DER FILM: Casino Royale

  • Die Spectre-Einstimmung beginnt langsam, und so habe ich mir die Tage mal wieder Craigs Einstand angesehen – sicher einer der wichtigsten Bond-Filme, ein qualitativer Quantensprung gegenüber seinem Vorgänger, dazu eine Topvorstellung von Craig bis zur fast ikonographisch zu nennenden Schlussszene. Der Film rangierte und rangiert seit der Erstsichtung stets sicher in meinen 007-Top-10. Doch an einem absoluten Spitzenplatz kratzte er nie. Warum? Vielleicht, so jedenfalls mein Eindruck beim Wiedersehen nach anderthalb Jahren, liegt es daran, dass die Konzeption von CR wohl ähnlich mit dem Holzhammer vermittelt wird wie schon bei Brosnans Einstieg das krasse Gegenteil – Martin Campbell macht in beiden so unterschiedlichen Fällen durchgehend und ausdrücklich klar, was er liefern möchte: War es bei Brosnan die Versicherung, dass Bond auch in einer neuen Zeit ganz der Alte ist, was zum vielbeschriebenen Abklappern der Bondstandards und zu einem Bond führte, der aus den Ingredienzien seiner Vorgänger möglichst konsensfähig zusammengerührt wurde und entsprechend konturlos blieb, kommt es bei CR bekanntlich zum Bruch mit all dem, was GE feierte, um es eben variiert neu etablieren zu können. So plakativ, wie Brosnan alles erfüllen musste, was der Durchschnittskinogänger mit Bond verbindet, so plakativ muss Craig darauf verzichten. Nur ein Beispiel: „Sehe ich so aus, als ob mich das interessiert?“ – Das ist das andere Ende des Extrems von Brosnans „Achtung, Klassiker!“-Attitüde beim Aufsagen der gängigen Formeln, und hier wäre ein Verzicht auf den Gag bzw. ein knapp-desinteressiertes „Geschüttelt“ sicher eleganter gewesen. So wirkt CR gerade in seinem ersten Drittel bei aller Brillanz etwas verbissen auf mich, und es dauert meist bis ungefähr zur Zugfahrt, bis sich das Bond-Feeling wirklich einstellt. Vielleicht war das der „Preis“ des ausdrücklichen Reboots, und er ist angesichts der Qualität und Bedeutung des Films gewiss nicht zu hoch - es klappt ja alles, was bei GE - für mich - nicht funktionieren will. CR bleibt ein Spitzen-Bond – doch einer, den ich eher verehre als „liebe“

  • Nur ein Beispiel: „Sehe ich so aus, als ob mich das interessiert?“ – Das ist das andere Ende des Extrems von Brosnans „Achtung, Klassiker!“-Attitüde beim Aufsagen der gängigen Formeln, und hier wäre ein Verzicht auf den Gag bzw. ein knapp-desinteressiertes „Geschüttelt“ sicher eleganter gewesen.


    Dass CR sich demonstrativ vom Klischee der Brosnan-Filme abwendet habe ich auch immer so empfunden. Das war für mich aber nie negativ. Gerade dieser Lacher mit dem Satz „Sehe ich so aus, als ob mich das interessiert?“ ist an sich ja schon wieder bondig.
    Die Verbissenheit ist meiner Meinung nach weder zufällig noch beabsichtigt, sondern unvermeidlich, wenn man alles etwas nüchterner ansetzt. Dasselbe Phänomen hatten wir bei Dalton ja auch schon. Craigs Bond wird als der etwas unglückliche und getriebene in die Geschichte eingehen - es sei denn, SPECTRE bringt uns etwas von der Lockerheit der früheren Filme zurück. Und daran glaube ich schon, wenn auch natürlich kein Moore-Maß an Komik erreicht werden wird.

  • Das ist der Punkt. Die Craig Filme haben alle klassischen Bondlemente drin, es wird nur nicht mit der Faust in die Fresse Methode darauf hin gedeutet.
    Genau wegen dieser Machart sticht CR ja so extrem raus, ohne dabei seine Bondwurzeln zu verleugnen. Besser hätte man es wirklich nicht machen können!

  • Der Punkt ist, dass die Brechstange, die Martin Campbell ja schon in GE bemühte, in CR gar nicht so stark nötig gewesen wäre, dass man die Bond-Klischees nicht ausdrücklich der Lächerlichkeit hätte preisgeben müssen, sondern einfach von Ihrer „Zitathaftigkeit“ hätte befreien können. Auch diesen Weg geht CR ja durchaus.


    Nehmen wir mal die berühmte Formel „Bond, James Bond“: In GE spricht Brosnan Floskel – am denkbar zitathaftesten Ort, dem Casino – derart bedeutungsschwanger, als würde er einem Mittelsmann ein Codewort nennen; und in gewisser Weise tut er es ja auch, er brüllt dem Publikum entgegen: „Jawoll, das ist ein richtiger Bond-Film!“ Und deswegen ist es hier auch nur eine Floskel, die den häufigen Spott befeuert: „Jaja, James Bond: immer dassselbe.“ Dalton wiederum spricht die Worte in TLD mit so einer natürlichen Beiläufigkeit, dass sie nicht mehr formelhaft, sondern endlich wieder lässig wirken (etwas, womit man seine Bonddarstellung eher selten spontan charakterisieren würde, aber siehe da!). Am Schluss von CR endlich wird die Vorstellung zwar zelebriert wie nie zuvor, aber hier ist die Bedeutungsschwere nicht aufgesetzt wie bei Brosnan, sondern vermittelt tatsächlich Bedeutung – einen wesentlichen Schritt der „Bond-Werdung“, die 007 in CR durchläuft (nicht umsonst ist er zuvor buchstäblich eine Treppe raufgestiegen) und die es ihm als „fertigem“ Agenten eben erlaubt, sich so selbstverständlich vorzustellen, wie es Dalton tut (aber nicht Brosnan bei seiner Einführung).


