DER FILM: Liebesgrüße aus Moskau

  • Die Art und Weise wie die Problematik des kalten Krieges in bewegte Bilder umgesetzt wurde, wird von uns allen etwas unterschiedlich aufgenommen.
    Die Titel "FYEO" und Octopussy sind nun nicht selten gefallen, sicherlich nicht zu Unrecht. Dennoch muss ich auch sagen, dass -Liebesgrüße mal unberücksichtigt- der Erstbond mit Timothy Dalton am ehesten das Gefühl vermittelt, dass der kalte Krieg noch aktiv ist. Auch wenn sich hier eine scheinbar im Auge zu behaltende Person als akzeptabel entpuppt, was dem Film ein wenig die düsteren Inhalte raubt, wird hier insgesamt doch recht eindeutig und nüchtern auf das Thema eingegangen...

  • Ich habe (von TLD abgesehen) nie einen der Bond Filme als einen vom kalten Krieg beeinflussten Film wahr genommen. Ganz im Gegenteil, ging es bei Bond immer bewußt um das Überwinden desselben. Auch schon in FRWL durch das bewußte Verschieben der Schurkenrolle auf die politisch unbedenkliche Spectre Organisation. Dort zumindest ist der kalte Krieg (ganz im Gegensatz zum Roman) noch als Nebenhandlung und Hintergrund vorhanden.


    In den Moore Bonds dagegen wird dem Zeitgeist entsprechend schon ganz massiv Entspannung betrieben. Wenn auch auf sehr naive Art.


    Wobei das alles sicherlich eher bestimmt war durch kommerzielles Kalkül als durch gesellschaftliche Weitsicht, um weitgehend alle politischen Stolperfallen zu umkurven. Daß dann in TLD die Russen, zumindest in den Afghanistan Szenen, doch noch einmal als undifferenziert gezeichnete Schurken auftreten durften, das war dann schon eine kleine Überraschung.

  • Wobei diesbezüglich FYEO innerhalb der Moore-Ära für mich schon einen Ausreisser darstellt, da der Strippenzieher hinter der Kristatos-soll-ATAC-mit-welchen-Mitteln-auch-immer-beschaffen und der Kriegler-soll-007-liquidieren-Geschichte ja eindeutig Gogol und damit der KGB bzw. die Sowjetunion ist (wenn es durch die Inszenierung des Friede-Freude-Pustekuchen-Finals auch etwas abgemildert wird). Das ist dann Kalter-Krieg-Konfrontation auf dem gleichen Level wie in FRWL (zumindest von Seiten der Russen), in welchem beide Seiten ja auch unverblümt versucht haben ihre Agenten gegenseitig zu liquidieren (Krilencu-Kerim, Bond-Krilencu).

  • Scarpine:
    Du unterschätzt die Hardliner der ehemaligen UdSSR!
    Klar, zeigt man in OP erst wie Gogol und das Komitee gegen Orlovs Pläne sind, aber auch Orlov hat seine Verbündeten und damit meine ich nicht Kamal Khan.
    Selbst als Gorbi das Sagen hatte, musste man sich vor Hardlinern fürchten und 1983 war doch das Jahr, in dem Hardliner der UdSSR beinahe eine Katastrophe herbeigeführt hätten.


    Die Sowjets sind in FRWL ganz klar NICHT die handelnden! Klebb arbeitet für S.P.E.C.T.R.E und nicht den Russen.
    In FYEO dagegen schon! Besorgt das A.T.A.C., koste es was es wolle, Kristatos agiert nur darauf.

  • Scarpine:
    Du unterschätzt die Hardliner der ehemaligen UdSSR!


    Eben nicht. Schließlich schrieb ich:


    Zitat von Scarpine

    In dieser Lesart von Drehbuch und Regie erscheint es nicht glaubwürdig, dass die Russen in Europa eingefallen wären, selbst WENN Orlovs Plan aufgegangen wäre (auch wenn der Zuschauer in der Realität es freilich anderes erwartet hätte).


    Eben diesen Unterschied zwischen gezeichneter Filmfiktion und Realität wollte ich so deutlich machen.


