Gros anglo-amerikanischer Zuschauer bekannt war, daß Brosnan eigentlich schon bei „The living daylights“ die Hauptrolle spielen sollte.
Regisseur Martin Campbell hat schließlich bei „GoldenEye“ indirekt noch einen drauf gesetzt mit Erwähnung eines rückdatierten Datums von acht Jahren in der Pre-Title-Sequenz. Dadurch, das genau diese Zeitraum im Film genannt wird, werden die Timothy Dalton-Filme vom Regisseur zu nicht existenten Werken abgeurteilt. Pierce Brosnan wird mit dieser „eingeblendeten“ Datierung nachträglich von Campbell auch zum Bond von 1987 akkreditiert.
Die amerikanischen Medien pflegten das Thema „Brosnan statt Dalton“ dauermäßig schon ab 1987 wie der Römer Cato, der Ältere, der immer wieder darauf hinwies, daß man doch endlich Karthago zerstören solle.
Dieses jahrelange ewige „Zermürben des hohlen Steins“ in der anglo-amerikanischen Presse gegen Timothy Dalton hat sicherlich auch dazu beigetragen, daß er von vorne herein ein gestörtes Verhältnis zu den Medien entwickelte. In genügend englischsprachigen Magazinen der damaligen Zeit wird bei Berichten zum Thema Bond auch immer Bezug zu Pierce Brosnan teilweise mit Fotos genommen.
Verkam Brosnan in der damaligen Zeitspanne in den Medien zur tragischen Figur - als der Mann, der nicht James Bond geworden war - kam seine Verpflichtung bei „GoldenEye“ förmlich dem Aufstieg des Phoenix aus der Asche gleich. Vom chancenlosen Verlierer als B-Movie-Darsteller in unbedeutenden Filmen hatte Brosnan mit dieser Hauptrolle den absoluten Aufstieg in die Riege der Major-Stars gezwungen und nutzte die Gunst der Stunde auch in anderen Filmen sein Geld zu machen.
Ob diese Presse-Spielchen sich als Nachwehen der Brosnan-Ära auch gegenüber Daniel Craig medientechnisch niederschlagen werden bleibt erst einmal abzuwarten. War Brosnan die „elegante“ Personifizierung der Filmfigur James Bond im Gary Grant-Stil wirkt Daniel Craig wie ein ungeschliffener rauher Diamant.
Interessanter Weise liegt hier typentechnisch genau die Umkehrung zwischen Moore und Connery vor. Wurde Moore immer das Image des Lordchens (aus die „2“) Bond als Kleiderständer und Dressman mit dem sexuellen Charme eines Edeka-Vertreters von dt. Medienvertretern wie dem „SPIEGEL“ bösartig unterstellt, entsprach Connery dem Typ proletarischer Arbeiter und Totschläger, der weniger tadelloses Benehmen präsentierte, aber für den Chauvi und Macho schlechthin stand.
Star oder nicht Star - der Liam Neeson der Zukunft?
Ich halte Daniel Craig in dem Sinne für ähnlich „heiß“ [wobei damit nicht das Sexuelle gemeint ist] wie seinerzeit die Verpflichtung von Halle Berry zu „Die another day“, bevor sie dann den Oscar bekam und eine weiterhin beachtliche Solokarriere hinlegte, die sich auch finanziell für sie auszeichnete.
Mit der Verpflichtung von Daniel Craig in Steven Spielbergs neuestem Film „Munich“ ist Craig auf dem besten Wege auch in den USA zu einem bekannten Namen und zum Star zu werden.
Bei Spielbergs neuem Film geht um die Attentate auf das Olympische Dorf in München 1972. Man darf davon ausgehen, daß Spielberg die Dramatik und Problematik des Themas ähnlich diffizil und sensibel angehen wird wie „Schindlers Liste“ oder den „Soldaten Private Ryan“. Mit den beiden genannten Filmen hat er bewiesen, daß er ein Händchen für solche „schweren“ historisch abzuhandelnden Stoffe hat, und selbst wenn der Film nur den finanziellen Erfolg von „Amistad“ haben sollte, wird es sich bei dem Film um ein Doku-Drama und weniger um einen Actionfilm handeln. Für Craig ist es jedenfalls ein hervorragender Einstieg in den amerikanischen Markt und es würde mich nicht wundern, wenn er nach seinem jetzt zu drehenden zusätzlichen Film mit Nicole Kidman und dem nächsten Bond Ende nächsten Jahres ganz oben am Kino-Firmament ankommt und der absolute Star des Jahres wird.
Bedenkt man, daß Liam Neeson seinen Durchbuch bei „Schindlers Liste“ hatte und er danach als Nummer 1-Favorit für die Rolle des James Bond in „GoldenEye“ war, bauen sich zu Daniel Craig Parallelen auf. Im Gegensatz zu Craig hat Neeson, die Bond-Rolle abgelehnt.
Unter der Prämisse, daß ich Neeson vorher aus Filmen wie „Excalibur“ und „Darkman“ nur kannte, hätte ich vor „Schindlers Liste“ mir auch nicht im Traum vorstellen können, daß dieser Darsteller als Bond nur ein Thema gewesen wäre.
Ich gehe davon aus, daß Craig seinen Weg gehen wird. Ob er nun etwas mehr oder weniger Zuschauer als James Bond in Amerika in die Kinos locken wird, ist für den Dauererfolg der Filmfigur James Bond Gott sei Dank nicht so ausschlaggebend, da das Hauptgeld seit rund dreißig Jahren außerhalb der USA gemacht wird.
So lange Daniel Craig ab dem dritten Film die regulären Zuschauerwerte von 20 Millionen Zuschauer aufwärts in den USA macht, wird er von Produzenten- und Verleiherseite weiter als Bond verpflichtet werden - vorrausgesetzt das menschliche Miteinander funktioniert.
Der Rest wird die Zeit zeigen.