Auch ich möchte mich Mr. Foggs Einschätzung anschließen (und dabei auch meine Eindrücke von und Meinung über Skyfall einfließen lassen):
Zu Beginn der Craig-Ära sehen wir einen James Bond, der am Anfang seiner Karriere steht; die Craig-Filme sollen uns wohl erzählen, wie aus dem Greenhorn aus der CR-PTS der Agent Ihrer Majestät wurde, den wir aus den vorherigen Abenteuern kennen.
Vor dem Hintergrund dieser über den Filmen schwebenden Idee ist Skyfall absolut stimmig. Und deshalb ergibt es auch Sinn, dass die von Daniel erwähnten Bondtraditionalisten und die Anhänger der Bondinterpretation unter Craig SF zu großen Teilen mögen: Hier werden die Craig-Elemente (u.A. härtere Gang, psychologische Handlungselemente) mit den „traditionellen“ Bondzutaten (wieder Q und Moneypenny, Schlussszene zwischen dem neuen M und Bond, der Villain mit Geheimversteck) gemischt, sodass einfach viele Anhänger der Serie Versatzstücke finden, die sie mögen. Exemplarisch wird das an Bonds Ausrüstung: Er bekommt wieder Ausrüstung von Q (klassisch), die ist aber im Vergleich zu früheren Gadgets genauso „geerdet“ wie Craigs Interpretation der Figur Bond. Auch der Titelsong wird von vielen ja wieder als „bondiger“ empfunden.
Auch ich sehe SF demnach als Synthese des Craig-Bonds mit dem „klassischen“ Bond (was auch immer das jetzt genau ist). Wie immer in solchen Fällen ist es nicht immer perfekt gelöst und umgesetzt, aber mich, der sowohl die Argumente der Traditionalisten (auch wenn es sich so anhören mag, ist das von mir ganz und gar nicht despektiertlich gemeint) als auch die der Craig-Fans nachvollziehen und beiden Strömungen viel abgewinnen kann, hat der Film damals im Kino begeistert zurückgelassen und seitdem hat sich wenig daran getan.
Natürlich kann man sich darüber streiten, ob die damit eingeschlagene Richtung hin zu klassischeren Bondfilmen (wenn sie so weitergehen sollte) eine gute Sache ist oder die Gefahr des langfristigen „Rückfalls“ zu Brosnan-Bonds, wie es viele Craig-Fans jetzt befürchten, in sich birgt. Diese Frage muss jeder mit seinem Geschmack für sich beantworten (oder die Zukunft wird es zeigen), mir hat sie auf jeden Fall sehr gefallen.
Nach meiner Gesamteinschätzung des Films hier noch der Kurzüberblick über Positives, Neutrales und Negatives:
+ Wie erwähnt die wiederkehrenden, bzw. neu interpretierten Elemente: M, Moneypenny und Q gefallen mir auch in den neuen Versionen gut. Speziell von Q war ich überrascht, da ich vorher dachte, dass mir eine Nerd-Version des Charakters nicht gefallen würde. Natürlich bleibt Desmond unerreicht, aber eine Q-007-Konstellation, in der der Tüftler der wesentlich jüngere ist, gefällt mir.
+ Die Schauplätze: Istanbul wird nur gestreift, sieht aber gut aus. London ist über den gesamten Film sehr schön eingefangen, Macau schön exotisch und ein Schottlandfan bin ich sowieso. Das Highlight als alter Lost-Placer ist aber natürlich Silvas Insel!! Was würde ich darum geben, mal auf Hashima rumstreifen zu dürfen!
+ Silva: Ein toller Villain, aber da sind die Craig-Bonds ja generell gesegnet (ja, ich mag auch die Schleimigkeit eines Dominic Greene). Schön finde ich auch die Gerissenheit, mit der es ihm (scheinbar) gelingt in Bond Zweifel an M zu säen. Tolle Leistung von Bardem!
+ Kincade. 'nuff said.
+ Der Titelsong. Tolle und kraftvolle, „klassische“ Nummer.
o Die „Bond ist alt/fertig“-Nummer. Klar war es angesichts der Tatsache, dass noch mindestens ein Film mit Craig folgt, wenig durchdacht, dass Craig vom MI6-Personal schon mit Kommentaren bedacht wird, die Moore vielleicht in AVTAK zugestanden hätten. Mich hat das aber nie gestört, vor allem, da man das auch so interpretieren kann, dass er nach seiner „Auszeit“ alt und schlaff wirkt. Dann passt es wiederum ziemlich gut.
- Der Showdown. Auch wenn es mal eine interessante Variation ist, dass nicht das „Hauptquartier“ des Villains, sondern das Bonds gestürmt wird und auch, dass mal ein(e) M stirbt, ist etwas Besonderes. Mich hat nur die Umsetzung gestört: Es hätte nur noch gefehlt, dass Bond sich zigarrerauchend darüber freut, dass „sein Plan funktioniert“. Die Sinnhaftigkeit von Bonds Plan, sich allein mit M zu verschanzen und die Angriffe der zahlen- und ausrüstungsmäßig überlegenen Männer Silvas abzuwarten, hat sich mir auch nie erschlossen.
Insgesamt aber ein meiner Meinung nach sehr guter Bondfilm, der von mir 4,5/5 hässlichen Porzellanbulldoggen erhält.