DER FILM: Man lebt nur zweimal

  • Ich sehe Donald Pleasence als Ernst Stavro Blofeld ebenfalls recht kritisch und dessen Darstellung eher unglücklich. Das Erstaunliche daran ist, dass ich prinzipiell Pleasence für einen sehr feinen Darsteller halte, der gerade auch in diabolischen Rollen sehr überzeugende Leistungen abgeliefert hat. Was mich zu dem Schluß bringt, dass es nicht Pleasence selbst oder seine physischen Eigenschaften sind, die mich hier stören sondern die Art und Weise mit der das kriminalistische Mastermind dargestellt wird. Ein hektisch und nervös wirkender kleiner unscheinbar Mann (hier wirken sich Pleasences Äusserlichkeiten dann doch negativ aus - aber eben erst in Kombination mit den beiden zuerst genannten Charaktereigenschaften, die man Bonds Nemesis in YOLT verliehen hat) macht mir die in FRWL, TB und über weiter Strecken von YOLT so tadellos aufgebaute Vorstellung des überlegenen und aristokratisch wirkenden Erzfeindes kaputt. Wie gesagt: erstaunlich angesichts Pleasences Schurken-Oevre, man denke nur wie brandgefährlich und bösartig er Heinrich Himmler unter einer scheinbar harmlos wirkenden Oberfläche in John Sturges Der Adler ist gelandet gespielt hat. Oder seine irreal, aber gerade deshalb um so angsteinflössender wirkende Darstellung des Leibhaftigen in George Stevens Die größte Geschichte aller Zeiten. Oder seine manische Darstellung des Doktor Loomis in John Carpenters Horrorklassiker Halloween (welche zwar per se keine Schurkenrolle darstellt, aber interessanterweise dennoch sehr zwielichtig gespielt und in Szene gesetzt wird). Die Liste liese sich noch mit diversen weiteren Beispielen fortführen, in welchen Pleasence immer wieder ganz andere Interpretationen des Bösen hinlegte - und dies durch die Bank hervorragen. Ein Jammer, dass ausgerechnet sein Auftritt als "Nr. 1" innerhalb des Bondschurkenkosmos dann in meinen Augen eher misslang, was ich in erster Linie der Regie und den Produzenten anlasten würde, die Pleasences unscheinbarem Äusseren wohl einen optischen (Narbe) wie darstellerischen (nervöse Hektik) Kontrapunkt entgegensetzen wollten. Ich hätte mir gewünscht, man hätte hier stattdessen konsequent auf die außergewöhnlichen schauspielerischen Fähigkeiten von Pleasence gesetzt.


    Scarpines Vorschlag mit Wolfgang Kieling finde ich exzellent, er wäre wie ich finde geradezu prädestiniert gewesen den gesichtslosen Blofeld dann auch "full frontal" konsequent fortzuführen. Immerhin kam das deutsche Publikum mit 16 Jahren Verspätung dann Kieling zumindest akustisch doch noch als Ernst Stavro Blofeld zu hören - als Synchronstimme von Max Von Sydow in NSNA, in welchem er einen sehr guten Eindruck vermittelt, wie großartig seine Besetzung in YOLT hätte funktionieren können.


    Ansonsten hätte ich sehr gerne Helmut Qualtinger in der Rolle gesehen, dessen dynamisches und oft urgewaltiges Spiel in Kombination mit seiner oft etwas linkisch wirkenden Darstellung einen interessanten Kontrast zu den bekannten Blofeld-Interpretationen hätte bieten können. Wer an seinen filmischen Schwanengesang als Remigio da Varagine in Annauds Der Name der Rose denkt und wie brüchig und bizarr er da die unterschwellige Dialolik dieser Figur verkörpert hat kann sich ähnliches sicher auch gut für eine Blofeld-Darstellung in YOLT ausmalen.

  • Das sehe ich ähnlich.
    Es liegt nicht an Pleasance, also nicht an der Auswahl des Schauspielers, sondern an der fast schon jämmerlichen Umsetzung der Figur im Film. Blofelds wenige Auftritte am Ende von YOLT sind schwach geschrieben und einfallslos gefilmt, und liegen damit voll auf der Linie des Großteils der Gestaltung von YOLT.
    Die genau so alberne wie überflüssige Narbe setzt dem einfallslosen Ganzen der ironiefreien Blofeld Umsetzung dann noch die Krone auf. Ich weiß natürlich nicht ob Broccoli/Gilbert/Dahl nicht wollten oder nicht konnten, aber sie haben es dabei belassen Blofeld einfach nur als hundertfach gesehenen Standardschurken aus dem Fundus des Ultra-Trivialen zu präsentieren. Das ist viel zu wenig für so eine ikonische Figur, und auch viel zu wenig gemessen an Goldfinger und Largo aus den Vorgängern.