    Am Ende ist das natürlich wie stets Geschmacksache, und möglicherweise musste man für das Reboot tatsächlich den Holzhammer bemühen, damit wirklich jeder mitkriegt, was hier glücklich versucht wurde: Das meinte ich ja auch schon mit dem vielleicht notwendigen „Preis“ für die erfolgreiche Neuausrichtung. Nur „bondig“ finde ich das eben nicht immer: Man kann Craigs Reaktion auf die Frage „geschüttelt oder gerührt“ lustig finden – sie ist es ja durchaus –, aber subtiler als Brosnans Hindernislauf durch die Bond-Klischees ist sie nicht.

  • Der Punkt ist, dass die Brechstange, die Martin Campbell ja schon in GE bemühte, in CR gar nicht so stark nötig gewesen wäre, dass man die Bond-Klischees nicht ausdrücklich der Lächerlichkeit hätte preisgeben müssen, sondern einfach von Ihrer „Zitathaftigkeit“ hätte befreien können. Auch diesen Weg geht CR ja durchaus.


    Nehmen wir mal die berühmte Formel „Bond, James Bond“: In GE spricht Brosnan Floskel – am denkbar zitathaftesten Ort, dem Casino – derart bedeutungsschwanger, als würde er einem Mittelsmann ein Codewort nennen; und in gewisser Weise tut er es ja auch, er brüllt dem Publikum entgegen: „Jawoll, das ist ein richtiger Bond-Film!“ Und deswegen ist es hier auch nur eine Floskel, die den häufigen Spott befeuert: „Jaja, James Bond: immer dassselbe.“ Dalton wiederum spricht die Worte in TLD mit so einer natürlichen Beiläufigkeit, dass sie nicht mehr formelhaft, sondern endlich wieder lässig wirken (etwas, womit man seine Bonddarstellung eher selten spontan charakterisieren würde, aber siehe da!). Am Schluss von CR endlich wird die Vorstellung zwar zelebriert wie nie zuvor, aber hier ist die Bedeutungsschwere nicht aufgesetzt wie bei Brosnan, sondern vermittelt tatsächlich Bedeutung – einen wesentlichen Schritt der „Bond-Werdung“, die 007 in CR durchläuft (nicht umsonst ist er zuvor buchstäblich eine Treppe raufgestiegen) und die es ihm als „fertigem“ Agenten eben erlaubt, sich so selbstverständlich vorzustellen, wie es Dalton tut (aber nicht Brosnan bei seiner Einführung).


    Am Ende ist das natürlich wie stets Geschmacksache, und möglicherweise musste man für das Reboot tatsächlich den Holzhammer bemühen, damit wirklich jeder mitkriegt, was hier glücklich versucht wurde: Das meinte ich ja auch schon mit dem vielleicht notwendigen „Preis“ für die erfolgreiche Neuausrichtung. Nur „bondig“ finde ich das eben nicht immer: Man kann Craigs Reaktion auf die Frage „geschüttelt oder gerührt“ lustig finden – sie ist es ja durchaus –, aber subtiler als Brosnans Hindernislauf durch die Bond-Klischees ist sie nicht.


    Schlicht und ergreifend faszinierend finde ich es, dass eben derselbe Regisseur, der Brosnan von einem Klischee ins darauffolgende stürzen ließ, bei CR mit auffälliger Vehemenz dagegen ankämpft. Vergessen wir mal den Schluss, sah der Kinogänger des Jahres 2006 einen unaufgesetzten Film mit einem noch unaufgesetzteren Darsteller, elf Jahre zuvor entstand quasi unter der Federführung desselben Mannes ein aufgesetzter Film mit einem noch aufgesetzteren Darsteller. Faszinierend deswegen, weil GE meiner Ansicht nach der klischeehafteste und CR dagegen der klischeeentfernteste Bondfilm ist, Martin musste wohl einfach den Kontrast bilden. Dies liegt natürlich auch an den kinematographischen Vorfahren: Nach der bitteren Pille von LTK musste leichtere Kost geschluckt werden (GE), nach der leichteren Kost vor CR (DAD), musste eine bittere Pille heruntergeschluckt und von den Ernährten als vorläufige Unterhaltungsnahrung akzeptiert werden. Aus Brosnans Letztem hätte man meiner Meinung nach deutlich mehr herausholen können, wenn Michael Apted erneut Regie geführt hätte, da dessen Hang zur Dramatik perfekt in die erste Hälfte des Films gepasst hätte - und die zweite Hälfte hätte es in dieser Form glücklicherweise nicht gegeben, gleichwohl gerade diese eines Tages Kult sein wird, allein schon aufgrund absurder Einfälle, welche von unsichtbaren Autos bis hin zu Surfmanövern in Eiswelten reichen...

  • Gestern habe ich CR angeschaut. Mich hat es einfach interessiert, wie der Film wirkt, wenn man die Zusammenhänge aus SPECTRE einbezieht.
    Und es wirkt VORZÜGLICH.
    Wenn Mr. White von "unserer Organisation" spricht und damit "Spectre" meint, dann verleiht dies den Szenen nochmals eine ganz andere Note.
    Ich fand "Quantum" als Organisation schon immer zu mickrig, um in diesen Passagen gemeint zu sein. Nun haben sie auch die Größe, die sie ausstrahlen.


    CR bleibt natürlich bester Craig-Bond! WAS FÜR EIN FILM!!!


    Etwas irritierend ist aber noch immer, dass Vesper sich umbringt. Ich finde ihre Reaktion überzogen. Dass sie nicht mit ihrer "Schuld" leben kann, obwohl diese Schuld an sich ja ar keine ist, und Bond ihr ja auch vergeben hätte, ist schon sehr viel Drama. Aber es schadet dem Film nicht.


    Wenn ich es schaffe, soll heute QOS folgen. Mal sehen, wie der nun mit dem Wissen aus SPECTRE wirkt.

  • Mich hat es einfach interessiert, wie der Film wirkt, wenn man die Zusammenhänge aus SPECTRE einbezieht.


