@Scarpine: Was ich kritisiere, ist diese 'Hire & Fire'-Mentalität gegenüber Drehbuchautoren. In praktisch allen anderen Bereichen ist es so, dass jemand engagiert wird, und dann über den gesamten Produktionsprozess hinweg Vorschläge einbringt und Wünsche vom Regisseur umsetzt. Man würde einer Kostüm-Designerin normalerweise nicht mitten in der Produktion kündigen, weil ihre ersten Entwürfe nicht ganz den Vorstellungen des Regisseurs entsprechen, und diese Entwürfe dann von einem anderen Designer weiterentwickeln lassen. Oder einfach so mal andere Designer drübergehen lassen, um möglichst viele Ideen abzuschöpfen. Bei Autoren ist das dagegen gängige Praxis.
Sicher kommt es vor, dass ein Autor überfordert ist oder nicht das liefern kann, was man sich vorgestellt hat. Aber aus denselben Gründen hätte man dann auch einen Eric Serra oder Lee Tamahori austauschen können. In anderen Berufsfeldern ist man da wesentlich weniger rabiat. Es wurden auch schon Komponisten, Regisseure oder sogar Hauptdarsteller während der Produktion ausgewechselt, aber es sind relativ seltene Ausnahmen. Man ist da etwas vorsichtiger, weil es ja auch dem Ruf und der Karriere desjenigen schadet. Drehbuchautoren dagegen kommen und gehen wie Reinigungskräfte, etwas überspitzt gesagt, und das auch wenn sie die Fähigkeit hätten, ein Drehbuch in Zusammenarbeit mit dem Regisseur zu Ende zu entwickeln.
Bei vielen Produktionen ist es auch so, dass ein Großteil der Änderungswünsche dem Drehbuch eher schaden. Jeder möchte mal hier und da einen Satz ändern, um sich wichtig zu tun und in den Credits seinen Namen zu sehen. Das ist auch im deutschen Förderopolis ein enormes Problem. Andererseits würde ich auch behaupten, dass je besser ein Drehbuch ist, umso weniger ein wirklich fähiger Regisseur daran ändert wird.
Bei den Unterschieden zwischen Roman und Drehbuch hast du sicher recht, andererseits sehe ich die Schwierigkeiten bei der Erstellung von beiden auch sehr ähnlich. Zumindest wenn man einen einigermaßen renommierten Verlag finden, ein größeres Publikum erreichen und etwas Geld dabei verdienen will. Man muss recherchieren, die Struktur erarbeiten, Figuren, Akte, etc. und zigmal überarbeiten. In mancher Hinsicht finde ich ein Drehbuch sogar leichter, weil man sich innerhalb einer vorgegebenen, nüchternen Formatierung bewegt, und sprachlich nicht unbedingt beeindrucken muss. Letztlich geht es ja hier wie da darum, eine Geschichte zu konstruieren, die für einen großes Publikum funktioniert. Und ich finde es paradox, dass sich Hollywood einerseits um funktionierende Geschichten reißt, die von einem einzelnen Autoren erschaffen wurden, andererseits einem einzelnen Autoren ohne Polituren von anderen, Script-Doktoren etc. nicht zutraut, eine funktionierende Geschichte zu erschaffen.
Aber das ist letztlich eher eine allgemeine Kritik, die eigentlich gar nicht so ausbreiten wollte. Bondfilme sind da aufgrund ihrer großen Produzentenlastigkeit ein Spezialfall, auch wenn der allgemein eher fragwürdige Status von Drehbuchautoren sich auch hier wiederspiegelt.
Leider wahr. Andererseits wurden die Autoren für ihre Arbeit ja auch entlohnt und ich denke, ein Autor sieht es lieber, wenn seine Ideen irgendwann anders, anstatt überhaupt nicht realisiert werden. Dieses Denken ist aus Produzenten-Sicht ja auch irgendwie verständlich. Ein Paradebeispiel ist ja das Script für den nie realisierten dritten Dalton-Bond (Bond17), das von 1990-1994 von fast einem Dutzend Autoren immer weiterentwickelt wurde, bis man es 1994 dann komplett fallenließ. Die Entwicklung hat sicherlich Millionen verschlungen und da finde ich es schon verständlich, dass man dieses Material dann auch irgendwann nutzen will; sonst hätte man das gute Geld ja umsonst verbrannt. So sind auch immer wieder Elemente von Bond17 in die späteren Filme bis hin zu Spectre eingeflossen. Aber ich finde auch, dass Autoren wie vor allem Richard Maibaum für das, was sie geleistet haben, in den offiziellen Bond-Dokus viel zu wenig gewürdigt werden.
Grundsätzlich kann man sich da streiten. Die Autoren wurden auf jeden Fall entlohnt für Entwürfe, die zur Verfilmung dann freigegeben sind. Andererseits wurden die Autoren nur für den Entwurf eines Films entlohnt, während die Produzenten sie dann für mehrere Filme verwendeteten und mehrfach daran verdienten. Ich denke da nur an Christopher Woods Moonraker-Drehbuch, wo die Flucht mit einem Mini-Jet dann für OP verwendet wurde und andere Dinge. Man könnte da zumindest einen Credit wie "Based partly on original material from Christopher Wood" oder so etwas erwarten.
Es gibt ja dann auch das Gerücht, dass Eon grundsätzlich alle Verfilmungsrechte an den Romanen der Fleming-Nachfolger hat und da auch schon das eine oder andere verwendet hat. Das hat schon etwas ziemlich ausbeuterisches.