DER FILM: Im Geheimdienst Ihrer Majestät

  • Ist natürlich auch die Frage, wie breit die Bandbreite eines Schauspielers sein muss, um als gut zu gelten. Connery hat alle seine Rollen, die ich kenne, sehr gut gespielt. Und da waren durchaus sehr unterschiedliche Figuren dabei (Bond, Ramius, William von Baskerville, Dr. Jones, König Richard, usw.). Dass da jetzt noch keine Liebesrolle dabei war, würde mich jetzt nicht dazu bringen, ihn als schlechten Schauspieler zu betrachten.


    Wenn ich das noch im Extrem verdeutlichen darf: Mir fallen gerade zwei Männer ein, die im Wesentlichen jeder nur eine einzige Rolle wirklich gut ausgefüllt haben - und ich möchte auf ihre Kunst um keinen Preis verzichten: 1) Patrick McNee - John Steed; 2) William Shatner - James T. Kirk. Null Bandbreite - tolle Leute!

  • Connery ist schon ein guter Schauspieler, aber halt kein Allrounder. Aber davon gibt es verdammt viele bei den ganz großen.
    Connery ist überhaupt kein Komödientyp, er würde an einem Film wie "Reine Nervensache" (in dem eine andere Legende...De Niro brillierte) total scheitern. (De Niro ist übrigens auch keiner, dem ich wahre Liebe abkaufen würde...und er ist unbestritten der Meister vieler Klassen)
    Da ist Pacino zum Beispiel einen Tacken stärker, Ihm nimmt man das Verliebtsein in Apollonia in der "Pate" genau so ab, wie die Liebe für Frau und Familie im dritten Teil.


    Ein echter Allrounder ist z.B. Kevin Spacey der vom Weichei bis zum harten Killer alles überzeugend spielen kann, genau so wie aktuell Bryan Cranston, dem dieser Spagat sogar innerhalb einer Rolle gelingt. (Als Walter White in Breaking Bad, wo er gerade zu Beginn oft slapstickhaft agierte und sich vor allem in den letzten beiden Staffeln zum absoluten Antihelden entwickelte.)


    Und dann gibt es, wie Fogg erwähnte, eben jene Leute die nur in einem Typ brillieren, dass aber mit Bravur. Neben den genannten auch Klaus Kinski, Bud Spencer und Terence Hill, Adriano Celantano, Dean Norris etc.


    Und um nun wieder den Kreis in Richtung OHMSS zu schließen:
    Vielleicht war es die Unerfahrenheit von Lazenby, die Ihm genau in diesem speziellen Bondfilm zugute kam. Ein total selbstsicher agierender 007 wie in Thunderball, der nicht einmal Interesse daran zeigt, dass sein Einbruch in palmyra total schief läuft, den wollte ich in OHMSS gar nicht sehen.
    Connerys Auftreten hätte solche Szenen wie das erste Abendessen auf dem Piz total anders wirken lassen. Und gerade da sehe ich eine überraschende Stärke Lazenbys: Er war bis zu diesem Punkt Sir Hilary Bray und als er sich nachts davonschleicht um die Damen zu beglücken, ist er wieder der selbstsichere Bond, den auch Connery nicht groß anders dargestellt hätte.
    Von daher denke ich, das OHMMS mit Connery durchaus erfolgreicher geworden wäre und immer noch ein guter Bondfilm geworden wäre...aber definitiv nicht der Ausnahmefilm zu dem er dann wurde. Denn auch Hunt hätte mit Connery nicht so frei arbeiten können wie mit Lazenby.

  • Kann Deinen Beitrag nur unterschreiben, gonzo!


    Dennoch eine Gegenfrage bezüglich Connery (an alle gerichtet):


    Hat er schon mal in einer Rolle richtig versagt, in der er Gefühle zeigen sollte? Oder waren nur die Rollen nie demenstsprechend?
    Ich finde, dass seine Rollen allesamt gemein haben, dass sie eben diesen eigenbrötlerischen, geheimnisvollen Helden zeigen (aber eben jedes Mal in einem anderen Kleid), für den Gefühle anders funktionieren - . Ich kann mich jetzt an keine Rolle erinnern, in der Connery einen wirklich gefühlsbetonten Menschen gespielt hätte. Auch in vergleichsweise sozial engagierten Rollen wie in "Medicine Man" oder "Das Russland Haus" bleiben die Charakter der eigenbrötlerischen, emotional distanzierten Weise treu - schon fast ein wenig, als ob Connery sich selbst spielen würde, in unterschiedlichen Facetten.
    In "Verlockende Falle" mag er sich zwar in die Zeta-Jones verlieben, aber er bleibt dennoch der geheimnisvolle Charakter, dessen man (frau!) sich nie sicher sein kann. Vielleicht macht ihn ja das bei Frauen so interessant. ;)

