DER VILLAIN: Auric Goldfinger

  • Hier her alles über Mr. Goldfinger.


    [Blockierte Grafik: http://images.wikia.com/jamesbond/images/5/5a/Goldfinger_-_Profile.png]



    Zitat von Kronsteen


    Der Charakter, der hier im Jahre 2003 von usn zur "heiligen Kuh" gekürt wurde, weil er das gleichnamige Spielchen gewann.


    Kaum jemand hat an seinem Charakter einen Schwachpunkt entdeckt - wurde er doch von Gert Fröbe so ausgezeichnet böse und gerissen gespielt, dass er bis heute bei jedem neuen Bondfilm als Maßstab herangezogen wird, ob der neue Villain diesem Vergleich gewachsen sei.



    Zitat von Sanchez


    Auric Goldfinger gilt für viele als der beste Bond-Bösewicht. Ich bin da anderer Meinung, obwohl ich ihn auch als guten Villain empfinde.
    Nicht anzwifeln kann ich, dass Goldfinger DER Bond-Gegner schlechthin ist. Er ist skrupellos, hat keine Manieren, ist aber auch extrem gerissen und intelligent. Das ganze wird von Gerd Fröbe perfekt inszeniert.
    Goldfinger hat nicht nur in der Bond-Serie Spuren hinterlassen. Auch in der Filmgeschichte allgemein gilt er als das Vorbild der größenwahnsinnigen Oberschurken.
    Wie gesagt, ich finde Fröbe als Bösen sehr gut, und er hat in dieser Rolle Maßstäbe in der Filmwelt gesetzt. Nicht auf meinem ersten Platz ist er nur, weil es später noch bösere und charismatischere Bösewichte (zB Sanchez, Zorin) gab, deren Rolle zwar nicht so innovativ wie die Goldfingers sind, mir jedoch mehr zusagen.





    Zitat von MisterBond


    Dem stimme ich wohl absolut zu. Goldfinger ist wohl auch meine Nummer 1, allerdings nur weil Blofeld immer von anderen Charakteren gespielt wurde. Schließen wir mal den Blofeld aus FRWL und TB aus (Anthony Dawson).

  • .
    Das Lebensmotto dieses main villian: „Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles“


    Auric Goldfinger (re)präsentierte bei seiner Premiere im September 1964 einen neuen Typ Menschheitsverbrecher auf der großen Leinwand. Schien die Figur sich anfangs als Wirtschaftskrimineller zu gerieren, so zeigte sich doch im Verlauf des Films, dass der Millionär am Ende jemand war, der weniger Interesse daran hatte, einen ordinären Diebstahl zu begehen, sondern sich vielmehr als jemand verstand, der sich an der Genialität seiner eigenen verbrecherischen Ideen delektierte und berauschte. Mit modernsten technischen Errungenschaften trieb er ein wahnwitziges Unternehmen voran, wobei seine Screen Persona die Personifizierung kapitalistischer Gier, aber zugleich auch als deren Zerstörer in Teilen war, da als Nebeneffekt einer erfolgreichen Umsetzung seines Plans mit dem Namen „Grand Slam“ die „westliche zivilisierte“ Welt in ein wirtschaftliches Chaos gestürzt würde. Dabei würde die Atombombe, als ureigene Erfindung US-amerikanischen, militärischen Schöpfertums und schlimmster personifizierter Alptraum einer ultimativen Massenvernichtungswaffe Goldfingers Hauptinstrumentarium sein mit dem er versuchen würde seinen menschenverachtenden, werttechnischen Geldvermehrungsplan als verdeckte, militärisch angelegte Operation in die Tat umsetzen. Schon der Namenscode für seine Schurken-Operation deutete auf einen militärischen Vorgang hin. So stand der Ausdruck „Grand Slam“ (unter anderem) für eine über zehn Tonnen schwere Fliegerbombe der britischen Streitkräfte, die ab Ende 1944 verstärkt zum Einsatz kam.
    Mit Rotchina als Bündnispartner Goldfingers, das sowohl militärisches Personal als auch das entscheidende Equipment in Form einer Atombombe stellte, arrangierten sich zwei Parteien, die jeder ihren Vorteil in dieser kriegsverdeckten Aktion sahen. Während für Goldfinger bei erfolgreicher Ausführung seines Plans sich der Wert seines materiellen Goldreichtums verzehnfachen würde, hätte die Volksrepublik China den aus ihren Sicht wichtigsten kapitalistischen Hauptfeind wirtschaftlich mit der atomaren Vernichtung von Fort Knox in die Knie zwingen können.


