DER FILM: Leben und sterben lassen

  • Samedi ist ja ohnehin eine sehr undurchsichtige Fugur.

    Ist der nun Henchman oder Schauspieler oder Tänzer oder Guru?

    Provokativ gefragt: Gibt es ihn überhaupt?

    Er tritt nur in einigen unzusammenhängenden Situationen auf und kommt auch in der Szene mit der Nummer der Uhr erst ins Spiel als Bond schon weg ist.


    Auch wenn ich photographers nüchterner Analyse zustimme, dass man auch anno 1973 womöglich nicht die tiefsten Gedanken gemacht hat, so kann man ihn meiner Meinung nach am besten mit den Unschärfen der Übersinnlichkeit des Films erklären.

  • Vor allem ist es ja der einzige Bond-Film, der bewusst solche Übersinnlichkeiten einsetzt. Und das, obwohl der Film handlungstechnisch auch ohne diese ausgekommen wäre. Das war schon gewagt (und das war nicht das Einzige in diesem Film, das gewagt war... man denke nur mal an das "Rumgemache" zwischen Bond und Rosie) hat aber m.E. gut funktioniert. Und man sollte den Film auch sonst nicht zu ernst nehmen, sondern einfach zurücklehnen, geniessen und nicht zuviel darüber nachdenken. So wie zum Beispiel die Frage, ob Bond die gezinkten Karten bereits dabei hatte als er in Solitaires Gemächer eingedrungen ist... einfach sein lassen ;) . Dafür fiel mir auf, wie unglaublich locker, schelmisch (teilweise fast schon unverschämt) mit flotten Sprüchen und Ironie Bond in der neuen Gestalt von Roger Moore die Sache angeht. Selbst wenn die Situation wirklich sehr ausweglos erscheint. Da fühlte ich mich teilweise schon fast an die Spencer/Hill-Filme der besten Zeiten erinnert. Zudem ist mir (bewusst) das erste Mal die Szene aufgefallen, wie Bond nach der Landung mit dem Deltasegler cool einen Anzug (sogar mit "Umkehr-Jackett") unter seiner Tarnkleidung hervorholt. Eine eindeutige Parallele zur PTS von GF (war ja derselbe Regisseur) - fehlt bloss noch die Gummi-Möwe :P

  • Quote from Django

    So wie zum Beispiel die Frage, ob Bond die gezinkten Karten bereits dabei hatte als er in Solitaires Gemächer eingedrungen ist.

    Ich habe LALD schon länger nicht mehr gesehen aber war er davor nicht in dem Tarot Kartenladen.

    Ich bin davon ausgegangen dass er da die Karten gekauft hat.

  • Moores Selbstverständnis finde ich auch immer wieder beeindruckend.

    Man muss das ganze vor dem Hintergrund sehen, dass LALD unmittelbar an eine schon fast erdrückende Connery-Dominanz anschloss.

    Vielleicht kam Moore auch zugute, dass mit Hamilton der Regisseur der selber blieb.

    Ich mag ohnehin Hamiltons Bond-Interpretation sehr. Und auch Moore liegt der etwas härtere, derbere Bond in seinen beiden Hamilton-Filmen mehr als er es selbst womöglich wahrhaben wollte.

    LALD ist gerade weil er so ist, wie er ist, ein Juwel der Reihe.

    Das Übersinnliche, die Verbrecherorganisation von Schwwarzen (über denen mal nicht der obligatorische weiße Obervillain steht), das morbide New York der 70er, die schrillen Outfits, die zeitgenössische Musik…ein ganz sicherer Kandidat für meine Top 7.

  • Bei der letzten Sichtung mochte ich ihn sehr, Moore ist hier seeeehr lässig - manchmal einen Tick zu sehr. Ich überlege immer noch, ob ich den Move mit Solitaire und den Karten nun extrem gut oder doch eher moralisch zweifelhaft finden soll. Immerhin ist er danach noch ganz süß zu ihr (in der Doku stand, dass die Szene einige Takes brauchte, weil immer Moores Augenbraue hoch ging, was zu sehr an The Saint erinnerte - in der Endfassung zieht er sie zusammen).


    Samedi am Schluss dagegen kann ich gar nicht einordnen...

  • Quote

    Ich bin davon ausgegangen dass er da die Karten gekauft hat.

    Das ist natürlich möglich. Wenn auch seitens Bond seeeeeehr vorausschauend. Er hatte ja keine Ahnung, was ihn dort überhaupt erwartete. Und für dass er sich tags zuvor noch informieren musste, was die umgedrehte Karte bedeutet, war er dann plötzlich doch sehr gut informiert - seine Rolle als Voodoo-Hohepriester(in) spielte er offenbar doch recht überzeugend, auch wenn ihn Solitaire dafür der Blasphemie bezichtigte. Zudem: Welcher Laden führt schon Sets mit 78 identischen Karten 8o ?



    Bei der letzten Sichtung mochte ich ihn sehr, Moore ist hier seeeehr lässig - manchmal einen Tick zu sehr.