    Im Grunde genommen habt ihr alle (Django, AnatolGogol, Mister Bond) ja Recht, was die Lesart der Sowjets als Gegner in den späten Moore-Filmen betrifft. Sie sind mehr Gegner im eigentlichen Sinne als in "From Russia With Love". Ich wollte nur darauf hinaus, dass die Drehbuchautoren und Regisseur John Glen - wie Maibaum schon berechtigterweise bemerkte - das Ganze ziemlich mutlos und unentschlossen umgesetzt haben. Gäbe es in "For Your Eyes Only" nicht den Hinweis, dass Kriegler beim KGB arbeitet und das Finale mit Gogols Auftritt, käme kein Zuschauer dahinter, dass hier wirklich die Sowjets die Befehlsgeber sind, sondern Kristatos würde das ATAC einfach im Eigeninteresse beschaffen, um es an den Meistbietenden verkaufen. Er agiert den ganzen Film über im Alleingang ohne das man vom KGB etwas sieht (Die Spur führt Bond von Gonzalez über Locque bis zu Columbo/Kristatos; Kriegler redet nur mal nebenbei über seine Befehle). Das Gleiche bei "Octopussy": Da ist der kriegstreibende General Orlov und ansonsten sind alle Sowjets in der Führungsetage pragmatische Personen, die nie einen Angriffskrieg führen würden ("Unsere Armee hat einen reinen Verteidigungsauftrag."). Das ist letztlich ein mutloser Kuschelkurs bei dem man darauf bedacht ist, möglichst niemandem auf die Füße zu treten. Und deswegen ist "From Russia With Love" auch viel näher am "wahren" Kalten Krieg als die genannten Filme, weil man hier wenigstens die Auge um Auge-Sichtweise für jeden toten Agenten einen der Gegenseite über die Klinge springen zu lassen (bzw. eine Gegenreaktion auf eine Aktion folgen zu lassen) konsequent dargelegt bekommt. Dass SPECTRE natürlich der Hauptgegner ist und die Machtblöcke aufeinander hetzt, steht auf einem anderen Blatt...

  • Gäbe es in "For Your Eyes Only" nicht den Hinweis, dass Kriegler beim KGB arbeitet und das Finale mit Gogols Auftritt, käme kein Zuschauer dahinter, dass hier wirklich die Sowjets die Befehlsgeber sind, sondern Kristatos würde das ATAC einfach im Eigeninteresse beschaffen, um es an den Meistbietenden verkaufen.


    Gibt es nicht diese Szene in Gogols Büro am Anfang, wo er den "alten Freund in Griechenland" oder so auf das ATAC ansetzen will? Oder spielt mir mein Gedächtnis einen Streich? ?(

  • Die Szene wäre neu für mich. Gogol taucht glaube ich nur in der Schlußszene auf. Wird in fYEO überhaupt erwähnt daß der KGB dahinter steckt?


    Wieauchimmer, die lässige Art mit der Gogol am Ende seine Niederlage akzeptiert verweist jeglichen Kalten-Kriegs-Bezug weit in den Hintergrund.

  • So, jetzt ist es passiert, mit eurem ganzen Gerede über die Qualitäten von FRWL (war es im GF Thread?) habt ihr mir den Mund wässrig gemacht, sodass ich ihn mir jetzt auch nochmal angesehen habe. Und was soll ich sagen? "Ich habe das Licht gesehen!"
    Was hab ich nur all die Jahre falsch gemacht, um die Qualitäten des Films zu übersehen? Ich habe da einige Theorien:


    1.) Ich bin ein Typ, der lässt sich leicht dazu hinreissen, mir die ganze Reihe chronologisch anzusehen. So starte ich dann mit DN, bin wie immer von der 2. Hälfte demotiviert und denke mir "Oh Gott, noch 7 Filme bis Roger, und nur GF als Lichtblick dazwischen."
    FRWL wird da zur lästigen Pflichtaufgabe und man lässt den Film abspulen, ohne sich wirklich darauf einzulassen. Daher achtet man auch nicht so sehr auf die schön eingefangenen Schauplätze und die Nuancen im Spiel (Shaw und Connery, wow). Mea culpa!


    2.) Frühere Kritikpunkte: zuwenig Action und zuwenig Humor! Der Humor kommt im englischen Original viel trockener und besser rüber als in der deutschen Synchro, die mich außerdem wegen der Verschnipselungen beim Klebb/Tanja-Dialog nervt. Zur Action ist zu sagen: es sind keine großen Hämmer, dafür sind sie spannungstechnisch an den richtigen Stellen eingebaut.