    Mit dem 64er Franchisebeitrag innerhalb der offiziellen Filmreihe veränderte sich auch der Status der Heldenfigur, die den neuen Hauptverbrecher zu bekämpfen hatte, in mehrfacher Hinsicht. Der Geheimagent, der Goldfingers Plan zum Scheitern bringen sollte, wurde mit seinem dritten Einsatz zum Jetset-Playboy, der es mit den Reichen dieser Welt nun aufnehmen und sich in deren Kreisen nun auch gesellschaftlich bei seinen Sondermissionen behaupten können musste. Neben Bonds Fertigkeiten im Golfspiel, welches zu Beginn der Sechziger noch als vorwiegend elitärer und teurer Zeitvertreib galt, erhielt 007 mit dem Aston Martin DB 5 auch einen entsprechend luxuriösen, auffälligen Sportwagen, dessen Besonderheit darin bestand ein verstecktes Areal an Geheimwaffen aufzuweisen. Während Bonds Dienstwagen förmlich das Sonder-Image einer neuen Leinwandikone reflektierte stand demgegenüber Goldfingers Rolls Royce Phantom III als eine weitere Metapher betrügerischen Hangs zur Vermehrung von Reichtum, da das Luxusfahrzeug als weiterer hohler getarnter Goldbarren auf Rädern angesehen werden kann, der den verbrecherischen Einfallsreichtum seines Herrn eines weiteres Mal aufzeigte – ähnlich wie der Knochen als Werkzeug in Stanley Kubricks „2001: A Space Odyssey“ der von einer Mordwaffe sich zu einem Raumschiff verwandelte.
    So will der im Titelsong mit König Midas Verglichene, der schon auf Grund seiner tautologischen Namensgebung „Auric (vom lateinischen Aurum, welches übersetzt Gold bedeutet) Goldfinger“ sinnbildlich alles, was er - als Unternehmer- anfasst, zu „seinem Gold“ machen. Da erschien der Mord an der Verräterin Jill Masterson nur als kurze Randepisode in seinem beruflichen Alltag, deren Vergoldung zu seiner Visitenkarte wurde und deren filmischer Tod über die Leinwand hinaus zur Versinnbildlichung von Goldfingers neuartigem, verbrecherischen Handeln stand.


    Sein geplantes Meisterwerk – die atomare Verschmelzung der Goldreserven von Fort Knox als Kunstwerk eines nie gesehenen Verbrechens würde quasi als bitterböse Form der Ironie aufzeigen wie aus existentem Reichtum einer Volkswirtschaft der teuerste Abfall für die damals reichste Nation der Welt geworden wäre - in Form radioaktiver Entwertung. So hat Goldfingers Wahn auf seine Weise Methode und mit der phantastischen Interpretation durch den sächsischen Mimen Gert Fröbe entstand einer der besten Filmbösewichte der Leinwand. Gerade Fröbes Spiel mit den kleinen menschlichen Macken macht seine Performance zum perfekten Antagonisten innerhalb der James Bond-Reihe und mit Harold Sakata als sein Butler und mörderisches, ausführendes Faktotum wurde gegenüber dem Filmhelden die optimale Verbindung von geistiger und körperlicher Überlegenheit geschaffen, die innerhalb des Franchises ihres Gleichen sucht. Während der zweiten Hälfte des Films befand sich der Held als Dauergefangener in der Hand seines übermächtigen Gegners und James Bond schaffte es schließlich nur mit Sexappeal und Raffinesse seine(n) Gegenspieler zur Strecke zu bringen was neben den glaubwürdigen Darstellern in dieser Phantasiewelt für Erwachsene auch einem großartigen Drehbuch geschuldet war.


    Nicht von ungefähr führt Auric Goldfinger auch fast rund fünfzig Jahre nach seiner Premiere auf der Leinwand immer noch die Liste der besten Hauptschurken innerhalb der Filmreihe an und hält so seinen angestammten Goldmedaillenplatz an. So behauptet sich zu guter letzt Johann Wolfgang von Goethes bekannter Spruch aus dem Faust „Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles“, der sinnbildlich für Goldfingers Treiben steht.



    ***

  • Wie immer ein toller beitrag, Lars! :thumbup:


    Während für Goldfinger bei erfolgreicher Ausführung seines Plans sich der Wert seines materiellen Goldreichtums verzehnfachen würde, hätte die Volksrepublik China den aus ihren Sicht wichtigsten kapitalistischen Hauptfeind wirtschaftlich mit der atomaren Vernichtung von Fort Knox in die Knie zwingen können.


