Mein Text enthält SPOILER!!!
Ich würde SPECTRE gern wohlwollender beurteilen, aber nach der ersten Sichtung überwiegen die negativen Aspekte, deshalb beginne ich auch mit selbigen.
Der Film ist zu lang! Im Grunde ist gegen eine epische Länge nichts einzuwenden, aber es wird zuwenig Story darin verpackt. Das heißt nicht, dass der Film langweilig ist, aber bei dieser Laufzeit könnte man viel mehr heraus holen. Manchmal wirkt es so ein bisschen wie ein Reiseführer, in der zusammenhangslos die Locations gezeigt werden. Dann gibt es wieder Szenen, die unnötig schnell runter gespult werden. Jedenfalls hätte eine Laufzeit von 120 Minuten vollkommen ausgereicht.
Warum wird Bond zum gefühlten zehnten Mal suspendiert und von M angequakt? Kann es nicht mal wieder einen normalen Auftrag geben, der ausgeführt wird? Warum wird wieder der MI6 als Organisation direkt bedroht? Hatten wir kürzlich alles erst und wirkt wie ein Abklatsch vorheriger Craig-Filme.
Womit wir beim nächsten Thema wären: Von SPECTRE geht eigentlich 0 Gefahr für die Allgemeinheit aus, sondern es geht einzig gegen Bond selbst (auch mal wieder) und gegen den MI6, zumindest kommt es im Film so rüber. Das wird einer Verbrecherorganisation im Stile von SPECTRE nicht gerecht und ist eines Bondfilms nicht würdig.
Die Action! Die PTS hat mir wirklich gefallen, aber warum muss es zum Schluss erneut eine Hubschrauberszene geben? Entweder wirken die Actionszenen wie ein laues Lüftchen und sind eigentlich langweilig (Car Chase in Rom) oder total übertrieben (Bond bringt mit einer Pistole (!) einen Hubschrauber zum Absturz, Bond "steuert" ein Flugzeug ohne Fahrwerk und Tragflächen im Schnee, Bond bringt mit 2 Schüssen ein gesamtes Hauptquartier zum explodieren). Das ist selbst für Bond-Verhältnisse unglaubwürdig und hat mich zum Fremdschämen animiert.
Blofeld! Über Waltz' Darstellung lässt sich streiten, darauf möchte ich nicht eingehen. Aber als Kopf einer eigentlich bedrohlichen Organisation (was sie hier ja nicht ist) hätte man den Charakter durchaus unabhängig von Bonds Vergangenheit zeichnen können. Hinzu kommt noch, dass er eigentlich absolut harmlos rüber kommt und eher Mitleid erweckt. Er zeigt sein TV-Studio und foltert dann Bond ohne eigentlich einen Grund dafür zu haben. In CR hat es noch wunderbar geklappt, aber hier? Am schlimmsten ist Blofelds Ende. Ich möchte in einem Bonfilm keinen Oberbösewicht sehen, der erbärmlich auf dem Asphalt liegt und einfach verhaftet wird. So etwas kann ich jeden Sonntag im Tatort sehen. Enweder entkommt er oder wird getötet...
Das Ende im ehemaligen MI6-Gebäude war wirklich mal grottenschlecht. Übrigens auch hier eine Wiederholung, ein Gebäude ist ebenfalls in der PTS schon eingestürzt...
Gut gefallen haben mir die PTS und der Score, der durchweg das Geschehen stimmungsvoll begleitet hat. Die Locations wurde größtenteils großartig eingefallen, auch wenn es wieder zu viele dunkle Szenen gab. Die Hauptdarsteller waren größtenteils in Ordnung, wenn auch teilweise mit Luft nach oben. Das liegt aber auch teilweise am Drehbuch, denke ich. Die Oneliner z. B. waren in jedem Moore- oder Brosnan-Film um Längen bessern.
Ich werde ihn mir nochmal im Kino anschauen, aber ich weiß schon jetzt, dass es einer der Filme sein wird, die ich später eher selten in den BR-Player einlegen werde. Dafür stimmt das Längen-Qualitäts-Verhältnis einfach nicht.
Die einzigen großartigen Reaktionen des Kinopublikums gab es während der PTS. Mir ist übrigens aufgefallen, dass die Schnitte während der Kampfszenen ähnlich schnell sind wie bei QoS. Mich stört es nicht, aber dafür wird der Film von vielen ja kritisiert.
Egal ob mit oder ohne Craig, das nächste Mal hätte ich gern neue Drehbuchautoren und einen neuen Regisseur. Ansonsten sieht man sich immer die gleiche Story in anderem Anstrich an.
Von 10 möglichen Punkten vergebe ich vorläufig 3.
Noch etwas: Dank dem Sender Sky 007 habe ich in den letzten Wochen viele alte Filme in voller Länge gesehen und muss sagen, dass selbst DAD bei mir mehr Bondfeeling erzeugt hat...