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  • Hihihi, das Interview kannte ich nicht.

    Die Oscars nehme ich schon lange nicht mehr ernst, für mich nur noch ein PR-Feelgood-gesteuerter Abklatsch dessen, was die Auszeichnung mal bedeutet hat.

    Je mehr Pseudo-Drama, desto besser - und das gilt nicht nur für die Filme, sondern v.a. auch für die Show. Der letztjährige "Skandal" um Will Smith und einen (weiteren) unappetitlichen Bully-Joke von Chris Rock war der schon nicht mehr nötige Tropfen in ein eigentlich schon längst übergelaufenes Fass.

    Und wenn ich auch in dein Plädoyer für Tom Cruise aus persönlichen Gründen nicht einstimmen mag, gebe ich dir recht, dass ein bisschen mehr Blockbuster-Unterhaltung und weniger Sozial-Drama, ein bisschen weniger roter Teppich und mehr echte Stars im besten Wortsinne, weniger Flachwitz-Komiker und stattdessen Charme in der Moderation dem ganzen Laden gut täten.

  • Und wenn ich auch in dein Plädoyer für Tom Cruise aus persönlichen Gründen nicht einstimmen mag, [...]

    Meine Zeilen waren keinesfalls als Plädoyer für Tom, sondern als Kritik an ihm gemeint. ;)


    Zurück zum Thread-Thema:


    Sydney / Hard Eight (Last Exit Reno) - USA 1996, Regie: Paul Thomas Anderson


    P.T.Anderson's Regie-Debüt ist ein kleines, cooles Filmchen. Recht einfach vom Inhalt, den ich bewußt verschweige, aber bereits schon souverän von ihm geführt und von Anfang an mit seiner unverkennbaren, inzwischen kultigen Inszenierungshandschrift versehen. Lustig ist auch wieviele bekannte Gesichter aus seinen deutlich bekannteren Werken Boogie Nights und Magnolia sich hier schon blicken lassen. Einzig an Gwyneth Paltrow mußte ich mich gewöhnen, aber mit der habe ich sowieso immer gewisse Probleme gehabt. Gemessen daran ging ihre Präsenz für mich sogar verhältmäßig in Ordnung. Der Film wirkt auf mich wie einer dieser typischen Erstlingswerke eines vielversprechenden Ausnahmetalents, die man als erstes Training für Größeres ansehen kann, aber dennoch schon gut genug waren, um bei Newcomer-Filmpreisen große Beachtung zu finden. Ähnlich wie Mean Streets von Scorsese, The Following von Nolan oder Reservoir Dogs von Tarantino. Also von Anfang an überdurchschnittlich, aber noch nicht SOOO reichhaltig und brilliant wie die Nachfolger. Anderson hätte nach diesem gelungenen Einstieg ja auch ein No-Name bleiben können, der irgendwann mal einen guten Film gedreht hat, aber stattdessen sollte sein nächstes Werk Boogie Nights werden, den ich zu meinen All Time-Top 5 zähle. Sehr schön auch, das er trotz begrenzter Mittel seinen ersten Film direkt in 2.35 : 1-Breitwandformat drehte. Krass ist natürlich, das er erst 25 Jahre alt war, als er diese Nummer umsetzte. Schon allein wenn man bedenkt das sein ganzes Star-Ensemble älter ist als er erstaunlich, und ich finde es sowieso kurios wie er - und sein Team - dieses als damals noch unbeschriebenes Blatt zusammentreiben konnte. Das spricht wohl für außergewöhnliches Connection-Glück.


    Space Camp - USA 1986, Regie: Harry Winer


    Ja, genau, dieser hemmungslos naiv-kitschige NASA-Kids-Film, in dem Jugendliche 'ausversehen' im Weltraum landen, der bereits schon ein brutaler Flop war, bevor er überhaupt veröffentlicht wurde, da kurz nach dem Drehende die Raumfähre Challenger explodierte. Das hielt mich allerdings nicht davon ab, den Film damals als 12-jähriger in einem kleinen Raucher-Kinosaal für so wunderbar zu empfinden, um mir damals die Soundtrack-LP zuzulegen und das entsprechende Bravo-Plakat aufzuhängen. Objektiv gut war der Film nie, aber er bleibt ein Stück pure 80er-Nostalgie. John Williams Score steht imho seinen populäreren Kompositionen in nichts nach und vermittelt einem beim Filmkonsum das Gefühl, sich in einem deutlich besseren Film zu befinden, als den den man gerade sieht. :D Zusätzliche Relevanz bekommt dieser vergessene, cheese'ische 80er-Underdog für mich durch seinen Cast: Joauquin Phoenix als Kind (wie ich, da wir beide im selben 'DiCaprio/Bale'-Jahrgang geschlüpft sind), die heutige Mrs. Spielberg, sowie die von mir damals pubertär angebetete Mutter von Marty McFly, in ihrer direkten Anschlußrolle... Wie soll ich bei diesen Zutaten diese verstaubte Guilty Pleasure-Nummer nicht mögen ?! Das Produkt ist dermaßen unpopulär, das ich die spanische Blu-Ray organisieren mußte um ihn nochmal im HD-Zeitalter würdigen zu können...

  • Ach, ich finde es irgendwie cool, wenn man der Selbstbeweihräcuherungs-Veranstaltung fern bleibt. Cruise & Cameron hatten bestimmt besseres zu tun.
    Im Gegensatz zu Dr. moVe habe ich in den letzten Jahren kein "Best Picture"-Nominee mehr gesehen und auch kein Interesse daran. "Green Book" fällt mir da noch ein, der gefiel mir auch. Die anderen interessieren mich schon alleine von Thema her NULL.

