Tatort-Fans im Bondforum?

  • Absolut top gestern! Köln ist ne Bank! Ohne dieses ganze Privat-Getue der Ermittler. Die Ohnmacht des Staats und der Polizei war bedrückend dargestellt.

  • Was haltet Ihr vom heutigen "Tarantino"-Tatort? Ich schwanke zwischen klasse und völlig übertrieben. Insgesamt wohl etwas "too much", wenn auch mit interessanten Ansätzen.

  • Ich bin da klassisch konservativ und habe eine ziemlich genaue Erwartungshaltung was eine Sendung am Sonntag um 20:15 auf ARD betrifft.
    Und in dem Sinne war es für mich kein Tatort.


    Mir geht es da ähnlich wie Dir: Ich kann die Folge schwer bewerten, aber im Endeffekt war es für mich ein zu verkrampfter Versuch etwas Besonderes und Künstlerisches zu sein.Ich bin auch kein genereller Fan von Erzählern in Filmen und das Intro und das Outro - puh, naja...

  • Yup. Sehe es genauso.


    Die Tarantino-Anleihen waren ja noch auszuhalten, die Ausflüge ins klassische Theater einfach nur anstrengend.


    Auch das epische Ende, die Assistin ist jetzt die Hüterin des Geheimnisses ... och nee.


    Aber die Tukur-Folgen haben ja immer einen gewissen Anspruch, anders zu sein. Der Kniefall vor den Edgar-Wallace-Filmen ("Das Dorf", 2011) war genial, die Tumor-Szenen ... nun ja; ambitioniert.


    Wenngleich ich den Wandel des Tatorts feiere und die Ablösung einiger Teams begrüße, muß man solche Experimente wohl mal ab und zu hinnehmen. Ich vertraue darauf, daß der nächste Tukur-Tatort wieder eine andere Handschrift trägt.

  • Ich darf mich hier eigentlich gar nicht äußern, denn ich bin kein Tatort-Fan, in den letzten zehn Jahren habe ich keine Handvoll neuer Episoden gesehen, zu vorhersehbar waren davor (und auch seitdem?) Dramaturgie und Besetzungspolitik. Ich schalte eigentlich nur noch ein – etwa alle 1-2 Jahre –, wenn mich eine Besetzung besonders interessiert. Zuletzt sah ich die Weihnachtsfolge mit Christian Ulmen, eine nette Krimikomödie, die zudem die Tatortmelodie ähnlich leitmotivisch im Score einsetzte wie das Bond-Theme: eine schöne Idee!


    Dann wurde mir vor einigen Tagen hinterbracht, dass der Bösewicht im letzten Tatort von Ulrich Matthes gespielt wurde: ein geniale Schauspieler und nicht zuletzt der Le Chiffre der Herzen! In den Schlagzeilen, die diese Episode begleiteten, war stets vom Tarantino-Tatort die Rede, und gewiss war der Stilwille des Films ebenso spürbar, oft auf arg aufdringlich, wie seine stets zur Schau getragene Zitathaftigkeit, doch all das gelang durhaus kurzweilig, wenngleich gerade der Erzähler den Chorus aus Kenneth Branaghs Henry V in Kleidung, Manierismen, Interaktion mit der Handlung sowie Frisur und Barttracht zu sehr plagiierte. Sei’s drum. Auch das Ende hätte man, wenn man schon so ausdrücklich auf die Konventionen pfeift, noch düsterer gestalten können.


    Star und Schau des Films ist jedoch Ulrich Matthes, der – selbstverständlich in der Bravourrolle – alle anderen, selbst Ulrich Tukur (dass ich mir seine bisherigen Tatorte nicht angesehen habe, liegt daran, dass selbst eine Eva Mattes ihre Beiträge nicht vorm Mittelmaß bewahren konnte) um Meilen überragt. Was für ein Fest! Er zeigt hier nicht nur, was für ein grandioser Le Chiffre er gewesen wäre – bei aller Liebe, Mads –, auch einen Silva hätte er absolut geben können. Ich verneige mich vor dieser ebenso intensiven wie extrem entspannten Leistung!


    In einer Nebenrolle war übrigens auch Elvis aus QOS zu sehen, einem ebenfalls als ziemlich extravagant empfundenen Ableger einer etablierten Reihe. Unabhängig davon, dass ich QOS durchaus als einen typischen Bond empfinde – fast so sehr wie LTK –, war dieser Tatort trotz aller geradezu aufdringlichen Andersartigkeit anderthalb Stunden öffentlich-rechtlicher Lebenszeit, die ich nicht als verschwendet empfinde.

