Es ist zwar schon etwas länger auf dem dem Markt, doch (wie so oft) hat es etwas länger gedauert, bis ich es mal ordentlich lesen konnte. Hier sind meine Eindrücke von dem Buch.
Sir Roger Moores Buch zu 50 Jahren James Bond kommt in einem angenehmen Plauderton daher und kommt sehr lebendig rüber; wie sich das in der deutschen Übersetzung gehalten hat, kann ich nicht sagen. Der erste optische Eindruck ist edel: Ein gebundenes Buch mit einem Schutzumschlag, der schönen Reliefdruck aufweist. Nicht überraschend ist, daß vom Erlös jedes verkauften Buches ein Teil an UNICEF UK geht. Roger Moore bleibt seiner Sache treu.
Inhaltlich geht Moore nicht chronologisch jeden einzelnen Film durch, was man vielleicht hätte erwarten können, sondern er widmet sich bestimmten Themenfeldern. Moore ist durch das Buch hindurch selbstironisch, was sehr sympathisch wirkt. In seinen Äußerungen ist er sehr gentleman-like, auch bei Kritik, die er etwa an Timothy Dalton in LTK übt. So fällt es erst recht auf, wenn ihn etwas wirklich stört, allem voran seine AVTAK-Filmpartnerinnen Grace Jones und Tanya Roberts (Foto, Text zu den „Leading ladies“).
Dieses Verhalten konnte man übrigens auch schon in seiner Autobiographie „My Word is my Bond“ beobachten, in der er für eigentlich alle freundliche Worte hatte und sie beim Vornamen nannte – nur Menahem Golan und Jean-Claude van Damme nicht. Die beiden waren ihm im Kontext von „The Quest“ doch zu übel aufgestoßen.
Das Buch enthält viele Bilder, natürlich eine ganze Reihe bekannter, aber auch (zumindest mir) unbekannter. Da Moore 23 Filme abhandelt, kann er nicht zu sehr in Details gehen, sondern bleibt eher telegrammhaft. Besonders enthusiastisch wird er in den Abschnitten „Bond on gadgets“, „Bond on cars“ und „Bond on style“.
Gleich zu Beginn gesteht Moore seine Wissenslücken ein, da er „nur“ sieben Filme gemacht hat, doch er bringt Beiträge und Meinungen anderer Beteiligter ein, um diese Lücken zu füllen. Sein erster Kontakt mit James Bond kam zustande, nachdem er einen Vertrag für die Serie „The Saint“ an Land gezogen hatte. Die erste Idee, ihn als James Bond einzusetzen, kam 1967/68 auf. Eine Idee, die sein damaliger Produzent Lew Grade gar nicht gut hieß: „Roger, don´t do it. It´ll ruin your career.“ Moore listet einige biographische Daten zu Bond auf, die auf Flemings Werken basieren; dabei stellt man fest, daß Fleming Bond wirklich am Ende von FRWL sterben lassen wollte!
Als Moore die Rolle übernahm, formte er sie auf der Grundlage eines Zitats aus einem Roman: „He didn´t particularly enjoy killing.“. Weiterhin setzte Bond folgende Prämisse: Kein Aston Martin und kein Vodka Martini (weder geschüttelt noch gerührt).
Das Kapitel „Bond on villains“ wird mit einem schönen Foto von Drax und Chang eröffnet. Wir erfahren den Hintergrund zu SPECTRE in Flemings Romanen und die Geschichte von Blofeld. Moore geht die diversen Bösewichte durch; nach seiner Zeit werden die Anmerkungen dünner.
Im Kapitel „Bond on girls“ ist das Eröffnungsphoto – natürlich – Shirley Eaton. Weiter gibt es schöne Fotos von Margaret Nolan (Dink in GF) und einer Szene mit Eaton, Honor Blackman, Tanya Mallet und Connery in Fort Knox. Die Frauen richten Waffen auf Bond, der seine Hände hoch hält. Interessanterweise verliert Moore kein Wort über Grace Jones (eine Fotounterschrift lautet „She who shall remain nameless“) und Tanya Roberts. Angesichts dessen, wie höflich und halt gentleman-like er sich zu Personen äußert, sagt das eine ganze Menge darüber aus, was Moore von den beiden hält. Einen Extratext schreibt Moore zu Lois Maxwell. Solche Extratexte sind einige Male im Buch zu finden und sind Leuten gewidmet, zu denen Moore eine besondere Beziehung hatte.