  • Everything Everywhere All At Once (2022)


    Nun habe ich den diesjährigen Oscar-Film auch endlich mal gesehen. Und ich fand ihn dann doch deutlich besser als erwartet. Bei neueren asiatischen Filmen hab ich öfter das Problem, dass ich keinen rechten Zugang finde. So ging es mir bei 'Parasite', dessen Phänominalität sich mir nicht erschlossen hat. Zusammen mit dem Extrem-Hype bei den Oscars und einigen Meinungen im Netz, die ihn überbewertet fanden, hatte ich erwartet, schon froh sein zu können, wenn ich die 2h20 überhaupt durchhalte.


    Sicherlich ist die Gefahr hier recht groß, vor der hyperaktiven Erzählweise und der fast schon erdrückenden Ideen-Dichte irgendwann zu kapitulieren, bei mir war es aber eher so, dass der Film mir mit zunehmender Länge mehr Spaß gemacht hat. Manche Gags fand ich eine Spur zu albern - Stichwort Wurstfinger - und ich denke, die Story hätte da trotz ihres sehr durchgeknallten Ansatzes etwas mehr Ernsthaftigkeit vertragen können. Insgesamt ist die Fülle an Ideen aber doch sehr beeindruckend. Zuletzt hatte ich dieses Gefühl in "Die fabelhafte Welt der Amelie". Ich mag Filme sehr, die vom Stil her 'transzendieren' und über die Grenzen des konventionellen Erzählhandwerks gehen (wenn es funktioniert und nicht so übertrieben ist wie etwa in 'Synecdoche New York', den ich tatsächlich irgendwann abgebrochen habe). Interessanterweise sind es oft nicht-US-amerikanische Filme, denen das gelingt. Der schon erwähnte 'Amelie' und überhaupt einiges von Jeneut, Tom Tykwers 'Lola rennt' ging ja auch etwas in die Richtung. Von den US-Filmen kommen da eigentlich nur Independentsachen wie David Lynch oder die Kaufman/Gondry/Jonze-Geschichten ran. Insofern glaube ich, dass da bei den Oscars auch eine Art Bewunderung für etwas im Spiel war, was man selbst oft versucht, aber selten so wirklich gut hinbekommt, und das daher immer exotisch wirkt.


    Was mir gut gefallen hat war auch, dass der Film über seinen Stil sein großes Thema Generationskonflikt transportiert und unterstützt. Er spricht die Generation TikTok, die mit Reizüberflutung ja quasi aufgewachsen ist, ebenso an wie die etwas Älteren, die in einer Generation mit Yeoh oder Quan sind. Und ja, ich empfand den Stil und die Erzählweise des Films tatsächlich als künstlerisch sehr beeindruckend und hochwertig. Während die meisten heutigen Filme durch die allgegenwärtige 'everything is possible'-CGI-Technik eher verlieren und uninteressant werden, ist hier mal das seltene Beispiel eines Films, der die heutigen technischen Möglichkeiten auf ebenso natürliche wie positive Weise nutzt. Kleinere Kritikpunkte gab es für mich in der eigentlichen Geschichte um die Familie Wang. (hier könnten potentielle SPOILER aufpoppen!) So innovativ die Erscheinung des Films ist, so konventionell ist diese 'Hilfe, mein Sohn/meine Tochter ist anders und ich komme damit nicht klar'-Story. Hat man mittlerweile in jeder Traumschiff-Folge. Auch dass sich letztlich der 'Patriarch' als eigentlicher Antagonist entpuppt, empfinde ich mittlerweile als sehr trauriges und ausgelutschtes Klischee. Vom Gefühl her findet man in jedem Historienfilm und auch sonstigen Melodramen - vor allem im deutschen ÖRR - diese negative Vaterfigur, die nicht nur antagonistische Züge trägt, sondern sehr oft als völlig eindimensionaler Psycho erscheint, auf den man gerne all seinen Hass projizieren sollte. Das ist in dieser extremen Form hier zum Glück nicht der Fall, trotzdem hätte ich mir auch bei der Story etwas mehr Innovation gewünscht.


    Ist der Film nun den Oscar-Hype wert? Grundsätzlich muss ich sagen, dass ich allein schon die handwerkliche Anstrengung und Kreativität hinter dem Film für absolut oscarwürdig halte. Das ist ein Kriterium für den besten Film, das aus meiner Sicht oft unterbewertet wird. Deshalb fand ich auch den Oscar für 'Titanic' absolut verdient, sowie die Nominierungen für 'Avatar 2' und 'Top Gun Maverick'. Und insofern finde ich die Auszeichnung für das beste Originaldrehbuch als die gerechtfertigte. Von den anderen nominierten Filmen habe ich nur 'Elvis', 'Avatar 2', 'Top Gun Maverick' und 'Im Westen nichts Neues' gesehen. Aber die Wahrscheinlichkeit ist recht groß, dass ich mich auch für Everything... als besten Film entschieden hätte, weil ich ihn als künstlerisch inspirierendsten, innovativsten und auch berührendsten empfand. 'Im Westen nichts Neues' hat mich auch beeindruckt, aber mal abgesehen von diversen historischen Ungenauigkeiten bietet der Film auch exakt das, was man von einem Antikriegsfilm erwartet, was man bösartig überspitzt fast 'war porn' nennen könnte.


    Weniger einig gehe ich allerdings bei den Schauspieler-Auszeichnungen. Michelle Yeoh geht schon klar, wobei ich auch keinen Vergleich zu den anderen Nominierten habe. Den Preis für Ke Huy Quan empfinde allerdings auch als reinen Gefälligkeits-Oscar. Klar, das schnelle Umswitchen zwischen den einzelnen Charakteren ist nicht ohne, allerdings aber auch nichts, was einen erfahrenen Schauspieler überfordern sollte. Aber immerhin sagt er ja den Satz 'I really would have loved to do taxes and laundry with you in another life', der grad durch die Memes geistert. Das wirkt schon ein bisschen so, als setzte sich die Erzählung des Films in der Oscarverleihung fort. Die beeindruckendste schauspielerische Leistung im Film war für mich allerdings eindeutig Stephanie Hsu als Tochter. Und ausgerechnet sie hat nur eine Nominierung bekommen. Jamie Lee Curtis war lustig, ihre Aufmachung zeigte einen großen Mut zur Hässlichkeit und auch sonst war die Rolle sicher sehr anstrengend. Im Vergleich zu Hsu wirkt ihr Oscar allerdings schon fast wie ein Witz und ein Affront auf mich, und ja, trotz allem Diversity-Hypes als unangenehmes Beispiel von 'white people first'.