  • Gleich kommt im Quasi Tatort Polizeiruf 110 ein neuer Dominik Graf. Titel: Smoke on the Water. Sein 2. mit Matthias Brandt in der Hauptrolle. Der 1. war toll.


    Und gestern Abend lief in Bayern 3 sein ziemlich schräger Starnberg Krimi Die reichen Leichen.

  • Der heutige Polizeiruf war die größte Gurke der Sonntagabend-Unterhaltung seit ich fernsehen kann. Und er stößt damit Grafs Tatort von vor ein paar Monaten von diesem fragwürdigen "Thron". Unglaublich schlecht.

  • Mach keine Witze ;) , der war wirklich Klasse. Extrem spannend, toll gespielt (wie immer), komplexe Geschichte, herrliche Dialoge, sehr schön inszeniert (logisch). Großes Kino, und natürlich besser als fast alles was dieses Jahr im Kino läuft. Trotzdem nur 9/10 für den Anfang.


    Den Tatort fand ich gut, aber nicht toll, bei dem hier passt fast alles. Der Tatort war unterhaltend, der Polizeiruf faszinierend.


    Und der Starnberg Krimi vom Abend vorher hat auch viel Spaß gemacht.

  • Hätte ich drauf wetten können, dass der Dir gefällt. ;)


    Für mich ein pseudo-modernes Durcheinander, das seinen eigenen Ansprüchen nicht standhalten kann.
    Ähnlich wie schon Grafs Münchner Tatort vor einiger Zeit.


    Wenn ein Tatort/Polizeiruf versucht, Kunst zu sein, muss das fast in die Hose gehen. Gegen gestern war der Tukur-Tatort aus der Vorwoche ein Genuss an Innovation.

  • Fand den Polizeiruf gestern absolut genial. Modern erzählt und spannend. Hallt kein Mainstream aber bei weitem auch kei Kunst-Quatsch da er nicht anderes war um einfach anders zu sein sondern weil es der spannenden Handlung dienlich war. Es wird ja eine DVD geben mit einem DC wo vor allem die letzte halbe Stunde mit der Gefanngennahme noch krasser sein soll (hier hat die ard zensiert). Werd ich mir zulegen.

  • Für mich ein pseudo-modernes Durcheinander, das seinen eigenen Ansprüchen nicht standhalten kann.

    Sorry, aber das klingt ein bisschen nach Familie Schmidt die im Museum alles was nach Rembrandt kam für Quatsch hält, weil es einfach nicht ihr Geschmack ist und sie es gar nicht verstehen wollen.
    'Wenn etwas versucht Kunst zu sein' ist grundsätzlich eine recht unglückliche Formulierung im Zusammenhang mit einem Medium welches genau so den Anspruch haben darf Kunst zu sein wie viele andere Medien auch (Kino, Theater, Musik, Videospiele, Installationen...). Nur eben nicht für Familie Schmidt, für die Kunst einen Rahmen haben und mit wenigen Worten erklärbar sein muss.


    Ich fand den Tatort letzte Woche übrigens auch mindestens unterhaltsam, wenn nicht sogar mehr... Zumal er es schaffte die Lockerheit die Münster schon längst verloren hat mit links aufzugreifen, Zitate quer durch die Medien- bzw. Kunstgeschichte relativ kunstvoll einzuflechten und sich selbst dabei nicht allzu ernst zu nehmen, ohne dies dann bis in die Lächerlichkeit zu strapazieren. Und Schauspielerisch war das teils auch ziemlich schön anzuschauen.

  • Sorry, aber das klingt ein bisschen nach Familie Schmidt die im Museum alles was nach Rembrandt kam für Quatsch hält, weil es einfach nicht ihr Geschmack ist und sie es gar nicht verstehen wollen.
    'Wenn etwas versucht Kunst zu sein' ist grundsätzlich eine recht unglückliche Formulierung im Zusammenhang mit einem Medium welches genau so den Anspruch haben darf Kunst zu sein wie viele andere Medien auch (Kino, Theater, Musik, Videospiele, Installationen...). Nur eben nicht für Familie Schmidt, für die Kunst einen Rahmen haben und mit wenigen Worten erklärbar sein muss.