    Legst du damit nicht eine Prämisse zugrunde, die damals gar nicht intendiert war? Anders gefragt, muss man CR, QOS und SF nun im Lichte von Spectre betrachten oder darf / soll / muss man sie so sehen, wie sie entstanden sind?

  • Legst du damit nicht eine Prämisse zugrunde, die damals gar nicht intendiert war? Anders gefragt, muss man CR, QOS und SF nun im Lichte von Spectre betrachten oder darf / soll / muss man sie so sehen, wie sie entstanden sind?


    Das steht jedem frei.
    Ich sehe ihn nach wie vor unabhängig und lasse mir einzelne Filme nicht von späteren Gegebenheiten beeinflussen.
    Wenn ich ihn mir aber mit dem "Wissen" (absichtlich in Gänsefüßchen gesetzt) aus SPECTRE anschauen MÖCHTE, so funktioniert das zumindest bei mir prima. :)

  • Vesper möchte einfach nicht, dass Bond durch sie auch erpressbar wird und in Quantum/Spectre hineingezogen wird (White sagt es in QOS selbst), das hat nicht nur etwas mit Schuldgefühlen zu tun. Mittlerweile hat sie wohl auch begriffen, dass ihr früherer "Freund" keiner war.

  • Ach was... Im nächsten Film erfahren wir das Vesper doch noch lebt (totes Double) und sich jetzt aber nach dem Mädchenname ihrer Mütter - Bunt - nennt... :P


    Und wenn schon?! Solche Wendungen gabs in den Bondjahrzehnten doch zuhauf. DAS IST BOND!
    Ich verstehe diesbezüglich den Wirbel um SPECTRE nicht.


    Wie zerstörerisch müsste 1971 ein Blofeld in Frauenklamotten in Bezug auf den Vorgänger aus OHMSS gewirkt haben. Hat er aber nicht. ;)

  • Nicht aufregen, war nur ein Spaß... Und ich hoffe doch das man sich in einem Bondforum negativ über Spectre äußern darf... Vielleicht gefällt mir der nächste Film wieder besser... Und zurück nach CR... Ich glaub man hatte bei Vespers Tod schon ein wenig QOS im Blick und der hätte ohne ihren Tod nicht so richtig funktioniert.

  • Meine Gedanken zum Restart der Bond Reihe schreibe ich zu diesem Film weil sie ja auch mit diesem Film begann was dachte ich also als ich mich zwar gerne mit James Bond besch�ftigt habe aber noch nicht wirklich �ber alles bescheid wusste.

    Erstmal war ich traurig das mein All-Time Favourite Pierce Brosnan nicht mehr den James Bond spielen sollte als dann auch noch ein mir v�llig unbekannter sein Nachfolger werden sollte und dazu auch noch Blond war ich absolut bedient.

    So die Zeit verging zwischen der bekanntgabe von Daniel Craig und der ersten m�glichkeit f�r mich seinen Erstlings Bond Film zu sehen eigentlich sollte es mein erster Kino Bond werden das wurde dann aber QOS.

    Als ich also CR 06 das erste mal sah waren meine schlimmsten bef�rchtungen best�tigt und eigentlich noch �bertroffen NICHTS hatte mehr mit meinen geliebten Brosnan Filmen gemein und dann noch diese langweilige Kartenspielerei.

    Ich wusste das Q und Moneypenny fehlen werden das war aber f�r mich nicht das schlimmste das schlimmste war das man mit einer anst�ndigen Gunbarrel nicht wenigstens EINE konstante bewahren konnte.

    VIELES hat sich ge�ndert in der Zeit was mich nach all der Zeit und vorallem nach den Nachfolge Filmen ge�ndert.

    Was ich kritisiere ist das man M nicht auch ausgetauscht hat wenn schon Restart dann wirklich KOMPLETT was mich auch noch st�rt ist die inkonsequenz was die Waffe angeht OK von mir aus war die PPK nicht mehr zeitgem�� sodass die Bond eben die P99 behalten liessen ABER dann bitte nicht ab QOS wieder die PPK geben.

    Alles in allem finde ich f�llt denen nichts mehr ein alles sieht nach einem abklatsch der alten Filme aus CR ist der Start genauso wie DN darauf baut dann der zweite Filme auf damals FRWL heute QOS dann eine Film der nichts mit der Verbrecherorganisation zu tun hat GF bzw SF dann kommt zum ersten mal Blofeld ins Spiel TB bzw SP so wird es weitergehen auch das die Storylines sich so �hneln eigentlich von seit GE wird Bond von irgendeinem verraten und seit SF hat er sich das zweite mal zuruhe gesetzt gut in SF nicht wirklich freiwillig.

    SF war f�r mich ein absolut Klassefilm einer der besten das hat sich mittlerweile relativiert weil mir der M Abschiedspathos doch mit der Zeit zuviel war und mich beim immer und immer wieder schauen st�rt auch fand ich Raoul Silva nicht wirklich gut eher tuntig das war vielleicht absicht aber ich mag sowas nicht.

    Irgendwie hat James Bond im Moment auch nicht mehr den Stellenwert als fr�her alles in allem fand ich die Craig Filme nicht besonders toll was aber ausdr�cklich nicht an Daniel Craig liegt der mittlerweile in der Hitlist meiner Lieblingsbond Darsteller Platz zwei eingenommen hat Spectre hab ich nur im Kino gesehen die DVD liegt noch unge�ffnet hier irgendwo rum.

    Ich bin mal auf NTTD gespannt trotzallem ich erwarte nicht viel nach MeToo Debatte und einem weiblichen Doppelnull Agent nicht alles MUSS in Jahr 2020 transportiert werden.