  • ich bin nicht im Stande zu sagen, Connery hätte schon mal versagt. Und sogar, was "echte Gefühle" angeht, fällt mir als Referenz der von Dir, Kronsteen, erwähnte "Russlandhaus" ein: Ich habe den Film zwar länger nicht gesehen, jedoch schwebt mir ein Connery vor Augen, der, leicht vom Scotch beseelt, an Katja denkt, verträumt lächelt und jede patriotische Regung fahren läßt. Der Schluß des Films zeigt ihn uns, wie er Katja, ihren Vater und ihre Tochter am Hafen von Lissabon in die Arme schließt - und man nimmt ihm ab, dass es nichts wichtigeres für ihn gibt, als sie alle als seine Familie zu betrachten.

  • Das war ja das große Problem Connerys zwischen Bond und "Der Name der Rose": Er hat sehr lange gebraucht wieder eine Nische für sich zu finden.
    Er war schlicht nicht mehr Bond und wollte es auch nicht mehr sein, also probierte er in den 70ern und 80ern viele verschiedene Arten Filme aus um eine neue Nische zu finden. Auch wenn er nie ganz weg war und immer auch erfolgreiche Filme dabei waren, kann man durchaus von einem gut zehnjährigen gefühlten Karrieretief sprechen. Und dann kam eben William von Baskerville (und bedingt auch Ramirez in Highlander), eine Rolle mit der er endgültig seine perfekte Nische gefunden hatte: Die Vaterfigur, der väterliche Freund und Mentor, der Seniorpartner.
    Und von da an gings wieder bergauf:
    Das Russlandhaus, Der letzte Kreuzzug, Jagd auf roter Oktober, Die Unbestechlichen, Die Wiege der Sonne uvm. Dazwischen immer mal Filme die mit dem Bondimage spielten, wie The Rock oder Verlockende Falle, Filme in denen die Hauptfigur auch James Bond hätte heißen können.


    Um aber noch kurz auf deine Frage einzugehen: Ich mochte auch Connerys trashigere Phase immer recht gerne, wie Time Bandits, Meteor, Zardoz oder Camelot und auch damals hat er immer mal richtige Knaller gelandet wie Outland...aber eine Rolle und einen Film von Ihm kann ich bis heute nichts gutes abgewinnen: Robin und Marian! Grausam vom Konzept bis zum fertigen Film, da kann selbst Connery nichts mehr adeln...im Gegensatz zu dem unsäglichen LXG, der nur durch Ihn wenigstens ein bisschen gewinnt.

  • Ich wollte Euch noch dieses Poster zeigen (wusste nicht, wo einstellen, daher hier), das ich im August bei meinem Besuch aufm Schilthorn gekauft habe (den Rahmen habe ich ihm nachher spendiert):
    [Blockierte Grafik: http://up.picr.de/16090362nu.jpg]
    James Bond und das ultimative Schweizer Bergpanorama mit Eiger Mönch und Jungfrau in einem Poster vereint. Klasse!


    Wie Ihr seht, steht das Bild noch am Boden. Bin immer noch am überlegen, welches in meiner Wohnung der perfekte Platz dafür ist.

  • Eine dumme Frage an die Kenner hier: Was hat es mit der "Abwerbung meiner drei besten Männer" in der "Goldfinger-Affaire ´64" auf sich, die Draco gegenüber M auf Bonds Hochzeit erwähnt? Ist mir bei GF etwas entgangen und bezieht sich die Bemerkung auf eine im Film sichtbare Aktion?

  • Ich kann mich da an nichts erinnern. In GF ist nichts in der Hinsicht geschehen, ich glaube, das haben sich die Drehbuchschreiber ausgedacht. Eventuell haben sie sich dabei auf eine entsprechende Aussage Dracos im Roman OHMSS gestützt. Ich meine, mich dunkel zu erinnern, daß im Roman so etwas stand. Bis ich den Roman aber wieder lese und das prüfen kann, vergeht noch etwas Zeit.

    The needs of the many outweigh the needs of the few or the one.
    I have been and always shall be your friend.
    I´ve been dead before.
    Live long and prosper.


    He is not really dead as long as we remember him.

  • Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Bemerkung nur denselben Sinn hatte, wie die (missglückte) Titelsequenz und die Szene in Bonds Büro: Schaut her, liebes Publikum, das ist derselbe, der echte, richtige Bond, wirklich jetzt! Connery? Haben wir nie gehört.

  • Vielen Dank Euch! Ich hatte auch schon mal an die Möglichkeit gedacht, dass das Wort "Abwerbung" in Geheimdienst- und/oder Mafia-Kreisen eine euphemistische Umschreibung für Tötung sein könnte. Das ist aber nicht naheliegend.
    Spree: Die Intention könnte stimmen - auch bzgl. der Titel-Sequenz und der Schreibtischleerung. Bir mir hinterließ nach dem ersten Kennenlernen des Films all das eher den Eindruck, es könnte sich um eine potentielle damalige Beabsichtigung der Produzenten handeln, die Serie zu beenden. OHMSS hätte (wie SF) ein guter Schlussstein sein können. (Nicht, dass ich das begrüßt hätte!) "Missglückt" ist etwas hart geurteilt. Gerade die Einfügung der Szenen der vergangenen Filme in den Ablauf einer Sanduhr, dazu noch die dramatische Musik rufen bei mir immer eine wehmütige Erinnerung wach, die den Wunsch erweckt (per DVD-Player), mal wieder in die Vergangenheit zu reisen.

  • Das amüsante ist ja die Formulierung "Goldfinger Affäre" ist ja nur eine Erfindung der deutschen Synchro , im OT sagt er ja "the bullion-job" , auch wenn der "Goldbarren - Job" eine Anspielung auf Goldfinger ist. Die Szenen und Reminiszenzen an die vorherigen Filme sollen ja eindeutig zeigen, es geht mit Bond weiter, das ist die gleiche Franchise, die aber ohne Connery weitermacht.

    Schönes Gewehr, passt eigentlich mehr zu einer Frau. - Verstehen Sie etwas von Waffen Mr.Bond ? - Nein, aber etwas von Frauen.

  • Das war halt der erster Hauptdarsteller-Wechsel in der Franchise - da waren sich die Macher (zu Recht) etwas unsicher. Es ist übrigens rückblickend auch keineswegs selbstverständlich, dass die Franchise den Wechsel von SC zu GL und danach zu RM "überlebt" hat. Bei allen darauffolgenden Darstellerwechseln hat man auf eine "Verarbeitung" weitgehend verzichtet. Trotzdem gab es auch stets gewisse Anspielungen, wie etwa der DB5 in GE (oder auch in CR und SF) oder wie die PTS von FYEO mit Tracys Grab, die ja ursprünglich für einen neuen Darsteller geschrieben wurde.

  • (...) Aber als die beiden sich dann wieder treffen, dann ist etwas spürbar, zunächst bei Tracy und dann auch bei Bond. Und das wird dann auch gemacht wie man das in einem Action Film machen sollte. Die Liebe wird spürbar in der Bewegung, in der Action. Die Einstellungen der beiden beim Skifahren machen viel deutlicher klar was die dämliche Pilcher Montage nur behauptet.
    Das passt auch alles zum "richtigen Leben" wie ich es kenne. Erst die Distanz macht etwas bewusst was vorher nur zu ahnen ist, und was Bond dann emotional passiert hat auch mit seiner Erschöpfung zu tun. Tracy rettet ihn, und damit im übertragenen Sinn auch sich selber, und Bond gibt etwas auf von seiner Souveränität. Denn Tracy sitzt am Steuer bei der Autoverfolgung und in dem Stock Car Rennen. Die Gefahr dient nicht nur die Bewährung sondern sie bringt auch etwas zusammen. (...)


    (...) In dem Moment als sie mit ihren Schlittschuhen vor ihm auftaucht, und die Kamera mit Bonds Blick an ihr hochfährt, da kann ich in ihrem Gesicht lesen was sie fühlt. Da ist alles klar. Das passt, das ist auch dramaturgisch perfekt. (...)

