Vor einigen Wochen genehmigte ich mir mal wieder YOLT im englischen Original per Blu-Ray untermalt von mehreren Gläschen Sake (Hakushika Tanreikarakuchi - trocken).
Nach längerer Wertungs-Talfahrt und vorübergehender Zuordnung unseres 67er Jahrgangs ins Fach 'Problembondfilm' war es ein herrliches und äußerst versöhnliches Wiedersehen mit meinem prägenden 'Kindheitsbondfilm'.
Aus mehreren Gründen ist es nachvollziehbar warum ein Werk mit solch einem schwachen und bescheuerten Skript und einer offensichtlich vernachläßigten Darstellerführung (bei ALLEN Schauspielern sehe ich Luft nach oben - und da sehe ich in erster Linie den Regieposten in der Verantwortung und nicht den angeblich ach so lustlosen Mr. Connery) für mich immer zu den 'großen' Bondfilmen gehören wird:
1. DESIGN - Ich gehöre zu den Bondiasten die stets großen Wert auf's Production Design legen. Dieser Aspekt macht für mich einen wichtigen Teil der Faszination die für mich von Bondfilmen ausgeht aus.
Und bezüglich des Designs spielt YOLT für mich nicht nur in der allerobersten Liga mit - er ist das größte Meisterstück in dieser Kategorie.
Viele Bondiasten erwähnen diesbezüglich immer bloß den monumentalen Vulkankrater. Aber auch wenn er zweifellos der 'Star' des Films ist,
empfinde ich auch sämtliche anderen Räumlichkeiten als grandios. Sei es nun das oberste Stockwerk des Osata-Chemical-Gebäudes, Tanaka's Keller, die Einrichtung seines U-Bahn-Wagons, sein 'bescheidenes' Zuhause usw.
Der Film ist ein einziges, berauschendes Fest von Formen und Farben. Wie ich schonmal schrieb', gleicht fast jede Set-Aufnahme einem bondiastischen Gemälde.
Dies alles ist so franchise-elementar für mich, das es mich nicht im geringsten überraschte als Pixar im Jahre 2004 mit seiner brillianten Superhelden-/Agentenparodie 'Die Unglaublichen – The Incredibles' optisch in erster Linie diesem Bondwerk huldigte.
2. MUSIK - Für viele Fans stellt der OHMSS-Score den Zenith in Barry's Franchise-Schaffen dar. Meiner Meinung nach liegt das aber zu einem nicht unerheblichen Prozentsatz nur an dem allgemeinen Wertschätzungs-Status des Films im Fandom.
Barry's direkt vorangegangene und darauffolgende Arbeit für die Reihe ist nicht minder viel Wert als die zum 'heiligen' OHMSS. Ich denke warum teilweise YOLT und vorallem DAF oft nicht solche Lorbeeren wie OHMSS für ihre genialen Barry-Scores einheimsen, liegt einfach am simplen Faktor, das den Filmen allgemein keine besonders hohe Wertschätzung in der breiten Bondiasten-Welt zuteil wird.
Ich hingegen sehe YOLT (zurzeit) als Barry's insgesamt beeindruckenste Arbeit an. Schon allein 'Capsule in Space', 'A Drop in the Ocean', 'The Wedding', oder 'James Bond – Astronaut ?' erreichen eine überirdische film-musikalische Meta-Ebene die dieses Agentenmärchen erst zu dem machen was es ist: Eine monumentale Bondoper. And the Franchise-Oscar goes to...
3. UTOPIE - Ein großer Teil des Fandoms ergötzt sich am 'Realo-Bond', also dem Kick der dadurch entsteht, wenn man das Bondgeschehen als 'realistisches' Szenario empfindet. Ich genieße diesen Kick ebenfalls gern (auch wenn es bis heute noch keinen wirklich 'realistischen' Bondfilm gegeben hat) - aber das Franchise wäre soviel ärmer, langweiliger und beschränkter, gäbe es nicht auch den Reiz des absolut Utopischen in der Serie. Ohne dies hätten sich in den letzten Jahrzehnten gewiss weitaus weniger 10- bis 13-Jährige Kinderseelen bondisieren lassen, als sie mit dem Label 007 in Kontakt traten.
Und da wir ja hier zu einem gewissen Teil auch allesamt nur große Kinder sind, wäre es doch schade diesen Aspekt der Serie für sich persönlich weitesgehend ad acta zu legen. Schließlich gehört dies zu den Wurzeln des Franchise, denn DN zählt für mich nun wirklich nicht zu den 'realitätsnahen' Bondwerken. Mein erstes kindliches Interesse am Phänomen Bond galt jedenfalls der utopischen und eskapistischen Ausrichtung der Serie und aus diesem Grund bin ich auch heute noch ein bekennender Fan des Untergenres 'Märchenbondfilm'.
Und YOLT ist durch die 'Gnade der frühen Geburt', wie sich ein ehemaliges Forenmitglied mal passend ausdrückte, sozusagen der einzige Vertreter dieser Art von Bondwerk, der mit der erhabenen Aura des magischen Begründer-Jahrzehnts aufwartet.
4. JAPAN - Ich liebe die japanische Kultur und ich liebe Tokyo. Von keinem anderen asiatischen Land fühle ich mich so angezogen. Und YOLT leistet als westlicher Action-Unterhaltungskracher des Jahres 1967 hier äußerst erfrischende Pionierarbeit.
Man darf nicht vergessen das der zweite Weltkrieg erst 2 Jahrzehnte zurücklag und die Kenntnisse des westlichen 'Ottonormal-Kinogängers' über die aktuelle japanische Kultur wohl äußerst begrenzt waren.
So stellt YOLT bezüglich seiner Handlungsschauplätze innerhalb seiner Entstehungsepoche ein kurioses Ausnahmewerk zeitgenössischer Popkultur dar und man kann ihn gewiss zu einem der Mitbegründer des späteren 'Eastern'-Hypes zählen.
Diese 4 Punkte katapultieren für mich YOLT - trotz seiner klar erkennbaren, teilweise sogar gravierenden Defizite - dicht unter meine Top-10 . Er steht neuerdings bei mir nun auch wieder höher im Kurs als TB und MR, die ich zwar natürlich auch sehr schätze und abfeiern kann, aber die mich nicht auf so magische Art in den Bann schlagen wie Gilbert's bezaubernder Erstling.