  • 1.1


    Wir schreiben und
    tagebüchifizieren das Jahr 2003: Pierce Brosnan dreht „After the
    sunset“ mit Salma Hayek und erhält, drastischerweise nur als Anruf
    (!), die Botschaft, er werde (die Enttäuschung äußerte sich sogar
    dichterischen Soundes: „One call – that was all“, so Brosnans
    Worte) mitnichten mehr Bond spielen (im selben Jahre tat er es noch
    einmal auf interaktiver Ebene: Alles oder Nichts, im Kino zuletzt
    geschah es im Jahre 2002), Mitte der 2000er Jahre waren seine
    Amtstage längst gezählt (selbst interaktiv spiegelte sich das
    Ungewisse wider, in GE Rogue Agent im Jahre 2004 kann man in einer
    Flugszene nur erahnen ob der – ohnedies nicht von einem selbst
    gespielte – Bond Brosnan sei oder nicht und auch die
    Phoenix-fire-Geschichte wurde für ein weiteres eigenständiges Spiel
    gänzlich verworfen und dies vielleicht zugunsten der perfekten
    Liebesgrüße aus Moskau), 2005 ist sein Nachfolger vorgestellt
    worden: Daniel Craig, weiland als James Blond verspottet (mein Onkel
    Helmut, ruhe in Frieden, großer Bondfan, war anfangs ebenfalls
    irritiert ob der ungewöhnlichen Wahl, die getroffen wurde), doch die
    Nachwirkungen seines Debüts sorgten für Furore, denn nicht nur der
    Darstellerwechsel schien recht drastisch (hatte Brosnan doch fast
    noch weichere Züge als der 70er Jahre Playboy Roger Moore, ist Craig
    hingegen visuell deutlich kantiger als Connery, Lazenby und Dalton in
    zusammenaddierter Form), sondern auch die gesamte Grundidee trug neue
    Früchte, ein Reboot wurde ins Leben gerufen, der Neustart umfasste
    Bonds Gelangen zur zuvor längst Standard gewesenen Lizenz zum Töten
    (sie ward Anno 89 auch zum Titel, wir erleben sie seit 1962), der
    Doppelnullstatus ist ihm noch fremd, wir haben es erstmals mit
    „Ausbildungsfilmen“ zu tun, der altbekannte Charakter formt sich
    noch (hierzu passt es so gesehen auch, dass Dietmar Wunder in diesem
    seinem ersten Craig noch etwas zu sehr „wie früher“ klang, ein
    wenig jugendlich angehaucht, inzwischen nehme ich ihn etwas tiefer
    wahr und er kann, sein Timbre ist je nach Schauspieler auch gut
    dehnbar, gemeinsam mit Craig im Sprachalter fortschreiten, obgleich
    sich Craig stimmlich nur sehr unwesentlich verändert mit der Zeit),
    als Vesper (erhaben: Eva Green) erhören wir die elegante Stimme von
    Agentin Pearce und Lucy, jeweils aus der empfehlenswerten
    Agentenserie „burn notice“ (Miami), welche ich am vorvorgestrigen
    Tage bereits in meiner Stirb-an-einem-anderen-Tage-Rezension
    aufgriff, der Regisseur nun wiederum ist ebenfalls kein Unbekannter
    und inszenierte elf Jahre zuvor bereits ein anderes Bonddebüt,
    nämlich Goldeneye, einen Film, welcher mich jedoch nicht maßgeblich
    hat bewegen können, auch wenn er nach langem Pausieren sehr wichtig
    gewesen sein dürfte wohl.




    Der anfängliche
    Einleitungsschuss er begänne auf uns zu zielen, ein Löwe brüllet
    in Schwarzweiß (auch eine indirekte farbliche Anspielung auf die
    Casino-Royale-TV-Version von 1954?), die Reise sie führet uns
    zunächst ins kalte Prag, die unsanfte Einführung in Verbindung mit
    dem kopfzerschmetterten Waschbecken erinnert an ein späteres
    Agentenwerk: Splinter Cell Conviction (zehn Jahre altes
    Seelenabenteuer, zu viel Action und zu wenig Nachtsichtgerät,
    Retina-Scanner, Kameras zerschießen etc., kurzum: für mich war das
    nicht mehr Splinter Cell, die story rundum Sarah hingegen war recht
    gut), die alsbaldige Titelsequenz ist durchaus malerisch angehaucht
    und stellt nach der gröblich erhärtlichten Ur- und Ersteinleitung
    bereits erste versöhnliche Töne bereit, leider Gottes mangelt es
    ihrer Visualisierung diesmal an Geheimnisumwobenem und fast „nur“
    das (wenn auch interessante) Kartenspiel scheint hervorgehoben zu
    werden, auch das Weibliche wird nicht faszinierend genug in den
    Vordergrund gestellt (Titelsequenzen mit göttlichen Ladys: am
    Eindrucksvollsten wohl im musikalischen Anfangstanze von Liebesgrüße
    aus Moskau, gleichwohl: Das Weibliche nun 2006 ein wenig
    zurückzuschrauben und vorerst nüchtern zu bleiben, das missfällt
    mir zwar, aber es will durchaus zum Tone des Films passen und so
    ergäbe diese Titelsequenz dann doch irgendwo einen Hauch von Sinn,
    ein HAUCH ist im Bonduniversum ohnedies IMMER ein gutes Zeichen, das
    Jahr 1987 stellte es eindrucksvollst unter Beweis, oder auch Shannon
    im Menü von Alles oder Nichts haucht uns geheimnisvoll entgegen),
    nach nunmehr 14 Jahren ist selbst mit diesem Erstling der (noch)
    gegenwärtigen Bondära bereits fast ein HAUCH von Nostalgie zu
    verbinden, zumindest die meinige Generation empfände es so, ich
    kenne seitens des Films noch die damalige (selbst auf dem winzigsten
    Bildschirme vermochte Eva mysteriös zu erstrahlen) UMD von der PSP,
    sah die erste DVD-Ausgabe nach der Schule beim Stadtbummel bzw.
    Heimwege, erinnere mich noch an die hohen Kaufpreise und die Tatsache
    ihn ob der 12er FSK-Einstufung zum VÖ-Erstzeitpunkte nicht gekauft
    haben zu können (die von meinem verfrühten Bondgrinsen genervte
    Dame an der Kasse: „Zwölf simma schon?!“, das Lächeln schwand
    und betrüblich wanderte der Silberling ins Regal zurück), im späten
    Jahre 2006 zum Kinozeitpunkte unterhielt ich mich, gerade die fünfte
    Klasse betreten habend, an einer Bushaltestelle mit einem
    Grundschulfreunde über Bond, er kannte sogar Dalton, Lazenby war uns
    nur peripher geläufig, einig waren wir uns bezüglich der
    Faszination von „nightfire“, zwei Fans vereinigten sich, ein
    anderer Bekannter hingegen äußerte sich kritisch und sprach
    bezüglich Bond von „zu viel Action, zu wenig Humor“, ich dachte
    mir nur: Das kann bestätigen nicht ich, mitnichten sag‘ ich, die
    Werke haben ALLES inne: Frauen, Faszinosen, sprachliche Rosen, Autos
    die lebhaften Soundes durch fremde Länder tosen, Exotik, Humor und
    vieles mehr, die Vielfalt bliebe gewahrt: So viele interpretatorische
    Möglichkeiten ergeben sich, das Bonduniversum kommt sehr
    unterschiedlich an, 20 offizielle Werke über breitete man sich auf
    jedwedem Modealtar aus und folgte jeweils mehr oder weniger dem
    Zeitgeiste, was einige Frühwerke umso kultiger und ulkiger
    erscheinen lässt, diesmal lautet dieser Zeitgeist für die Nr. 21
    nun NEUSTART, das Werk baut viele zu legende Grundsteine auf, meißelt
    sie, formt und knetet sie zu einer großen Masse und Skulptur der
    Popkultur, in Quantum gelang dieses mit noch mehr Bravour, mit
    leichten Abstrichen ist in diesem Seelenlande auch Skyfall noch
    zuhause, Spectre hingegen spannte den Bogen zu weit und entraubte den
    zuvorigen Craigs nachträglich ein Stück ihrer Glaubwürdigkeit, die
    Reise ins Lächerliche tat mir weh, drei durchaus schlüssige
    Erstprojekte dieser Bewegung schlossen einen Ursprung halbwegs
    adäquat ab und doch konnte man es im Jahre 2015 nicht unterlassen,
    auf teils ideenlose Weise an diesem Konzepte festzuhalten und es
    damit indirekt oder direkt niederzureißen, die Verbindungen und
    Verflechtungen wurden lächerlich, ein Pseudo-Quark 3 Milliarden
    Meilen von einem Geheimdienst-Thriller entfernt, aber ruhig Blut, zum
    Glücke variieren die Geschmäcker – Daniel, beruhige dich, sage
    ich mir so beschwichtigend nun.