    Ich weiß zwar nicht, was Familie Schmidt damit zu tun hat, aber dieser "Krimi" von gestern war für mich das Werk einer zu ambitionierten Regie.
    Und Du scheinst mich (und auch Familie Schmidt) völlig missverstanden zu haben: Kunst darf gerne in einem Fernsehfilm oder auch einem Krimi vorkommen. Diese muss ich dann aber natürlich auch ansprechend finden, um sie zu loben. "Kunst" um ihrer selbst Willen hat in einem Sonntagskrimi für mich nichts verloren.
    Und an meiner Kritik zum Tatort von letzter Woche müsstest Du erkennen, dass ich modernen Verfilmungen durchaus was abgewinnen kann, wenn sie gut inszeniert sind. Letzte Woche gab es sehr gute Ansätze, wenn auch etwas zu übertrieben.
    Aber gestern war eben nichts. Zumindest aus meiner Sicht nicht. Nicht jeder, der auf Rembrandts Spuren gehen will, passt in seine Fußstapfen.
    Da wollte ein Film krampfhaft stilistische Maßstäbe setzen. Meine Meinung - ob Du das nun unglücklich formuliert findest oder nicht.
    Darf man es sich denn nicht erlauben, diese Art der Filme nicht zu mögen, ohne gleich als Banause zu gelten? Familie Schmidt und ich sind da jedenfalls anderer Meinung.


    Sorry, aber die unterschwelligen Unterstellungen, man hätte etwas nicht verstanden, nur weil man es nicht mag, stören mich schon an manchen Diskussionen zu Bondfilmen.

  • Ich habe seit bestimmt über 20 Jahren keinen Tatort mehr gesehen (ich glaube der letzte war wirklich Schimanski) und Polizeiruf 110 kann ich mich nicht erinnern überhaupt mal einen gesehen zu haben, aber ihr macht mich alleine schon mit dieser Diskussion so neugierig :D das ich diese Folge gerne sehen würde. Gibt es da ggf irgendeine Wiederholung in den Dritten Programmen ?
    Zum Thema Ulrich Matthes: Ich kenne ihn nur aus "Der Untergang" und erlaube mir jetzt nicht seine schauspielerischen Fähigkeiten anhand eines Films zu beurteilen, aber ich fand ihn als Goebbels überragend und im Nachhinein fast noch beeindruckender als Bruno Ganz - der wie immer (von ihm kenne ich wesentlich mehr Filme :) ) auch klasse war.

    Schönes Gewehr, passt eigentlich mehr zu einer Frau. - Verstehen Sie etwas von Waffen Mr.Bond ? - Nein, aber etwas von Frauen.

  • Ich weiß nicht, ob es die Filme irgendwo anzuschauen gibt (Mediathek oder laufen irgendwo die Wiederholungen?), aber mache gerne mal den Vergleich der beiden modernen Inszenierungen, also zwischen "gelungen" (der Tukur-Tatort von letzter Woche mit Ulrich Matthes) und "misslungen" (der Graf-Polizeiruf von gestern). So zumindest meine Meinung. ;)

  • Der Polizeiruf von Graf wird auch heute Nacht noch mal wiederholt. Momentan werden alles Tatorts und P 110s Montagnacht noch mal gezeigt.


    Kunst oder nicht Kunst, für mich sind fast alle Graf Filme ein großer Spaß. Ich halte ihn momentan vielleicht für den besten Regisseur Deutschlands, und auch für eine der Besten überhaupt. Schade daß er so wenig fürs Kino arbeiten kann, aber seine TV Arbeiten können zumindest qualitativ dafür voll entschädigen. Hmm, er scheint zunehmend der Marc Forster des Tatorts zu werden ...


    Graf interessiert sich übrigens stärker für das Genre Kino als für den sogenannten Arthaus Film (bescheuerter Begriff). Den neuen Deutschen Film mochte er damals überhaupt nicht, dafür aber Gialli und ähnlich derbes Zeug. Die Einflüsse sind in seine Filmen spürbar. Auch in Smoke on the Water, der zudem auch noch von den Paranoia Thrillern Hollywoods geprägt ist, aber alle Einflüsse sehr eigenwillig verarbeitet. Und dann ist da in jedem seiner Filme eine sensationelle Schauspielerführung bis in Kleinstrollen hinein, die allein macht seine Filme schon lebendig, weil dadurch auch alle sein Charaktere "leben".