Das Kapitel „Bond on gadgets“ ist durchzogen von Fotos von verschiedenen Gadgets; darin äußert sich Moore auch zur Entwicklung der Figur „Q“, und natürlich schreibt Moore gesondert zu Desmond Llewelyn. Kleiner Patzer am Rande: Zweimal wird der Diplomatenkoffer aus FRWL erwähnt; einmal ist er mit 20 Gold Sovereigns gefüllt (Seite 70), einmal mit 50 (Seite 78).
„Bond on cars“ widmet sich Bonds Autos in den Romanen und erwähnt sogar den Wagen, den Bond im ersten „Young Bond“-Buch, „Silver Fin“ hatte, nämlich einen Bamford & Martin 1.5 litre Side Valve Short Chassis. Das lässt mich vermuten, daß Bond schon im Jahre 1913 aktiv war, denn ab 1914 hießen die Autos alle Aston Martin. Hm….
Das Kapitel „Bond on style“ ist für Moore geradezu wie gemacht. Zunächst gibt es eine Abhandlung der Getränke, die Bond zu sich nimmt, allen voran der Vodka Martini. Dazu gibt es Champagner: Bollinger und Dom Perignon. Auch Sake wird erwähnt, und hier rückt Moore erst einmal gerade, was in YOLT zu Sake wohl an Unsinn erzählt wurde, hauptsächlich zur Serviertemperatur. Connerys Aussage dazu in YOLT klingt laut Moore zwar sehr schön und nach Expertenwissen, ist aber letztlich leider falsch. Was Zigaretten angeht, raucht Bond in den Romanen Morland Specials mit drei Goldringen, und zwar mindestens drei Packungen pro Tag. In den Filmen rauchen Connery, Lazenby und Dalton (Da fällt mir aber noch Brosnans Zigarre in DAD ein.). Kleidungsmäßig hatte James Bond in den Romanen wohl nur eine Sorte Anzug: einen dunkelblauen Einreiher, dazu trug er ein weißes Hemd, eine dünne schwarze Seidenkrawatte und schwarze Schuhe. Für den Film-Bond wurden unauffällige, aber elegante Anzüge maßgeschneidert.
Das Kapitel „Bond on location“ enthält unter anderem ein tolles Foto von Sean Connery, in dem er – umgeben von Bierpullen - in einem Liegestuhl hängt. Das Kapitel listet einheimische (britische) Orte, die als Ausland herhielten; GF bspw. ist zu einem guten Teil in den USA angesiedelt, doch nur eine Szene mit Connery wurde auch dort gedreht. Moore geht auch auf die Entwicklung von Drehortideen zu tatsächlichen Drehorten ein; angesichts der Masse an Filmen und Locations beschränkt sich Moore in diesem Kapitel auf seine sieben Filme. Der Reihe nach erzählt Moore, wo er bei welchem Film gewesen ist, und erzählt ein paar Anekdoten; es waren auch ein paar Pleiten dabei: etwa zwei Wochen immer dasselbe Essen oder ein mieses Hotel in Luxor.
Ein Kapitel widmet Moore natürlich auch den anderen Bond-Darstellern; das Eröffnungsphoto zeigt Moore mit Lazenby und Dalton bei einer Veranstaltung. Es zeigt auch, daß Dalton und Smoking auch nach LTK nicht zusammenpassen. Moore beleuchtet sein Verhältnis zu den anderen Bond-Darstellern und dazu, wie sie die Figur Bond und ihre Konsequenzen empfunden haben. Er spart auch die Entwicklung von NSNA und Connerys Beteiligung daran nicht aus. Nach Daltons Ausstieg soll sich Lazenby bei Broccoli wieder angeboten haben; der Leser erfährt auch, wie Broccoli bei Timothy Dalton gelandet ist. Moore erläutert, wie Bond in der Luft hing, nachdem LTK so wenig eingespielt hatte und sich gegen Konkurrenzfilme nicht behaupten konnte. Daniel Craig, auf den Moore große Stücke hält, sah sich derber Ablehnung durch die britische Presse gegenüber.