    Was Spectre (ein Film, der von
    Sam Mendes als „totally driven by Bond“ bezeichnet wird, für
    mich aber nichts Neues böte und „nur“ ein wirres und überladenes
    Chaos aus Anspielungen auf vorherige Werke der Reihe darstellt –
    obzwar ich ob meines Schreibstils zugebe, dem Chaos in anderen
    Hinsichten nicht abgeneigt zu sein) storytechnisch in den
    Verflechtungen der Figuren zunichte machte (viele eigentlich
    faszinierende Details wirken daher in der After-Spectre-Retrospektive
    erschreckend überflüssig und der
    Was-hätte-man-nur-alles-daraus-machen-und-kreieren-können-Punkt
    betrübt mich ernsthaft, da es mir nicht gelang, Spectre
    auszublenden), wurde zuvor mühsam Steinchen für Steinchen
    zusammengetragen und zum Puzzlebildchen erhoben, was die Filme bis
    einschließlich Skyfall zu einer Art Trilogie macht (abgesehen davon,
    dass die beiden „Ausbildungsfilme“ sehr jung und frisch wirken
    und Skyfall mit dem
    Man-kann-ruhig-zugeben-dass-man-altersbedingt-nachgelassen-hat-Gehabe
    eher die andere Richtung der Karriere aufgriff, hierzwischen hätte
    es mehrere Filme geben müssen, ihrer bedurft), Craig arbeitet
    speziell in seinen ersten beiden Filmen mit einem zunehmend abhanden
    gekommenen bzw. dem lockereren Stil der neuen Filme zum Opfer
    gefallenen Blick intensiver Art, der Killerinstinkt ist fast
    Dalton-gleich erkennbar gewesen, so vieles schwände ab Skyfall, das
    neue Jahrzehnt wirkte ohne Ultra-Ansätze zu gefällig (2012, 2015),
    doch zurückkommend zu CR 06: Die anfänglichen Zweifel bezüglich
    Craig wurden äußerst schnell beseitigt und unwiederbringlich aus
    dem Wege geräumt, schon nach wenigen Minuten auf der Leinwand hat
    sich dieser Mensch bewährt, James Blond IST James Bond (Zitat eines
    Onkels: „Die Type ist schon ein ziemlich durchtrainierter Vogel“),
    für mich sich befindend nach Dalton, Connery und Lazenby auf dem
    vierten Platze im Bondranking und damit noch vor Moore und Brosnan,
    unaufhaltsam nimmt der (gleichwohl fast zweieinhalb Stunden in
    Anspruch nehmende und bis damalig‘ dato längste) Bondfilm an Fahrt
    auf, die physische Präsenz Craigs etwa in den Parcours-Szenen ist
    beeindruckend, der recht brutale Film scheint trotz teils klarer
    Kante zu den „gemütlichen“ Publikumslieblingen zu gehören, ist
    im TV ein gern gesehener Gast und gehört neben dem meinerseits für
    überschätzt gehaltenen Goldfinger zu den meistgelobten Werken der
    Reihe, nicht mehr so beeindruckend sind die Filme nunmehr allerdings
    fahrzeugtechnisch: Nach den großen Würfen in der Dalton- und
    Brosnan-Ära (Audi 200, BMW 750iL) begnügen wir uns diesmal mit
    aufdringlichem product placement eines verhältnismäßig braven
    Mama-Papa-wie-lang-fahren-wir-noch-Ford-Mondeo, die kurzen
    Limousinen-Zeiten Bonds scheinen schon wieder passé zu sein, ein
    exquisiter Lexus LS 400 hätte meinem ungewöhnlichen Geschmacke
    schon eher zu Ehre gereichen können und tauget dennoch als
    Familienkutsche UND kostet in der Anschaffung ein Bruchteil vom
    Forde, doch sei‘s drum, Craig benötigt weder Gadgets noch betagte
    Hightech-Limousinen und besann sich lieber auf coole
    Sonnenbrillenauftritte, harte Faustkämpfe und sichtbare emotionale
    Rissstellen in Sachen Seelenleben, der recht persönliche Film greift
    in seiner Formel in gewisser Weise Dalton-Elemente auf und zeigt Bond
    von einer verletzlichen, zutiefst menschlichen Seite, in der Coolness
    arbeitet Craig in seinen besten Momenten dagegen fast auf
    Connery-Niveau.