    Interessant ist auch, dass China nie explizit erwähnt wird, wenn ich nicht irre. Dies wäre eine der wenigen politischen Botschaften gewesen, zu denen sich die Bond-Macher in ihrer Historie hätten durchringen können.
    Ling-Darsteller Burt Kwouk, der auch den Cato in den Pink-Patnther-Filmen mimte, wurde vor einigen Tagen übrigens 83.



    Da erschien der Mord an der Verräterin Jill Masterson nur als kurze Randepisode in seinem beruflichen Alltag, deren Vergoldung zu seiner Visitenkarte wurde und deren filmischer Tod über die Leinwand hinaus zur Versinnbildlichung von Goldfingers neuartigem, verbrecherischen Handeln stand.


    Was ich aber nie verstanden habe: Warum lässt Goldfinger Bond laufen? Nicht nur, dass er von ihm finanziell getroffen wurde, er wurde zudem von Bond gedemütigt und außerdem hat Bond ihm seine Gespielin ausgespannt. Normalerweise hätte Oddjob mit ihm kurzen Prozess machen müssen, statt ihn nur KO zu hauen.


  • Was ich aber nie verstanden habe: Warum lässt Goldfinger Bond laufen? Nicht nur, dass er von ihm finanziell getroffen wurde, er wurde zudem von Bond gedemütigt und außerdem hat Bond ihm seine Gespielin ausgespannt. Normalerweise hätte Oddjob mit ihm kurzen Prozess machen müssen, statt ihn nur KO zu hauen.


    Ich denke, dass Goldfinger kein "Interesse" an Jill oder an Frauen generell hatte. Von daher war Jill auch nicht seine "Gespielin", sondern lediglich eine Mitarbeiterin, die nicht loyal war (anders war es in TB mit Largo und Domino). Dass er sie töten liess, dürfte für Bond daher Strafe genug gewesen sein. Goldfinger wusste ja zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wer Bond ist und dass sie sich wieder begegnen würden.


  • Ich denke, dass Goldfinger kein "Interesse" an Jill oder an Frauen generell hatte. Von daher war Jill auch nicht seine "Gespielin", sondern lediglich eine Mitarbeiterin, die nicht loyal war (anders war es in TB mit Largo und Domino). Dass er sie töten liess, dürfte für Bond daher Strafe genug gewesen sein. Goldfinger wusste ja zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wer Bond ist und dass sie sich wieder begegnen würden.


    Vermutlich die einzige logische Erklärung.

  • Die Damen betonen ja auch alle, dass die Beziehung zu Goldfinger nur beruflich ist (nur mit ihm sehen lassen, nur seine Pilotin). Die pikanten Details aus dem Roman wären für die Verfilmung wohl auch zu gewagt gewesen (jeden Monat eine vergoldete Frau, um quasi das Gold zu "heiraten").

  • Ich muss gestehen, dass die Beliebtheit Auric Goldfingers für mich immer ein Mysterium war und immer noch ist. Ich kann ihn nicht als besten Bösewicht oder gar beste Figur des Franchises insgesamt sehen (siehe Heilige Kuh). Um eine Antwort zu finden, habe ich diesen Thread gesucht, aber auch nachdem ich ihn gelesen habe, bin ich ehrlich gesagt nicht schlauer, so schön geschrieben ich den Beitrag von photographer z.B. fand.


    Was wird hier für Goldfinger angeführt?
    1) böse und gerissen
    2) skrupellos
    3) Man unterschätzt ihn am Anfang
    4) Er führt das Verbrechen um des Verbrechens willen aus statt primär zum persönlichen Vorteil.