    Besser läßt sich diese m. E. wichtigste Szene aller Bond-Filme (als sie in Schlittschuhen vor ihm steht) nicht in Worte fassen. Wichtig auch: man spürt hier mehr als sonst eine gewisse Verzweiflung Bonds ob der Hartnäckigkeit seiner Verfolger - hat je eine Jagd auf Bond so lange gedauert? Die Entspannung, die eintritt, als endlich ein Mensch auftaucht, der ihn nicht vernichten, sondern Bond 100%-ig bejahen will, erfasst das Publikum bis zur Identifikation. Ohne indiskret sein zu wollen: Die hier transportierte Botschaft des Zusammenspiels von Lazenby und Rigg symbolisiert eine Kern-Emotion/ -Aufgabe / -Zweck, (treffender krieg ich es nicht hin) von (meiner) Ehe: Man(n) kommt nach den täglichen Kämpfen und Begegnungen mit nicht immer wohlwollenden Menschen nach Hause - und da ist diese Frau, die bedingungslos zu einem steht! Was das für einen Mann bedeutet, drückt OHMSS in dieser Szene m. E. besser aus, als jedes geschriebene Wort es vermöchte.


    Während der letzten Sichtung des Films gestern abend machte meine Frau mich darauf aufmerksam, dass OHMSS umklammert wird von der Lebens-Thematik um Tracy: Am Anfang verdankt sie Bond ihr Leben. Am Ende verliert sie es seinetwegen. Da die Kugeln für ihn bestimmt waren, ist es vielleicht sogar möglich zu sagen: Sie gab es für ihn hin. " Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt." (Joh. 15, 13)

  • Ab der Szene in der Tracy mit Schlittschuhen vor Bond steht und die verzweifelte Flucht vor den Häschern ist OHMMS soagr der beste Bondfilm überhaupt.
    Eben diese einzigartige, gnadenlose Verfolgung, dazu das zusammenbringende Element Bonds und Tracys, wunderbar.
    Und immer strahlt John Barrys Score aus als seinen Großtaten hervor.
    Mr.Fogg, man darf zurecht behaupten, nie war eine Jagd auf Bond hartnäckiger.

  • Besser läßt sich diese m. E. wichtigste Szene aller Bond-Filme (als sie in Schlittschuhen vor ihm steht) nicht in Worte fassen. Wichtig auch: man spürt hier mehr als sonst eine gewisse Verzweiflung Bonds ob der Hartnäckigkeit seiner Verfolger - hat je eine Jagd auf Bond so lange gedauert?


    Mich berührt diese Szene überhaupt nicht, mich hat diese "Verzweiflung" immer genervt - das ist doch nicht Bond, der da so entmutigt und verängstigt herumlungert, was soll denn das? Der soll seine Gegner stellen und sich nicht verstecken und rumheulen. Das fand ich in TB wesentlich besser gelöst.


  • Mich berührt diese Szene überhaupt nicht, mich hat diese "Verzweiflung" immer genervt - das ist doch nicht Bond, der da so entmutigt und verängstigt herrumlungert, was soll denn das? Der soll seine Gegner stellen und sich nicht verstecken und rumheulen. Das fand ich in TB wesentlich besser gelöst.


    Er ist erschöpft, das ist etwas anderes.

  • Montag Abend im O-Ton geguckt.
    Und jetzt hat er auch erstmals neben TSWLM und GF meine persönliche Höchstwertung.
    Ein schöner Film, der mich nicht nur am Ende zu Tränen rührt. Dramatik und Spannung pur. Ich kann nur Mr. Foggs letztem Beitrag in allen Punkten beipflichten.
    Aber schon die von einigen Rosamunde-Pilcher genannte Sequenz berührt mich. Diese paar Minuten mit Louis Armstrongs wunderbarem Song (wie kann man den nicht mögen?), vermitteln bei mir mehr Gefühl als die ganze Bond/Vesper Liaison in CR.
    Und wenn sich Bond da noch nicht ganz verliebt hat, dann spätestens während der Flucht vor Bunt und ihren Häschern. Wie Mr. Fogg schon schrieb, in diesem Moment vertraut Bond Tracy Voll und Ganz.
    Und über allem schwebt die wahrhaftig majestätische Musik John Barrys. Für mich sogar Barrys allerbester Score, auch wenn er für andere Oscars gewann.
    Der Film ist sogar so gut, dass es mich tatsächlich nicht stört, dass nicht meine Favoriten Connery & Moore Bond spielen.

  • Diese paar Minuten mit Louis Armstrongs wunderbarem Song (wie kann man den nicht mögen?), vermitteln bei mir mehr Gefühl als die ganze Bond/Vesper Liaison in CR.

    Das ist wohl wirklich Auslegungssache, bei mir ist es gerade andersherum. Und ja, ich mag den Song nicht!
    Aber ich werde OHMSS in den nächsten Tagen nochmal eine Chance geben, nach CR soll er besonders gut wirken, wie ich lese.

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