  • Helmut Qualtinger wäre auch interessant gewesen. Vielleicht liegt es tatsächlich nicht Pleasence selber sondern der Art und Weise wie er in Szene gesetzt wurde. Zumindest ist für mich die Inzenierung des ersten Treffens von Bond und Blofeld die größte Schwäche in einem meiner Meinung nach ansonsten recht gelungenen Bondfilm.

  • Der Film besticht durch seine Landschaftsaufnahmen und das Setdesign von Ken Adams, der sich mal richtig austoben konnte, anstatt wie bisher nur einzelne Räume zu entwerfen.


    Ansonsten finde ich im direkten Vergleich (ich habe jetzt innerhalb von zwei Wochen alle Bonds der 60er gesehen) das Qualitätsgefälle zwischen TB und YOLT schon dramatisch. TB ist nach meinem Geschmack der beste Bond der Dekade, YOLT der schlechteste. Ungereimtheiten im Drehbuch, billig-klapprige Raketen, die bekannten Absurditäten (wer filmt die Raumkapsel, wer den Magnet-Hubschrauber), blöde Sprüche, ein lustloser Connery, Blofeld als Witzfigur - Bond wird hier erstmals zur Karikatur seiner selbst und damit auch zur Blaupause aller Bond-Persiflagen. Der erste bigger-than-life-Bond, das erste Mal Trash.

  • In dem Alter hab ich noch nicht geküsst. ;)
    Nee, Du hast schon recht: YOLT ist ein typischer "Kinder-Bondfilm". Dieser hat ich damals aber so begeistert und war mit dafür verantwortlch, dass ich Bondfan geworden bin.
    Und diese Eindrücke lassen mich da durchaus partiisch werden. ;)
    Heute noch ist es so, dass ich - wenn ich die schöne Musik höre und die phantastischen Bilder sehe - wieder der kleine Kroni bin, der mit Papa auf dem Sofa sitzt und in die Welt des tollsten Geheimagenten der ganzen Welt eintaucht. :thumbup:


    Aber ich sagte ja auch schon, dass YOLT nicht polarisiert. (M)eine Stimme in den Top 5 ist zu dünn dazu! ;)


    Nee du, seit gestern hat YOLT zwei Stimmen. Hab nun endlich auch mal meine Häkchen gesetzt und man sehe und staune (oder auch nicht): (...)
    In ungeordneter Reihenfolge halt. Sind für mich die Filme, die eigentlich immer gehen und die ich momentan am liebsten wieder rauskramen würde. Um mal das Thema YOLT aufzugreifen, hat er für mich wohl einfach den Stellenwert des ersten gesehenen Bondfilms (Kinderbondfilm, gell :D). Witzigerweise fällt mir das erst jetzt gerade auf, als ich den Post schreibe... :think:

    Mein erstes Mal mit YOLT verlief unter nicht ganz so dankenswerten Umständen (wie z. B. mit Papa auf dem Sofa :thumbup: :(
    Es geschah im Jahre ´82. Ein guter Freund und ich entflohen der grauen Internatswelt, um uns in einem abgelegenen Kino in Detmold YOLT anzusehen. Keine Schlange vor der Kasse - toll! Leider erfuhren wir schnell den Grund: Die Kassiererin sagte uns, dass der Film erst ab drei Besuchern gezeigt würde. Enttäuscht versuchten wir, einen weiteren im Internat aufzutreiben, was an jenem Tag misslang. Wir hatten letztendlich aber einige Tage später die Chance. Die mangelnde Nachfrage war auf die sehr ungünstige Lage des Kinos zurückzuführen - es lag nicht am Film!
    Ich mag den Film sehr, er konnte damals das für uns tun, was auch viele andere Bondfilme in jenen Tagen zu tun im Stande waren: Er verhalf uns zu ein paar Stunden Urlaub! Wenn ich etwas gegen YOLT ins Feld führe, so ist das rein technisch. Emotional betrachtet: Ich sehe ihn immer mal wieder gerne.

  • Ich bin ja bekanntlich ein absoluter Vereehrer der moorigen Filme, durchlebe aber anscheinend gerade eine correreske Phase - wohl ausgelöst durch die Kinobesuche mit GF und FRWL vor 14 Tagen. Und als Höhepunkt gibt es übermorgen DAF in gemütlich bondiger Atmosphäre zusammen mit meinen hochgeschätzten Forumskollegen Nr. 5 und 009 ...