    3.) Ich habe vor einiger Zeit mal geschrieben, dass ich mit den 60er Bonds auch Probleme habe, weil ich teils Maßstäbe der Craig-Bonds in Sachen Action, Optik und Charaktertiefe angelegt habe. Das war ja eigtl. unfair! 60er Bonds haben eben teils andere Qualitäten als die moderneren Filme oder die Moore-Äre. Alle Typen kann man wegen ihrer unterschiedlichen Qualitäten lieben, jedoch ist es eigtl. Quatsch, Bewertungsmaßstäbe für QOS oder LTK für einen Film wie GF, TB, TSWLM, MR oder DAF anzulegen. Jeder Film hat unterschiedliche Stärken und Schwächen, auch wenn viele Filmen einige gemeinsame Elemente beinhalten. Bei FRWL sind es die Story, der toll eingefangene Schauplatz Istanbul (warum habe ich das früher nicht gesehen?), der trockene zynische Humor und der Cast. Bei QOS ist es rasante Action, Charakterzeichnung und visuelle Elemente, bei Roger ist es die Coolness eines britischen Gentleman im Zusammenspiel mit oft großartigen Villains (Scaramanga, Drax, Zorin) etc. etc. etc.


    FRWL ist aus der der hinteren Ecke der vorletzten Kategorie nun plötzlich ganz nah ins Verfolgerfeld der Spitze gerückt und durchaus noch ein Kandidat für 1-2 Plätze höher. Das hätte ich nicht gedacht, dass es bei mir so spät bei einem Film plötzlich nochmal derartig klick macht. Ob das bei OHMSS oder TB auch noch gelingt? Ich bin gespannt! :pop:

  • Spree:
    Sehr schön erläutert. Bis 2005 hatte ich nämlich ebenfalls "deine" Probleme. Und dann fassten die ersten zwei Punkte, die du nun genannt hast.
    Für mich ist FRWL schauspielerisch vielleicht sogar der beste Bond. Connerys und Shaws Nuancen, Armendariz, Bianchis und Connerys Geturtel (damals war es ja nicht altmodisch, wenn der Herr ganz Macho blieb).

  • Ohne der eigentlichen FRWL-Diskussionsrunde zu sehr zu entgleiten, würde ich zu gern fragen wollen, ob jemand unter euch weiß, wie und wo man an eine vollständig ungeschnittene Fassung kommt (falls überhaupt - also inklusive kompletter Szenen mit Daniela, im Zigeunerlager und bezüglich der Unterhaltung Romanova/Klebb!)?


    Sollte jemand noch, da der Film wohl auch mal Uncut vorlag, VHS-Aufnahmen ohne Schnitt im Besitz haben, so würde ich diesem gern ein solches Band abkaufen.
    Schade ist nämlich, dass die Schnitte sehr störend platziert wurden, sodass sehr leicht zu bemerken ist, dass Sätze fehlen und das auch noch bei einem Klassiker...


    Insgesamt jedenfalls ein einmaliger Thriller. Beste Bondszene: 007 nach dem eigentlich ernsten Angriff auf seinen Freund: "Ja..., sehr rücksichtslos von ihnen"

  • Ohne der eigentlichen FRWL-Diskussionsrunde zu sehr zu entgleiten, würde ich zu gern fragen wollen, ob jemand unter euch weiß, wie und wo man an eine vollständig ungeschnittene Fassung kommt (falls überhaupt - also inklusive kompletter Szenen mit Daniela, im Zigeunerlager und bezüglich der Unterhaltung Romanova/Klebb!)?


    Sollte jemand noch, da der Film wohl auch mal Uncut vorlag, VHS-Aufnahmen ohne Schnitt im Besitz haben, so würde ich diesem gern ein solches Band abkaufen.
    Schade ist nämlich, dass die Schnitte sehr störend platziert wurden, sodass sehr leicht zu bemerken ist, dass Sätze fehlen und das auch noch bei einem Klassiker...


