So - das zweite Mal hat mich ein wenig mit dem Film versöhnt, jedenfalls mit der ersten Hälfte. Die zweite Hälfte finde ich nach wie vor missraten.
Bestimmte Details stören mich inzwischen nicht mehr - das Sofa in der PTS, Q's Werkstatt -, andere verstehe ich inzwischen besser, z.B. die Szene in Lucias Garten. Noch immer doof: Bond im IceQ zum Sicherheitsmann: "Nein! Platz!" Das ist nicht weit entfernt von "Du gehörst in den Tank!"
Mexiko empfinde ich inzwischen als weitgehend rund, wenngleich der Kampf im Hubschrauber nichts ist, was man noch nie gesehen hat. Hier fehlen mir übrigens, wie im gesamten Film, die echten Stunts, die handgemachte Action, die Szenen, in denen sich Craig wirklich mal einbringt. So etwas wie die Parcour-Szene in CR, die Verfolgung zu Fuß in Sienna in QOS, oder Kleinigkeiten wie Bonds Sprung an den Fahrstuhl in SF.
Maintitles top, keine Frage. M gut, Q gut, und wie sexy ist denn bitte Moneypenny?
Bond in Rom - das ist vor allem von der Kamera sehr schön eingefangen, beispielsweise die Fahrt durch die baumbestandene Allee, die von oben gefilmt wurde. Die Zusammenkunft der Schurken hat mir gefallen. Eindrucksvoll, wie Oberhauser nur mininmale Kopfbewegungen machen muss, um seine Lakaien zu steuern. Die Autoverfolgung macht mir vor allem in den Momenten dazwischen Spaß - das Telefonat mit Moneypenny, der Fiat 500 und die Extras, die nicht funktionieren. Brüller: "Atmosphere - Musicmix 009".
Bis Altaussee gehe ich noch mit. Toller Moment mit Mr. White. Hier muss ich allerdings mal meine Kritik an der omnipräsenten Musik platzieren: es vergeht ja nicht eine Filmsekunde, die nicht mit Musik zugekleistert wäre. Das stört mich extrem. Bonds Bootsfahrt über den See beispielsweise hätte auch mal Stille vertragen.
Dann geht es im Film bergauf und qualitativ bergab. Okay, wie kommen die Geländewagen auf den Berggipfel, woher hat Bond das Flugzeug - geschenkt. Aber wie wenig haben sie denn aus dem IceQ gemacht? Das ist ungefähr drei Sekunden im Bild, der Rest ist Studio. Was für eine weggeworfene Location. Madeleine hat diesmal mehr Eindruck hinterlassen, außerdem meine ich jetzt zu verstehen, wie Bond das Wrack gesteuert hat. Ein wenig blauer Himmel und Sonne hätte den Szenen übrigens gut getan.
Die Dialoge finde ich noch immer platt und hölzern. Lucia zu Bond: "Ich vertraue Ihnen nicht." - Bond zu White: "Vertrauen Sie mir." - Madeleine zu Bond: "Warum sollte ich Ihnen vertrauen?" - Bond zu Madeleine: "Vertraust du mir?"
Auch aus Tanger hätte man mehr machen können, aber die wenigen Szenen in der Kasbah sind schön fotografiert. Und ist die Maus nicht eher eine Ratte? Was die Zugszene betrifft, bleibe ich dabei, dass der Dialog bemüht und redundant wirkt, Hinx' "Scheiße" ist immer noch ein schwerer Fehler. Um Wiederholungen zu vermeiden: Meine Kritik am Rest des Films bleibt in vollem Umfang bestehen. Mit der Einschränkung, dass mir das Spiel von Christoph Waltz eigentlich ganz gut gefällt. Dennoch, die drei Grundkomponenten finde ich missraten, sowohl die Einführung, Motivation und Ausgestaltung der Figur Blofeld als auch der nichtvorhandene "böse Plan" (jaja, Daten sammeln, Kontrolle, uuuh) als auch die unnötige und unglaubwürdige Verknüpfung der bisherigen Craig-Bonds.
Das Finale, von der Ruine des MI6 bis zur Verhaftung Blofelds, ist dann nur noch gaga. Blofeld am Boden wie ein verwundeter Käfer, Bond und sein Mädchen gehen händchenhaltend davon - "die Liebe siegt" oder was ist da die Botschaft?
Wie gesagt: eine gute erste Hälfte wird von einer schwachen zweiten Hälfte runtergezogen. Bei dem Budget, bei dem Cast, bei der Regie und Kamera, bei der Zeit, die sie hatten und dem Ausbleiben von Streiks oder was sonst noch so alles in der Vergangenheit die Dreharbeiten torpedierte, hätte ich deutlich mehr erwartet. Es kann doch nicht sein, dass das alles am Ende daran scheitert, dass sich die Macher nicht über das Drehbuch einigen können, umgeschrieben und umgeschrieben wird, neue Spin-Doctors verpflichtet werden, die auch ein wenig herumschrauben, und es am Ende deshalb misslingt, den Film so richtig knackig auf den Punkt zu bringen, so dass man den Eindruck einer Flickschusterei hat, bei der Notlösungen sich mit Hilfseinfällen abwechseln.