    Diesbezüglich herrlich übrigens die Szenen in New York, im Voodoo-Laden und vor allem dann in Harlem beziehungsweise im Fillet of Soul. Immer ganz den britischen Snob gebend, alles an sich abperlen lassend. Auch wenn er völlig deplatziert ist und sich in latenter Lebensgefahr befindet, zieht er seine Linie durch. Das nenne ich selbstsicher 8) :thumbup:

  • Quote from Django

    Das ist natürlich möglich. Wenn auch seitens Bond seeeeeehr vorausschauend. Er hatte ja keine Ahnung, was ihn dort überhaupt erwartete.

    Beim ersten Aufeinandertreffen hat Solitaire ihnen beiden ja "Die Liebenden" vorausgesagt.

    Also war Bond einfach guter Hoffnung als er in die Villa ausbrach ;)



    Quote from Django

    Zudem: Welcher Laden führt schon Sets mit 78 identischen Karten 8o ?

    Ganz einfach: 78 Kartendecks kaufen und sich die Karten raus fischen :P

    Vielleicht sind in einem Deck auch mehr drinnen

  • Ich bin mir nicht sicher, ob selbst ein gut Geführter Voodoo-Store über 78 identische Kartensets verfügt ;) . Und Bond, der stundenlang da sitzt und Karten aussortiert...? Come on :P !


    @ photograper: Genau - ein All Time-Highlight 😂! Und dazu noch Bonds- extra-britische Aufmachung mit - sehr stilvollem - schwarzem Regenmantel und Handschuhen :love:

  • Ich bin mir nicht sicher, ob selbst ein gut Geführter Voodoo-Store über 78 identische Kartensets verfügt ;) . Und Bond, der stundenlang da sitzt und Karten aussortiert...? Come on :P !

    Das war auch Kronsteens und meine Theorie als wir uns den Film dieses Jahr zusammen angeschaut haben :D Und der britische Steuerzahler muss das ganze bezahlen - welch Verschwendung :D


    Moores Minenspiel in der Szene wo er ihr sagt "dass die Karten etwas zu seinen Gunsten gemischt waren" genial :)

    Schönes Gewehr, passt eigentlich mehr zu einer Frau. - Verstehen Sie etwas von Waffen Mr.Bond ? - Nein, aber etwas von Frauen.

    Edited once, last by Don-Corleone ().

  • Vielleicht waren ja in Mr. Bigs Organisation Undercover-Agenten eingeschleust, die von Bonds Einsatz wussten, deren Tarnung aber nur zuließ, ihm kleine helfende Dinge zukommen zu lassen.


    Tom Mankievicz nannte solche kleinen Unplausibilitäten in seiner Biographie eine Art von "bizarreness", die bei Bond dazugehört, und die ihm in den Filmen mit Craig fehlte. Hitchcock hat sich auch nicht um solche Sachen gekümmert.

  • Ja - von sowas leben die Bond-Filme halt eben schon. Und es stimmt, dass grad die Craig-Filme hier sehr stringent sind, echte Logiklöcher und Unerklärtes innerhalb eines Films gibt es kaum mehr. Dafür haben weiter von der "Bondschen Plausibilität" entfernt, die für mich einen Bond-Film ausmachten. Der Craig-Bond verhält sich über weite Teile einfach nicht mehr wie der Bond, den ich mal kennen gelernt habe 🤷‍♂️

  • Ich würde dir bzgl. der weniger werdenden Logiklöcher in den Craig-Filmen ganz und gar nicht zustimmen (oder hab ich die Ironie überlesen?), besonders ab SF finde ich sie eklatant und auch deutlicher herausstechend als Kleinigkeiten wie die Tarotkarte in LALD. Silvas und Safins Pläne bestehen förmlich nur aus Plotholes und über das Finale von Spectre ab der Kopfbohrung muss man wohl nicht mehr viele Worte verlieren.

  • Ja, die Pläne der beiden sind zugegeben voll wirr. Aber es ist zumindest immer klar, wer was macht bzw. man kann es zumindest erahnen. Aber vielleicht irre ich mich hier auch und es liegt einfach daran, dass ich gerade die letzten drei Filme einfach viel seltener gesehen habe als die zuvor und diese Filme hier im Forum auch weit weniger diskutiert wurden als die stets beliebten Klassiker. Und zumindest CR und QoS scheinen mir doch recht Plothole-frei zu sein.


    Apropos Plotholes: Habe neulich auch wieder mal TMWTGG geschaut und werde demnächst hier berichten :P

  • Für meinen Teil ist es einfach so, dass ich den Craig-Filmen Logiklöcher viel weniger verzeihe als den älteren Filmen, die diesen Anspruch gar nicht haben und andere Bedürfnisse des Zuschauers bedienen als die stringente Logik.

    Und für die Art Film, wie es die Craig-Filme mutmaßlich sein wollen, sind diese Logiklöcher einfach zu groß. Auch wenn sie vielleicht kleiner sein mögen als in den Bonds der 60er und 70er.