  • Nun, und mich stören eben manchmal (auch in Diskussionen hier im Forum) Formulierungen die etwas generalisieren, was eigentlich eine persönliche Meinung darstellt. Natürlich hast du geschrieben 'Für mich ein...' was es ja eigentlich entschärft bzw. einschränkt. Also nichts für ungut. Vielleicht würde es mir schon leichter fallen dich zu verstehen, wenn du mir im Zusammenhang mit dem Polizeiruf den Begriff 'pseudo-modern' mal eben in ein paar Worten beschreibst. Dann schau ich mir den mit diesem Wissen gerne mal an! :)

  • Vielleicht würde es mir schon leichter fallen dich zu verstehen, wenn du mir im Zusammenhang mit dem Polizeiruf den Begriff 'pseudo-modern' mal eben in ein paar Worten beschreibst. Dann schau ich mir den mit diesem Wissen gerne mal an! :)


    Ach, Du hast den Polizeiruf gar nicht gesehen?
    Wie ich schon sagte: "Da wollte ein Film krampfhaft stilistische Maßstäbe setzen."
    Ein Mordfall, der nach 40 min aufgeklärt wird, dann in Rückblenden eine Geschichte nacherzählt und völlig überladen fortspinnt. Zudem eine völlig überzogene Story, an deren Ende die bayerische Polizei mit Anonymus-Masken durch die Lande zieht, mordet und foltert. Die Verschwörer-Polizisten sind natürlich Teil eines Plans, der von Karl-Theodor zu Guttenberg einem ebenso attraktiven wie schmierigen bayerischen Politiker mit adligem Hintergrund aus der CSU CDP initiiert wurde. Die Verschwörungen gehen hoch bis zum bayerischen Ministerpräsidenten, der mit der Weltraumfirma Astrium in einen Korruptionsskandal ungeahnten Ausmaßes verstrickt ist. Dass man auf Guttenberg und die CSU anspielt ist die eine Sache, aber dass man mit Astrium ein real existierendes Unternehmen in diese Story einbezieht, verstehe ich nicht.


    Wir erleben in diesem Polizeiruf:
    - Heterosexuelle Lesben
    - Eine Ex-Freundin der Ermordeten, die besser ermittelt als der Kommissar, aber natürlich dennoch von der Anonymus-Polizei ermordet wird
    - einen biederen Ermittler, der völlig unpassenden Gossen-Jargon verwendet
    - einen unschuldiger Mann, der für einen schuldigen Mann ins Gefängnis geht, ohne dass Gründe hierfür ausreichend erklärt werden
    - einen völlig durchgeknallten Jung-Politiker, der seine Frau betrügt, weil er Rückenschmerzen bekommt, wenn er nicht täglich Sex hat
    - diese Frau weiß von seinen Betrügereien und fördert diese sogar (warum wird nie aufgeklärt)
    - der Kommissar muss dem auf dem Boden liegenden Jungpolitiker bei seinen Rückenschmerzen helfen, indem er diesem auf den Rücken steht
    - komplette Polizeieinheiten mit Anonymusmasken (was die vorhaben wird nicht näher erklärt)
    - Ungemeine Zufälle, wie das z.B. sowohl der Ermittler als auch der Täter sich kennen und (wie auch alle anderen relevanten Personen) auf der selben Schule waren
    - Der Gipfel war dann aber, dass die bayerischen Polizisten am Schluss begannen, gälisch zu sprechen (ohne dass dies näher erklärt wird)


    Ein Krimi, der nahezu alles offen lässt. Aber klar, wer diesen Stil mag, der wird seine Freude haben.


    Ich muss wirklich nicht zwangsweise einen Langeweiler-Tatort im Odenthal- oder Bienzle-Schema haben, aber Reihen wie der Tatort oder der Polizeiruf haben - ähnlich wie die Bondreihe auch - nunmal gewisse Mindeststrukturen, die man einfach erwarten darf.


  • Ach, Du hast den Polizeiruf gar nicht gesehen?
    Wie ich schon sagte: "Da wollte ein Film krampfhaft stilistische Maßstäbe setzen."


    Seltsame Betrachtung.
    Krampfhafte Anstrengung vermag ich da nicht zu erkennen, sondern ganz im Gegenteil eine große Lockerheit im Erzählen die jederzeit Raum lässt für das Unvermutete und das Unerwartete. Ich sehe in dem Film, und auch in den anderen Arbeiten Grafs, eine große Freiheit im Verlassen ausgetretener Pfade ohne zu speziell zu werden. Genre Kino lebt von der einfallsreichen Variation des Bekannten (dem Erfüllen der Tradition) wie auch von dem mutigen Erforschen des Unbekannten (die progressive Neuerfindung). Graf schafft mühelos Beides.

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