Im Kapitel „Bond behind the scenes“ schildert Moore den Verlauf einer Bondproduktion, wobei er mit der Premiere eines fertigen Films beginnt und dann zur Vorproduktion des Folgefilms übergeht. Er geht auch auf die zunehmenden Spannungen zwischen Broccoli und Saltzman ein, wobei er die (auch finanziellen) Entwicklungen auf Saltzmans Seite einschließt. Weiterhin erfährt der Leser etwas über die Set Designers in den Bondfilmen, und die Geschichte der „007 stage“ wird präsentiert. Natürlich darf auch ein Blick auf die Musik und insbesondere auf John Barrys Rolle nicht fehlen; David Arnold gilt nach dessen Abgang (auch nach Barrys Meinung) als würdiger Nachfolger. Als besten Titelsong sieht Moore NDIB an.
Wo die Musik ist, darf auch das Titeldesign von Maurice Binder nicht fehlen. Binder war anscheinend ein Spezialist darin, seine fertigen Titeldesigns quasi immer in letzter Minute abzuliefern! Schließlich spricht Moore auch über die Stuntleute und die Kameraverantwortlichen. Ein Extratext ist M, und dabei hauptsächlich Bernard Lee, gewidmet. Moore hat eine sehr hohe Meinung von Lee, die er in dem Text zum Ausdruck bringt.
Mit dem Kapitel „Bond on screen“ geht es langsam dem Ende entgegen. Es gibt wieder ein schönes Foto von Sean Connery bei der TB-Premierenparty. Dabei trägt Connery einen Anzug, der seltsam unfertig wirkt, denn das Hemd hat keinen Kragen, und eine Krawatte trägt Connery auch nicht. Generell sind unter den Connery-Fotos einige Schnappschüsse, die ihn nicht so vorteilhaft rüberkommen lassen; neben dem eben erwähnten Foto und dem zuvor genannten Foto im Liegestuhl gibt es noch ein Foto von Connery bei den Dreharbeiten zu GF, das ihn in dem sensationellen Frotteeanzug zeigt. „Product placement“ und sogenannte „tie-in“-Produkte sind ein ständiger Teil der Bondfilme, und laut Moore zahlen manche Firmen sogar für ihre bloße Erwähnung in einem Bondfilm. Moore erzählt von seinen eigenen Marketingtouren mit Interviewmarathons und Filmfestivalbesuchen, wozu auch Besuche der Filmpremieren zählen. Die Royal Premiere war fest vorgegeben, und das Datum musste eingehalten werden. Abgesehen von der Royal Premiere drückte sich Moore aber gerne vor Premieren. Im Laufe der Zeit wurden die Premieren größer und gingen mit Publicity-Stunts oder TV-Specials einher. Moore, der die Premieren seiner eigenen Filme recht ausführlich beschreibt, war bei der Premiere seines ersten Bonds unheimlich nervös. Interessanterweise gibt es keine Informationen zu einer Premiere von LTK, weshalb ich mich frage, ob es keine gab oder Moore sie (absichtlich?) ausließ.
Das Buch schließt mit dem Kapitel „Bond on films“, das die einzelnen Filmposter mit Statistiken zu den einzelnen Filmen präsentiert.
Alles in allem ist „Bond on Bond“ ein schön geschriebenes, unterhaltsames und informatives Buch. Sicher ist darin einiges Material enthalten, was einem schon bekannt ist, aber dazu aus dem Munde von Sir Roger Moore zu hören, macht das Buch zu einem wertvollen Teil der Bond-Literatur.