    Jedenfalls hatte ich die letzten Tage so richtig Lust auf YOLT - den größten Quatsch der Bondgeschichte! :haha: Gestern war es dann soweit: Ich genoss YOLT zum ersten Mal auf Blu-ray! Allein und nur in Begleitung von 300 g köstlichen Rib-eyes.


    Und ja, auf Blu-ray gewinnt der Film plötzlich deutlich. Die Farben, die Landschaften, die Sets - großartig! Noch nie ist mir aufgefallen, was für eine herausragende Location eigentlich die Ninja-Schule ist. Das sieht wirklich fanatstisch aus, und man lässt dem Zuschauer auch genügend Zeit, das zu genießen. Auch die anderen Luftaufnahmen und Totalen wirken großartig (Bucht in Japan, Vulkane, Kobe-Docks).


    Gestern habe ich bewusst versucht, die Riesenmenge der Logiklöcher als Parodie aufzufassen - und es funktioniert gut!!! :thumbup: Nicht darüber nachdenken, sondern schmunzeln und genießen! :pop:


    Was mir so noch nie auffiel: Der Unsinn mit den Saugnäpfen ist ja bekannt, aber bereits zu Beginn in Japan begibt sich Bond zu dem Treffen mit Henderson und hat am Ende des Abend :quasi: zufällig einen Safeknacker dabei?!? :bleah:


    Die erste Szene mit der Prügelei im Osato-Haus spielt ja abends/nachts, aber bei der Flucht im Toyota ist es plötzlich kurzzeitig wieder hell?! :heiss:


    Dann das Brett!!! :haha: Es wurde ja bereits zur Genüge diskutiert, dass so ein hervorschnellendes Holzbrett so sicher die unsinnigste Möglichkeit darstellt, Bond unschädlich zu machen ... Aber wo kommt das Brett eigentlich her?!? Wo ist das vorher? Bei so einem engem Flieger kann das nur seitlich als :quasi: zusätzlicher Flügel aus der Außenhaut herausragen, um dann bei Benutzung in den Innenraum zu schnellen! Und so macht es plötzlich auch Sinn, dass der Flieger auf einmal abschmiert - der Zusatzflügel fehlt ja! Ja, so ist es gewesen, so macht es Sinn!!! Dank an 004 für diese herausragende Erklärung! :thx:


    So richtig schlecht fand ich diesmal den Schnitt: Bei der Autojagd schießt Bond nach einer Kurve nach hinten, obwohl das Verfolgerfahrzeug noch gar nicht um die Kurve gefahren ist. Beim Schlucken der Raumkapsel wird es dunkel in der Kanzel, obwohl sich das Raumschiff in der nächsten Einstellung noch deutlich außerhalb des Spectre-Schiffes befindet. Beim Abseilen der Ninjas in den Krater sieht man dreimal quasi die selbe Einstellung, wo sich die Ninjas gerade unten an den Seilen befinden. Die Ninjas, die beim dritten Mal schon unten sein müssten, sieht man aber nicht ...


    Wirklich köstlich sehen auf Blu-ray die fliegenden Raketen und die wackelige Einschienenbahn aus! :D Irgendwo hier fiel der Begriff Augsburger Puppenkiste, und das trifft es ziemlich genau! :haha:


    Alles in allem ein großartiger Genuss, auf den man sich aber einlassen muss!


    Einige Fragen noch:


    Wieso nennt Bond Aki eigenlich Ski?


    Wieso steht überall OsatO, während der Typ und das Unternehmen OsatA genannt werden?


    Der Krater stand sicher in Pinewood, oder? In der 007-Stage (Halle) oder außerhalb? Weil er doch oben offen ist und (vermeintlich) echte Hubschrauber reinfliegen ...


    Gruß, 004

  • .



    @Thomas 004


    Der Krater wurde 1966 extra hinter dem Studiogelände aufgebaut und musste nach den Dreharbeiten wieder abgerissen werden.


    Um 10 Jahre später nicht den gleichen Fehler zu begehen, hatte Ken Adam dann von Albert R. Broccoli den Auftrag erhalten, den Innenraum der Liparus logistisch und bautechnisch so zu konstruieren, dass dies Set sich in einer Filmhalle befand, welche danach für andere Produktionen weiter zur Verfügung stehen durfte und somit seiner Zeit zur größten Filmhalle der Welt wurde.

  • Genau SO muss man YOLT sehen. Ein großer Spaß! Ein Film, der nicht durch seinen Inhalt besticht, sondern durch seine Ausstattung: Oppulent, toll bebildert, exotisch und mit einem erstklassigen Score ausgestattet. Japan ist vielleicht der am tollsten eingefangene Schauplatz.