    Im großen und ganzen eine klare Empfehlung.

  • Also kein Top Gun: Maverick, Once Upon a Time in Hollywood, Dune, Joker oder Avatar: The Way of Water, ja ? :think:

    Da siehst du mal, wie sehr mich die Oscars interessieren. Top Gun: Maverick fand ich wirklich gut, war der aber wirklich in der Sparte "Bester Film" nominiert?
    Avatar: The Way Of Water habe ich mir Ende Januar auch im Kino angeguckt, war ganz ok/gut, aber der typische Hollywood Fehler der letzten 5 Jahre, viiiieeel zu lang und dass der auch in der Sparte "Bester Film" nominiert war? :think:
    Dune, Joker, Once Upon A Time In Hollywood...ja, habe ich ganz vergessen. Joker finde ich immer noch Mist, ich bleibe bei Nicholsons und Ledgers Joker oder Taxi Driver.
    Den Tarantino Film fand ich tatsächlich ganz unterhaltsam, aber einige Ligen unter Pulp Fiction, Django Unchained oder Inglorious Basterds.

    Dune, muss man sich drauf einlassen. Beim ersten Schauen war ich zu müde, beim zweiten wach und ich konnte den Film mehr abgewinnen.
    Dennoch alles Filme, puh, wenn ich da an richtige "Klassiker" denke...na ja.
    Für mich ist es fakt, dass die Filmqualität mit weniger Ausnahmen nach 2015 stark abgebaut hat.

    Und Frohe Ostern an alle, gilt ja heute noch.

  • Im Kino: Flash Gordon (1980)

    Einer der Filme, die noch auf der Liste standen, da hat sich die Kinovorstellung angeboten. Wie heißt es so schön: Es ist kein alter Film, wenn du ihn noch nie gesehen hast. Außerdem auch eine gute Gelegenheit, Timothy Dalton in voller Blüte und auch den kürzlich von uns gegangenen Chaim Topol noch einmal im Kino zu sehen. Mit Max von Sydow und Autor Lorenzo Semple jr. gibts ja auch noch zwei "inoffizielle" Bondverbindungen.


    Der Film entstand im Fahrwasser der Superman-Erfolges, muss sich aber nicht unbedingt dahinter verstecken. Ähnlich wie Dick Tracy und Batman ein Jahrzehnt später. Interessant war in dem Zusammenhang auch der Vergleich zwischen den Anfängen des Superhelden-Genres mit den Trailern der neusten Vertreter davor, die mittlerweile alle wie Trailer zu ein und demselben Film wirken. Selbst Flash macht mich irgendwie null an, trotz des Generation-X-Köders Michael Keaton.

    Größter Minuspunkt sind für mich die zum Teil sehr unsauberen Übergänge der Bluescreen-Aufnahmen. Das ist auch etwas, was mich bei "Sindbad und das Auge des Tigers" von 1977 sehr stört. Die Tricktechnik an sich ist dagegen gar nicht mal so schlecht. Sehr schön vor allem das Produktionsdesign und die Kostüme. Den Akteuren merkt man durch die Bank den großen Spaß an, den sie mit ihren Rollen hatten. Tim hat eine enorme physische Präsenz und kommt auch in den Actionszenen schon sehr gut rüber. ich denke, wenn ich ihn 1980 im Kino gesehen hätte, hätte ich ihn schon damals als sehr passenden Bond empfunden. Vor allem Max von Sydow agiert hier ziemlich ungewohnt mit großer Selbstironie und ist das Highlight des Films. Schade, dass er drei Jahre später in NSNA nicht halb so viel schillernde Überlebensgröße ausstrahlte. Für die ironische Verfilmung eines Comics sind viele Figuren eigentlich erstaunlich wenig platt. Bis auf Ming, Gordon und Dale vielleicht erweisen sich viele als etwas anderes, als es zunächst scheint. Und selbst Ming hat gute, überraschende Momente. Ein Punkt für Semple jr. Tatsächlich ist der so besungene Flash Gordon selbst irgendwie der uninteressanteste Charakter. Da hätte man vielleicht eine etwas bessere Besetzung finden können. Interessant ist ja bei solchen Weltraumopern immer der Aspekt, dass selbst in einem ganzen bevölkerten Universum die Menschen immer die ambivalentesten und tollsten sind, die durch ihre 'Menschlichkeit' die Chose retten, was wiederum gleichbedeutend mit US-Amerikanern ist.


    Mit Blick auf 'Das Imperium schlägt zurück', der ja im gleichen Jahr erschien, ist bemerkenswert, dass es auch hier eine Wolkenstadt und eine Art Sumpfplanet gibt. Unterm Strich doch ein amüsanter Streifen mit großartiger Musik. Schade, dass ihm keine Fortsetzung vergönnt war.

  • Besten Dank für die frischen Eindrücke aus dem Kino. Eigentlich wollte ich mir den Film am 02. Mai auch ansehen, war aber leider unter der Woche erkrankt und habe diesen Kultstreifen von 1980 bedauerlicherweise verpasst. Umso mehr bin ich erfreut, hier eine längere Rezension, die sich dem Leinwand-Rückkehrer "Flash Gordon" widmet, zu lesen. :thumbup:

  • Willkommen zurück Scarpine! :prost:

    Ja, es tut wirklich gut von Dir zu lesen! Ich schätze mal Martin und ich sind nicht die einzigen die Dich hier schwer vermißt haben!