    Das dürfte schwierig werden die fehlenden Sätze aufzutreiben, da die Schnitte auf VHS auch schon enthalten waren. Gleichwohl es meines Wissens nicht 100% belegt ist kann man davon ausgehen, dass die Schnitte seinerzeit aufgrund von Schnittvorgaben der BBFC weltweit vorgenommen wurden und das nachdem die deutsche Fassung bereits komplett synchronisiert worden war.Vermutlich aus genau diesem Grund sind die Schnitte in der deutschen Fassung auch deutlich auffälliger als im Original, da hier "ohne Rücksicht auf Verluste" mitten im Wort geschnitten wurde.
    Link

  • Danke für deine Antwort. Ich weiß jedenfalls nur, dass die herausgeschnittenen Szenen und Sätze in der Tat mit den uns bekannten Sprechern synchronisiert wurden.
    Daher bin ich von der 2012er DVD sehr enttäuscht, denn obwohl es nicht dramatisch ist, wäre es nach fünf Jahrzehnten angebracht alles komplett zu servieren.


    Überhaupt stören mich manche DVD-Veröffentlichungen. Die DVD von Sag niemals nie (2013) verfügt nicht über Stereo-Ton und dies trotz der Tatsache, dass der Film bei seiner deutschen Erstausstrahlung von 1986 bereits in Stereo zu hören war, das ist gewissermaßen unschön... :huh:

  • Daher bin ich von der 2012er DVD sehr enttäuscht, denn obwohl es nicht dramatisch ist, wäre es nach fünf Jahrzehnten angebracht alles komplett zu servieren.


    Falls das Filmmaterial überhaupt noch existiert. Die deutschen Filmschnipsel dürften in jedem Fall nicht mehr existent sein. Und ich denke nicht, dass SONY großes Interesse daran hat, dem Film für ca. zwei Minuten mehr Filmstoff eine Überarbeitung inklusive Nachsynchronisation zu gönnen. Außerdem habe ich - wie gesagt - Zweifel, ob das Original-Filmmaterial überhaupt noch vorhanden oder in einem guten Zustand ist. Von daher würde ich mir da wenig Hoffnungen machen.

  • Zumal eine Nachsynchro dann auch aus FRWL einen "Bastard" wie OHMSS machen würde, wo zur Vermeidung von Anschlussproblemen ganze bereits synchronisierte Szenen neu eingesprochen werden würden - was glaube ich keiner haben möchte. Dann lieber die liebgewonnenen Tonhüpfer, auf die ich mich jedesmal förmlich freue "...und dann haben sie drei Liebhaber geh.....muss ich unbedingt auf diese intime Frage antworten? Sie sind nicht hier um Fragen zu stellen, sie vergessgendaran gehabt?" ^^


  • Zumal eine Nachsynchro dann auch aus FRWL einen "Bastard" wie OHMSS machen würde, wo zur Vermeidung von Anschlussproblemen ganze bereits synchronisierte Szenen neu eingesprochen werden würden - was glaube ich keiner haben möchte. Dann lieber die liebgewonnenen Tonhüpfer, auf die ich mich jedesmal förmlich freue "...und dann haben sie drei Liebhaber geh.....muss ich unbedingt auf diese intime Frage antworten? Sie sind nicht hier um Fragen zu stellen, sie vergessgendaran gehabt?" ^^

    Absolute Zustimmung: OHMSS kann ich in der vollen Länge NUR im Original-Ton sehen! Glücklicherweise habe ich noch die erste DVD-Ausgabe, die ausschließlich die deutsche Tonspur enthielt, dafür aber in der bekannten Fassung. Die muß dann herhalten, wenn ich ihn auf deutsch sehen möchte.

  • Exactly!, Mister Fogg.
    Die nicht neue, jedoch noch unschwer zu findende Special Edition von OHMSS ist perfekt (in Deutsch). 135 Minuten, da fehlt nahezu nichts.
    Die VHS mit 127 bis 128 Minuten hingegen ist selbst bei den nicht belanglosen Szenen erbarmungslos verstümmelt...


    ABER: In Englisch wiederum (auch Uncut) kann ich den Film sozusagen nicht sehen, da man zu Diensten der seriösen Erscheinung des Sir´s die Stimme von George ersetzt hat. Ich finde es alles andere als authentisch, wenn dem Hauptakteur weswegen auch immer ein "Zweitorgan" verpasst wird, schließlich hätte es sicherlich nicht notwendigerweise sein müssen. Seine Mister-Bray-Resonanz vermag klanglich weniger zu gefallen, als jene von George Lazenby selbst.
    Tatsächlich also ist die betagte Special Edition -also bereits eine DVD- irgendwo doch immer noch die interessanteste Version des Films ;)

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