    In einer Szene hantiert Bond
    bereits mit einer Blu-ray (eine frühe Werbung für ein damals
    hochmodernes Medium), in Spectre geschah es gewissermaßen umgekehrt
    und Bond nahm eine VHS zur Hand, immer wieder spielen die Filme mit
    den Verhältnissen zwischen Alt und Neu (oder wie Moneypenny 2012
    sprach: alter Hase, neue Tricks) und changieren hin und her, auch M
    heget Sympathie für Bond und hat zu dessen Craig ein fast noch
    intensiveres Verhältnis als zu Brosnan, nichtsdestoweniger bleibt
    sie im Tone stets eine Autoritätsperson und vermag Härte
    auszustrahlen, umso wichtiger dafür für uns nun, uns nicht zu lange
    von ihr ausschimpfen zu lassen und sogleich fluchtartig nach Nassau
    in M-freie Zonen zu reisen, mit besagtem Nassau betreten wir
    „Feuerball“-Gefilde (Sag niemals Nie zum Wasser, sag immer Ja zum
    Meere), der hier noch etwas jung und draufgängerisch porträtiert
    werdende 007 (umso komischer daher das bereits thematisierte
    Präsentieren eines „Auslaufmodells“ bereits in Skyfall, als
    seien unzählige Jahre vergangen) hat in anderen Augenblicken
    hingegen bereits sehr charmante, vereinzelt gar subtile Augenblicke,
    der kleine Halbflirt mit der bezaubernden blondiösen Dame an der
    Rezeption z.B. ist hierfür ein Paradebeispiel und erzeugt einen von
    beiden Seiten sehr gut zu wirken wissenden Draht zum Publikum, doch
    apropos Szenen an Rezeptionen: Etwas merkwürdig erscheinen mir in
    der Synchronisation oft Szenen, in welchen Bond einfach nur „Danke“
    sagt, sie klingen in genau dem Moment etwas künstlich, doch weiter
    im Texte, denn schon sogleich erblicket unser Wunderauge eine
    atemberaubende Exotik in Person, eine (eine bildhübsche Latina,
    deren Lache aber nur sehr schwer erträglich ist) Dame, deren Kleid
    mit den Schauplätzen und den Augen des Zuschauers verschmölze, der
    Film entwickelt kurzweiligen Sekundenzauber, Minutenduft,
    Stundenpoesie und Nachtphilosophie, spätere Parts hingegen erweisen
    sich nicht mehr als abwechslungszeitlich begrenzt und schnell
    weiterhüpfend, da die Casino-Szenen titelgebenderweise sehr lang
    sind und eine bedeutsame bis fast zeitlupenhaft bedacht daherkommende
    Rolle einnehmen, visuell sind diese dank der langjährigen
    Ahnunghabensgestalt Peter Lamont mehr als ansehnlich, die Mixtur aus
    sehr gestreckten und anderswo wiederum sehr flinken und flott
    inszenierten Szenen wirkt nur selten unausgewogen, die Passagen am
    Flughafen jedoch waren mir in der Tat zu hektisch und zu unsanft bzw.
    trugen nur bedingt zur wie aus einem Gusse daherkommen wollenden
    Gesamtdarbietung des Films bei, obgleich dennoch wieder passend in
    einem Bonde der Kanten, so ward selbige Kante nur bedingt geglättet
    worden und dies ist gut so, ein ehrlicher Film.