    Hatte auch mit dem Gedanken gespielt in Flash Gordon zu gehen, da man ja keine Gelegenheit ungenutzt lassen sollte, jahrzehntelang gereifte Kultfilme, die vor der Zeit veröffentlicht wurden, in der man das Kinogeschehen alterstechnisch verfolgten durfte, auf der großen Leinwand nachzuholen. Letztendlich entschied ich mich dann aber doch den aktuellen Filmproduktionen Priotät einzuräumen, womit ich das besagte Flash Gordon-Screening verpasste, was allerdings leider auf sämtlich Filme dieser 'Best of Kino'-Kino-Reihe zutrifft. Besonders die ungenutzte Gelegenheit mal La Boum und Rambo im Kino zu würdigen ärgert mich im nachhinein. Daher gelobe ich Besserung. Der Name der Rose habe ich mir jedenfalls schonmal im Kalender vermerkt (am 5. Dezember 2023 in den hiesigen Multiplex-Sälen unseres Vertrauens).


    Die 2 Werke die mich in den vergangenen 3 Monaten bei meinen Kino-Besuchen am meisten begeisterten waren:


    The Fabelmans (Die Fabelmans) - USA 2022, Regie: Steven Spielberg


    Als 'ewiger' Spielberg-Fan war das natürlich für mich von vornherein eines der großen filmischen Highlights des Jahres. Daher fällt mir eine objektive Bewertung äußerst schwer. Und da ich hier im Thread - im nachhinein betrachtet - mit meiner Lobpreisung, des im Kern eigentlich völlig überflüssigen West Side Story-Remakes, den Bogen einer fairen Bewertung etwas zu glücksbesoffen überspannt habe, halte ich mich nun lieber mit entsprechenden frenetischen Auslobungen (die Spielberg's Arbeiten von Kritiker-Seite ja sowieso stets begleiten) zurück. Aufjedenfall habe ich es genoßen, das dem Altmeister, dessen inzwischen umfangreich gewordenes Alters-Ouvre ja deutlich im Schatten früherer Glanz-Zeiten steht, hier nochmal ein relavanter Beitrag gelungen ist, in dem er den persönlichsten Film seiner ganzen Karriere abgeliefert hat. Ich gehe sogar soweit zu sagen: Nach der Begutachtung dieses Werks, sieht man einige berühmten Spielberg-Motive und Szenen aus seinen Klassikern in einem ganz neuen Licht.


    Les trois mousquetaires: D'Artagnan (Die drei Musketiere: D'Artagnan) - Frankreich 2023, Regie: Martin Bourboulon


    Hatte das Vergnügen den Film mit 3 weiteren Mitgliedern unserer 007-Fangemeinde zu begutachten, und die gesamte Runde verließ begeistert den Lichtspielsaal. Es gibt gewiss viele völlig uninteressierte Leute, die schon allein beim vernehmen des Film-Titels die Augen verdrehen, da sie vom Thema filmisch übersättigt sind. Das besuchte Vorstellung war auch entsprechend leer und der Film hatte keinen erwähnenswerten Impact am deutschen Kinomarkt. Leider verpassen dadurch viele die imho bisher atmopshärisch dichteste, sowohl überzeugend gespielteste, wie souverän ausgestattetste und seriöseste Umsetzung des Romanklassikers. Den Slapstick-Humor der kultigen Richard Lester-Filme aus den 70ern in allen Ehren, aber eine ernsthafte Interpretation von Alexandre Dumas Vorlage, habe ich mir schon seit meiner Jugend gewünscht. Beim Gedanken an die kindisch-überbordende, sehr CGI-lastige, letzte Verfilmung aus dem Jahre 2011 (u.a. mit unserem Blofeld als Kardinal Richelieu), wirkt nun dieser neue Ansatz im übertragenen Sinn wie OHMSS nach YOLT, FYEO nach MR oder CR nach DAD. Also ein echtes Geschenk für alle Freunde dieses klassischen Abenteuer-Stoffes. Da kommt es quasi wie ein 'adelndes' i-Tüpflichen rüber, das unsere erhabene Vesper Lynd die Ehre hat Milady de Winter zu mimen, was meine Vorfreude auf das bereits im Dezember nahende Sequel Les Trois Mousquetaires: Milady umso mehr steigert.

  • Merci, Dr. moVe! Ich hoffe, dass ich wieder die Zeit finde, etwas regelmäßiger am Ball zu bleiben.

    Les trois mousquetaires: D'Artagnan (Die drei Musketiere: D'Artagnan) - Frankreich 2023, Regie: Martin Bourboulon


    Es gibt gewiss viele völlig uninteressierte Leute, die schon allein beim vernehmen des Film-Titels die Augen verdrehen, da sie vom Thema filmisch übersättigt sind.

    Roger Ebert hatte die entscheidende Frage in diesem Kontext schon vor 30 Jahren gestellt: "Gibt es eigentlich einen triftigen Grund, noch eine Version von ‚Die drei Musketiere‘ zu drehen?"

  • Dr. moVe Bis auf ganze drei Filme hab ich die komplette 'Best of Cinema'-Reihe bisher leider auch verpasst. Bereue ich vor allem bei 'Mulholland Drive', T2, 'Highlander' und 'Die Klapperschlange'. Bei dem Programm für den Rest des Jahres machen mich eigentlich auch nur wirklich 'Der Name der Rose' und 'Twin Peaks - Der Film' an. 'Eiskalte Engel', 'Das Parfüm', 'Harry und Sally' und 'Universal Soldier' hab ich allesamt noch gut in Erinnerung. Vor allem bei letzterem gibt es eigentlich schon genügend Filme, die man da eher zeigen könnte.


    Am Dienstag gab es mal Im Rausch der Tiefe

    Lohnt sich durch die Landschaftsaufnahmen von Sizilien und Griechenland sowie den Unterwasseraufnahmen schon auf der großen Leinwand. Gezeigt wurde die erweiterte Fassung, zum Glück nicht der fast dreistündige Directors Cut. Obwohl ich nie der begeisterte Besson-Anhänger war, ist es schon ein sehr sehenswerter und gelungener Film. Für Jean Reno war es der erste große Auftritt. Das Casting der kindlichen Versionen der beiden Hauptdarsteller ist hier außergewöhnlich gut getroffen.