    1) und 2) trifft auf (fast) alle Bondvillains zu, Punkt 4) würde ich sogar bestreiten wollen. An der Stelle, an der er etwas Anderes behauptet (nämlich die "Mondlandung" der Verbrechensgeschichte vorhaben zu wollen), hört er sich nur selbst gern reden und berauscht sich selbst an seinem zugegebenermaßen cleveren Plan. Der finanzielle Aspekt ist für mich aber eindeutig im Vordergrund.
    Bleibt noch 3). Klar, durch sein Aussehen und seine Einführung unterschätzt man ihn genauso wie es Bond tut. Aber macht dieses inszenatorisches Mittel den Charakter, die Figur selbst, interessanter? Mitnichten, sie ändert den Charakter nicht: Goldfinger ist böse, gerissen und skrupellos, egal, was wir von ihm denken. Bei mir hat die Inszenierung der Einführung vielleicht sogar das Gegenteil bewirkt: Trotz seines ausgeklügelten Plans, seiner brutalen Taten und seiner zeitweisen Überlegenheit ist er für mich immer der bräsige Verlierer aus Miami geblieben. Dazu passt auch die feige Art, mit der er sich von Fort Knox zurückzieht. Auch wenn das genauso wenig ein Alleinstellungsmerkmal von Goldfinger ist. Die darstellerische Leistung Fröbes finde ich auch "nur" gut und nicht so überragend wie manch andere das sehen.
    Ich kann ihn auch nicht als Blaupause für die folgenden Bondvillains sehen. Das ist für mich Dr. No, der mysteriöse Villain mit körperlicher Eigenart, der zu seinem Vorteil die Supermächte von seinem geheimen, modernen Versteck aus (gegeneinander) ausspielt.

  • Dass ich das noch erleben darf - ich dachte wirklich ich stünde hier weitestgehend allein da mit dieser Ansicht. Fröbe macht seine Sache ganz gut, aber die ihn als gänzlich grandios darstellenden Kritiken vollzog ich nie so recht nach. Insbesondere den Verlierer-Aspekt würde ich unterschreiben. Klar macht ihn dieser Komplex in gewisser Weise umso gefährlicher und damit auch villain-tauglicher, aber in bestimmten Szenen tut mir Auric GF sogar leid, da man sich permanent fragt was ihn wohl zu alledem zu bewegen vermag. Für mich kommt er nicht an die Gegenspieler (unabhängig davon ob Hauptvillain oder dessen Untertan) DN, Red G., Donald P., Christopher Lee, Curd Jürgens, Michael L., den indischen Killer aus OP, Louis Jourdan, Grace Jones, Christopher Walken, Robert Davi, Benicio d.T., Sean Bean, Xenia, Sophie Marceau, Rosamund Pike, Le Chiffre '06 und Greene heran. Das sind sage und schreibe 18 'böse' Gestalten des franchise, die ich als bedrohlicher wahrnehme.
    Wie dem auch sei, für Fröbe war es immerhin der Weg zum weltlichen Ruhme und dieser sei ihm gegönnt :)

  • Für mich gibt's 2 Worte, die die Sonderstellung Auric Goldfingers erklären:
    Gert Fröbe!


    Seine Darstellung des diabolischen Schurken ist einfach großartig.
    Der Dialog mit Bond in der Laserszene, das Golfduell, der Monolog in der Gangsterszene - unerreicht. Und das sage ich als jemand, der GF eher "nur" im persönlichen Mittelfeld der Bestenliste angesiedelt hat.


    Wie Goldfinger Bond abblitzen lässt, als dieser ihm sagt, dass ihm sein Vortrag sehr gefallen habe: "Mir auch!" Köstlich!


    "Ist die Mischung scharf genug?"


    "Weiter, Mr. Bond, weiter!"


    "Sie sind nicht gekommen, um Golf zu spielen!"


    "Das ist Gold, Mr. Bond. Schon mein ganzes Leben lang hab ich seine Farbe geliebt, seinen Glanz, seine göttliche Schwere."


    "Erwarten Sie von mir, dass ich rede?" - "Nein, Mr. Bond. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sterben!"


    "Was wird der Goldclub dazu sagen?" - "Gar nichts, Mr. Bond. Der Club gehört mir."


    "Der Mensch hat den Mount Everest bezwungen, hat den Grund des Ozeans erforscht, er hat Raketen auf den Mond geschossen, Atome gespalten. Er hat Wunder vollbracht auf allen Gebieten menschlichen Strebens, nur nicht in der Kriminalität."


    Gehts größer?
    Nein!

  • Sehe das wie Kronsteen. Es ist weniger der Charakter Goldfinger, sondern vielmehr wie er verkörpert wird. Da liegt mMn auch sein Alleinstellungsmerkmal. Gert Fröbe versucht erst gar nicht, Goldfinger irgendwie besonders sinister, psychopathisch oder dämonisch erscheinen zu lassen. Goldfinger erscheint ziemlich durchschaubar. Wenn er wütend ist oder sich ärgert, zeigt er das auch. Theodore Bikel hat in seinem Vorsprechen zur Rolle das "I expect you to die" beispielsweise völlig anders gespielt. Eher mit Understatement und einer unterschwelligen Überlegenheit. Fröbe dagegen platzt damit genauso triumpfierend heraus wie es gemeint war. Die meisten Schauspieler überlegen sich wahrscheinlich, wenn sie die Schurkenrolle bekommen, wie sie sprechen sollten, was sie an ihrer Frisur ändern, etc. Fröbe hat das eher hemdsärmlich angegangen und sich nicht großartig verstellt. Dadurch wirkt er menschlich und es macht - zumindest mir - großen Spaß, dem zuzusehen. Dadurch unterschätzt man ihn anfangs wahrscheinlich, andererseits wirkt er auch wie ein Mann, der es nicht mehr nötig hat, sich hinter irgendwelchen Fassaden und Floskeln zu verstecken.