    Wie gesaget handelt es sich um
    den bis dahin meistgestreckten Bondfilm in Minuten gerechnet, lange
    Zeit war dieser Titel OHMSS (1969) vorbehalten, beiden Werken gemein
    ist das Vorhandensein des Melancholischen (so etwas braucht
    Entschleunigung), die emotionalen Bindungsfragen lassen sich Zeit und
    sind nicht von Hetze geprägt, merkwürdigerweise funktioniert
    selbige Formel aber auch in Quantum (2008 ), dieser schnell
    geschnittene und kaum Zeit in Anspruch des Zuschauers nehmende Film
    funktioniert in langsameren Dialogen ebenfalls und wir fragen uns
    wahrlich in welcher Zeit der Film all dieses überhaupt hat schaffen
    können, in CR begegnen wir nun endlich der schicksalsintensiven
    Vesper (QoS: „Vergeben Sie ihr, vergeben Sie sich selbst“), ihr
    Blick erfasst uns sofort, dies ist ein segensreicher Fluch und ein
    verfluchter Segen, positiv und negativ zugleich, zumal sie uns
    ähnlich einer gespenstischen Lichtgestalt Isabelle Adjani in
    „Possession“ einerseits fasziniert, andererseits auch etwas Angst
    macht (ein weit hergeholter Vergleich, denn Miss Possessions Figur
    stand teils außerhalb ihrer Welt, Vespers Bewusstseinszustände sind
    dagegen weniger verschachtelt, geordneter, „normaler“,
    „gesünder“, logischer, greifbarer), der erste Dialog mit Vesper
    ist äußerst geschliffen, gut geschrieben zwar, aber fast ZU perfekt
    gespielt und kaum natürlich wirkend in der letztendlichen
    Präsentation, beide Figuren arbeiten, passend zum Casino-Titel, mit
    einem undurchsichtigen Pokerface und manipulieren bis sticheln sich
    anfangs noch ein wenig zurecht, ehe mit der Zeit die Brücke der
    gemeinsamen Verbindungen überwöge und doch noch partnerschaftlich
    als Team gearbeitet wird, das Unnatürliche im Dialoge wirkt so, als
    dächten oder witterten die beiden (was ja rein kinematographisch
    gesprochen durchaus auch stimmt und gar auf ein Millionenpublikum
    zuträfe) dass ihnen jemand zuhören könnte, in gewisser Weise sind
    sie paranoid, also müssen bestimmte Botschaften zwecks
    Seelenschutzpanzer verschlüsselt bleiben, hieroglyphiziert bzw.
    codiert und dechiffriert werden (war hier etwa eine Beziehungs-Lektor
    am Werke, gebastelt worden von Rosa Klebb und Grant?), beide Figuren
    sind sich sonnenklar gegenseitig zu signalisieren gewillt: Ich weiß
    genau wer du bist, was du bist und was du hier willst, das
    Als-würde-uns-jemand-Gehör-schenken-Phänomen erinnert ein wenig an
    den Film „cruel intentions“, an die abgehobenen Dialoge zwischen
    SM (nicht Sophie Marceau, deren Vorname übrigens Weisheit auf
    Griechisch bedeutet) Gellar und Sebastian, dorten wurde dieser „Spaß“
    aber fast noch extremer auf die Spitze getrieben.




    Vespers Aura fasziniert dich
    als zöge einen ein neuer Kosmos in seinen Bann, das wusste auch
    Altmeister Polanski und arbeitete mit ihr an und nach einer wahren
    Geschichte, doch mein Bild sie betreffend bliebe gespalten bis
    multipel, meine auf sie bezogenen Ansichten sind sehr verschieden,
    vielleicht auch von ihrer und meiner Tagesverfassung abhängig, in
    gewisser Weise macht sie uns Angst, in anderen Momenten wiederum wird
    uns durch die ihrigen Worte genau diese aber auch wieder genommen,
    ihr Blick einerseits kann einem mehr Bange einflößen als etwa eine
    Fiona Volpe aus dem Jahre 1965 es vermochte, im Endeffekt aber hinkt
    der Vergleich gewaltig und Fiona ist neben Elektra bis zum heutigen
    Tage die faszinierendste Gestalt unter allen „bad girls“ der
    gesamten Reihe, ...wobei das Geheimnisumwobene und Beängstigende bei
    Vesper je nach Sichtweise weniger sinnvoll ist als bei den anderen
    Figuren, da sie (nun gut, okay, anfangs stellen sich Anderswelche ja
    in gewisser Weise ebenfalls so dar, insofern ist meine Argumentation
    bezüglich Vesper völlig absurd) ja scheinbar eine Verbündete, mehr
    noch, ein amouröses Gefühl darstellt, also eigentlich „wärmer“
    sein sollte, insgesamt erreichen meine Gedanken jedenfalls
    wiederkehrend das unschöne Resultat, dass CR auf
    zwischenmenschlichen Ebenen nicht annähernd die herzergreifende
    Wärme eines OHMSS erklomm und erreichte (denken Sie nur an die
    Szene, in welcher Tracy mit Schlittschuhen in Mürren angeglitten
    kommt, „Wintersport?“, „...nein, für jemanden, der Wintersport
    treibt...“, Bonds zuvoriger Junggesellenabschied mit Miss von
    Schell und Ruby war dagegen aber ein ganz klein wenig dreist….), in
    nicht allzu ferner Bälde begeben wir uns (einerseits hätte ich fast
    „endlich“ gesagt, gleichwohl nehme ich dies sofort zurück, denn
    ebenjene Poker-Szenen werden nach meinem Dafürhalten wie gesaget zu
    viel Zeit für sich beanspruchen) ins Casino Royale (im Filme
    komischerweise in Montenegró, war das im Buche auch so?, ich meine
    nicht, ich weiß es echt nicht mehr, ab und an haben auch
    photographische Birnen ihre mitnichten eidetischen, vielmehr
    siebreichen Momente, geleert werden sie rein seelisch betrachtet
    leider trotzdem nicht), durch die vielen vermeintlich actionlosen
    Pokerspielszenen böten sich uns viele Gelegenheiten, sehr genau die
    Gesichter und deren Ausdrücke zu beobachten, auch ein neuer Felix
    Leiter spricht in betont geheimnisvollem Flüsterjargon und wirkt
    zumindest auf den allerersten Blick nur bedingt kumpelhaft, hilfreich
    ist er dafür aber durchaus (in Sag niemals nie z.B. 23 Jahre zuvor –
    apropos 23: Ich kenne zwei Herren namens Daniel, die werden für
    immer 23 sein – war es genau umgekehrt, ein herrlich beschwingter
    und witziger Felix der frohsinnigen Sprünge war das, aber noch nicht
    einmal kurz vor Bonds Barbara-Tode greift der Bursche ein…), Felix‘
    vergleichsweise ernster Tonfall passt sich recht gut dem Filme an,
    Bond himself entwickelt ein sehr menschliches und an vielen Dingen
    zweifellos auch zweifelndes Profil und ähnelt stellenweise seinem
    Roman-Pendant, diese Eigenschaft gelänge Craig zwar in meinen Augen
    weniger als Dalton und überhaupt macht sich Craig dank eines recht
    vergesslichen oder schlichtweg neuen Publikums bestimmte
    Dalton-Lorbeeren bewusst oder unbewusst zu eigen, doch in jedwedem
    Falle schien die Back-to-Fleming-Formel gewissermaßen aufzugehen,
    denn so sehr wir auch loben können dass Dalton in vielerlei Hinsicht
    die Vorarbeit leistete, so scheint Craig eben den direkteren Draht
    zum Publikum gefunden zu haben, sodass dieser Stil ab Mitte der
    2000er Jahre tatsächlich für ein paar Jahre akzeptiert worden ist,
    in den 2010ern hat man sich nach meinem Ermessen nämlich wieder zu
    sehr von dieser Herangehensweise distanziert.