    Ich bin auch immer wieder erstaunt, wie organisch Éric Serras Töne auf Bessons Filme passen, während sie bei GE für mich bis auf wenige Ausnahmen immer störend und fremdartig wirken werden. Das Unterkühlte, dabei aber Verspielte und etwas Überdrehte passt perfekt zu Bessons Stil, während Martin Campbell warme Bilder und einen eher konservativen Stil hat, und die Musik dem teilweise unfreiwillig fast schon entgegenläuft. Wobei ich aber bei aller Liebe für die Musik, vor allem von 'Leon - Der Profi', sagen muss, dass sie auch nicht wirklich zeitlos wirkt, sondern den 80ern und frühen 90ern entspricht. Und ich vermisse bei Serra auch immer etwas die melodische Bandbreite. Am Ende klingen die meisten Filme so, als ob er gleich zu seinem Gesang von 'The Experience of Love' ansetzt.


    'The Fabelmans' ist an mir leider irgendwie komplett vorbeigegangen im Kino, obwohl ich den eigentlich auf der Liste hatte.

  • Indiana Jones und das Rad des Schicksals



    Nur ganz kurz und ohne Spoiler.



    Klar - musste ich sehen. Und nachdem die Kritiken in ihrem Fazit doch eher durchzogen waren (wobei ich mir diese natürlich nicht im Detail durchgelesen hatte - wollte den Film ja möglichst unvoreingenommen sehen), war ich doch sehr angenehm überrascht. Zumindest bei dieser ersten Sichtung erfüllte "Rad des Schicksals" meine Erwartungen voll und ganz. Einfach 2.5 Stunden bester Unterhaltung mit viel Action, Spannung und augenzwinkernden Anspielungen auf die Vergangenheit. Und auch wurde an den vergangenen vier Filmen kein Frevel begangen - ganz im Gegenteil (da sollten sich die EON-Leute mal ein Stück davon abschneiden). Zwei kleine Kritikpunkte gibt's trotzdem: Einerseits hat der Kameramann für meinen Geschmack doch etwas zu sehr mit dem Braunton-Filter gearbeitet (echt jetzt - gefühlt war der Film nicht in Farbe, sondern in braun-beige gedreht) und andererseits ist das "archäologische Artefakt", das als Aufhänger des Plots dient, noch hanebüchener als in den vorangehenden Filmen. Kleines Ratespiel: Nach Biblischen Themen, hinduistischem Grusel-Kult, Ausserirdischen... was kommt da wohl als Nächstes? Zombies wären zwar denkbar gewesen, wobei es ja so was Ähnliches bereits in "Temple of Doom" gab. Soviel vorweg: Es sind keine Zombies, aber etwas, was im Nachhinein eigentlich doch in der logischen Konsequenz der bisherigen Entwicklung der Plot-Aufhänger liegt ;) .



    Klare Empfehlung von mir!

  • Danke für den Tipp, Django! Ich hatte tatsächlich ein bisschen geschwankt, ihn mir anzusehen, da einige Kritiken eher durchwachsen waren und ich Miss Waller-Bridge schon im Trailer nicht wirklich prickelnd fand.


    "Indiana Jones und das Rad des Schicksals" ist auf jeden Fall nicht der Franchise-Gau, den viele aufgrund diverser Gerüchte um die Dreharbeiten und desaströse Testvorführungen erwarteten. Ob diese Gerüchte komplett falsch waren oder man auch nur etwas am Drehbuch herumgeschraubt hat, kann ich gar nicht mal genau sagen. Letzteres würde mich auf jeden Fall nicht wundern. Als positiv empfand ich auf jeden Fall Effekte, Produktionsdesign und die Actionszenen, die hochwertiger wirken als die vom Kristallschädel. Vor allem die gesamte Eingangssequenz ist wunderbares Indiana-Jones-Kino auf gewohntem Niveau. Das allein war mir schon den Eintritt wert. Das De-Aging ist hier - im Vergleich zu früheren Filmen wie 'The Irsishman' - schon verblüffend. Auch die schon im Trailer angedeutete Actionsequenz während einer Parade ist sehenswert. Insgesamt ein gutes Filmerlebnis.


    Insgesamt habe ich aber auch zwei größere Kritikpunkte. (Ich versuche, spoilerfrei zu schreiben, kann es aber nicht ganz garantieren.) Der eine ist der, den Du auch angesprochen hast. Der archäologische Aufhänger wirkt hier für mich schon etwas arg strapaziert. Ob er zu den früheren Sachen passt, die teils auch schon sehr extravagant wirkten, ist wohl eine sehr subjektive Sache. Die entscheidende Frage ist für mich aber nicht unbedingt, ob man mit diesem Fass, das man da aufmacht, mitgehen kann, sondern, warum man dieses Fass überhaupt aufmacht. Man kann die Aufhänger von Film 1 und 3 übertrieben finden, aber die gezeigten Mysterien hatten eine dramaturgische Funktion und eine Weiterentwicklung der Charaktere erzwungen. Bei "Rad des Schicksals" ist mir dagegen nicht wirklich klar, ob es für die Handlung wirklich exakt dieses Spektakel gebraucht hätte, das man da sieht, oder ob es etwas weniger extravagantes nicht auch getan hätte. Das ist ein bisschen wie bei DAD. Hätte die Virtual Reality und andere Dinge eine echte Funktion und einen Mehrwert für die Handlung gehabt, hätten wohl auch weniger damit ein Problem gehabt. (Das ist übrigens auch der Grund, warum ich mir vorstellen kann, dass der titelgebende Story-Device in der ursprünglichen Fassung eben diese Funktion hatte, das aber durch die ersten Zuschauerreaktionen abgeändert wurde.)