    Das macht Fröbe als Schauspieler vielleicht nicht genial, aber mir fällt kein anderer Bondschurke ein, der einen ähnlichen Ansatz verfolgte und ohne großen schauspielerischen Firlefanz eine ähnliche popkulturelle Wirkung erzielte. An dem, was Goldfinger als Charakter macht, würde ich das gar nicht so sehr festmachen. Daran gemessen sind doch alle Bondgegenspieler hoffnungslose Verlierer.

  • Martin bringt das sehr gut auf den Punkt.
    Viele v.a. der frühen Bondvillains sind recht einsilbig und zweidimensional und entbehren kaum einer menschlichen Regung, wie z.B. Dr. No, Karl Stromberg, Ernst Stavro Blofeld oder von mir so hochverehrte Hugo Drax.
    Fröbes Goldfinger hingegen ist zutiefst menschlich und offenbart damit menschliche Schwächen, die ihn (an-)greifbar machen. Er ist die dunkle Seite der Seele eines jedes einzelnen.


    Mr. Fogg ist ein Anhänger der Betrachtung theologisch-philosophischer Apsekte in den Filmen.
    Wenn man an Auric Goldfinger so herangehen möchte, kann man in ihm die 7 Todsünden erkennen, die zwangsläufig zum Scheitern führen müssen (ich beziehe mich in der Begrifflichkeit mal auf die Definiton lt. wikipedia):


    1. Superbia (Hochmut - Eitelkeit, Übermut)
    Goldfinger genießt den großen Auftritt. Die Selbstdarstellung vor den Gangstern - man kann eigentlich schon von Selbstverliebtheit sprechen - macht in der Sache keinen Sinn. Die Szenerie dient alleine Goldfingers Eitelkeit.
    Bezeichnend auch, wie er es genießt, Mr. Ling zu erklären, wie er das Gold geschmuggelt hat. Dieses beiläufge Hüsteln untermauert seine vermeintliche Überlegenheit. Eine ganz ähnliche Geste überkommt Goldfinger in jenem Moment, als er zu Bond sagt: "Der Club gehört mir!". Dass sich Goldfinger während dieses Satzes mit dem Finger etwas aus dem Auge wischt, unterstreicht die Selbstgefälligkeit: Der Besitz des Clubs soll beiläufig sein, was einem suggeriert, dass es für Goldfinger nur ein unwichtiger Bestandteil seines immensen Eigentums ist.
    Mit seinem "Weiter, Mr. Bond, weiter" fordert Goldfinger von Bond schon geadezu ein, dass dieser ihn für seine Pläne bewundert.
    Goldfinger will ein "Wunder der Kriminalität" vollbringen.


    2. Avaritia (Geiz - Habgier)
    Goldfinger will sich bereichern, was auch immer kommen mag. Er geht dabei über Leichen. Auch wenn sein Streben irrational ist, da sein Reichtum schon jetzt unermesslich ist, so bleibt er dennoch sachlich-strategisch in der Verfolgung seines Ziels. Wie er schon selber sagt, ist ihm jedes Mittel Recht, seinen Reichtum zu vergrößern, "der schon jetzt sehr beträchtlich ist".


    3. Luxuria (Wollust - Ausschweifung, Genusssucht, Begehren)
    Auric Goldfinger liebt es, sich mit Luxus und schönen Frauen zu umgeben. Bond auf einem goldenen Tisch ins Jenseits befördern zu wollen, kann schon fast als demonstrative Verschwendung angesehen werden.
    Ebenso natürlich das Vergolden seiner einst getreuen Jill.
    Als sein Annäherungsversuch bei Pussy Galore misslingt (er legt seine Hand bei ihr an, aber sie will lieber eine "einsame Insel"), sympathisiert man schon fast mit ihm.