  • Tom Mankievicz nannte solche kleinen Unplausibilitäten in seiner Biographie eine Art von "bizarreness", die bei Bond dazugehört, und die ihm in den Filmen mit Craig fehlte. Hitchcock hat sich auch nicht um solche Sachen gekümmert.

    LALD ist der Bondfilm, den ich am häufigsten gesehen habe. Trotzdem habe ich den Hut auf Rosis Bett und die auf dem Kopf stehende Dame nie hinterfragt! Der Film ist so toll inszeniert, dass ich "solche kleinen Unplausibilitäten" überhaupt nicht als solche und damit als störend wahrgenommen habe.

    Whisper, das Tor! Aber langsam Whisper, langsam. Unsere Gäste sollen Zeit haben, sich zum Dinner zu versammeln.

  • Ganz einfach: 78 Kartendecks kaufen und sich die Karten raus fischen :P

    Vielleicht sind in einem Deck auch mehr drinnen

    Hier spricht der Pragmatiker ^^ Hätte ich aber auch so gemacht, glaub ich.

    Ich bin mir nicht sicher, ob selbst ein gut Geführter Voodoo-Store über 78 identische Kartensets verfügt ;) . Und Bond, der stundenlang da sitzt und Karten aussortiert...? Come on :P !

    Ein gut geführter vielleicht nicht - ein SEHR gut geführter ggf. schon :D Wenn die gleich abgepackt sind, befindet sich die entsprechende Karte ungemischt immer an derselben Position im Deck, man sortiert also nicht stundenlang. Alternativ: Rosie dafür einspannen (unter irgendeinem Vorwand natürlich, Bond wäre schon was eingefallen!).

    Und: Solitaire als (meiner Meinung nach) eines der hübschesten Bondgirls wäre ja wohl ein bisschen Sortiererei wert, oder? ;)

    Tom Mankievicz nannte solche kleinen Unplausibilitäten in seiner Biographie eine Art von "bizarreness", die bei Bond dazugehört, und die ihm in den Filmen mit Craig fehlte. Hitchcock hat sich auch nicht um solche Sachen gekümmert.

    Für meinen Teil ist es einfach so, dass ich den Craig-Filmen Logiklöcher viel weniger verzeihe als den älteren Filmen, die diesen Anspruch gar nicht haben und andere Bedürfnisse des Zuschauers bedienen als die stringente Logik.

    Und für die Art Film, wie es die Craig-Filme mutmaßlich sein wollen, sind diese Logiklöcher einfach zu groß. Auch wenn sie vielleicht kleiner sein mögen als in den Bonds der 60er und 70er.

    Ich sehe das auch so - bin aber auch bei neueren Filmen diesbezüglich gnädiger (ok, ich kucke abends und bin oft echt schon etwas müde...). Die Analyse von Texten und Handlungssträngen ist Teil meines Berufes, da will ich abends einfach meinen Verstand unter dem Sofa ablegen und sagen "Los geht´s!" (frei nach dem Ratschlag, den ein Bonddrehbuchschreiber, dessen Name mir leider nicht mehr einfällt, mal bekommen hat).

    Das klappt ganz gut, solange die Plotholes nicht zuuuu offensichtlich sind (dann stört mich das allerdings massiv - letztes Beispiel: Men from U.N:C.L.E).

  • Hier spricht der Pragmatiker ^^ Hätte ich aber auch so gemacht, glaub ich.

    Ich habe damals 32 mal dieselbe Karte bestellt. Aber im Gegensatz zu 1973 gab es eben auch schon Internet. ;)

    Und der Rest fällt unter 26,5. ;)

    Solitaire als (meiner Meinung nach) eines der hübschesten Bondgirls

    Auch jenseits der 70 ist Jane Seymour heute noch eine sehr attraktive und tolle Frau.

  • ch sehe das auch so - bin aber auch bei neueren Filmen diesbezüglich gnädiger (ok, ich kucke abends und bin oft echt schon etwas müde...). ...

    Das klappt ganz gut, solange die Plotholes nicht zuuuu offensichtlich sind (dann stört mich das allerdings massiv - letztes Beispiel: Men from U.N:C.L.E).

    Geht mir ähnlich. Ich nehme selbst große Logiklöcher beim ersten Sehen oft nicht wahr, weil ich auf andere Sachen achte. Eins der größten Plotholes der Filmgeschichte ist ja in "Die phantastische Reise" zu finden, wo am Anfang erklärt wird, dass alle geschrumpften Dinge nach einer bestimmten Zeit wieder Normalgröße erreichen, und am Ende wird dann das U-Boot einfach im Kopf gelassen. Aber hätte ich das nie gelesen, hätte ich den Film wahrscheinlich noch zehnmal gesehen, ohne darüber zu stolpern. Ich denke, wichtig beim Film ist, dass es sich im Moment glaubwürdig anfühlt, durch praktische Effekte etc., und es die Handlung später vergessen machen kann.

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