    Der zweite Kritikpunkt betrifft nicht nur die Funktion des postulierten Phänomens im Film, sondern des ganzen Films an sich ein bisschen. Was würde dem Indiana-Jones-Universum fehlen, wenn es ihn nicht gegeben hätte? Ehrlich gesagt erschließt sich das für mich nicht hundertprozentig. Es ist nicht so, dass ich keinen neuen Indy-Film sehen will, aber nach der langen Zeit fragt man sich das ja schon. Man kann den vierten Teil für vieles zu Recht kritisieren. Aber eine Sache machte er doch gut, und das war den Helden in eine befriedigende Zukunft zu entlassen. Er hatte seine erste große Liebe geheiratet, einen potentiellen Nachfolger, stand trotz fortgeschrittenem Alter noch gut im Saft und hat sicherlich noch das eine oder andere Abenteuer erlebt. Was genau war daran unbefriedigend? Das ist für mich ähnlich wie bei SP. Das war zwar im Endeffekt kein besonders guter Film, aber wenigstens hat er ebenfalls dem Helden ein gutes Ende gegönnt. Bond hatte seinen Frieden mit Bro'feld und damit auch mit Quantum und Vesper gemacht, und hatte endlich mal ein Happy End mit Girl, war also genau da angekommen, wo seine Reise zu dem James Bond ursprünglich mal hinwollte.


    Ab hier vielleicht der Einfachheit halber doch mit richtigen SPOILER.


    Obwohl er wesentlich genießbarer und runder als NTTD ist, macht der Film doch recht ähnliche Fehler. Vor allem kann er aus meiner Sicht nicht hinreichend begründen, warum es ihn geben musste. Man kann zum Beispiel Mutt in Kristallschädel als nervigen und unbefriedigenden Sidekick empfinden, und ich bin auch kein großer Fan von Mr. LeBeouf. (Obwohl ich ihm trotzdem immer wieder eine Chance geben würde.) Aber welchen Mehrwert hat es jetzt genau, dass er tot ist und an seine Stelle eine (zumindest für mich) mindestens genauso nervige Dame tritt? Eigentlich empfinde ich Mrs. Waller-Bridge sogar als noch zeitgeistmäßig gewollter und für einen Indy-Film unpassender. Man macht das Happy End des Vorgängers kaputt, letztlich für nichts. Wenn ich ganz ehrlich bin, hätte ich den Film, den Lucas ursprünglich gewollt hat - mit Ford in der Vaterrolle á la Sean Connery - vielleicht sogar besser gefunden. Man verbiegt Indiana Jones als Menschen nicht mit dem Holzhammer, wie man es bei Bond leider gemacht hat, trotzdem muss ich sagen, dass ich dieses abschließende Kapitel nicht unbedingt gebraucht hätte.


    Da sehe ich mich grundsätzlich etwas im Konflikt mit meinem Umfeld. Ich bin aufgewachsen unter anderem mit den Star-Trek-Filmen um Kirk und den Roger-Moore-Bonds. Bei beiden gab es immer und reichlich Häme um deren Alter. "Rentner-Ausflug ins All", "0070", etc. pp. Da ich die Filme geliebt habe und immer noch liebe, ging mir diese Häme schon immer auf den Zeiger. Jetzt werden Schauspieler gefeiert, die noch weit jenseits dieses Alters sind, und jede Kritik an diesem Alter gilt plötzlich als "Hate" oder "Ageism". (Was seltsamerweise aber nie rückwirkend für Roger und Co. gilt...) Da muss ein greiser Picard zurückkehren, und benimmt sich dann auch voll und ganz wie ein Klischee-Greis (ich beziehe mich nur auf die 1. Staffel Picard, den Rest habe ich mir geschenkt), und ein 80jähriger (!) Indiana Jones gilt plötzlich als unantastbar. Irgendwie verkehrte Welt. Ich hab kein Problem mit Actionhelden Ende 50 oder auch Anfang 60, aber 80 finde ich irgendwie dann doch ein sehr gewagtes Alter. Klar ist Alter und Tod ein Teil des Lebens, aber es ist für mich nicht automatisch auch Teil des Kinos, zumindest nicht für eine bestimmte Art Film. Ich halte es da mit Hitchcock: "Das Kino ist kein Stück Leben, sondern ein Stück Kuchen." Oder: "Drama is life with the dull bits left out." Vielleicht bin ich da altmodisch und konservativ, aber ich bevorzuge es einfach, gewisse Dinge und Menschen lieber in ihrer besten Zeit in Erinnerung zu behalten. Obwohl ich beispielsweise Phil Collins sehr mag - oder eher weil ich ihn mag - möchte ich ihn nicht abgemagert und traurig in Jogginghose auf der Bühne sitzen sehen, sondern ihn lieber kraftvoll und cool am Mikro oder am Schlagzeug in Erinnerung behalten. Ich denke, das hat auch etwas mit Würde zu tun. Genauso wenig muss ich unbedingt sehen, wie Indiana Jones als alter Mann mit Rheuma wach wird, oder wie James Bond auf dem Klo sitzt oder irgendwann den Löffel abgibt. Irgendwie wird Liebe zu bestimmten Charakteren und Menschen heutzutage aber unbedingt damit gleichgesetzt, sie in allen Lebenslagen und Situationen abbilden zu müssen.