  • 1.2




    Abermals betrachten wir
    Vesper, die Verbindungen zu Miss Adjani waren bereits hergestellt
    worden, indessen korrigiere ich die Aussage und sehe eher eine
    KOMBINATION aus Adjani und Charlotte Rampling, in ihren Augen jeweils
    wohlgemerkt, doch genau hier wird es für mich verwirrend: Gerade das
    Mysteriöse in der uns andererseits aber sofort (!) und nicht erst
    morgen gefangennehmenden Vesper wäre prädestiniert für eine sich
    extrem langsam aufbauende Bindung, die Stück für Stück die
    Geheimnisse lüftet (und anfangs deutete sich ja auch genau das an:
    ein von Spitzen geprägtes Kennenlernen, welches eine tatsächliche
    bis gar positive emotionale Nähe nur ganz allmählich sprießen
    lässt), stattdessen aber wechselt der Film zwischenzeitlich sehr
    seltsam seinen Tempogang und dessen Spuren, sodass es mir (ähnlich
    etwa wie in der Staffel-4-Hurricane-Episode aus Miami Vice, weiland
    mit Caitlin und Sonny) zu schnell ging mit der Harmonie
    (selbstverfreilich: lebe für den Moment, lass die Leidenschaft frei
    als gäbe es kein Morgen, nie weißt du ob es sich um die letzte
    Momentaufnahme handelt und so ist ein wankelmütiges Verhältnis
    zwischen langsamem und schnellem Filmtempo psychologisch durchaus
    logisch, dennoch überspränge der Film damit verschiedene Kapitel,
    daher auch die Verbindung zu Miami Vice: zwei Figuren, die sich
    zunächst nur necken und anschließend urplötzlich auf volle Passion
    umschalten, bei CR fast wie aus dem Nichtse heraus, in Vice zumindest
    durch die Caitlin-Rettungsaktion am Boote immerhin teils logisch
    motiviert, AUCH deswegen ist die 1988 gedrehte Lizenz zum Töten
    übrigens der Vice-Bond: Einigkeit in der Liebe wird erst dann
    erzeugt, wenn eine nächtliche Fahrt mit dem Boote ins Leben gerufen
    wird, ist die älteste Formel der Welt: Aus Beleidigung wird
    Beblumigung, zwei „gegnerische“ Figuren, welche urplötzlich doch
    noch zu einer gemeinsamen Sprengkraft und Symbiose fanden, in
    Insider-Sprache: das „K“-Syndrom, in diesem Momente nur
    zwistendes Theater, in jenem wiederum das Gegenteil – funktioniert
    auf der Leinwand perfekt, im „echten“ Leben ist es eine Farce von
    Absurdum).




    Der auf Hochglanz polierte
    Film (dessen Kanten somit eher emotionaler Natur sind, visuell aber
    nur selten hervorstechen, vom Antlitz des Hauptprotagonisten einmal
    abgesehen) lässt die Gewässer von Venedig etwas sauberer und klarer
    erscheinen als sie es in Wahrheit wohl sein dürften, die sich über
    etwa 145 (nicht atemlose, aber recht gute) Minuten erstreckende
    Dramaturgie lebt von einer gewissen Vielfalt, hinsteuernd auf ein
    relativ geniales Ende (je schöner das Anwesen, desto unschöner der
    Schuss, ...das offene Endresultat gelobt ein gewisses Maß an –
    auch musikalischer – Spannung aufrechtzuerhalten, sodass Quantum
    vor allen Dingen dann besonders wirksam zündet, wenn man den
    energetischen Film relativ schnell nach CR einleget, dorten im
    Trostlande quantieren wir in wenigen Tagen und sehen uns hoffentlich
    wieder, vier Sterne nun im CR-Sinne und eine nicht überlebensgroße,
    aber doch recht klar hörbare KAUFEMPFEHLUNG.




    Wir überschlugen uns vor
    Faszinosen,



    wir erblickten Beginn und
    Rückkehr zugleich,



    wir sandten Eva die
    elegantesten Rosen,



    wir betraten des Agenten
    Ursprungsreich.




    In Verbindung mit Quantum
    intensiver gar,



    ein Werk der neugewonnenen
    Welten,



    ein Licht am Ende zuvorigen
    Tunnels fürwahr,



    Filmkunst als annähernd
    vollendet kann gelten.




    Ob sie uns betrog?,



    ob sie es tat mitnichten?,



    ob sie uns belog?,



    doch warum immer richten statt
    zu schlichten?,




    zunächst das viersternig‘
    Filmchen sichten,



    am Ende des Tages die Wahrheit
    überwog,



    Auftrag hin oder her, auf Bond
    sie flog.

  • Soo, nach Wochen, die sich wie Jahre anfühlten, konnte ich mich nun endlich mal aufraffen, die Bewertung von Casino Royale fertig zu schreiben, siehe hier. Der Film fühlte sich wie immer sehr groß und festlich an. Man hat bei CR immer den Eindruck, einer kreativen Sternstunde beizuwohnen. Beeindruckende Action, großartige schauspielerische Leistungen bis in die Nebenrollen hinein, eine ambitionierte Geschichte, schöne Locations, die klassisches Bondflair versprühen, ... Nach dem für mich immer etwas steifen GE liefert Martin Campbell hier einen der gelungensten Regie-Zweitlinge ab, und reiht sich damit neben Terence Young und Lewis Gilbert ein. Bin gespannt, wie sich der Film im Vergleich zu den weiteren Craigs macht. Bisher habe ich ihn immer als deutlich besten Craigbond gesehen.

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