    4. Ira (Zorn - Wut, Rachsucht)
    Rache ist Goldfinger auch dann wichtig, wenn sie ihm in der Sache nicht dient.
    Wie er Jill Masterson bestraft und sie sogar mit Gold überzieht, um ihr seinen endgültigen Stempel aufzudrücken, sucht seinesgleichen.
    Aber auch, dass er sich in der letzten Szene an Bond rächen will, da dieser ihm seinen Plan durchkreuzt hat, ist pure Rache. Ein zutiefst menschlicher Zug. Für ihn wäre es in der Sache besser gewesen, untergetaucht zu bleiben, aber Goldfinger war es in diesem Moment einfach wichtiger, seine Rachsucht zu stillen.
    Auch sein Zorn ist für einen Bondvillain untypisch menschlich ausgeprägt. In dem Moment, als Bond ihn beim Kartenspiel des Betrugs überführt, kann er sich nicht beherrschen und zerbricht seinen Bleistift. Ebenso unbeherrscht reagiert Goldfinger, als Bond ihm den falschen Golfball zeigt, wodurch er "Loch und Match" verloren hat.
    Auch an Pussy will er sich rächen, wenn er mit Bond "fertig ist".


    5. Gula (Völlerei - Gefräßigkeit, Maßlosigkeit, Selbstsucht)
    Allein schon Goldfingers korpulente Statur steht symbolisch für einen ausgeprägten Hedonismus.


    6. Invidia (Neid - Eifersucht, Missgunst)
    Goldfinger ist es wichtig, im direkten Duell besser zu sein als Bond, besser zu sein als jeder andere. Besonders anschaulich ist dies natürlich im Golfduell. Aber auch in anderen Belangen ist es Goldfinger wichtig, der Bessere zu sein. Bonds Auto macht er lächerlich und spricht davon, eine weitaus bessere Waffe zu haben.
    Goldfinger kann es einfach nicht ertragen, wenn ein anderer etwas besitzt, das er besitzen möchte; oder wenn jemand besser ist. Deswegen betrügt er nicht nur beim Golfspiel, sondern auch beim Kartenspiel, selbst wenn es um vermeintlich überschaubare Beträge geht. Wie sagt schon Jill: "Er möchte gewinnen!"


    7. Acedia (Faulheit - Feigheit, Ignoranz, Trägheit des Herzens)
    Goldfinger versucht, auf bequeme Art und Weise seinen Reichtum zu vermehren. Dabei ist ihm egal, wenn Unschuldige sterben. Letzenendes ist seine ganze Aktion aber von einer gewissen Feigheit durchzogen, da er einen "Plan B" für den Fall des Scheiterns hat, der den Schlimmsten Fall der 'Trägheit des Herzens' beinhaltet: Den Verrat an seinen Besten, um sich selbst zu retten. So tötet er neben Jill und Ling durch das Schließen von Fort Knox indirekt auch noch Kisch und Oddjob - also alle, die ihm treu ergeben waren. Er ignoriert jegliche Loyalität.


    Die Kombination all dieser Punkte führen dazu, dass die Wahrnehmung Goldfingers eine besondere im Franchise ist, da er die negativen menschlichen Seiten in sich vereint und dadurch greifbar wird.
    Wie kein anderer schafft es Goldfinger dadurch, uns in kleinen Aktionen zu überraschen:

    • sein schon fast freundliches "Guten Tag" bei der Begrüßung Bonds am Golfplatz
    • seine Unkonzentriertheit beim Putten, als er den Goldbarren sieht
    • sein ironisches "Ist die Mischung scharf genug?" als demonstrativ unwichtiger Einwurf in Bonds Überlegungen auf der Farm
    • sein "Mich auch" in Reaktion auf Bonds Aussage, dass ihm seine Ausführungen gefallen haben - was Bond mehr als verdutzt zurücklässt...
    • der unnötige Mord an Mr. Solo, der keiner Logik folgt, sondern lediglich der Befriedigung seiner Missgunst genüge tut


    Kein anderer Villain schafft es, die Geschichte zu einem solchen Wettkampf gegen Bond hochzustilisieren und diesen zur passiven Bewunderung zu degradieren. Dem Zuschauer gehts da ganz genauso!

  • Zwar halte ich nach wie vor an meiner (und in diesem Falle auch gewissermaßen Havannas) Ansicht fest, jedoch bewundere ich eure umfangreichen Analysen, bei welchen ich mich hier und da doch dabei ertappe wie ich zumindest ansatzweise mit dem Gedanken spiele mein Urteil zu revidieren.

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