    Aber das klingt jetzt vielleicht negativer als es ist, denn der Film ist da schon sehr behutsam. Trotzdem war es aber manchmal grenzwertig, etwa wenn Waller-Bridge Indy am Ende k.o. schlagen muss, um ihn nachhause zu befördern. Das ist etwas, was Draco mit Tracy macht, und in dieser Umkehrung, vor allem durch eine nicht sonderlich kräftig wirkende Dame, schon etwas strange. In der zweiten Filmhälfte wirkt Indy auch sonst eher müde und passiv. Was ich mir ebenfalls gewünscht hätte, wenn man schon Indy gegen Ende seines Lebens zeigt, wäre gewesen, wie ihn als Menschen all die wundersamen Dinge berührt und verändert haben, die ihm widerfahren sind. Immerhin hat er zweimal sehr intensiv die Macht Gottes erleben dürfen, und auch sonst zahlreiche übernatürliche Dinge erlebt, die ihn verschont und andere gestraft haben. Ein Bruchteil davon hätte bei vielen Menschen das Leben völlig verändert. An Indy scheint es aber letzten Endes eher abzuprallen und an seiner grundsätzlichen Lebenseinstellung nicht viel geändert zu haben. Letztlich plagen ihn dieselben alltäglichen Dinge wie jeden anderen in dem Alter. Passend dazu hat der Plot eigentlich auch keine wirklich übernatürliche und mythische Komponente mehr. Genaugenommen negiert der Film sogar etwas das Konzept des Übernatürlichen und Religiösen in den früheren Filmen, indem sich das anfangs gezeigte Relikt der heiligen Lanze als Fälschung entpuppt, und das echte Relikt dann rein mathematisch funktioniert. Das finde ich irgendwie sehr schade, denn der Subtext des ersten Films war immerhin, wie ein nüchtern und rational denkender Wissenschaftler Respekt vor Dingen gewinnt, die außerhalb seines Verständnisses sind. Bei dem Bohei, den man in Hollywood mittlerweile um "Charakterentwicklung", "Heldenreise", etc. macht, finde ich es immer ziemlich paradox, wie oft man sie in Fortsetzungen völlig ignoriert. Ein Musterbeispiel ist da ja gerade NTTD, der nach all dem Charakterkult Craig die emotionale Reife eines Zehnjährigen zugesteht.

  • Danke für Dein Review Martin, das ich insgesamt so auch für mich sehe. Der Film ist unterhaltsam und erspart uns allzu schlimme Peinlichkeiten und Frevel à la NTTD (apropos NTTD: Mir ist neulich gerade der geniale Einfall gekommen, dass die Macher den nächsten Bondfilm ja "Man stirbt nur einmal" nennen könnten. Da Bond in NTTD Selbstmord begangen hat, könnte man mit diesem Filmtitel eine neue Person einführen, die definitiv nicht Bond ist. Das könnte dann eine Frau oder sonst irgendeine Person[?], die sich rein gar nicht mehr an der bisherigen beziehungsweise flemingschen Bond-Definition hätte orientieren müssen. Oh Hilfe - mich schaudert's gerade :pinch: )


    8-ung: Ich spoilere jetzt (wer den Film angucken will, dürfte das wohl bereits getan haben und für die anderen spielt es keine Rolle ;) :(


    Zitat

    Ich hab kein Problem mit Actionhelden Ende 50 oder auch Anfang 60, aber 80 finde ich irgendwie dann doch ein sehr gewagtes Alter. Klar ist Alter und Tod ein Teil des Lebens, aber es ist für mich nicht automatisch auch Teil des Kinos, zumindest nicht für eine bestimmte Art Film.

    Mich hat das jetzt im Falle von Indy V nicht gestört, zumal ich fand, dass mit seinem Alter eigentlich recht angemessen umgegangen wurde. Der Film versucht ja nicht zu verhehlen, dass Indiana Jones mittlerweile etwa 80 ist, diverse Gebrechen, eine Altersdepression und einen problematischen Alkoholkonsum hat. Trotzdem bringt er, wenn es sein muss, noch eine extrem hohe physische Leistung für einen 80-Jährigen. Es wird zudem ja durchaus auf das angespielt, was Indy so alles durchgemacht hat in der Vergangenheit ("Ich musste das Blut von Kali trinken") - nur ist er halt nach all den Jahren halt verbittert geworden, sodass es für ihn keine grosse Rolle mehr spielt. Finde ich okay so - viel besser hätte man das ja nicht lösen können. Und auch wurde Indy für seinen endgültigen Ruhestand doch noch (einmal) ein richtiges Happy End gegönnt.


    Zitat

    Genaugenommen negiert der Film sogar etwas das Konzept des Übernatürlichen und Religiösen in den früheren Filmen, indem sich das anfangs gezeigte Relikt der heiligen Lanze als Fälschung entpuppt, und das echte Relikt dann rein mathematisch funktioniert. Das finde ich irgendwie sehr schade

    Da gebe ich Dir Recht - das finde ich auch sehr schade. Das Thema "Zeitreisen" hätte zwar durchaus ein guter Aufhänger sein können, wurde hier aber völlig verschenkt. Schon nur die (leider rein) technische "Erklärung" für die Zeitreise-Möglichkeit über den Mechanismus von Antikythera (den es ja tatsächlich gibt), ist völliger Schwachsinn. Wie genau soll das nun funktionieren? Der Mechanismus kann Zeitrisse ausfindig machen. So habe ich das verstanden. Soweit so (noch) gut. Aber solche Zeitrisse wären ja rein zufällig - würden einem in irgendeine Zeit bringen (und erst recht nie wieder zurück). Das könnte doch selbst im Indy-Universum gar nicht über irgendwelche Einstellungen auf einer mechanischen Scheibe beeinflusst werden. Diesbezüglich ist der Film (wobei das ja nur das Ende betrifft) leider tatsächlich völlig unausgereift. Hätte man das Ganze irgendwie wieder mit "Mystik" erklärt, wäre es wohl wesentlich stimmiger herausgekommen. Auch das mit den Ausserirdischen (mit denen lässt sich ja alles "erklären" 8o ) im Vorgängerfilm fand ich vergleichsweise wesentlich logischer als das mit dem Mechanismus von Antikythera...