    Wo findet sich YOLT nun in Deiner Bestenliste ein?


    Wieso nennt Bond Aki eigenlich Ski?


    Wieso steht überall OsatO, während der Typ und das Unternehmen OsatA genannt werden?


    Beides schlichtweg Übersetzungsfehler. Die Synchro hat sich den Logiklöchern eben angeschlossen. :D

    Der Krater stand sicher in Pinewood, oder? In der 007-Stage (Halle) oder außerhalb? Weil er doch oben offen ist und (vermeintlich) echte Hubschrauber reinfliegen ...


    Ja, der stand in Pinewood.

  • Tolles Review :thumbup: - YOLT lebt von seiner audiovisuellen Qualität, Logik ist jetzt nicht die Hauptstärke des Film.


    Auch wenn die Begründung banal ist: Aki und Ski ist ein Synchrofehler und vermutlich ein Tippfehler im Synchroskript (A und S liegen auf der Tastatur nebeneinander :D )


    P.S. DAF am Samstag wird ein Genuss :thumbup:

    Schönes Gewehr, passt eigentlich mehr zu einer Frau. - Verstehen Sie etwas von Waffen Mr.Bond ? - Nein, aber etwas von Frauen.

  • Es freut mich, dass Du an diesem oftmals unterschätzten Werk Gefallen findest. "Der größte Quatsch der Bondgeschichte" trifft es meiner Ansicht nach jedoch nur teilweise. Abgesehen davon, dass Gilbert recht fantasievoll Regie führte und davon, dass ein paar Filmfehler erkennbar sind (z.B. fährt Bond beim Bondgirl mit und es ist erkennbar, dass der Tacho bei Null steht), halte ich YOLT tatsächlich für weniger übertrieben als beispielsweise die anderen 007-Beiträge von Lewis, von DAD ganz zu schweigen. Auch Goldfinger war meiner Meinung nach bereits ein "Over-the-top-Bond". YOLT ist nicht immer logisch, aber ich kenne kaum einen anderen Film, der derart virtuos die asiatische Atmosphäre präsentiert.

  • halte ich YOLT tatsächlich für weniger übertrieben als beispielsweise die anderen 007-Beiträge von Lewis, von DAD ganz zu schweigen.


    Nunja, TSWLM und MR haben nicht mal ansatzweise so viele blödsinnigen Logiklücken. Nicht mal ein DAF oder ein DAD kann da mithalten. Vielleicht kommt da dann doch das Drehbuch des Kinderbuchautors Roald Dahl verstärkt zum Vorschein. :D
    YOLT ist daher ein Film, der besonders auf Kinder eine Wirkung haben dürfte. Mich hat diese Wirkung bis heute nicht losgelassen. :kneel:


    Für mich der Gipfel ist aber noch immer die Frage, wer denn die Luftaufnahmen macht, die man vom Magnet-Helikopter auf Akis Auto-Bildschirm sieht bzw. die man vom Raumschiff auf dem Bildschirm in Blofelds Vulkan-Kontrollraum sieht. ;)

  • Wo findet sich YOLT nun in Deiner Bestenliste ein?


    Ganz ehrlich: Er hat bei mir auf 12 schon einen herausragend guten Platz, immerhin vor GF, SF und TMWTGG! Ich wüsste nicht, welchen Film er weiter vorn verdrängen sollte: :blush:


    06. Octopussy
    07. On Her Majesty's Secret Service
    08. Thunderball
    09. Live And Let Die
    10. GoldenEye
    11. A View To A Kill
    12. You Only Live Twice


    Gruß, 004


  • Da fielen mir selbst ohne meine rosarote YOLT-Brille auf Anhieb zumindest 2 ein, die er locker abhängt. :D

  • Ich habe YOLT ja "nur" auf 14, aber ich kann deine Gedankengänge nachvollziehen, da die 2 Filme auch bei mir hinter YOLT sind :D

    Schönes Gewehr, passt eigentlich mehr zu einer Frau. - Verstehen Sie etwas von Waffen Mr.Bond ? - Nein, aber etwas von Frauen.


  • Auch wenn die Begründung banal ist: Aki und Ski ist ein Synchrofehler und vermutlich ein Tippfehler im Synchroskript (A und S liegen auf der Tastatur nebeneinander :D )


    :D Wird aber wohl in diesem Falle tatsächlich so gewesen sein.


    YOLT liegt bei mir sogar nur auf Platz 15, dennoch machte er mir in letzter Zeit viel Laune. Und beim Thema Quatsch und Übertriebenheit, liegt er klar vor TSWLM und MR, fast gleichauf mit dem Aston Martin Van(qu)ish :D

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