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So ist das mit den Kultfilmen: Es müssen nicht zwangsläufig die "besten" Filme sein - Kultfilme haben eine ganze Menge erhabener Gänsehaut-Momente, die einen auch noch 50 Jahre später genauso anspringen wie das Premierenpublikum anno '65. Oft machen die Fehler und Unebenheiten solche Filme noch kultiger: Nonsense wie der Tod von Mr. Solo oder ein Treffen aller Gangsterbosse mit anschließender Vergasung, Bonds schon provozierende Nachlässigkeit.
Kultfilme provozieren die Fantasie (wie hat das denn ausgesehen, als Goldfinger und Oddjob ihre Sekräterin vergoldet haben?) und sind immer ein bisschen gegen den Strich gebürstet: Goldfinger ist ein Bösewicht, der in seiner Bräsigkeit mehrmals dem Publikumsgelächter ausgesetzt wird - umso erschrockener sind wir, wenn wir sehen, wozu er fähig ist. Bond tritt von Anfang an als Obercool auf, bleibt aber dann die meiste Zeit in Gefangenschaft, bis ihm der Arsch bei der Bombenentschärfung auf Grundeis geht. Ohne fremde Hilfe wäre die Sache böse ausgegangen - ebenfalls wieder ein bisschen gegen den Strich.
Goldfinger ist mehr als die Summe seiner Teile und das macht echte Kultfilme aus - sie lassen bei aller Brillianz dem Fan Raum, mit seiner Fantasie die fehlenden Puzzle-Teile zu ergänzen...
Entweder "versteht" man diesen Film ... oder eben nicht. Und wenn man ihn nicht versteht, bin ich auch nicht böse - an mir geht auch so mancher Kultfilm vorbei...
Wo darf ich unterschreiben?
Du bringst es auf den Punkt und sprichst mein "Problem" (was für ein wenig passendes Wort in diesem Zusammenhang!) mit GF an.
Ich stimme komplett zu, dass GF die erinnerungswürdigsten, kultigsten und spektakulärsten Szenen hat, die einem Bondfan nur einfallen können.
Frag jemanden auf der Straße, was ihm als erstes zu Bond einfällt: Das vergoldete Mädchen. Oder der Aston Martin.
Frag nach dem besten Bondvillain: Klar, Gert Fröbe als Auric Goldfinger.
Mir gehts da nicht anders.
An einzelnen Szenen ist GF nicht zu überbieten. Die Figuren sind einmalig und der Bondkult auf dem Zenit.
Und dennoch ist es die Gesamtheit des Films an sich, die ihn bei mir nicht über das vordere Mittelfeld der Bestenliste hinauskommen lässt (eine Divergenz zwischen den einzelnen Elementen und dem Gesamtfilm, die z.B. in der Bewertung zwischen Bauchnote und Kopfnote im Bondmarathon gut zum Ausdruck kommt).
Der Film ist für mich bis einschließlich der Schweiz überragend, schwächt dann aber irgendwie ab. Ob das mit dem Auftreten Pussys zu tun hat, kann ich nicht mal sagen, glaube es aber eher nicht.
Bond ist für mich in Amerika irgendwie schrecklich passiv, nur in Gefangenschaft und schafft es nicht aus eigener Kraft. Natürlich gibts auch dort tolle Szenen (man denke nur an Adams Fort Knox), aber dennoch schwächelt die 2. Filmhälfte (wie oft bei Bondfilmen) deutlich ab.
Zudem vermisse ich etwas die Abwechslung und vielleicht auch Exotik, die einen Bondfilm ausmacht.
Aber wie gesagt, das ist Jammern auf hohem höchstem Niveau. GF ist ein toller Film, der alles einführt, was Bond in den kommenden Jahrzehnten ausmachen sollte.
Aber zum totalen Triumpf fehlen ihm zumindest für mich ein paar wenige Zutaten.