  • The Killer

    Nach Mank gibts auch den neuen David Fincher wieder exklusiv auf Netflix. Ich muss sagen, in der ersten Hälfte mochte ich den Film, denn er ist mal wieder wieder ein richtig typischer Fincher. Grünstichige Bilder, Off-Monologe, ein gewisser Zynismus. Die Szenen in Paris haben etwas Edward-Hopper-mäßiges. Aber mit zunehmender Länge hatte ich irgendwie Probleme, der Handlung zu folgen, was ich auch bei Mank hatte. Kann aber natürlich auch an mir liegen. Und der Zynismus wird zunehmend zum Selbstzweck, was ich ebenfalls bei sehr vielen zeitgenössischen Filmen bemängele. Letztlich ist es wohl einer dieser Filme nach dem Motto: "wenn du ihn nicht magst, hast du ihn nicht verstanden". Sei's drum.


    Von der Optik her hat er mir zumindest sehr gut gefallen. Leider scheint bei Netflix mittlerweile auch diese unsägliche Bildglättung eingestellt zu sein, ebenso wie bei allen Fernsehgeräten. Bei The Killer passt es aber in gewisser Weise zum Stil, und es entsteht eine digitale Ästhetik, die mich ein bisschen an Colateral erinnert hat. (obwohl ich den Film ungleich mehr schätze). Ich hatte während des Films den Eindruck, dass ursprünglich Brad Pitt für die Hauptrolle vorgesehen war, was sich dann auch bestätigte. Der Killer wirkt oft ein bisschen wie eine ältere Version von Tyler Durden. Aber Michael Fassbender ist trotzdem auf den Punkt besetzt. Seine regungslose, manchmal raubvogelartig wirkende Art hat etwas hypnotisches. Im Gegensatz zu vielen anderen Bondfans bin ich aber nicht der Meinung, dass Fassbender hier sehr bondartig wirkt. Bond war nie dieser emotionsgestörte Mörder, auch in den Romanen nicht. (Dort sogar oft noch weniger als in den Filmen.)

  • Frances (1982)

    Bondfans, die sich für Filmmusik interessieren, ist der Film sicher ein Begriff, schrieb John Barry dafür doch eine recht bekannte. Oft ist es ja so, dass Filme, bei denen man vorher die Musik kennt und sie vor allem deswegen ansieht, dann nicht wirklich mit der vorab erzeugten Stimmung mithalten können. So ging es mir beipielsweise bei "All the Pretty Horses", der eine herausragend schöne Musik hat. Interessanterweise erzeugt John Barrys Musik hier aber ganz andere Erwartungen, als der Film dann bietet. Ich hatte mit einem schwelgerisches Historiendrama mit langen, idyllischen Einstellungen und melancholischen Gefühlen gerechnet, ähnlich "Out of Africa" oder "Somewhere in Time". Allerdings entspricht das sehr harmonische und klassische Maintheme so gar nicht der Protagonistin, die eher provokativ und impulsiv ist und klassischen Idealen von Kunst eher ablehnend gegebübersteht. Viele andere Filmkomponisten hätten hier sicherlich auf etwas zeitgenössisch-jazziges und weniger eingängiges zurückgegriffen. Trotzdem funktioniert die Musik recht gut, zumal Barry sie sehr sparsam und in den romantischen Momenten einsetzt.


    Aber auch abgesehen von der Musik hat der Film meine Erwartungen übertroffen. Die Leistung von Jessica Lange, die die Schauspielerin Frances Farmer verkörpert, würde ich für mich spontan in die fünf beeindruckendsten weiblichen Parts ever einordnen. Sie war dafür zwar für den Oscar nominiert, der dann allerdings obligatorisch an Meryl Streep ging. Immerhin gab es einen Trost-Oscar für ihre Nebenrolle in "Tootsie". Von der Story und der Qualität des Films her wundert es mich, dass er heute nicht mehr Beachtung findet, da er einen sehr guten Beitrag zu Themen wie männer-dominiertes Hollywood, psychische Gewalt, 'metoo', etc. darstellt. Aber ich schätze mal, dass er dafür für heutige Betrachter zu ambivalent ist. Würde der Film heute gedreht, würde wohl eher der Vater als die Mutter negativ und manipulativ dargestellt werden, und es gäbe die Figur von Sam Shepard in dieser eindeutig gütigen und aufopfernden Form nicht. Gerade das hebt den Film für mich aber über viele zeitgenössische, oscar-buhlende 'Message-Filme' hinaus.


    Er bietet einen teils erschütternden Einblick in die Methoden des Studiosystems der sogenannten goldenen Hollywood-Ära, ebenso wie in die psychiatrischen Methoden dieser Zeit. Leider wird das aber etwas getrübt durch den Umstand, dass das Drehbuch auf einer "fiktionalisierten" Biographie beruht, der später zahlreiche Fehler nachgewiesen wurden. Was ansonsten eine aufrüttelnde Anklage gegen die unmenschlichen, vom Geist her fast mittelalterlichen "Therapien" der Psychiatrie vor nicht allzu langer Zeit wäre, Stichwort Elektroschocks, Lobotomien, etc., macht sich durch diese leicht nachweisbaren Fehler und Übertreibungen leider unnötig angreifbar. Man könnte dem ansonsten sehr behutsam und intelligent inszenierten Film hier fast eine gewisse 'Exploitation' vorwerfen, und damit kritisieren, dass Hollywood die Person Farmers selbst in dieser späten Rehabilitation noch in gewisser Weise ausbeutet. Dabei waren ihre realen Erfahrungen eigentlich schon drastisch genug. Diese Einstellung vieler Biopic-Regisseure à la "Wer Fakten will, soll gefälligst eine Doku schauen" finde ich grundsätzlich sehr schade und in Bezug auf die Filme oft verschenkt. Immerhin stellen solche Filme für viele Menschen den einzig wirklichen Zugang zu gewissen historischen Begebenheiten dar. Aktuell gibt es diese Vorwürfe und auch die Abwehr dagegen in ziemlich drastischer Form ja auch bei Ridley Scotts "Napoleon". (Und ich muss leider zugeben, dass so etwas für mich schon ein ernstzunehmendes Argument gegen einen Kinobesuch darstellt...)

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